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Veröffentlicht am 06.05.2020

Von allem zu viel

Das eiserne Herz des Charlie Berg
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Seinem besonderen Herzen verdankt es Charlie, dass er schon mehrmals "gestorben" ist, in besonders aufregenden, hektischen Situationen macht sich sein Herzfehler bemerkbar und Charlie stürzt ins schwarze ...

Seinem besonderen Herzen verdankt es Charlie, dass er schon mehrmals "gestorben" ist, in besonders aufregenden, hektischen Situationen macht sich sein Herzfehler bemerkbar und Charlie stürzt ins schwarze Nichts. Nach dem ersten dieser Vorfälle ist plötzlich Charlies Geruchsinn besser ausgeprägt als normalerweise und es erschließt sich ihm eine neue Welt, eine neue Leidenschaft.

An der Figur des Charlie gibt es einige Besonderheiten, genauso wie seine ganze Familie ziemlich besonders ist und auch sein Leben ist alles Andere als normal, erst recht, nachdem sein Großvater bei einem Jagdausflug von einem Wilderer erschossen wird und Charlie genötigt ist, die Geschehnisse etwas zurechtzurücken.

Das eiserne Herz des Charlie Berg ist ein sehr gewaltiger Roman, sprachgewaltig, opulent und ausschweifend. Auf über 700 Seiten schwelgt der Autor in seinen Worten und im Leben von Charlie, es gibt den Erzählstrang um die aktuellen Ereignisse und es gibt Rückblicke auf Begebenheiten aus Charlies Kindheit. Und was wir da so alles erfahren, eine Geschichte skuriler als die Andere. Skuril und teilweise überzogen sind auch die einzelnen Figuren, eigentlich gibt es im ganzen Buch keine halbwegs normale Person, jeder hat irgendwie einen Spleen, oder ist verkorkst. An sich mag ich es abgedreht, aber hier war mir einfach irgendwann von Allem zu viel. Der kiffende Vater, die egomanische Mutter, die autistische Schwester, der sexbesessene Freund und, und, und. Da schwirrt einem einfach irgendwann der Kopf, ich hatte stellenweise das Gefühl, der Autor hat einfach alle seine Ideen in ein Buch gepackt. Ideen, die locker für mehrere Romane gereicht hätten. Ich liebe Bücher mit vielen Seiten, mit viel Geschichte, aber hier habe ich mich bei einigen Passagen gefragt, wo der Lektor war, der den Rotstift ansetzt.

Charlie Berg ist für mich eines dieser Bücher, das seine Leserschaft spaltet. Die Einen lieben es, die Anderen verstehen den Sinn dahinter nicht. Ich gehöre definitiv zu Letzteren. Ich verstehe tatsächlich nicht so richtig, was mir der Autor an bestimmten Stellen sagen will, allerdings bin ich auch kein Literaturstudent und möchte das Buch nicht auf einen tieferen Sinn hin analysieren. Was sich mir erschlossen hat ist, es geht um Familie, es geht um Freundschaft, es geht um Liebe und das erzählt der Autor sehr warm und sehr herzlich, aber es geht eben auch um so viel Abstruses, es ist wirr, immer zuviel, immer ein Tick drüber.

Der Autor hat unbestreitbar eine oppulente Sprache, er schafft es einfach wunderbare Bilder und Stimmungen im Kopf zu erzeugen, er hat einen Hang zur Oppulenz und überzeichnet seine Figuren und deren Handlungen. Leider schafft er es aber auch, den Leser vollkommen verwirrt, planlos, kopfschüttelnd zurück zu lassen.

Unbedingt positiv ist das wunderschöne Cover zu erwähnen, eine Waldszene, die nicht nur den Schutzumschlag, sondern auch den Einband ziert und das Buch zu einem optischen Highlight macht.

Ein bisschen hat dieses Buch zwei Seiten, zwei Gesichter und ich für meinen Teil, schaffe es nicht, diese miteinander in Einklang zu bringen. In diesem Fall wäre vielleicht weniger mehr gewesen, meine großen Erwartungen wurden nur bedingt erfüllt.

