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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.01.2021

Nachdenklich, mutig und wunderschön

Die Farbe von Glück
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Clara Maria Bagus hat uns mit diesem Roman ein wahres Geschenk offenbart. Ich habe gefühlte Ewigkeiten zum Lesen gebraucht, einerseits, weil ich dieses wunderbare Buch nicht beenden konnte, aber auch, ...

Clara Maria Bagus hat uns mit diesem Roman ein wahres Geschenk offenbart. Ich habe gefühlte Ewigkeiten zum Lesen gebraucht, einerseits, weil ich dieses wunderbare Buch nicht beenden konnte, aber auch, weil ich so viele Passagen aus dem Buch herausschreiben wollte, notieren, bewahren, mir vor Augen halten.

Eine schöne, eine traurige, eine nachdenkliche Geschichte, die uns mit Fragen an uns selbst konfrontiert:
Wie weit darf man für sein eigenes Glück und für das Glück der Menschen, die uns nahestehen, gehen?
Und ist es nicht so, dass man seinem Schicksal nie entkommt, egal, welche Flucht man versucht? Und dass sich Glück nicht erzwingen lässt?

Der Roman hat mich tief berührt. Sprachlich brillant, mit Weisheiten versehen, die jeden anrühren und betreffen. Ein zeitloses Buch über die Liebe und das Leben, das wohl jeden Leser zutiefst berührt.

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Veröffentlicht am 13.10.2020

Familiengeheimnisse

Baskische Tragödie
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Luc Verlain, erfolgreicher Ermittler aus Paris, hat bereits vor 3 Bänden Paris verlassen und ist in seine Heimat Aquitaine zurückgekehrt. Dort hat er mit seinem Team inzwischen bereits 3 mysteriöse Mordfälle ...

Luc Verlain, erfolgreicher Ermittler aus Paris, hat bereits vor 3 Bänden Paris verlassen und ist in seine Heimat Aquitaine zurückgekehrt. Dort hat er mit seinem Team inzwischen bereits 3 mysteriöse Mordfälle aufklären können. Der unstete Commissaire ist sesshaft geworden und hat in seiner Arbeitskollegin Anouk, mit der er nun ein Kind erwartet, auch seine Liebe gefunden.
Doch dann findet ein fünfjähriger Junge am Stand der Aquitaine ein Päckchen Kokain, nascht im Glauben, Zucker vor sich zu haben, etwas von dem Pulver und fällt ins Koma. Der Drogenfund am Strand bleibt kein Einzelfall, auch an anderen Stränden und in anderen Dezernaten werden ähnliche Pakete angespült.
Während dieser Ermittlungen erhält Luc Nachricht über ein medizinisches Gutachten, das im Baskenland erstellt wurde – er IST bereits Vater eines Mädchens, mit dessen Mutter Luc eine kurze Affäre in Paris hatte. Da Luc bereits Ziel mehrerer anonymer Nachrichten des offenbar gleichen Verfassers war und auch Anouk bereits einmal ein Schreiben erhalten hat, beschließt Luc, der Sache nachzugehen und endgültig reinen Tisch zu machen. Ohne irgendjemanden darüber zu informieren, reist Luc Richtung Baskenland. Doch damit begibt er sich in die Falle eines gnadenlosen Jägers, der nur eines zum Ziel hat: Lucs Leben zu zerstören, so wie Luc sein Leben vor vielen Jahren zerstört hat.
Eine spannende Verfolgungsjagd beginnt, und atemlos fragt man sich öfters: kann Luc das wirklich alleine schaffen? Der Gegner scheint übermächtig und Luc immer einen Schritt voraus zu sein.
Alexander Oetker hat mit „baskische Tragödie“ keinen klassischen Krimi vorgelegt – man begleitet den sympathischen Protagonisten Luc Verlain vielmehr in einer Zeitreise zurück zu einem seiner ersten und sicherlich prägendsten Fälle. Wie immer bei den Luc-Verlain-Krimis wird auch der Region, sozusagen der Kulisse, Raum geboten und wir erfahren viele Details über das Baskenland, die mir so noch nicht bekannt waren. Alte Bekannte aus den ersten drei Fällen tauchen auch hier wieder auf und halten die Geschichte sehr lebendig. Ich freue mich auf eine Fortsetzung!

