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Veröffentlicht am 25.08.2018

Berührende Autobiographie, die nachdenklich macht

Vergib mir, Natascha
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Sergej Kourdakov macht als ehemaliges Waisenkind Anfang der 1970er Jahre Karriere in der sowjetischen Armee. Während seiner Arbeit bei der Marine in Kamtschatka wird er vom Geheimdienst angeworben und ...

Sergej Kourdakov macht als ehemaliges Waisenkind Anfang der 1970er Jahre Karriere in der sowjetischen Armee. Während seiner Arbeit bei der Marine in Kamtschatka wird er vom Geheimdienst angeworben und leitet von da an brutale Razzien gegen christliche Treffen im Untergrund. Für Sergej ist die Welt schwarz und weiß; gut und richtig scheint klar unterscheidbar zu sein - bis er bei mehreren Razzien das Mädchen Natascha trifft und in der Folge beginnt, die eigenen Glaubbenssätze zu hinterfragen...

Sergej Kourdakovs Geschichte ist berührend und traurig zugleich. Er starb 22-jährig, nur wenige Monate nach seiner Flucht aus der UdSSR wurde er erschossen. Seine Kindheit und Jugend im sibirischen Novosibirsk haben ihn hart und ehrgeizig gemacht und abgestumpft. Die beschriebenen Szenen zeigen eine brutale Einstellung Andersdenkenden gegenüber, der Stil an sich ist einfach und erinnert an einen Abenteuerroman.

Fazit: Diese Autiobiographie bewirkt, dass man sich mit dem eigenen Glauben näher beschäftigt. Man fragt sich unwillkürlich, was aus Sergej (Jahrgang 1951, ca. altersgleich mit Wladimir Putin) geworden wäre, wenn er Natascha nicht begegnet wäre. (Zu diesem Buch gibt es auch eine leider nicht übersetzte Dokumentation. Eine junge Regisseurin suchte die beschriebenen Orte auf und versuchte, Zeitzeugen zu finden.)

Veröffentlicht am 27.03.2020

Body-Positivity und Fushion-Küche

Sylt oder Sahne
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Nele – sympathisch, übergewichtig und Single - lebt mit Anfang 50, so sagt sie selbst, das ereignislose Leben einer Pensionistin. Als sie irrtümlicherweise in der Bahn einen Sitzplatz bekommt, weil man ...

Nele – sympathisch, übergewichtig und Single - lebt mit Anfang 50, so sagt sie selbst, das ereignislose Leben einer Pensionistin. Als sie irrtümlicherweise in der Bahn einen Sitzplatz bekommt, weil man sie für schwanger hält. ist das Maß voll. Nele beschließt abzunehmen und bucht eine 2-wöchige sündteure, aber hippe Fastenkur auf Sylt. Dreibettzimmer, Einläufe und magere Süppchen inklusive. Und zwischen Hungerattacken und ökologisch korrektem Verhalten, findet Nele nicht nur die Liebe zu sich selbst und den anderen wieder, sondern auch die Erkenntnis, dass ein dünner Körper nicht automatisch glücklich macht…
Mir hat dieser Roman gut gefallen, auch wenn er nicht ganz so lustig war, wie ich nach der Leseprobe erwartet hatte. Aber die Handlung regt in mehrfacher Hinsicht zum Nachdenken an: Da sind zum einen die Fastenwilligen, die so ziemlich in allem dem gängigen Klischees eines „Bobos“ entsprechen und man sich irgendwann fragt, wann der Kult ums Essen zur Religion mutiert ist. Zum anderen die (eigentlich richtige) Botschaft, dass man sich selbst und seinen nicht perfekten Körper lieben soll. Allerdings ist sie für mich zu politisch korrekt verpackt – denn Nele verliebt sich in einen syrischen Asylanten, einen weltoffenen, toleranten. unverschämt gutaussehenden, perfekt Deutsch sprechenden, alleinstehenden Tierarzt, der nach der dem Erhalt seines positiven Asylbescheids eine Praxis eröffnet und dazu passenderweise auf füllige Frauen steht. Auf allen Ebenen Bildung, Toleranz und Integration bei ihm und seinen Freunden . Jo eh – wie man bei uns sagen würde, die Botschaft ist angekommen, wenn auch alles in allem ein bisschen zu glatt konstruiert wirkt. Und es vielleicht der Geschichte nicht geschadet hätte, auch mehr Gedanken dazu einzubringen, dass Übergewicht nicht nur ästhetische Aspekte betrifft, sondern schlicht schlecht für den Körper ist.