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Veröffentlicht am 01.04.2020

Eher langatmig

Mord in Mesopotamien
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Mit Mord in Mesopotamien haben wir wieder einen Fall für Hercules Poirot, allerdings tritt der Meisterdedektiv erst etwas später im Buch in Aktion, denn er ist nicht von Beginn an zugegen. Der Leser erfährt ...

Mit Mord in Mesopotamien haben wir wieder einen Fall für Hercules Poirot, allerdings tritt der Meisterdedektiv erst etwas später im Buch in Aktion, denn er ist nicht von Beginn an zugegen. Der Leser erfährt die Handlung als eine Art Tatsachenbericht einer anwesenden Krankenschwester. Diese erzählt rückblickend davon, wie sie vom Leiter einer archäologischen Ausgrabung engagiert wird, um sich um dessen Ehefrau zu kümmern, die unter nervösen Zuständen leidet und sich verfolgt fühlt. Angekommen im Kreis der Expeditionsteilnehmer wird schnell deutlich, dass eine sehr merkwürdige, angespannte Stimmung herrscht und wie zu erwarten passiert schließlich ein Mord.

Die Figur der Krankenschwester übernimmt hier den Part des Erzählers und nimmt diese Mission sehr ernst, ihre Beschreibungen sind teilweise sehr ausführlich, was mir manchmal etwas zu viel war. Auch die Befragungen nach dem Mord durch Poirot wirken eher bemüht auf mich, wirkliche Spannung kommt eher nicht auf. Die Hintergrundgeschichte ist sehr speziell, dadurch aber auch wieder verwirrend, durch die vielen verwickelten Personen fällt es schwer den Überblick zu behalten. Die Aufklärung des Mordes am Schluss erfolgt in typischer Poirot Art, ein sehr langer Monolog, in dem der Hergang der Tat bis ins Kleinste dargelegt wird. Auch hier muss der Leser aufpassen, den Überblick nicht zu verlieren, denn Poirots kleine graue Zellen arbeiten auf Höchststufe.

Für mich leider eins der schwächeren Werke von Agatha Christie, eine verworrene, unübersichtliche Geschichte mit vielen verschiedenen Personen und einer konstruiert wirkenden Auflösung. Als Fan der Autorin findet man natürlich trotzdem den Spaß am Lesen. Wer die Autorin erst kennenlernen möchte sollte sich aber lieber ein anderes ihrer Bücher dafür aussuchen.

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Veröffentlicht am 28.03.2020

Vorhersehbar

Gerecht ist nur der Tod
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Ina ist Psychologin und hat viele Jahre in der Opferbetreuung gearbeitet, irgendwann wurde ihr das allerdings zuviel und sie wechselt zum Journalismus. Auch hier lassen sie die Geschichten der Opfer nicht ...

Ina ist Psychologin und hat viele Jahre in der Opferbetreuung gearbeitet, irgendwann wurde ihr das allerdings zuviel und sie wechselt zum Journalismus. Auch hier lassen sie die Geschichten der Opfer nicht los und sie schreibt hauptsächlich zu diesem Thema, dass ihr das alles ziemlich nahe geht merkt der Leser gleich und auch ihre momentane Zusammenarbeit mit der Mordkommission macht die Sache nicht besser. Ina begleitet die Ermittlungen zu einem aufsehenerregenden Mordfall, ein bekannter Unternehmer wird auf dem Weg zu seiner Hochzeit vor der Kirche und den Augen der Braut und vieler Schaulustiger erschossen, die Polizei steht vor einem Rätsel.

Ina ist die Ich -Erzählerin, der Leser begleitet sie durch ihren Alltag und bei der Arbeit mit der Polizei, dabei erfährt man einiges über ihre Person, sowie die Mordermittlung. Schnell ist klar, dass Ina tiefsitzende psychische Probleme hat, die durch ihre Arbeit noch verstärkt werden. Was der Grund für diese Probleme ist wird anfangs nur angedeutet und der Spekulation des Lesers überlassen.

Leider kommt das Buch nur recht langsam in Fahrt, es wechseln sich Szenen ab, in denen Ina mit sich und ihren Dämonen beschäftigt ist und Szenen, die die Ermittlungen wiedergeben. Ich hatte ziemlich früh eine Ahnung zum Motiv und auch zum Täter, dadurch kam beim Lesen nicht wirklich Spannung auf. Interessiert haben mich letztlich nur die genaueren Zusammenhänge. Die Motivation hinter der Tat empfinde ich als nicht unbedingt plausibel, natürlich ist die Hintergrundgeschichte erschütternd, aber die daraus abgeleiteten späteren Ereignisse wirken doch etwas bemüht und konstruiert.