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Veröffentlicht am 13.10.2020

Düstere Familiengeheimnisse

Ihr Königreich
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Der Prolog verbreitet bereits eine beklemmende Atmosphäre: Roy und sein jüngerer Bruder Carl leben mit einem amerikanophilen Vater und ihrer Mutter in der norwegischen Einöde.
Als Carl, beeindruckt vom ...

Der Prolog verbreitet bereits eine beklemmende Atmosphäre: Roy und sein jüngerer Bruder Carl leben mit einem amerikanophilen Vater und ihrer Mutter in der norwegischen Einöde.
Als Carl, beeindruckt vom Jagdmesser, mit dem der Vater ihnen das Töten gezeigt hat, beim Versuch, ein Wild zu erlegen, versehentlich den Familienhund Dog trifft und ihn dabei schwer verletzt und blendet, übernimmt Roy die Verantwortung und beendet mit dem Jagdmesser das Leben des Familienhundes. Um Carl aber nicht als Feigling darzustellen, erklären die beiden dem Vater, Carl hätte die Verantwortung für seinen Fehler übernommen. Doch nicht nur der Leser weiß, dass Roys und Carls Vater die Wahrheit schon lange kennt – er nennt Carl weich und meint, Roy und er müssten auf Carl und die Mutter der Buben aufpassen.

20 Jahre später erwartet Roy, inzwischen alleine am Hof, seinen nach Norwegen zurückkehrenden Bruder. Carl bringt nicht nur einen glänzenden Amischlitten, der dem Vater sicherlich gefallen hätte, sondern auch seine Frau Shannon mit – und eine ziemliche Unruhe erfasst das Dorf Os, als Carl seine Pläne offenbart, ein gemeinsam finanziertes Wellnessressort aus dem Boden zu stampfen.
Nicht nur der Unfalltod von Roy und Carls Eltern, deren Auto an einem eisigen Tag in die Schlucht nahe der Auffahrt stürzte, soll plötzlich wieder untersucht werden, auch der Tod des ehemaligen Dorfpolizisten wird aufgerollt. Roy fühlt sich zunehmend unter Druck gesetzt, von Carl, der immer neue Luftgespinste erdenkt, Shannon, zu der er sich zunehmend hingezogen fühlt, und den alten Geschichten, die nach und nach an die Oberfläche gespült werden.
Was ist wirklich mit dem Polizisten passiert, der den Unfalltod von Roys Eltern nicht einfach hinnehmen konnten? Und was ist dran an den Gerüchten um Kindesmissbrauch? Warum hat Roy immer für Carl eingestanden, egal, in welch tiefes Fettnäpfchen Carl gehüpft ist? Und wieso verliebt sich Roy ausschließlich in Mädchen, die sein Bruder Carl schlecht behandelt hat?

Die Familientragödie, die nach und nach zutage tritt, ist schwärzer als die Dunkelheit bei Neumond. Doch wird Roy ewig seine schützenden Hände über Carl halten, über ihr gemeinsames Königreich am Rande von Os?

Wieder einmal schafft es Nesbö, die Wohlfühlatmosphäre der erkennbaren Einteilung in Gut und Böse, Schwarz und Weiß zu demontieren. Opfer werden zu Tätern, Täter zu Opfern. Spannend, vielschichtig, verstörend.

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Veröffentlicht am 28.08.2020

Zu alt für die Liebe

Der letzte Satz
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Wie eine Symphonie verläuft die Retrospektive Mahlers auf sein Leben, porträtiert auf seiner letzten Überfahrt in die USA. Mahler sitzt an Bord, müde, gekennzeichnet vom Leben und seiner Krankheit, gedanklich ...

