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Veröffentlicht am 08.04.2020

Kranke Geschichte. Schroff, aber mit Tiefgang.

Fernweh
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"Fernweh" wurde von der New York Times Bestsellerautorin Skye Warren verfasst. Der Originaltitel lautet "Wanderlust" und erschien 2018.

-!!!Spoiler Warnung!!!!-

Die Geschichte handelt von der 20 Jährigen ...

"Fernweh" wurde von der New York Times Bestsellerautorin Skye Warren verfasst. Der Originaltitel lautet "Wanderlust" und erschien 2018.

-!!!Spoiler Warnung!!!!-

Die Geschichte handelt von der 20 Jährigen Evie, die von ihrer mit Phobien und Ängsten geplagten Mutter wegläuft und dann auf den Trucker Hunter trifft, der Sie vergewaltigt und entführt. Nach und nach erfahren beide mehr über den anderen und vor allem Evie stellt kranke Gemeinsamkeiten fest. Ist Hunter der einzige, der ihr Freiheit geben kann?

Das Buch war etwas enttäuschend weil:

Spannung
Die Spannung ist da, vor allem an 3 Punkten. Der Moment in ihrem Hostelzimmer, wo man noch nich weiß, dass Hunter auch da ist und Evie aber vorher Andeutungen macht und alles abschließt und sich einredet, dass Hunter nur ein netter Mann im Diner gewesen sein könnte, der gar nichts böses wollte.
Dann der erste Fluchtversuch aus der Raststätte, wo drei andere Männer Evie vergewaltigen wollten.
Und der zweite Fluchtversuch aus dem Haus von Hunters Freunden.
Der Rest der Geschichte liest sich aber auch gut weg.

Geschichte

Zunächst finde ich es krass, dass eine 20 Jährige, die nichts anderes kennt, einfach so ihre Mutter verlassen kann.
An vielen Stellen dachte ich mir "das passiert doch jetzt nicht wirklich?!"
Beispielsweise, dass die ersten Menschen, die Evie trifft, scheinbar allesamt böse sind und ihr nicht zur Hilfe kommen. Angefangen mit dem Freund ihrer Mutter, der sie, als sie kleiner war, in ihrem Bett missbraucht hat. Weiter mit der Bedienung im Diner, die Hunters Nachricht überbringt und dann auch noch sagt "zu manchen Männern sollte man nicht nein sagen ernster Blick". Als wüsste sie, was passieren wird und macht 0 Anstalten Evie irgendwie zu helfen indem sie die Bullen ruft oder ähnliches.
Dann Die Menschen in der nächsten Raststätte, wo Evie in die Küche läuft und sagt, dass sie Hilfe braucht und entführt worden ist und ihr die Leute dort wieder nicht helfen. Dann läuft sie aus der Hintertür raus, nur um festzustellen, dass die 3 Männer vom anderen Tisch ihr hinterher geeilt sind, um sich an ihr zu vergehen.
Man bekommt also eine Böse Außenwelt vermittelt, in welcher sich jede attraktive Frau vor Vergewaltigung fürchten muss und man mit der Hilfe Fremder nicht rechnen kann.
Dies empfand ich beim Lesen als sehr an den Haaren herbeigezogen. Was ist mit der Frau im ersten Diner? weiß sie wer Hunter ist? warum hat sie nicht die Polizei gerufen? Vor allem erfährt man in der Geschichte, dass Hunter keiner Frau vorher jemals etwas ähnliches angetan hat, also was veranlasst die Frau dazu, so konkret zu wissen, was er mit Evie vorhat?
Genau wie die Leute in der Raststätte. Die 3 Männer konnten Evie scheinbar ohne Konsequenzen folgen. Dazu mussten sie durch die Küche, in der der Chef und das Küchenpersonal zugegen waren. Die wären im Normalfall eingeschritten und hätten Evie geholfen.
Sehr unrealistisch und weit hergeholt.
Ebenfalls der Abschnitt in dem Haus von Hunters Freunden, in das er sie mitnimmt.
Klar ist es schwierig zu glauben, dass er sie entführt hat, wenn sie eben noch freiwillig mit ihm ins Haus spaziert ist. Man konnte ihren Gedankengang auch nachvollziehen, warum sie nicht gleich um Hilfe gebeten hat. Aber dass dann zwei erwachsene Menschen einem Mädchen von 20 Jahren, mitten in der Nacht nicht glauben, wenn sie sagt, dass sie entführt wurde und dann doch nicht die Polizei rufen ist auf die selbe Art unrealistisch, wie die vorher beschriebenen Situationen.
Was mich dann wirklich genervt hat, war, als sie nach ihrem zweiten Fluchtversuch auf die beiden Jugendlichen am Strand trifft und die beiden sie auch anfingen zu vergewaltigen. Und nicht nur das. Auf sie einprügeln und sie ziemlich übel zurichten. Der Eremit kommt ihr zufällig zur Hilfe und erschießt? die beiden? Ich finde es an dieser Stelle komisch, dass er sie nicht in ein Krankenhaus fährt, nachdem sie von zwei Typen zusammengeschlagen wurde, sondern sie in sein Bett legt.
Sarah, die letzte Person, die Evie trifft, erscheint dagegen wie ein Engel. Normal und freundlich. Bei der Begegnung der beiden war ich auf alles vorbereitet, aber nein. Sarah ist aber nur irgendwie in die Geschichte eingeschoben worden. Sie erfüllt absolut keinen Zweck in meinen Augen.
Trotz dieser unrealistischen Situationen hat die Geschichte aber auch einige ziemlich emotionale Stellen, wo Evies Gedanken auch sehr nachvollziehbar und mitreißend waren. Immer, wenn sie über Hunter nachgedacht hat, hat sie sich fragen gestellt, die sich auch jeder andere in ihrer Situation gestellt hätte. Ihre Sprache ist mal sehr federleicht und ergreifend und dann aber auch wieder primitiv und krass.

