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Veröffentlicht am 14.05.2020

Der Sommer der Liebe

Wie uns die Liebe fand
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Madame Nan, so wird Marie-Anne Nanon liebevoll von allen genannt, hat nie das kleine Dorf im Elsass verlassen. Das ist ihre Welt und die ist auch groß genug. Nun ist sie 92 Jahre alt und blickt zurück ...

Madame Nan, so wird Marie-Anne Nanon liebevoll von allen genannt, hat nie das kleine Dorf im Elsass verlassen. Das ist ihre Welt und die ist auch groß genug. Nun ist sie 92 Jahre alt und blickt zurück auf die Geschicke ihrer Familie und die des Ortes, das schon durch seine Lage immer auch Spielball der Weltpolitik war.

Madame Nan wurde sehr früh Witwe und musste ihre Töchter alleine durchbringend, alle Frauen der Familie sind stark bis starrköpfig und gehen ihren Weg. So auch Marie, die Älteste, die mit Malou nach Hause kommt. Malou stammt aus Algerien und schafft es nicht nur schnell in das Herz von Marie und ihrer Familie, er wird auch bald ein fester Bestandteil im Dorf. Spätestens seit er Mr Boberschram in seinem kleinen Laden, vor einem Überfall bewahrte.

Kurz danach übernehmen die Nanons das kleine Geschäft und als Marie und Malou ihre „Liebesbomben“ kreieren, läuft der Laden. Und damit passiert auch etwas ganz Magisches in diesem kleinen Dörfchen Bois-de-Val am Fuß des Sonnenbergs. Sind es nur die Liebesbomben, die den Liebeszauber bewirken?

Das ist ein Märchen von und über die Liebe, eine Liebe die Schmetterlinge tanzen lässt und die Realität für einige Zeit außer Kraft setzt, wenn man nur daran glaubt. Die Autorin hat einen reizenden Sprachstil, das Buch ist liebenswert geschrieben und ich habe es in einem Rutsch weggelesen.

Aber es ist auch ein wenig wie Zuckerwatte, man beißt hinein, es zergeht im Mund und zurück bleibt nur ein süßer Geschmack. Aber es hat mich wirklich für einige Stunden gut unterhalten, verzaubert wäre jetzt zu viel gesagt, aber besonders Madame Nan ist Charakter, deren Erinnerungen ich gerne gefolgt bin.

Die Autorin beschreibt das dörfliche Elsass wie aus einem Bilderbuch des Künstlers „Onkel Hansi“, man meint die Häuser und die Storchennester zu sehen. Nicht zu vergessen auch den kulinarischen Anhang, denn was wäre das Elsass ohne seine Gerichte und seinen Wein. So finden sich einige Rezepte für Flammkuchen, Schiffala und Zwiebelsuppe und viele andere Köstlichkeiten, die zum Ausprobieren und Nachmachen anregen.

Eine „verzauberte“ und unterhaltsame Lektüre.

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Veröffentlicht am 08.05.2020

Krimi-Persiflage

SoKo Heidefieber
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Es gibt kaum ein Buchgenre das so blüht wie der Regionalkrimi. Fast jede Gegend, jede Stadt hat ihren eigenen Autor. In den Titeln werden gern Begriffe wie Tod, Fieber, Mord, Blut mit der jeweiligen Landschaft ...

Es gibt kaum ein Buchgenre das so blüht wie der Regionalkrimi. Fast jede Gegend, jede Stadt hat ihren eigenen Autor. In den Titeln werden gern Begriffe wie Tod, Fieber, Mord, Blut mit der jeweiligen Landschaft kombiniert. Da wird es Zeit, dass dieses Genre auch mal auf’s Korn genommen wird.
Da wird kurz nach einer Lesung ein beliebter Regionalkrimi-Autor gemeuchelt und zwar haargenau so, wie in seinem Buch beschrieben. Es bleibt nicht bei einem Toten, quer durch die Bundesrepublik sterben die Autoren nach ihren eigenen ausgedachten Methoden.
Eine Soko wird gebildet, da tummeln sich die üblichen geltungssüchtigen und schwafelnden Profiler und Besserwisser, auch ein schmieriger Privatdetektiv darf seinen Kurzauftritt absolvieren, aber die Arbeit bleibt natürlich an Kommissar Gerold Gerold (er heißt wirklich so) und seiner Mitarbeiterin hängen. Aber gut, das bringt die beiden dann auch noch privat sehr viel näher.
Ja, das ist eine Persiflage und der Autor scheut keine Mühen. Es darf auch ein echter Schriftsteller, Frank Schulz, Autor der Onno Viets Krimis, auftreten und muss dabei sehr viel erleiden. (Entweder ist er mit Henschel gut befreundet, oder Henschel übt Rache) Auch Ex-Verleger Haffmanns mischt mit. So gibt es jede Menge Anspielungen auf die Literatur- und Krimiszene und ich hätte fast noch einen Kurzauftritt von Matzbach, einem Detektiv aus der Haffmanns Verlag Riege, erwartet.
Aber es ist zu viel! Das Gag Feuerwerk brennt zu schnell ab und es wird bald fade. Ich habe mich anfangs mit den Anspielungen und dem namedropping noch amüsiert, aber bald merkte ich, dass meine Augen immer schneller zum Seitenende wanderten und ich mich wirklich motivieren musste, weiterzulesen. Henschel spart nicht mit Seitenhieben auf Medien, Überschriften in fetten Großbuchstaben und Talkshow-Geschwafel stellt er gnadenlos bloß.
Bei Regio-Krimis spielt ja auch Dialekt ein Rolle und da dürfen auch diese Passagen nicht fehlen und da die Handlung quer durch die Bundesrepublik führt, wird geschwäbelt, platt gesnackt und berlinert.
Als Idee gefiel mir der „Überregionalkrimi“, die Ausführung fand ich dann doch nicht ganz gelungen. Es war nicht mein Buch, aber für die vielen Insider-Anspielungen gibt es einen Extra-Stern.

