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Veröffentlicht am 03.05.2020

Selbstfindung

COMING HOME
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Ich leide unter Höhenangst, eine Achterbahn, ein Riesenrad, der Horror für mich. In einem Klettsrwald bleib ich lieber am Boden, eine Hängebrücke seh ich mir aus der Ferne an und auf das Empire State Building ...

Ich leide unter Höhenangst, eine Achterbahn, ein Riesenrad, der Horror für mich. In einem Klettsrwald bleib ich lieber am Boden, eine Hängebrücke seh ich mir aus der Ferne an und auf das Empire State Building werd ich wohl auch nicht rauf gehen. All das ist jetzt zwar blöd, schränkt mein Leben aber nur recht minimal ein. Ganz anders bei Ji, das junge Model ist nach einem Sturz auf dem Laufsteg traumatisiert und leidet seitdem unter extremer Agoraphobie. Es ist ihr nicht möglich die Wohnung zu verlassen, geschweige denn, sich der Haustür zu nähern. Den ganzen Tag verbringt sie damit auf ihren Mann zu warten und ihm mit erschreckendem Perfektionismus den Haushalt zu führen.

Die Autorin beschreibt zu Beginn ihrer recht kurzen Geschichte, einen Abend im Alltag von Ji, der Ehemann, erfolgreicher und gestresster Unternehmer kommt nach Hause, der Tisch ist gedeckt, das Essen vorbereitet, alles perfekt geplant. Der Leser wird Zeuge der ehelichen Idylle, merkt aber recht schnell, das in diesem Haushalt Idylle ein Fremdwort ist. Das Geschehen verfolgt man durch die Augen von Ji, man teilt ihre Empfindungen und ihre Gedanken und die Geschichte geht scheinbar in eine klar vorhersehbare Richtung.

Die Geschichte kommt mit wenigen Figuren aus, wobei der Fokus natürlich auf Ji liegt. In wenigen Sätzen schafft es die Autorin ihre Figur zu umreißen und zu charakterisieren Ihre Ängste werden ebenso bewegend dargestellt, wie ihre innere Zerrissenheit, sie weckt die verschiedensten Emotionen beim Leser. Passend zu ihrem teilweise unerklärlichen Verhalten hat auch die Geschichte etwas unerklärliches, man spürt quasi, dass etwas nicht stimmt, ohne das man dieses Gefühl greifen könnte. Sehr geschickt manipuliert die Autorin nicht nur ihre Figur, sondern eben auch den Leser.

Das Buch ist im SiFi Genre angesiedelt, obwohl anfangs recht wenig darauf hinweist. Das Buch könnte auch einfach eine komplizierte Ehesituation beschreiben, das ist zwar Anfangs verwirrend, wid aber zum Ende hin immer klarer. Schlussendlich schließt sich der Kreis, die Geschichte wird rund, alle Fragen werden geklärt, Knoten lösen sich auf und rückblickend ergibt plötzlich alles einen Sinn. Obwohl das Ende auch ein völlig anderes hätte sein können, passt alles. Der Titel des Buches erklärt sich im Nachgang ebenso, wie auch das Cover, das für die Story nicht passender hätte sein können.

Obwohl die Geschichte in diesem begrenzten Rahmen wunderbar funktioniert, bietet sie noch viel Raum, ich hätte mit Begeisterung noch hundert/zweihundert Seiten mehr gelesen. Die Autorin hat ein Setting geschaffen, dass mich persönlich auf verschiedenen Ebenen anspricht, gleich mehrere meiner Lieblingsgenre bedient und mich auch im Nachgang noch beschäftigt. Bin gespannt, was da noch kommt.

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Veröffentlicht am 05.04.2020

Gelungene Mischung

Todgeweiht: Thriller
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Zons in der Gegenwart, in einem See findet ein Angler eine Frauenleiche, kurz darauf entdeckt Kommissar Oliver Bergmann einen abgetrennten Finger und Taucher bergen einen Koffer mit Kleidern. Für die Ermittler ...

Zons in der Gegenwart, in einem See findet ein Angler eine Frauenleiche, kurz darauf entdeckt Kommissar Oliver Bergmann einen abgetrennten Finger und Taucher bergen einen Koffer mit Kleidern. Für die Ermittler stellen sich nun viele Fragen, wer ist die Tote, wem gehört der Finger und wie gehört die Kleidung in die Szenerie. Als kurz darauf eine weitere junge Frau, tot aus einem See geborgen wird, wird klar, dass hier wohl ein Serientäter unterwegs ist. Doch was verbindet die toten Frauen und was bedeutet die geheimnisvolle Botschaft, die der Täter hinterlässt?

