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Veröffentlicht am 22.11.2020

Dystopischer Roman, der zum Nachdenken anregt

Der Report der Magd
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Ich bin auf den "Report der Magd" von Margaret Atwood durch die dazugehörige Serie aufmerksam geworden. Vor jeder Serie, die mich interessiert, lese ich gerne das Original - von daher stand der Roman schnell ...

Ich bin auf den "Report der Magd" von Margaret Atwood durch die dazugehörige Serie aufmerksam geworden. Vor jeder Serie, die mich interessiert, lese ich gerne das Original - von daher stand der Roman schnell auf meiner Liste.

Er handelt im Staat Gilead, einer streng religiösen Gesellschaft, die sich auf dem ehemaligen Gebiet der Vereinigten Staaten in einer Zeit entwickelt hat, in der die meisten Menschen unter Unfruchtbarkeit leiden. Um die menschliche Rasse zu erhalten, und dabei gleichzeitig die hohen Staatsfunktionäre zu begünstigen, müssen die wenigen fruchtbaren Frauen als Mägde für eben jene Männer und ihre Frauen Kinder austragen. Den "Report der Magd" verfasst Desfred, die als eben solche Magd dem Kommandanten Fred Waterford zugeteilt wurde.

Dystopisch ist tatsächlich die richtige Beschreibung für diesen Roman. Er zeichnet eine für Frauen äußerst finstere und aussichtslose Gesellschaft - und hat mich dadurch sehr zum Nachdenken angeregt. Margaret Atwood schreibt fantastisch - sodass ich mich sehr stark in die Geschichte hineinversetzen, allerdings nicht mehr als ein bis zwei Kapitel pro Tag lesen konnte, weil mir der Roman dann schon fast zu real vorkam, und ich mich wieder in die weitaus freundlichere Realität flüchten musste.

In jedem Fall regt der Roman zum Nachdenken an und zeigt, wie schnell sich Gesellschaftsstrukturen ändern können, ohne dass ein Gros der Bevölkerung dies realisiert oder gar dagegen widersprechen kann.

Ich kann "Der Report der Magd" jedem uneingeschränkt empfehlen. Es ist ein Roman, der von Tiefgründigkeit und Spannung gleichermaßen zeugt, und den man gelesen haben muss.

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Veröffentlicht am 03.05.2020

Bis zum Ende spannend

Mörderisches Lavandou (Ein-Leon-Ritter-Krimi 5)
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Im idyllischen Küstenstädtchen Le Lavandou wird ein abgetrennter Fuß gefunden. Schon bald stellt sich heraus, dass es sich bei der grausigen Tat um einen Serienmörder handelt, der junge Frauen entführt ...

Im idyllischen Küstenstädtchen Le Lavandou wird ein abgetrennter Fuß gefunden. Schon bald stellt sich heraus, dass es sich bei der grausigen Tat um einen Serienmörder handelt, der junge Frauen entführt und zersägt. Der Gerichtsmediziner Leon Ritter versucht, zunächst in Zusammenarbeit mit der Gendarmerie, und am Ende alleine, den Täter zu finden und aufzuhalten. Dabei gerät er selbst unter Verdacht.

"Mörderisches Lavandou" von Remy Eyssen ist der erste Krimi, den ich seit vielen Jahren gelesen habe. Eigentlich hat mich auch hier nur der Titel angesprochen. In Le Lavandou habe ich zahlreiche Urlaube verbracht, und fand es daher, gerade in einer Zeit in der Reisen nicht möglich sind, ganz passend, zumindest mit einem Buch wieder an die Côte d'Azur zu kommen.

Der Krimi war bis fast zuletzt sehr spannend. Ich hatte zwischenzeitlich drei Verdächtige im Blick - und am Ende stellte sich doch jemand ganz anderes als Täter heraus. Diese Spannung und das undurchsichtige Puzzle, das ich als Leserin selbst erleben durfte, fand ich wirklich sehr ansprechend. Zudem hat mir als bekennender Lavandou-Fan natürlich ausgezeichnet gefallen, das ich mich stets an bekannten Orten, wie zum Beispiel der Kirche in Bormes, wiederfinden durfte.

Leon Ritter ist ein sympathischer Protagonist. Als Gerichtsmediziner denkt er logisch und interpretiert die Fakten, die er selbst an den Körpern der Opfer sehen und entdecken konnte. Zudem ist er sehr authentisch. Er macht auch mal Fehler und tut Dinge, die ihm hinterher leidtun. Gut gefallen hat mir auch, wie er mit seiner Logik bei den Polizisten auch mal anecken kann, sich selbst und seiner Mission aber treu bleibt.

Da der Krimi aus der Sicht eines Gerichtsmediziners geschrieben ist, kann es schon einmal blutig werden. Teilweise bin ich ganz schnell weitergeblättert, weil mir bei einigen Beschreibungen doch etwas mulmig wurde - ich bin dahingehend aber auch nichts mehr gewohnt, und das soll keineswegs eine Kritik sein, sondern eher eine Warnung an alle Zartbesaiteten.

