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Veröffentlicht am 30.05.2020

Vom Zerfall einer Welt und einem Huhn

Cyber Trips
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Die Ordnung ihrer Welt ist im Zerfall begriffen. Nur mit müde waren Sperrzonen errichtet und verteidigt worden, Unzählige waren in diesen Kämpfen ums Leben gekommen.

Doch die Moja – menschenähnliche Wesen, ...

Die Ordnung ihrer Welt ist im Zerfall begriffen. Nur mit müde waren Sperrzonen errichtet und verteidigt worden, Unzählige waren in diesen Kämpfen ums Leben gekommen.

Doch die Moja – menschenähnliche Wesen, die nicht über Gefühle verfügen – haben dazu gelernt. Erst lernten sie, Kugeln und anderen Waffen der Menschen zu trotzen, nun lernten sie, die Mauern der Sperrzonen zu zerstören, als wären sie aus Sand. Besonders ein Moja, der Erste der Stufe 4, hält Okijen, Flover, Andra, Byth und Luka in Atem.

Was will dieses Wesen, das ausgebildete und erfahrene Einheiten auslöscht, als wären sie Spielzeugsoldaten, sogar Bombenangriffen trotzt?

Nachdem der erste Teil der ›Neon Birds‹-Trilogie mit dem gleichlautenden Namen ›Neon Birds‹ die Lesenden an einem Punkt zurückgelassen hatte, der nach ›Weiterlesen‹ geschrieben hat, beginnt ›Cyber Trips‹ nicht weniger spannend.

Zwei junge Männer fliehen gemeinsam mit einem Huhn in einem Zug. Flovers und Lukes letzte Hoffnung liegt in Flovers Mutter Liza, die sich in der Vergangenheit nicht durch mütterliche Qualitäten bewiesen hat.

Während Andra hingegen hofft, mit KAMI, dem Moja Stufe 4, sprechen zu können, scheint Byth etwas vor ihnen zu verbergen. Einer der wenigen Auswegmöglichkeiten, der Okijen, Byth und Andra bleibt, ruht in Andras Vergangenheit. Was hat es mit den Pfeilen auf sich, die durch die Alte in Andras zerstörtem Dorf gesegnet worden sind?

Während immer mehr Gebiete der Welt von den Moja übernommen und dadurch für Menschen unbewohnbar werden, setzt der Weltrat alles daran, um dies zu verhindern. Doch während die Ordnung der alten Welt zerbricht, bleibt auch der Weltrat von ihrem Verfall nicht verschont.

In ›Cyber Trips‹ beginnt die Auflösung und Verwischung des Bekannten. Denn während KAMI nicht nur lernt, zu überleben und zu kämpfen, scheint es auch immer mehr über das Wesen des Menschen zu lernen. Schritte in die Vergangenheit werden nötig, alte Wunden wieder aufgerissen. Wieso ist Okijen van Dire in seinen jungen Jahren bereits so müde, weiterzukämpfen? Und welches Leben haben die drei Personen geführt, die sich der Weltrat nennen, schon viele Jahre alt sind und so jung aussehen, als wären sie keine dreißig? Wie war diese Welt, bevor die Mojas kamen, und welche Opfer mussten Liza, Marshall und Alaska bringen, um in der neuen Welt als Weltrat hervorzugehen?

Der zweite Band dieser spannungsgeladenen Trilogie sollte definitiv erst gelesen werden, wenn auch der erste Band gelesen wurde. Das feine Netz an Zusammenhängen, dass Marie Graßhoff über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Charaktere ist zu komplex und zu vielversprechend, um einen Teil davon verpassen zu wollen.

Graßhoffs Schreibstil ist klar und frisch, mit einem Hauch von Poesie. Und so wird es sicherlich auch im dritten Teil, ›Beta Hearts‹ spannend weitergehen. Denn zwei Fragen beschäftigen vermutlich jeden Leser und jede Leserin der ersten beiden Bände: Welche Zukunft kann es für eine solche Welt geben und was schlummert in ihrer Vergangenheit?

