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Julia_Matos

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.08.2020

Abenteuerlicher, dramatischer Band 2

Exodus 9414 - Der dunkelste Tag
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Man wechselt diesmal kapitelweise zwischen vier Perspektiven an drei Orten und zwei Zeiten, die stückchenweise zusammengeführt werden: a) Jazmin Harper und Denis auf dem interstellaren Siedlungsschiff ...

Man wechselt diesmal kapitelweise zwischen vier Perspektiven an drei Orten und zwei Zeiten, die stückchenweise zusammengeführt werden: a) Jazmin Harper und Denis auf dem interstellaren Siedlungsschiff USS London 9414 / 9495 (Zeitdilatation macht’s möglich), b) Physiker und Navigator Maximilian Harper auf der USS Boston 3075, c) Historikerin und Professorin Isabella auf der Erde 3075.

Jazmin und Denis kennt man aus „Exodus 2727“. Die Fortsetzung knüpft gut an, sodass ich auch ohne Inhaltszusammenfassung direkt wieder drin war. Von Max hat man bis dato nur gehört. Für seine Perfektion und Beliebtheit könnte man ihn hassen und doch ist er mir aufgrund seiner lockeren, offenen Art auf Anhieb sympathisch. Zwar lässt sich mit den „jungen“ Harpers nicht vollumfänglich mitfühlen. Aber es sind coole Typen. Es bereitet Spaß, sie auf ihrer Odyssee kurz vorm jeweiligen Ziel zu begleiten. Mein liebster Charakter ist Neuzugang Isabella, die beruflichen Erfolg, Integrität und ein von Natürlichkeit geprägtes Leben in Einklang bringt.
In den Nebenrollen bin ich vernarrt in R2 und Donald. Schön, dass man in groben Zügen erfährt, was aus Finch, dem Bruder von Jazmin und Max, wurde. Das rundet den Vorgängerband nachträglich ab.

Wie man es es vom Autor kennt, werden auch hier von künstlicher Intelligenz Heldentum und Weltuntergang heraufbeschworen. Die Handlung bietet einen bunten, aufregenden Mix: Action, futuristischer Kampf, ein bisschen Agenten-, Wirtschafts-, Ethik- und Justiz-Thriller, ruhige Szenen rund um Selbstfindung, Beziehungen und Vertrauensfragen, Forschergeist, anschauliche technische Gimmicks, ernst und doch mit Humor. Unterhaltungsaspekte stehen im Vordergrund. Immer nah an den Hauptfiguren. Über den Weltenbau und die Entwicklung der Menschheit hätte ich gern etwas mehr erfahren.

Ich mag die aufgeworfenen Fragen, z. B. zu Rechten von Hybriden aus Mensch und Maschine.
Als positiv nehme ich wahr, dass Thariot dem Werk seinen persönlichen Stempel aufdrückt, indem er z. B. Gozo und Malta (seine Wahlheimat) rühmt und beiläufig die RWTH Aachen (familiäre Wurzeln) zur ultimativen Eliteuniversität erklärt. Zum Grübeln brachten mich Parallelen zu seiner Genesis-Reihe, z. B. in der Namensgebung. Ob er das extra macht, um Cross-Over-Spekulationen zu schüren?

Thariot schreibt flüssig, temporeich und für einen großen Adressatenkreis, auch für SF-Laien, verständlich. Durch den chronologischen Erzählstil und die Kapitelüberschriften lässt sich leicht der Überblick behalten. Zur Umgebung und zur Funktionsweise eingesetzter Technik erhielt ich lebhafte Eindrücke. Dies ist eins dieser Bücher, die man genüsslich verschlingt und dann traurig ist, dass immer weniger übrigbleibt.

Band 2 dieser Space-Thriller-Dilogie bietet ein gelungenes „echtes“ Ende, das die wichtigen Fragen rund um die Protagonisten beantwortet und ansonsten noch Raum für die eigene Vorstellungskraft lässt.

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Veröffentlicht am 07.08.2020

Coming-of-Age in den 1910ern, spannend, informativ, mit offenem Ende

Schatten der Welt
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Dieser historische Roman beleuchtet drei Jugendliche von 1909 bis 1918 und spielt hauptsächlich in Westpreußen. Es geht um Erwachsenwerden, Freundschaft, Solidarität, Mut, Fortschritt, Ungerechtigkeit, ...