Zons 1501, die Pest bedroht die Stadt und es werden Vorbereitungen getroffen und plötzlich gibt es schon den ersten Toten, der eindeutig Zeichen der Seuche trägt. Bastian Mühlenberg, Hauptmann der Stadtwache greift ein und muss bald feststellen, dass die Krankheit nur vorgetäuscht wurde um einen perfiden Mord zu verschleiern. Nun gibt es gleich zwei Bedrohungen für die Stadt, die Pest und ein wahnsinniger Mörder.

Catherine Shepherd verbindet in ihrer Zons Reihe wieder geschickt die kriminalistischen Handlungsstränge aus zwei unterschiedlichen Zeitebenen. Diese Verbindung macht die Krimis um die kleine Stadt am Niederrhein so interessant und einzigartig. Natürlich wird das nicht unbedingt für jeden Leser etwas sein, es verlangt eine gewisse Konzentration beim Lesen, um nicht durcheinander zu kommen. Ich würde auch unbefingt empfehlen die Bücher in der entsprechenden Reihenfolge zu lesen, um den Hintergrund der Geschichte um Bastian Mühlenberg zu verstehen. Dieses Buch ist bereits Band zehn der Reihe.

Die Autorin schafft es auf ganz spezielle Weise zwei verschiedene Kriminalfälle auf zwei verschiedenen Zeitebenen zu verbinden. Die Fälle haben immer bestimmte Übereinstimmungen, die dem Leser im Laufe der Lektüre klar werden. Die Geschichte wird abwechselnd aus der jeweiligen Zeitebene erzählt, wobei es manchmal etwas gemein ist, wenn gerade an einer besonders spannenden Stelle ein Break erfolgt. Andererseits ist das natürlich ein guter Schachzug der Autorin, um die Spannung aufrecht zu erhalten.

Der Ort der Handlung ist in diesen Fall nicht fiktiv, die Autorin bleibt hier dicht an den tatsächlichen Örtlichkeiten. Im Buch gibt es eine Zeichnung, die den historischen Stadtkern zeigt und so die Orientierung in beiden Zeiten erleichtert. Neben der Übereinstimmung bei den Plätzen des Geschehens, werden oft historische Figuren, oder Ereignisse in die Geschichte eingebaut, hierzu gibt es am Ende des Buches ebenfalls eine Erläuterung.

Den Tätern im Buch geht es in beiden Zeitebenen darum, ein Übel auszumerzen, durch ihr Tun Andere vor etwas zu schützen. Hierbei ist ihnen jedes Mittel recht, jedes Opfer ist nötig und hat in ihren Augen den Tod verdient. Eine Denkweise, die keine Reue erkennen lässt und fast an Fanatismus grenzt, spannend in Szene gesetzt.

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Veröffentlicht am 05.04.2020

Tom Perlinger in Bestform

Karl Valentin ist tot
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Am Karl Valentin Gymnasium, mitten in der Münchner Altstadt bricht nachts ein Feuer aus. Durch das schnelle Eingreifen der Feuerwehr kann Schlimmeres verhindert werden, allerdings machen die Helfer nach ...

Am Karl Valentin Gymnasium, mitten in der Münchner Altstadt bricht nachts ein Feuer aus. Durch das schnelle Eingreifen der Feuerwehr kann Schlimmeres verhindert werden, allerdings machen die Helfer nach dem Löschen einen grausigen Fund, im Gebäude liegt eine Leiche. Nun ist es an Tom Perlinger und seinem Team herauszufinden, wie die Frau zu Tode gekommen ist und ob es womöglich Mord war. Schnell wird klar, dass am renomierten und hochgelobten Gymnasium nicht alles rund lief, es herrscht enormer Leistungsdruck und dieser hat schon mehrere Schüler zu Verzweiflungstaten getrieben. Bisher wurden solche Dinge allerdings gekonnt unter den Tisch gekehrt.

Der Hauptkommissar Tom Perlinger ermittlt in diesem Buch bereits zum dritten Mal. Die Autorin hat ein sehr sympatisches Ensemble für ihre Krimis geschaffen. Die Figuren haben Wiedererkennungswert und sind einzigartig, ihr Privatleben wird so in die Krimihandlung eingebaut, dass sie dadurch Substanz und Tiefe bekommen. Ich mag das immer sehr gern. Die Familie wird aktiv eingebaut, hielft mit Hintergrundinfos bei den Ermittlungen, hält Tom den Rücken frei, sorgt für das leibliche Wohl, macht ihn aber auch angreifbar, was in diesem Fall wieder sehr deutlich wird.