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Veröffentlicht am 11.04.2020

Etwas, dessen Name nicht genannt werden kann

Monster
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Monster sind allgegenwärtig. Weder das Monster unter dem Bett noch das Krümelmonster sind aus unserer Erzählwelt wegzudenken. Bereits im Deutschen Wörterbuch, an dem Jacob und Wilhelm Grimm 1838 zu arbeiten ...

Monster sind allgegenwärtig. Weder das Monster unter dem Bett noch das Krümelmonster sind aus unserer Erzählwelt wegzudenken. Bereits im Deutschen Wörterbuch, an dem Jacob und Wilhelm Grimm 1838 zu arbeiten begannen, ist es eng mit der Bedeutung des ‚Ungeheuers‘ verwoben: das, was dem Menschen nicht geheuer ist.

Über 170 Jahre später wird das Monster namensgebend für Benjamin Maacks mehrfach ausgezeichnetes Werk. In diesem kombiniert er Erzählungen über die Abwege des Menschseins mit kürzeren, eingeschobenen Passagen.

"Es ist plötzlich da", So beginnt der erste der 19 kapitelartigen Abschnitte des Buchs, die zwischen einer Länge von wenigen Sätzen bis hin zu über 70 Seiten schwanken. Monster spielt mit dem Auflösen von Formen, sodass eine Genrezuschreibung erschwert wird. Bei ‚Es‘ handelt es sich um eine Eule, die den Weg von der Straße in Benjamins Kofferraum findet und ihn fortan begleitet. Die Abschnitte wirken auf den ersten Blick voneinander unabhängig. Lediglich der Name ‚Benjamin‘ zieht sich durch alle Geschichten, in denen der Protagonist benannt wird. Zwei der Abschnitte bestehen gänzlich aus einer seitenlangen Aneinanderreihung des Buchstabens X oder der Zahl 0.

"Ich glaube nicht an andere Menschen. Ich meine, ich glaube nicht, dass es andere Menschen gibt", lautet eine jener zehn Passagen, die Maack zwischen die einzelnen Abschnitte streut. Doch das, was zusammenhangslos wirkt, ergibt am Ende des Buches ein facettenreiches Bild: Maack webt sieben längere Geschichten mithilfe dieser Passagen aneinander. In ihnen wendet sich der Icherzähler unmittelbar an den Leser. Die Passagen rahmen die Erzählungen nicht, sondern halten sie wie Klebstoff aus dem Inneren zusammen.

Im Kontrast zu den wirr-anmutenden Seiten voller Nullen und Xen ergeben die in sich geschlossenen Kurzgeschichten überraschend viel Sinn. So erzählt Maack in „Viel schlimmer als die dunklen Räume sind die spiegelnden Fenster“ die Geschichte von Benjamin und seiner Jugendliebe Kathrin. Benjamin fährt sie und ihren Mann in ihrem abgelegenen Haus besuchen. Spürbar liegt die Schwere der Erinnerung auf Kathrin und Benjamin, doch die Lebenswirklichkeit knüpfte sie an ihren Mann und das, lange bevor dieser an den Rollstuhl gebunden war. Lediglich die Eule, der symbolische Unglücksbote, begleitet Benjamin zurück in seine eigene Wohnung.

In der Erzählung „Wie sehr hat Las Casas geweint?“ verwebt Maack die vom Körperlichen dominierte Liebesgeschichte von Benjamin und Nina mit der Geschichte ihres Großvaters. Dieser erzählt Benjamin „wie ein kaputtes Spielzeug“ Geschichten von Kolumbus und den Spaniern. Bis der Großvater stirbt.

Maacks Geschichten begleiten die Protagonisten in ihrem Umherirren und sind durch alltägliche Beobachtungen und Erzählsituationen in der Wirklichkeit verankert. Dennoch spielt der Icherzähler in den zwischengeschalteten Passagen mit seiner eigenen Glaubwürdigkeit. So gesteht er gegen Ende, dass eine der Figuren des Anfangs zum Zeitpunkt der Erzählung längst verstorben ist. Und negiert damit eine der Grundannahmen der anfänglichen Erzählung des Buches.