Dieser historische Roman beleuchtet drei Jugendliche von 1909 bis 1918 und spielt hauptsächlich in Westpreußen. Es geht um Erwachsenwerden, Freundschaft, Solidarität, Mut, Fortschritt, Ungerechtigkeit, Rebellion, Krieg und Rache. Wer eine Handlung ohne Liebeleien und Kitsch sucht, wird hier fündig.

Der Roman ist leicht verständlich und flüssig geschrieben, für Einsteiger im Genre und jugendliche Leser geeignet, weil er sich auf wenige Figuren und Schauplätze konzentriert. Überwiegend chronologisch, mit wenigen eingeschobenen Rückblenden.
Der jüdische Carl, den man als einzigen in der Ich-Erzählung und nicht im allwissenden Erzählstil begleitet, ist fleißig, schwächlich und schüchtern. Sein Freund Artur ist stark, selbstbewusst und bauernschlau. Das Mädchen Isi kann charmant und gerissen sein und übertrifft Artur noch in Dreistigkeit.
Sie wachsen in Elternhäusern auf, bei denen die Lebensläufe vorgezeichnet scheinen. Werden sie ausbrechen können? Und was wird mit ihnen im Krieg?
Mein Favorit war zunächst Carl, später Artur. Mit Isi konnte ich mich aufgrund ihrer radikalen, provokanten Art schwer identifizieren.

Autor Andreas Izquierdo stellt anschaulich dar, wie Gesellschaft, Kultur, Wirtschaft und Macht damals in einer rückständigen Kleinstadt funktionierten. „Großbürgertum, Adel und Militär bildeten undurchdringliche Kasten, und das Dreiklassenwahlrecht sorgte dafür, dass sich das niemals ändern würde.“
Ähnlich wie beim Autor Luca Di Fulvio wechseln sich bedrückende Darstellungen mit gutmütigen, einfühlsamen, wohltuenden (Zusammenhalt, Würde) sowie mit Humor und Wortwitz ab. Ich mag die Streiche, Wassili und die Eheleute Hopp.
Genau in der Mitte des Buches beginnt der 1. Weltkrieg, schlagartig wechselt die Stimmung. Beeindruckend wird bis 57 % die Rekrutenausbildung geschildert. Die Schrecken der Schlachten werden beleuchtet, nicht seitenlang und doch intensiv. Der Wechsel in die Gegenwartsform unterstreicht die Dramatik sehr gut. Die „Schönfärberei“ durch Film und Fotografie nimmt einen großen Stellenwert in diesem Buch ein. Parallel erfährt man, wie es Daheimgebliebenen (insbesondere den Frauen) ergeht.
Meine Emotionen kochten hoch. Ich habe mich mitgefreut, gelacht, gehofft und mitgelitten.
Alles wirkt gut recherchiert, sodass sich ein wertvoller Wissenszuwachs mitnehmen lässt.

Trotz meiner Begeisterung möchte ich einige Kritikpunkte anführen:
Ich hätte gern zwecks Glaubwürdigkeit mehr beleuchtet gehabt, was das charakterlich sehr unterschiedliche Dreiergespann verbindet.
Die „Bösen“ sind schnell identifiziert, es tauchen immer wieder die selben auf und sie werden in ihren Motiven nicht gewürdigt. Das war mir zu viel Schwarz-Weiß.
Es gibt spoilernde Vorausblicke, wie sich Entscheidungen auswirken. Ich bevorzuge es, zu spekulieren und alles hautnah mitzuerleben.
Zum Ende hin ist die Handlung von Beweggründen geprägt, die ich nicht gutheiße.
Es wäre fair, wenn der Verlag vorab kennzeichnen würde, dass der Roman viele Fragen offenlässt, weil eine Fortsetzung folgt, die wohl aber erst im 2. Halbjahr 2021 erscheint. Viele Menschen mögen keine Reihen oder möchten diese erst lesen, wenn alle Teile erhältlich sind.

Herzlichen Dank für die packende und informative Lektüre. Ich möchte erfahren, wie es weitergeht.

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Veröffentlicht am 02.05.2020

Aktueller Hype um dieses Buch übertrieben …

Die Augen der Finsternis
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Zunächst eine Klarstellung: Die Übereinstimmung mit der Realität beschränkt sich auf wenige Worte, nämlich auf den Ort des ersten Auftretens des neuen Virus: Wuhan. Erstveröffentlicht wurde das Buch 1981 ...