Dennoch ist es schön, mitzuerleben, wie Nele ihr Lebensglück findet und im Kochen endlich die Leidenschaft ihres Lebens umsetzen kann. Wobei mich persönlich ihre selbst kreierten Rezepte nicht ansprechen, da ich nicht verstehe, wieso man einerseits wirklich überall darauf hinweist, wie regional und ökologisch korrekt alles ist und gleichzeitig mit Seitan oder weitergereisten Avocados kocht. Am Ende des Buches gibt es als nette Überraschung noch einige dieser Rezepte zum Nachkochen.
Insgesamt aber ein Wohlfühlbuch, das dazu anregt, sein eigenes Körpergefühl zu hinterfragen, das Lust auf Urlaub macht und das ich gerne weiterempfehle.

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.02.2020

Kochen ohne Stress

Kitchenkarma statt Küchendrama
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Dieses ungewöhnliche Kochbuch ist ein Sammelsurium von mehrheitlich asiatisch anmutenden Rezepten. Kochen als Meditation und zum Wohlfühlen – das Konzept hat mir schon auf den ersten Blick gut gefallen. ...

Dieses ungewöhnliche Kochbuch ist ein Sammelsurium von mehrheitlich asiatisch anmutenden Rezepten. Kochen als Meditation und zum Wohlfühlen – das Konzept hat mir schon auf den ersten Blick gut gefallen. Auch das Layout ist auffallend: es gibt Ausmalbilder zur Entspannung, lustige Sprüche und Tipps und Tricks. Und die Rezepte, zumindest die, die ich ausprobiert habe, versprechen, was sie halten, Stress kam dabei in der Küche nicht auf und die Resultate haben durchaus gut geschmeckt. Dabei sind die Rezepte gut nachkochbar und mehrheitlich zeit- und zutatenmäßig nicht sonderlich aufwendig, auch weil teilweise Fertigprodukte verwendet werden. Sowohl Vegetarier als auch Fleischesser werden Rezepte für sich entdecken, einzig Kartoffelfans werden eher weniger Freude mit diesem Buch haben.

Mein größter Kritikpunkt bezieht sich auf eigenartige Gliederung der Rezepte: anstelle eines klassischen Aufbaus, sind die Rezepte (Getränke, Kuchen, Suppen, Hauptspeisen etc.) bunt durcheinandergewürfelt und ich muss gestehen, dass ich das Konzept dahinter einfach nicht durchschaue. Daher sucht man immer wieder einmal ein Rezept und muss dabei - nicht nur einmal - das ganze Buch durchblättern. Irritierend fand ich auch, dass einzelne Rezepte keinen eigenen Namen haben. Insgesamt kann ich diesen eigenwillige Kochbuch interessierten Hobbyköchen empfehlen, es eignet sich auch gut als Geschenk.

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  • Rezeptideen
  • Gestaltung
Veröffentlicht am 02.12.2018

Liebe über den Tod hinaus

Die Liebesbriefe von Montmartre
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Der Pariser Autor Julien hat vor kurzem seine Frau Helene verloren und lebt nun allein und mit seinem kleinen Sohn. Um seinen Schmerz zu verarbeiten schreibt er 33 Briefe – für jedes Lebensjahr von Helene ...