Der Leser wird der bedrückenden Härte der Geschichten bis zuletzt ausgesetzt. Kein Happy End eilt zur Erlösung herbei, sodass die Stimmung nach Abschluss des Buches anhält. Viele Fragen bleiben unbeantwortet: wie, ob sich die ‚Benjamins‘ der Geschichten auf ein und dieselbe Person beziehen, oder wo genau sich das Monster in Maacks Erzählungen versteckt hält. Dieses nimmt keine konkrete Gestalt an, während das Figurenpersonal durchaus in Situationen gerät, in denen monströse Züge ihres Wesens zum Vorschein kommen. Sowohl in sexuell expliziter als auch in psychologisch abgründiger oder gewalttätiger Hinsicht.

Doch das Düstere und Unheilvolle erschöpft seine Wirkung mit dem Fortgang des Buches. Die verschiedenen Gesichter des Monsters sind gezeigt, ihre Geschichten in Druckerschwärze gebannt.
Zurück bleibt das Scheitern des Protagonisten, das sich als Bodensatz durch die Geschichten zieht.

Bei der Preisverleihung des Hermann Hesse Förderpreises, den Maack für Monster erhielt, berichtet er von der Entstehungszeit des Buches: "Früher hab ich jedes Mal mit schrecklichen Ängsten gekämpft, wenn ich mich zum Schreiben hinsetzte."
Eine schonungslose Authentizität, die sich im gesamten Werk widerspiegelt.

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Veröffentlicht am 11.04.2020

Hitlisten, Fantheorien und vieles mehr

Das inoffizielle Harry-Potter-Lexikon
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Das inoffizielle Harry Potter-Lexikon der Autorin Pemerity Eagle lädt durch seine oft nur wenige Seiten langen Einträge an den Ort ein, an dem man beim Lesen eines solchen Buches sein will: in die Welt ...

Das inoffizielle Harry Potter-Lexikon der Autorin Pemerity Eagle lädt durch seine oft nur wenige Seiten langen Einträge an den Ort ein, an dem man beim Lesen eines solchen Buches sein will: in die Welt der oft eigenen Erinnerungen an die magische Welt von Harry Potter.

Pemerity Eagles inoffizielles Harry Potter-Lexikon verspricht bereits auf dem Cover, alles zu enthalten, was ein Fan wissen muss. Eine gewaltige Erwartung, die dieses Buch somit zu erfüllen hat, das so gar nichts mit einem herkömmlichen Lexikon gemein hat.

Gleich zu Beginn ist der Einsatz des Lesers gefragt: mithilfe eines Quiz wird der Leser in eine von vier Kategorien eingestuft, vom Harry Potter-Novizen, bis zum waschechten absolut allwissenden Potterhead. Auch das Lexikon an sich folgt nicht der Standardeinteilung von A–Z. Stattdessen führt Pemerity Eagle den Leser mit Hitlisten einmal quer durch die Harry Potter-Bücher und Filme und wieder zurück. So darf sich der Leser unter anderem auf die meistgehassten Charaktere, die traurigsten Tode oder auch auf die verrücktesten Fantheorien freuen.

Pemerity Eagles Quizauswertung empfiehlt dem Harry Potter-Novizen, fleißig die Bücher zu lesen oder die Filme zu schauen. Ein sinnvoller Tipp, denn voll auf ihre Kosten kommen durch Das inoffizielle Harry Potter-Lexikon vor allem die Leser, die mit der magischen Welt von J. K. Rowling vertraut sind.

Eagle greift sich mit ihren Hitlisten die wichtigsten und spannendsten Zutaten aus den verschiedensten Bereichen und mischt Wissen über die magischen Geschöpfe mit Beschreibungen der spannendsten Schlachten und vielem mehr. Aus auffälligen und weniger auffälligen Momenten der Bücher und Filme braut sie einen Sud, aus dessen Essenz Peremitys Eagles Lexikon besteht.

An vielen Stellen erinnert dieses daran, was beim ersten Lesen der Bücher damals durch den eigenen Kopf ging. Sie räumt den eher nebensächlich erscheinenden Auffälligkeiten Platz ein und schafft es innerhalb eines Eintrags, der in der Regel nur ein bis drei Seiten lang ist, die Zusammenhänge über Handlungsverläufe oder über Charaktere aufzuzeigen. Dabei fokussiert sie sich häufig auf das Unscheinbare, schon Vergessene.