Charaktere

Evie ist als Person greifbar und wird gut dargestellt. Man kann sich in sie hineinversetzen und ihre Handlungen nachvollziehen.

Hunter bleibt, bis seine Geschichte aufgedeckt wird ein Geheimnis und man denkt einfach, dass er ein brutaler Vergewaltiger ist, der das schon mit vielen Frauen gemacht hat.

Beide entwickeln sich im Laufe der Geschichte. tauen sozusagen auf und Evie beginnt zu entdecken, dass er ihr sehr ähnlich ist und fängt an, ihn auf obskure Art zu mögen. Sicherlich gibt es das Phänomen, dass sich Opfer in Ihren Vergewaltiger/Entführer verlieben, also ist das nicht ganz so weit hergeholt. Dass sie am Ende dann verheiratet sind und Vergewaltigungsspiele in der Öffentlichkeit spielen, fand ich dann aber wieder lustig, weil das einfach so... naja random ist.

Thema des Buches

Das Thema das Buches ist für mich, dass jeder Ort ein Gefängnis sein kann. Ob es nun das eigene zu Hause ist, der Laderaum eines LKW oder eine ganze Stadt. Und, dass sich Ziele manchmal ändern können. Man glaubt, dass man dieses bestimmte Gefühl bekommt, wenn man nur jenen Ort besuchen könnte. Dann würde man die Freiheit spüren und endlich leben können, so, wie man es sich vorgestellt hat. Aber dann ist man dort und eigentlich war die Reise das beste daran.

Schreibstil

Der Schreibstil ist einfach und liest sich mal eben so weg. Ich habe für das Buch wirklich nur sehr wenig Zeit gebraucht. Die Seiten sind dick und die Ereignisse stürzen wie Wasserfälle auf einen ein.

Originalität

Die Geschichte ist so unrealistisch und weit weg von einer nachvollziehbaren Story, dass sie wohl schon wieder ein echtes Originial ist.

Lesespaß

Spaß beim Lesen hatte ich auf jeden Fall, weil ich mit den abstrusesten Sachen gerechnet habe und mich das echt bei Laune gehalten hat.

Fazit

Eine Geschichte, die nichts für jeden ist. Sie ist krank, verwerflich und echt erschreckend. Es passieren richtig lächerliche Sachen, aber der Lesespaß ist für mich trotzdem da gewesen. Ich empfehle das Buch niemandem, der durch Vergewaltigungsschilderungen getriggert wird. Die Geschichte hat schon irgendwie "Ihrs", aber sie wirkt auf mich eher, wie ein Versuch. Man hätte viel mehr Dinge erklären müssen, z.B. ob sie ihre Mutter nochmal wieder sieht. Was mit den (vielleicht) toten Männern und jugendlichen passiert. usw. Ich möchte nicht sagen, dass das ein Buch für zwischendurch ist, weil es an einigen stellen schon echt hart ist und einen nachdenklich macht und teilweise fassungslos zurücklässt.


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