Die Geschichte rund um Leistungsdruck im Schulsystem, Scheinheiligkeit und Vertuschung ist spannend konstruiert. Der Bezug zu Karl Valentin ist natürlich durch die Namensgebung des Gymnasiums gegeben. Die Autorin liefert dem Leser aber auch noch viele Informationen und Anekdoten zu diesem Münchner Original, durch die Figur des Krimiautoren und Historikers Hubertus Lindner, der quasi in Echtzeit Bücher über die Fälle von Tom Perlinger verfasst. Auch die Beschreibungen der Münchner Innenstadt dienen dazu die Krimi-Kulisse abzurunden.

Der vorliegende Krimi kann für mich gut unabhängig von den Vorgängern gelesen werden. Die Autorin streut dosiert Hinweise zu den anderen beiden Fällen von Tom in die Geschichte ein, insbesondere durch die Erwähnung von Iwan Maslow, einem russischen Oligarchen und Unterweltkönig. Die Figur des Maslow ist so etwas wie Toms Erzfeind, ähnlich einem Moriarty spielt er in jedem Krimi eine kleinere, oder größere Rolle und bildet den sprichwörtlichen Roten Faden, der sich durch die Reihe zieht. Diese Anspielungen auf zurückliegende Ereignisse machen bei Erstlesern Lust, die anderen Bücher zu lesen.

Im dritten Krimi um Tom Perlinger kommt für mich wieder alles zusammen, was ein Krimi braucht. Das Buch ist spannend, bietet tolle Figuren, lässt sich flott lesen und liefert interessante Hintergrundinformationen. Gern mehr davon!

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Veröffentlicht am 25.03.2020

Blick hinter die Fassade

Vor Rehen wird gewarnt
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Ich kriege immer, was ich will ist das Lebensmotto von Ann Ambrose und ja, nach der Lektüre ihrer Lebensgeschichte kann man dem nur zustimmen. Der Leser begegnet Ann und ihrer Stieftochter Joy wärend einer ...

Ich kriege immer, was ich will ist das Lebensmotto von Ann Ambrose und ja, nach der Lektüre ihrer Lebensgeschichte kann man dem nur zustimmen. Der Leser begegnet Ann und ihrer Stieftochter Joy wärend einer Zugreise, es zeigt sich nach aussen das Bild einer liebenswürdigen, älteren Dame, der man gern behilflich ist. Doch hinter der Fassade erahnt der Leser schnell, dass liebenswürdig nicht der Ausdruck ist, mit dem man Ann Ambrose treffend charakterisiert.

Vici Baum nimmt uns, mit ihrer unvergleichlichen Art, Charaktere zu beschreiben, mit auf die Reise durch das Leben ihrer Hauptfigur. Wir lernen die kleine Ann kennen, die bereits früh lernt, durch Manipulation ihren Willen durchzusetzen. Die kleine Ann, die von allen immer als schwach und kränklich empfunden wird macht sich dies zu Nutze, um so die Menschen in ihrer Umgebung zu beeinflussen. Besonders zu spüren bekommt das ihre Schwester und in späteren Jahren ihre Stieftochter, aber auch der eigene Ehemann wird zu ihrem Opfer.

Die Autorin erzählt die Geschichte mit einem solchen Überschwang, ihre Beschreibungen sind opulent und üppig, der Zeitgeist der Geschichte wird so treffend erfasst. Ihre Charaktere sind auf den Punkt und zeugen von einer unglaublichen Menschenkenntnis und Beobachtungsgabe. Die Geschichte wird leicht und flüssig erzählt, es ist eine Freude durch die Seiten zu schwelgen, trotz der Schicksale, die sich darin verbergen. Stellenweise habe ich mich durch das Verhalten der Hauptfigur, aber auch durch den Erzählstil stark an "Vom Winde verweht" und Scarlett O'Hara erinnert gefühlt.

Das Buch ist ein wiederentdeckter Klassiker von einer wunderbaren Erzählerin. Die Geschichte zeigt das Bild einer Frau, geprägt durch Erziehung und Gesellschaft, der Ansehen und Prestige wichtiger sind, als das Glück ihrer Lieben. Die Geschichte zeigt eine Frau, die alles hatte, mit nichts zufrieden war und ohne Rücksicht ihr persönliches Glück über das von Anderen stellt, eine Frau, die am Ende ungeliebt und einsam mit ihren Dämonen zu kämpfen hat. Eine Frau, die ihre Liebe zum Vorwand nimmt für ihr Handel, obwohl ich mir unschlüssig bin, ob sie tatsächlich lieben kann.