Auf rund 200 sehr locker beschriebenen Seiten, die immer wieder mit Illustrationen geschmückt sind, fasst Pemerity Eagle Wissen, Vermutungen und Erinnerungen über die Welt von Harry Potter zusammen, ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu stellen.

Das Buch Das inoffizielle Harry Potter-Lexikon empfiehlt sich als Lektüre vor allem für jene, die mit der Welt von Harry Potter vertraut sind und gerne ihr Wissen über Zusammenhänge oder scheinbare Nebensächlichkeiten auffrischen oder vertiefen wollen. Oder für jene, die sich wünschen, dass die Bilder wieder in ihnen wachgerufen werden. Auch im Hinblick auf die derzeit erscheinenden Phantastische-Tierwesen-Filme ein spannender Zugang zur Welt von Harry Potter.

Rezension erstmals erschienen auf LizzyNet

Veröffentlicht am 11.04.2020

Die zwei mächtigsten Zauberer der Welt

Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen (Das Originaldrehbuch)
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Grindelwald gehört zu den Namen, die bei mir noch immer aus den Harry Potter-Büchern nachhallen. Obwohl oder vielleicht auch da er als Figur kaum in Erscheinung tritt, und somit vor allem als Name in Geschichten ...

Grindelwald gehört zu den Namen, die bei mir noch immer aus den Harry Potter-Büchern nachhallen. Obwohl oder vielleicht auch da er als Figur kaum in Erscheinung tritt, und somit vor allem als Name in Geschichten existiert, Dumbledores Berühmtheit gründet unter anderem in diesem Namen.

Obwohl er in Albus Dumbledores Jugend eine bedeutende Rolle spielt, weiß der Lesende aus den Harry Potter-Büchern selbst vergleichsweise wenig über Grindelwald. Doch eines kann man sich vorstellen: Wer oder wie Grindelwald auch immer da: Die Welt, in der er gelebt hat und die er hinterlassen hat, ist jene, in der Tom Riddle und viele seiner Anhänger aufwuchsen. Und einige der Überzeugungen Grindelwalds erinnern stark an den Dunklen Lord.

Grindelwalds Verbrechen, der Nachfolgeband zu Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind. Originaldrehbuch, ist wesentlich düsterer als dieser. Zwar spielen Newt Scamanders Tierwesen noch immer eine Rolle, doch haben sie nicht mehr viel Gelegenheit, sich von ihrer amüsanten und hellen Seite zu zeigen. Andere Tierwesen zeigen sich: ein Maledictus, ein Obscurus.

Vielmehr scheint es hingegen, als würden Dunkelheit und Schrecken in diesem Band erst Tor und Tür geöffnet werden.

Oft schwingt in diesem Buch der Gedanke mit, dass, was auch immer passiert und den Personen widerfährt, es zum Teil ihre Nachfahren sein werden, die in den Harry Potter-Bänden auf der Seite von Dumbledore oder Voldemort stehen werden und dass der Grundstein dafür nun hier gelegt wird.

Grindelwalds Verbrechen ist es gelungen, mich in seinen Bann zu ziehen. Die im ersten Band aufgebauten Geschichten verdichten sich, Geheimnisse fordern ihre Auflösung. Doch obwohl ich dieses Originaldrehbuch wirklich sehr gerne gelesen habe und die bei Carlsen erschienene Hardcover-Ausgabe unglaublich schön ist, finde ich es ein wenig traurig, dass es eben nur das ist: ein Drehbuch, und kein Roman. So viele interessante Beweggründe der Figuren können kaum so beleuchtet werden, wie es in einem Roman möglich wäre, und so fehlte es mir gegen Ende des Buches bei manchen Figuren, dass ich die Motivation für oder gegen manche Handlungen nicht immer nachvollziehen konnte und sie mitunter abrupt und zu schnell schienen. Doch kann dies dem Drehbuch, solange es als solches betrachtet wird, keinen Abbruch tun. Definitiv lesenswert für alte oder neue Fans von Harry Potter.