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Veröffentlicht am 25.03.2020

Spätsommer

Spätsommer ist auch noch Sommer
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Ulla ist 74 als ihr Mann nach langer Krankheit verstarb. Die ganzen Jahre hat sie ihn gepflegt und es war weder leicht, noch war es schön, denn ihr Mann war ein Kotzbrocken mit Alkoholproblem. Doch kaum ...

Ulla ist 74 als ihr Mann nach langer Krankheit verstarb. Die ganzen Jahre hat sie ihn gepflegt und es war weder leicht, noch war es schön, denn ihr Mann war ein Kotzbrocken mit Alkoholproblem. Doch kaum ist er tot, tauchen die Kinder Marko uns Susanna auf und wollen nun das Leben ihrer Mutter bestimmen. Am besten gleich in ein Pflegeheim, da ist für sie gesorgt, was soll sie in ihrem Alter denn sonst noch wollen.

Doch Ulla wehrt sich, zwar sind viele Kontakte während der langen Zeit der Krankenpflege eingeschlafen, aber mit den alten Freundinnen Hellu und Pike frischt sie ihren Kontakt auf und besonders Pike lässt vom Italienischkurs und Hot Yoga bis zum Silver Online Dating nichts aus.

Minna Lindgren hat einen turbulenten und in Teilen sehr komischen Roman um das Selbstverständnis einer Frau in 70igern verfasst. Ja, ich musste häufiger schmunzeln, auch mal ein wenig innehalten, aber so ganz glücklich hat mich das Buch nicht gemacht. Lässt sich eine vitale und gesunde 74jährige wirklich so von ihren Kindern schikanieren? Hört zu, wenn sie sich über ihren Kopf weg unterhalten und ihre Unterbringung in einem Pflegeheim organisieren und versuchen ihre finanzielle Unabhängigkeit zu beschneiden?

Dazwischen sind die Treffen mit ihren Freundinnen meist eher von der schrill, Hellu will noch etwas vom Leben haben und Pike ist dringend auf der Suche nach einem Mann. Das bringt Ulla in manch peinliche Lage.

Aber auch wenn sie die Autorin überspitzt und ironisiert, einen wahren Kern hat sie durchaus getroffen.

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Veröffentlicht am 22.03.2020

Ein richtiger Schmöker

Die stummen Wächter von Lockwood Manor
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1939 – in London steigt die Furcht vor deutschen Bombenangriff. Da erreicht das Natural History Museum Majo Lockwoods Angebot, einen Teil der Sammlung auf seinem Landgut Lockwood Manor unterzubringen. ...