Sie hat immer gekriegt, was sie wollte, am Ende ist ihr nichts davon geblieben und der Leser sieht zuletzt dann doch wieder nur die liebenswerte, hilfsbedürftige alte Dame vor sich. Grandioser Roman!

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Veröffentlicht am 23.02.2020

Wenn Opfer nicht zur Ruhe kommen

Der Luzifer-Killer
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Bücher von Elias Haller haben für mich schon Suchtpotential. Ich liebe komplizierte Charaktere, schwierige und aussergewöhnliche Ermittler und davon bietet der Autor gleich zwei in seinem Repertoire. Klara ...

Bücher von Elias Haller haben für mich schon Suchtpotential. Ich liebe komplizierte Charaktere, schwierige und aussergewöhnliche Ermittler und davon bietet der Autor gleich zwei in seinem Repertoire. Klara Frost und Eric Donner sind so speziell, wie verschieden, aber haben doch vieles gemeinsam. Es sind Figuren, die sicher nicht bei jedem Leser Anklang finden, ich aber liebe sie und genau deshalb war ich natürlich begeistert, als der Autor im letzten Donner Krimi anklingen ließ, dass es eine Zusammenarbeit geben könnte.

Im Luzifer Killer begibt sich der Autor auf eine Zeitreise, es geht um ein geheimnisvolles Video, von dem eigentlich niemand weiß was es genau zeigt. Dieses Video ist verschollen, im Netzt kursieren viele Fälschungen, während die einen davon ausgehen es ist ein Mythos, sind Andere überzeugt davon, dass es existiert und etwas grauenvolles, teuflisches zeigt, daher auch der Name, das Luzifer Video. Die Aufnahmen sollen vor Jahren in der ehemaligen DDR entstanden sein und Mitglieder einer Art Geheimorganisation zeigen, Ermittlungen zur Existens des Videos und möglichen Mitwirkenden laufen aber stets ins Nichts. Bis jetzt. Teile des Videos tauchen auf und wenig später die Leichen der gezeigten Personen. Die Polizei hinkt immer einen Schritt hinterher.

Elias Haller bringt in diesem Buch natürlich alle bekannten Gesichter aus den Donner und Frost Krimis zusammen. In gewohnter Manier wird um Kompetenzen gerangelt und werden Alleingänge unternommen. Der Autor hat es gut geschafft die schwierigen Charaktere zur unfreiwilligen Zusammenarbeit zu verdonnern. Das Buch gibt durch die Geschichte tiefe Einblicke in die Vergangenheit von Klara Frost, was dem Leser die Figur wieder etwas näher bringt, und man erfährt, woher sich Donner und Frost kennen. Dieser Punkt der Geschichte könnte für mich gern in späteren Büchern immer mal wieder ergänzt werden.

Generell geht es in diesem Buch etwas ruhiger zur Sache. Es ist zwar wieder blutig und an Leichen mangelt es nicht, allerdings werden die Taten nicht explizit beschrieben, sondern der Leser steht, wie die Ermittler, dem Ergebnis gegenüber. Es bleibt in diesem Buch vieles auf der psychologischen Ebene und das passt gut zum Grundthema des Buches, geht es doch darum, wie schwer Opfer von Gewalt und Missbrauch traumatisiert und psychisch zerstört sind, auf Jahre hinaus.

Das Buch schließt natürlich an den 7. Fall von Eric Donner an, der Autor sieht es aber nicht als Fortsetzung der Reihe. Ich kann dem nur zustimmen. Das Buch funktioniert gut als Übergang zum nächsten Donner Krimi, kann aber auch für Leser, die die Reihen noch nicht kennen, als Einstieg genutzt werden. Ich könnte auch nicht sagen, wem der beiden Ermittler ich es eher zuordnen würde. Obwohl Klaras Vergangenheit hier eine große Rolle spielt, ist es kein typischer Klara Frost Krimi, aber eben auch kein alleiniger Donner. Für mich funktioniert das Buch gut als Ergänzung, eine Art Ableger, der die einzelnen Figuren des Autors zusammenführt, ohne diesen Zustand zum Dauerthema werden zu lassen. Ich persönlich mag es sehr, wenn ein Autor so Zusammenhänge schafft und seinem literarischen Universum damit mehr Tiefe verleiht.

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