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Veröffentlicht am 11.04.2020

Wo Oscar Wilde, J. R. R. Tolkin und Bill Clinton zur Uni gingen

Dear Oxbridge
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Oxbridge – ein Schachtelword, bestehend aus den Namen der beiden ältesten und wohl auch bekanntesten Universitäten im Vereinigten Königreich: Oxford und Cambridge, die zu den Eliteschmieden des Landes ...

Oxbridge – ein Schachtelword, bestehend aus den Namen der beiden ältesten und wohl auch bekanntesten Universitäten im Vereinigten Königreich: Oxford und Cambridge, die zu den Eliteschmieden des Landes gehören.

Namhafte Persönlichkeiten wie Oscar Wilde, J. R. R. Tolkin, Stephen Hawking, John Locke, Tony Blair, Bill Clinton oder Thomas Morus haben dort bereits ihre universitäre Ausbildung genossen. Auch aus Film und Fernsehen bekannte Persönlichkeiten wie Rowan Atkinson, Kate Beckinsale und Emma Watson waren dort. Selbst bekannte fiktive Personen wie Indiana Jones sind in Oxbridge gewesen oder haben dort ihren Arbeitsplatz.

»In Großbritannien gilt: Manchmal regieren die Konservativen und manchmal regiert Labour, aber fast immer regiert Oxbridge.«

Da überrascht es nicht, dass Oxbridge eine über die Jahrhunderte fortbestehende Faszination auf viele Menschen ausgeübt hat und noch immer ausübt: Darunter auch Nele Pollatschek.

Ihr Weg nach Oxbridge war zwar keineswegs gradlinig, frustrations- oder enttäuschungsfrei, aber sie hat es geschafft, dort zu studieren. Und das, obwohl sie nicht bereits auf eine der Eliteschulen Englands gegangen war, oder eine lange Familientradition vorweisen kann, die allesamt in den alten Hallen gelernt hatten. Mit viel Fleiß, Zähnezusammenbeißen und Tränen.

Dass sie so in dem Moment in England sein würde, als der Brexit offiziell verkündet wird, hatte sie zu Beginn ihres Studiums nicht voraus gesehen. Umso wichtiger ist ihre Erfahrung dieses Augenblicks, denn in Deutschland absolvierte sie ihren Bachelor, in England ihren Master.

In Dear Oxbridge beschreibt Pollatschek ihren vergleichsweise unkonventionellen, doch erfolgreichen Weg nach Oxbridge. Erfrischend ehrlich, ohne die Höhen und Tiefen ihrer Erfahrungen auszusparen, blickt sie auf die Besonderheiten von Deutschland und England. Oft vergleichend, ohne damit die immer gleichen Klischees aufzuwärmen, sondern eher, um die vielen, wunderbar unterschiedlichen und ähnlichen Facetten ihrer beiden Studienländer zum Vorschein zu bringen.

So beschreibt Pollatschek nicht nur die Kuriositäten ihres Alltags, der zu einer innigen Liebe für isolierte Thermofenster und einwandfrei funktionierende Rohrleitungen führte. Auch die Momente, in denen Pollatschek einen Blick auf die Geschehnisse erhaschen konnte, während sie Geschichte schrieben, teilt sie mit den Lesern.

»In Oxford habe ich einen Master in Englischer Literatur des 19. Jahrhunderts gemacht und über das Problem des Bösen im viktorianischen Realismus promoviert. Ich habe also sehr viel über englische Literatur gelernt. Aber noch mehr über englische Toiletten.«

Und dabei gelingt es Pollatschek kein verklärendes Traktat für das eine und gegen das andere Land zu schreiben, sondern vielmehr die Menschlichkeit hinter und in den großen und kleinen Momenten sichtbar zu machen.

Mit ihren Beobachtungen, die voller Sinn fürs Detail, Humor und das Miteinander sind, kann Pollatschek in ihrem Liebesbrief an England nicht nur eingefleischte Großbritannien-Fans unterhalten und begeistern: Für alle, die mehr von Großbritannien erfahren wollen, als durch die Brexit-Nachrichten derzeit zu hören ist.

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