Wie eine Symphonie verläuft die Retrospektive Mahlers auf sein Leben, porträtiert auf seiner letzten Überfahrt in die USA. Mahler sitzt an Bord, müde, gekennzeichnet vom Leben und seiner Krankheit, gedanklich vereinsamt, obwohl seine Frau Alma und seine überlebende Tochter Anna Justine nur wenige Meter entfernt im Schiffsrumpf auf ihn warten. Mal denkt er verklärt an die Zeit, wo sich Alma und er noch nahe waren, mal überfällt ihn die Erinnerung schmerzhaft, wie der Besuch von Walter Gropius, dem leidenschaftlichen Verehrer Almas, in seinem Südtiroler Urlaubsdomizil. Mahler ist, nicht zuletzt durch den Brief, den Gropius versehentlich an ihn statt an Alma adressierte, gepeinigt von der Vorstellung, Alma für immer verloren zu haben, die Gedanken kreisen um Freud, den er aufgrund der Schwierigkeiten mit Alma kontaktierte, an seine erstgeborene Tochter Maria Anna, die an Scharlach-Diphterie verstarb, an seine Inspiration zur neunten Symphonie, und kehren konzentrisch zur Angst zurück, zu alt für Alma zu sein. Zu alt für die Liebe. Zu alt für das Leben.

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Veröffentlicht am 11.04.2020

bedeutungsschwer

Das Gewicht der Worte
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Ein beruhigend unaufgeregter Roman, der wie alle Werke von Pascal Mercier durch seine geschliffene Sprache und tiefgründige Dialoge wirkt. Wie auch schon bei früheren Werken Merciers habe ich, berührt ...

Ein beruhigend unaufgeregter Roman, der wie alle Werke von Pascal Mercier durch seine geschliffene Sprache und tiefgründige Dialoge wirkt. Wie auch schon bei früheren Werken Merciers habe ich, berührt von den wunderbaren Worten, noch unter der Lektüre weitere, im Buch erwähnte Werke (Handwerk des Lebens u.ä.) gekauft, um die Figuren des Werks noch besser zu erfassen.
Mich hat das Buch besonders bewegt, da ich mit einer lieben deutsch-italienischen Freundin viel Zeit mit Vergleichen der deutschen und italienischen Sprachbesonderheiten (unter Berücksichtigung meines tirolerischen Muttersprachidioms) verbracht habe. Leider ist diese Freundin genau zu dem Zeitpunkt, als ich das Buch gelesen habe, verstorben, was mir das Lesen teilweise sehr schwer gemacht hat.
Ursprünglich wollte ich das Buch als Hörbuch „erfahren“. Doch einerseits hatte ich meine Probleme, den abwechslungsreichen, bedeutungsschweren (ja, hier findet man plötzlich die Bedeutung des Titels!) Worten und Sätzen nur hörend zu folgen, andererseits fand ich die Stimme des Vorlesers fast zu beruhigend und habe manchmal, leicht eingelullt, den Faden verloren. Und bei 22 h Laufzeit ist es schwierig, nebenher nichts zu tun, sondern nur aufmerksam zuzuhören. So habe ich den Roman auch als Buch gekauft und mich abwechselnd mit Buch / Hörbuch durch die Geschichte gehangelt. Das fand ich sehr abwechslungsreich und auch irgendwie dem abwechslungsreichen Leben des Protagonisten angemessen.
Wie in früheren Büchern erzählt Pascal Mercier auch hier die Lebensgeschichte seines Protagonisten - in diesem Fall Simon Leyland - in allen Facetten eines Lebens, Liebe und Leid, Höhen und Tiefen, Freundschaften und Menschen, die man nicht mehr begegnen möchte.
Simon ist Übersetzer und lernt in London seine spätere Frau Livia, eine Verlegerstochter aus Triest, kennen und lieben. Als Livia den väterlichen Verlag erbt, zieht Simon mit ihr und den beiden Kindern nach Triest, wo er als Übersetzer für den Verlag arbeitet und, nach Livias tragischem Tod, die Geschäftsführung des Verlages übernimmt. Nach einer irrtümlichen Diagnose verkauft er den Verlag, um sich, als sich das ärztliche Urteil als Fehlinformation entpuppt, plötzlich frei von Verpflichtungen auf eine Reise in seine alte Heimat, in ein neues Leben, zu sich selbst, zu machen.
Ein vielschichtiges Buch, das die Komplexität eines Lebens, die Vielschichtigkeit von Freundschaften und scheinbar einfach Fragen wie „Was ist Heimat“ aufzeigt.

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