Zunächst eine Klarstellung: Die Übereinstimmung mit der Realität beschränkt sich auf wenige Worte, nämlich auf den Ort des ersten Auftretens des neuen Virus: Wuhan. Erstveröffentlicht wurde das Buch 1981 unter dem Pseudonym Leigh Nichols. 1989 wurde es stilistisch und in kulturellen und politischen Aspekten aktualisiert. Der Ursprung des Virus war fortan nicht mehr das russische Gorki, sondern ein Labor in Wuhan. Im Buch wird der Gehirnstamm befallen mit stets tödlichem Ausgang. Auch wenn einem bei so mancher Menschenansammlung oder bei Aussagen gewisser Politiker der Gedanke kommen könnte, dass dies gerade passiert, gibt es bis dato keine Beweise dafür.
Der Satz “Um das Jahr 2020 wird sich eine schwere, lungenentzündungsähnliche Erkrankung über den ganzen Globus ausbreiten, die die Lunge und die Bronchien angreift und sich allen bekannten Behandlungen widersetzt.” stammt nicht aus "Die Augen der Dunkelheit”, sondern aus „Das Ende der Tage: Vorhersagen und Prophezeiungen über das Ende der Welt“, welches im Jahr 2008 erstmals erschien, also wenige Jahre nach dem Ausbruch des SARS-Virus.

Nun meine Meinung zum Buch: Es ist ein kurzer und leicht lesbarer Thriller mit etwas Action, einer unspektakulären Romanze, Schockmoment, Mysterien, Gruselfaktor und paranormalen Aktivitäten, ohne besondere Tiefe oder wissenschaftlichem Anspruch. Ich finde es gut, dass viel auf Psychologie, Beziehungen und Kombinationsgabe abgestellt wird, während Ekel, Blut, Gewalt, Flucht nur in geringer Dosis vorkommen. Die Szene mit dem Boot finde ich witzig-charmant. Es gibt kleine Längen. Die Handlung entwickelt dennoch einen kontinuierlichen Sog. Ich habe mitgegrübelt und wollte immer wissen, wie alles zusammenhängt. Mir gefällt, dass Hauptfigur Tina authentisch als familienbewusste und gleichzeitig starke, emanzipierte Frau auf der Suche nach der Wahrheit skizziert wird. Schön auch die Einblicke durch sie und ihre Putzfrau ins Las Vegas der 1980er. Elliot ist mir zu perfekt, andere Nebenfiguren bleiben blass. Das Ende kommt für meinen Geschmack zu abrupt und wäre noch besser gewesen mit einer zusätzlichen Wendung.
Knappe 4 Sterne. Nichts Besonderes, kein Must-Read, zumal Wuhan / Virus nicht vertiefend betrachtet werden, aber solide Unterhaltung.

Super, dass die Ullstein-Buchverlage sich um diese Neuauflage gekümmert haben, sodass sich jede(r) Neugierige in seiner Muttersprache einen eigenen Eindruck verschaffen kann, ohne Wucherpreise zahlen zu müssen.
Bleibt gesund und munter, beste Grüße.

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Veröffentlicht am 06.01.2020

Informativer und packender historischer Roman

Die Nachtigall
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Mir gefällt sehr, wie exemplarisch beleuchtet wird, wie es Frauen und Kindern im während des Zweiten Weltkriegs besetzten Frankreich erging. Sehr unterschiedlich sind sowohl die Persönlichkeiten der Schwestern ...