Der Schreibstil der Autorin ist eigentlich leicht lesbar, ich hatte das Buch in wenigen Stunden durch. Die Hauptfigur ist sehr zerissen und kaputt, die interessanten Nebenfiguren kamen zu wenig zum Tragen. Die Spannung, die ich auf Grund des Klappentextes erwartet hatte, hat sich bei mir nicht eingestellt. Das Buch hat es trotz der vielversprechenden Geschichte nicht geschafft mich zu packen. Da wäre sicher mehr drin gewesen.

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Veröffentlicht am 13.03.2020

Rache

Blut und böser Mann
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Zwei Geschäftspartner und ihre Familien werden entführt und die Ermittlungen laufen ins Leere, natürlich ist Donner nicht daran beteiligt, sitzt er doch immernoch auf dem undankbaren Posten in der Erstkontaktstelle. ...

Zwei Geschäftspartner und ihre Familien werden entführt und die Ermittlungen laufen ins Leere, natürlich ist Donner nicht daran beteiligt, sitzt er doch immernoch auf dem undankbaren Posten in der Erstkontaktstelle. Donner wäre aber nicht Donner, wenn er sich nicht doch plötzlich und ungewollt mitten im Geschehen wiederfinden würde und entgegen den Anweisungen seiner Vorgesetzten ermittelt er auf eigene Faust, mit fatalen Folgen.

Die Geschichte verläuft auf zwei Zeitebenen. So erfährt der Leser von einer, Jahre zurückliegenden Jag, die einem das Blut in den Adern gefrieren lässt und verfolgt dann die aktuellen Geschehnisse. Donner gerät hier wieder eher zufällig ins Geschehen und kann natürlich nicht aus seiner Haut. Er verscherzt es sich eigentlich mit jedem in seiner Umgebung und folgt stur seinem Weg im Alleingang, ohne Rücksicht auf Verluste. Genau diese Art mag ich eigentlich an seiner Figur, in diesem Fall aber war ich schnell davon genervt, denn es findet so gar keine Entwicklung der Figur statt. Jeder wird vor den Kopf gestossen, immer der einsame Wolf, immer werden Personen der Umgebung in Gefahr gebracht und auch auf das eigene Leben keine Rücksicht genommen. Dabei stolpert Donner teilweise total naiv und ohne über die Konsequenzen nachzudenken in lebensbedrohliche Situationen und trägt dabei nur bedingt etwas zur Lösung des eigentlichen Falls bei.

Die Hintergrundgeschichte ist sehr extrem und beängstigend und auch die Geschehnisse der Gegenwart beschreibt der Autor sehr roh, blutig und brutal. Manchmal war selbst mir das etwas zu heftig und das will schon was heissen.

Für mich deutlich der schwächste Donner, den ich bisher gelesen habe. Wäre das mein erstes Buch der Reihe gewesen, hätte ich vermutlich nicht weitergelesen. Ich bin natürlich Fan und als solcher verzeihe ich dem Autor und der Figur auch so einiges, wer aber mit diesem Buch in die Reihe starten will, dem rate ich ab und empfehle einen anderen Band der Reihe zum Beginn. Harte Story, harte Kerle, harte Worte. Nichts für schwache Nerven.

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Veröffentlicht am 06.02.2020

Liebe trotz kultureller Unterschiede

Der Weg zu Dir
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Emily ist alleinerziehende Mutter einer süßen vierjährigen. Sie versucht ihren Alltag so gut es geht zu meistern und kommt dabei gut zurecht, unterstützt von einer netten älteren Nachbarin und von ihrem ...

Emily ist alleinerziehende Mutter einer süßen vierjährigen. Sie versucht ihren Alltag so gut es geht zu meistern und kommt dabei gut zurecht, unterstützt von einer netten älteren Nachbarin und von ihrem Onkel und dessen Frau. Ihre ganze Liebe gilt ihrer Tochter und für einen Mann ist da so gar kein Platz, bis sie Marc kennenlernt und ihr Alltag durcheinander gerät.