Der Pariser Autor Julien hat vor kurzem seine Frau Helene verloren und lebt nun allein und mit seinem kleinen Sohn. Um seinen Schmerz zu verarbeiten schreibt er 33 Briefe – für jedes Lebensjahr von Helene einen - und legt sie in ein Geheimfach in ihren Grabstein. Nach einer gewissen Zeit verschwinden diese allerdings auf mysteriöse Weise und dafür tauchen kleine Geschenke auf. Kleine Geschenke, die Julien den Weg zurück ins Leben zeigen sollen, doch kommen sie wirklich von Helene….?

Dies ist das erste Buch, das ich von diesem Autor lese – und sicher nicht das letzte. Nicolas Barreau hat eine bildhafte, poetische und wunderschöne Sprache, Französischer Esprit in Buchformat quasi. Die Geschichte ist sehr romantisch – manche würden vielleicht sagen, zu romantisch – aber berührend.

Was mir persönlich weniger gefallen hat, war die Fixiertheit Juliens darauf, dass es Helene ist, die antwortet ohne die logischste Erklärung (dass ihn zufällig jemand beim Öffnen des Geheimfachs gesehen hat) auch nur einmal in Betracht zu ziehen. Als Leser ahnt man ziemlich schnell, worauf das alles hinauslaufen wird, dennoch ist es schöner französischer Liebesroman, den ich weiterempfehlen würde.

Veröffentlicht am 27.10.2018

Die dritte Mrs. Hemingway

Hemingway und ich
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Dieser Roman beschreibt aus der Ich-Perspektive die Lebensgeschichte von Martha Gellhorn, der dritten Ehefrau von Ernest Hemingway vom Beginn ihrer Bekanntschaft 1936 in Florida bis zur Scheidung 1941. ...

Dieser Roman beschreibt aus der Ich-Perspektive die Lebensgeschichte von Martha Gellhorn, der dritten Ehefrau von Ernest Hemingway vom Beginn ihrer Bekanntschaft 1936 in Florida bis zur Scheidung 1941. Naiv und leichtsinnig und von Hemingway fasziniert reist sie mit ihm in den spanischen Bürgerkrieg um sich als Kriegsjournalistin einen Namen zu machen.

Es ist die Geschichte einer ehrgeizigen Schriftstellerin, die Zeit ihres Lebens wie die Motte vom Licht von Kriegsschauplätzen angezogen werden wird. Spanien, Finnland, China etc. – Martha Hemingway sucht und findet den Krieg. Parallel zu ihrer journalistischen Tätigkeit entwickelt sich auch ihre Ehe mit Hemingway immer mehr zu einem Schauplatz für Streitereien, Kränkungen und Machtspielchen. Was sogar für den Leser gerade zum Ende hin ziemlich zermürbend ist.

Es ist die Geschichte zweier Schriftsteller, die sich in vielen Dingen zu ähnlich sind. Martha Hemingway, hartnäckig, zielstrebig und unabhängigkeitsliebend lebt im ständigen Vergleich mit dem erfolgreicheren Ehemann und trotz ihres aufregenden und ungewöhnlichen Lebens bleibt sie am Ende doch – leider- nur die dritte Mrs. Hemingway.

Dies ist ein fiktiver Roman im Rahmen realer historischer Ereignisse – eine Tatsache, die man dank Paula Mc Lains meisterhafter Beschreibungsgabe des Öfteren vergisst. Leider ist es dadurch schwer, die Grenzen zwischen Fiktion und Wahrheit zu sehen. Persönlich kann ich Martha Hemingways beschriebene Faszination für Kriegsgeschehen in keinster Weise nachvollziehen, sondern sehe nur Sensationslust und Zynismus. Für ihren Mut als Kriegsreporterin kann ich sie daher nicht bewundern, wohl aber für ihr Streben nach Unabhängigkeit und beruflichen Erfolg. Paula Mc Lain holt mit ihrem Buch eine bemerkenswerte Frau ins Licht und bewirkt, dass man mehr wissen will – mehr über Martha Hemingway, mehr über Ernest Hemingway und auch mehr über die geschilderten historischen Ereignisse.

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