Mir gefällt sehr, wie exemplarisch beleuchtet wird, wie es Frauen und Kindern im während des Zweiten Weltkriegs besetzten Frankreich erging. Sehr unterschiedlich sind sowohl die Persönlichkeiten der Schwestern als auch ihre Umstände und Motivationen. Die eine im Widerstand, die andere als Mutter, Lehrerin und beste Freundin einer jüdischen Mutter.
Ich hatte keine Orientierungsschwierigkeiten, wusste sofort intuitiv, wen der beiden ich gerade begleite.
Auf die französischen Ausdrücke hätte ich lieber verzichtet. Da ich die Sprache nicht spreche, musste ich oft im Lesefluss innehalten, um mir die Bedeutung aus dem Sinnzusammenhang zu erschließen.
Die Nebenfiguren sind komplex und interessant ausgestaltet, sodass sie realen Persönlichkeiten nachempfunden sein könnten. Mit Hauptfigur Isabelle hatte ich anfangs Probleme. Einerseits wird sie so beschrieben, dass sie undiszipliniert ist und Gefühle nicht verstecken kann. Das passt gefühlt nicht mit der ihr zugedachten Rolle zusammen. Mit Lesefortschritt hat mich das glücklicherweise immer weniger gestört. Die Figuren gewinnen an Ecken und Kanten. Die Handlung wird immer spannender, enthält berührende Szenen (zumal es sich ganz ähnlich abgespielt haben muss) und einen langen, packenden Showdown.
Auch sehr stark gerät das Ende, bei dem mit zeitlichem Abstand die Geschehnisse aufgearbeitet werden.
Danke zudem für die Nachbemerkung der Autorin zu Hintergründen, Motivation, Recherche, allgemeingültigen schönen Gedanken.
Ein Leseerlebnis mit ein paar Längen und Ungereimtheiten, vor allem aber viel Herz und Informationsgehalt.
Folgende Werke rund um den Ersten und Zweiten Weltkrieg haben mich noch mehr angerührt und gebildet: Unter blutrotem Himmel (Sullivan), Sturz der Titanen (Follett), Was wir zu hoffen wagten (Saalfeld), Tage des Sturms (Zeiss).

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Veröffentlicht am 14.11.2019

Spannend, mit liebenswerten Figuren mitfiebern und hoffen …

Vernichtung 2
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Band 2 von 3 (geplante Trilogie von Pascal Wokan nicht mitgerechnet, da optional) setzt ca. 6 bis 8 Wochen nach Band 1 ein und ist klar als Joshua-Tree-Werk zu erkennen. Stilistisch und in Handlung und ...

Band 2 von 3 (geplante Trilogie von Pascal Wokan nicht mitgerechnet, da optional) setzt ca. 6 bis 8 Wochen nach Band 1 ein und ist klar als Joshua-Tree-Werk zu erkennen. Stilistisch und in Handlung und Figurenzeichnung finden sich Parallelen zu den Reihen Ganymed, The Dark Invasion, The Wall, Das Signal, Das Fossil, Das Artefakt. Es ist den Genres Military-SF, Nahe-Zukunft-Thrilller, Agenten-Thriller, Dystopie, Alien-Erstkontakt zuzuordnen. Es teilt sich auf in zwei linear verlaufende und kapitelweise wechselnde Perspektiven mit bekannten Gesichtern in extremen Gegenden.
Es gelingt eine gute Mischung aus Action, Ruhe vor dem Sturm und Charakterstudie.
Die Handlung ist körperbetont und militärisch geprägt, was grundsätzlich nicht so meins ist. Ich habe es so wahrgenommen, davon zu profitieren, im Vorgängerband eine emotionale Bindung zu den Protagonisten eingegangen zu sein. Das Mitverfolgen der Gefühle und Gedanken wird dadurch intensiviert. Den zwei Hauptfiguren wird eine gewisse Tiefe verliehen. So unterschiedlich sie auch sein mögen, sind es im Kern gute, bodenständige Kerle, die zum Sympathisieren animieren und die Handlung (auch wenn sie streckenweise nicht besonders innovativ ist) gut tragen. Angst, Frieren, Schwitzen, Beklemmung, Erschöpfung, die Atmosphäre finde ich gut eingefangen. Auch die Nebenfiguren, allen voran das KSK-Team, mag ich, wenn auch oberflächlich, doch menschlich, mit coolen Sprüchen, ohne in Klamauk abzurutschen.
Ich wollte immer wissen, wie es weitergeht, habe mich über Wendungen und Überraschungen gefreut.
Die Militarisierung und Entrechtung der Gesellschaft wird gelungen angerissen. Hiervon gern mehr.
Diese Reihe bietet im Vergleich zu anderen Werken nicht so viele Denkanstöße für das gegenwärtige Leben, da die Handlung (glücklicherweise) ziemlich abgedreht ist.
Man erfährt diesmal viel über die Aliens, ihre Beweggründe und wie sich die Menschheit im Erstkontakt verhält. Das Ende ist turbulent, hat mich emotional mitgerissen, weist einen Wow-Effekt und neue Fragen auf. Ich hoffe, Abschlussband 3 lässt nicht lange auf sich warten.