1939 – in London steigt die Furcht vor deutschen Bombenangriff. Da erreicht das Natural History Museum Majo Lockwoods Angebot, einen Teil der Sammlung auf seinem Landgut Lockwood Manor unterzubringen. Die junge Kuratorin Hetty Cartwright begleitet die Evakuierung der Säugetierabteilung.
Das alte, halb verlassene und marode Landhaus bietet zwar ausreichend Platz, aber eine erschreckende Atmosphäre macht Hetty Angst. Ausgestopfte Tiere verschwinden, die Sammlung wird trotz Bewachung immer wieder verändert und Schaukästen beschädigt. Nicht nur Mäuse und andere Schädlinge gefährden die Sammlung, auch vom Major scheint eine unheimliche Bedrohung auszugehen.
Jane Healey beschwört in ihrem unterhaltsamen und stimmungsvollen Schmöker die viktorianische Zeit herauf. Ich fühlte mich bei der Beschreibung der nicht greifbaren Bedrohung und der Ängste an Manderley aus DuMauriers Roman „Rebecca“ oder auch an Brontes „Wuthering Heights“ erinnert. Das Labyrinth der Räume auf Lockwood Manor, ein geheimnisvolles, verschwundenes Blaues Zimmer, das durch die Alpträume von Major Lockwoods Tochter Lucy geistert, nächtliche Geräusche und seltsame Erscheinungen, verstärken diesen Eindruck.
Auch der Major scheint ein dunkles Geheimnis zu hüten und längst hat er seine freundliche Maske fallen lassen zeigt seinen Jähzorn und seine Machtgelüste. Seltsame Dinge ereignen sich und seltsame Gäste bevölkern das Haus.
Irgendwie scheint der Roman aus der Zeit gefallen, aber Healey gelingt es, den viktorianischen Schauerroman neu zum Leben zu erwecken. Ich konnte mich der Atmosphäre nicht entziehen und die Geheimnisse um dieses Haus erzeugten eine Gänsehaut-Spannung, die mich richtig fesseln konnte. Zwischen Hetty und Lucy entspinnt sich eine zarte Freundschaft, gemeinsam wollen sie sich den Bedrohungen stellen.
Aufgelockert wird die Atmosphäre durch Hettys Eigenart, Menschen die ihr begegnen mit Tieren zu vergleichen, da der Major zu einem Königstiger, die Haushälterin zu einem Sandfuchs, die Vergleiche finde ich sehr stimmig und sie beschwören sofort ein Bild vor meinen Augen.
Eingestreut und durch kursiven Druck kenntlich gemacht, sind die Träume, die Lucy und auch Hetty heimsuchen. Hier möchte ich auch einen Kritikpunkt anfügen. Das Schriftbild war für mich reinstes Augengift, ein, zwei Punkte größer, wäre mein Lesevergnügen größer geworden. Ansprechend und ein echter Blickfang ist das Cover. Blütenranken, ein Kolibri und ein schwarzer Jaguar nehmen Bezug auf den Roman.
Ein unterhaltsamer Roman, auf den der Begriff „Schmöker“ wirklich passt.

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Veröffentlicht am 19.03.2020

Regionalkrimi mal anders

Der Franken-Bulle
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Die erfolgreiche Krimiautorin Barbara Schauer hat sich für die Verfilmung ihres Buches einen kleinen Cameo Auftritt gewünscht. In einer Szene soll sie das Mordopfer spielen. Die Klappe fällt auf der Oberen ...

Die erfolgreiche Krimiautorin Barbara Schauer hat sich für die Verfilmung ihres Buches einen kleinen Cameo Auftritt gewünscht. In einer Szene soll sie das Mordopfer spielen. Die Klappe fällt auf der Oberen Brücke in Bamberg und der Schuss streckt die Schauer nieder. Das Requisit wurde mit einer scharfen Waffe ausgetauscht. Wer profitierte vom Tod der Autorin?
Kommissar Horst Müller tappert mit seiner Kollegin Paulina durch den Fall. Ich wähle den Ausdruck „tappert“ ganz bewusst, denn Kommissar Müller ist ein bekennender Derrick Fan. Und nicht nur das, auch die gesammelten Folgen
der „Schwarzwaldklinik“ genießt er gern mit einem Gläschen Eierlikör. Horst Müller scheint in der Vergangenheit steckengeblieben zu sein und er ist sich des Anachronismus durchaus bewusst, ja man kann sagen, er genießt es.

In diesem Krimi wird nicht mit Seitenhieben gespart, es trifft die Branche der Regionalkrimis, die der Autor wohl selbstironisch aufs Korn nimmt, denn schließlich lesen wir ja gerade einen aus seiner Feder und so wird immer mal auch auf den Vorläuferband Bezug genommen. Schließlich hat ja Müller auch diesen Fall gelöst.

Dazu wird immer mal wieder ein Handlungsstrang um eine Theatergruppe eingeblendet, die in einem Hotel ein neues Stück probt. Die „Bärenfalle“ orientiert sich durchaus an Agatha Christies „Mausefalle“. Auch hier wieder der Subtext, den der Autor in seine Handlung einbaut.

Die Dialoge fand ich ganz witzig, wobei mir aber im Lauf der Geschichte die ständigen Anspielungen auf die altmodischen Gewohnheiten von Müller und seine grammatikalische Besserwisserei etwas zu viel wurden. Da setzte für mich ein Abnützungseffekt ein.
Ich habe das Buch ganz gern gelesen, obwohl ich mir nach der Beschreibung sowohl mehr Spannung, wie auch mir Bamberg Lokalkolorit erhofft habe.

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