Bis zu diesem Punkt klingt alles nach einer typischen Liebesgeschichte, allerdings kommt in diesem Buch noch ein entscheidender Faktor zum tragen, den Emily ist Türkin und in ihrer Kultur werden Traditionen groß geschrieben, gerade wenn es um die Ehe und die Familie geht.

Ich muss gestehen, dass ich Emily zuerst überhaupt nicht mochte, sie war mir zu defensiv, so verschüchtert, fast devot in ihrem Handeln. Dieses Niemandem zur Last fallen, am liebsten unsichtbar sein, möglichst alles allein stemmen, war mir zu viel. Ich konnte an dieser Figur so gar nichts positives erkennen, selbst in Momenten, in denen sie von der Liebe zu ihrer Tochter spricht, ist irgendwie keine Freude zu erkennen. Ja, ihr Schicksal ist schlimm, aber viele junge Mädchen vor ihr haben ähnliches erlebt, ungewollt schwanger, von der großen Liebe verlassen, auf sich allein gestellt. Eigentlich könnte sie so stolz auf sich und ihr Leben sein, aber da sind immer diese Selbstzweifel. Manchmal hätte ich sie am liebsten geschüttelt.

Emilys Haltung wird natürlich bestimmt durch ihren kulturellen Hintergrund und ihre Erziehung, ein kultureller Hintergrund, den ich nur bedingt verstehe und auch nur bedingt nachvollziehen kann. Ich habe keinen persönlichen Einblick in die türkischen Traditionen und dementsprechend fällt es mir schwer, zu verstehen, warum ein uneheliches Kind, das Zusammenleben mit einem Mann, einem deutschen Mann so ein Problem darstellt.

Die Geschichte ist eine Liebesgeschichte, nicht mehr und nicht weniger, es gibt keine kritische Auseinandersetzung mit diesem Thema, allerdings bezieht die Autorin schon in gewisser Weise Stellung, in dem sie die Geschichte so verläuft, wie sie verläuft.

Wie schon erwähnt, war mir die Geschichte anfangs zu negativ, ich konnte sie so gar nicht mit dem wunderschönen Titelbild in Verbindung bringen, mit dieser Lebensfreude, dieser Wärme. Tatsächlich hat es etwas gedauert, aber spätestens mit der gemeinsamen Reise von Emily und Marc war Beides in Einklang gebracht. Die Stimmung, die Emotionen, die die Autorin an diesem Punkt erzeugt, hätte ich mir für das ganze Buch gewünscht. Hier bin ich dann endlich auch mit der Figur Emily ins Reine gekommen und beim Gespräch zwischen ihrem Onkel und dem Lebensgefährten von Marcs Mutter war ich mit der Geschichte versöhnt.

Der Stil der Autorin ist recht einfach, ich habe mir die Geschichte oft blumiger, bunter gewünscht. Die Beschreibungen des Alltags und der Tätigkeiten hatten für mich manchmal etwas von einer Aufzählung, so als würden Punkte auf einer Liste abgearbeitet. Teilweise liest sich die Geschichte etwas holprig, der Satzbau kommt mir dann unstimmig vor. Hier hätte es vielleicht schon gereicht einzelne Worte umzustellen, oder das Satzgefüge zu verändern. Allerdings denke ich, dass hier einfach auch die Untiefen der deutschen Grammatik eine große Rolle spielen.

Das Buch enthält einiges an Stoff zum nachdenken, wie die Aussage über den Umgang mit einer ledigen, deutschen Mutter in den 50er, 60er Jahren, und wunderschöne Gedichte von Yunus Emre, das bereits erwähnte Titelbild ist sehr schön. Der Titel ist gleich mehrfach bezeichnend für das Buch. Es wird der Weg beschrieben, den Emily für ihr ungeborenes Kind gegangen ist, gegen alle Widerstände, der Weg, der sie zu der Person gemacht hat, die Marc liebt. Es zeigt den Weg, den Marc geht um Emily von seiner Liebe zu überzeugen und den gemeinsamen Weg der Beiden. Der Weg zu Dir ist Emilys Weg zu sich selbst und der Weg der Annäherung an ihre Familie und ich danke der Autorin, dass ich sie auf diesem Weg begleiten durfte.

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