Einen halben Punkt Abzug gebe ich dafür, weil ich die psychologischen Motive am Ende des Falls nicht ganz ausreichend aufgeklärt fand. Ich hätte gerne mehr über die Gedanken des Mörders erfahren, um seine Beweggründe zu "verstehen".

Obwohl ich nie einen anderen Leon-Ritter-Krimi gelesen habe, kam ich gut mit und habe alles verstanden. Die vorangehenden Bücher braucht man also nicht unbedingt gelesen haben.

Insgesamt ein äußerst spannender Krimi mit Provence-Bezug, der mir sehr gut gefallen hat!

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Veröffentlicht am 05.04.2020

Toller Roman voller unerwarteter Wendungen

Ein Traum vom Glück
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Im Roman "Ein Traum vom Glück" geht es um die Nachkriegszeit in Essen. Katharina ist nach dem zweiten Weltkrieg mit ihren zwei Töchtern bei der Schwiegermutter Miene untergekommen. Ihr Mann ist im Krieg ...

Im Roman "Ein Traum vom Glück" geht es um die Nachkriegszeit in Essen. Katharina ist nach dem zweiten Weltkrieg mit ihren zwei Töchtern bei der Schwiegermutter Miene untergekommen. Ihr Mann ist im Krieg verschollen und es ist unklar, ob er die Gefangenschaft in Russland überlebt hat. Während Miene sehr bodenständig ist, träumt Katharina vom eigenen Modeatelier und von einem besseren Leben für sich und ihre Töchter. Schließlich steht Johannes, ein Heimkehrer und Enkel von Miene vor der Tür. Entgegen aller Regeln verlieben sich Katharina und Johannes ineinander.

Der Roman hat mir sehr gut gefallen. Der Schreibstil der Autorin ist sehr lebendig und ermöglicht es, dass man sich gleich in die Geschichte hineinversetzen kann. Zudem lässt er sich sehr flüssig lesen. Ein Highlight ist der geschriebene Ruhrpott-Dialekt, der der Geschichte sehr viel Authentizität verleiht.

Die Charaktere sind liebevoll und vielschichtig gestaltet. Katharina ist eine Frau mit vielen Facetten. Sie ist modern, leidenschaftlich, aber gleichzeitig auch eine wunderbare Mutter. Johannes ist zunächst sehr still, blüht aber zunehmend auf. Meine Lieblingsfigur ist Schwiegermutter Miene, die zwar zunächst keine große Rolle zu spielen scheint, die aber die ganze Familie zusammenhält und eine ganz tolle Konstante ist.

Die Handlung an sich ist zunächst nicht spektakulär - sie beschreibt aber auf schöne Weise die Herausforderungen des Lebens in der Nachkriegszeit und die Romanze zwischen Johannes und Katharina. Gefühle werden toll rübergebracht. Manche Handlungsstränge könnten ausführlicher aufgegriffen werden, z.B. Johannes Nachkriegstrauma und seine Begegnung mit Hagemann. Zum Ende hin passiert sehr viel - meiner Meinung nach mehr, als unbedingt nötig ist. Was jedoch sehr positiv ist, ist, dass die Handlungen überhaupt nicht vorhersehbar ist. Bis zum Ende hatte ich keine Ahnung, wie das Buch endet und es war durchgängig spannend.

Insgesamt hat mir der Roman sehr gut gefallen, insbesondere, weil er so unvorhersehbar war und tolle Charaktere beinhaltet. Ich bin gespannt, wie es in der Reihe weitergeht und kann das Buch jedem empfehlen!

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Veröffentlicht am 21.02.2020

Regt zum Nachdenken an

Das Haus der Glücklichen Mütter
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"Das Haus der glücklichen Mütter" verbindet die Geschichten zweier Frauen. Priya, eine Halbinderin aus Kalifornien mit liebendem Ehemann und gutem Job, wünscht sich nichts sehnlicher als ein Baby. Nach ...

"Das Haus der glücklichen Mütter" verbindet die Geschichten zweier Frauen. Priya, eine Halbinderin aus Kalifornien mit liebendem Ehemann und gutem Job, wünscht sich nichts sehnlicher als ein Baby. Nach drei Fehlgeburten und zwei fehlgeschlagenen künstlichen Befruchtungen entschließt sie sich zu einer Leihmutterschaft. Ihre Wahl fällt auf die Inderin Asha, die aus armen Verhältnissen kommt und sich deswegen gezwungen fühlt, ihren Körper über das Haus der glücklichen Mütter" zur Leihmutterschaft zur Verfügung zu stellen. Nur dadurch sieht sie die Möglichkeit, ihrem hochbegabten Sohn Manoj eine bessere Ausbildung zu ermöglichen.

Leihmutterschaft ist ein kontroverses Thema, das stark polarisieren kann. Es gibt viele Befürworter - und ebenfalls viele Gegner. Beide Seiten haben gute Gründe und Argumente. Der Roman "Das Haus der glücklichen Mütter" zeichnet sich dadurch aus, dass er eine perspektivenreiche Sicht auf das Thema ermöglicht, und zahlreiche gesellschaftliche Sichten aufgreift.

Der Roman beginnt mit Priya, die zu Beginn der Handlung davon überzeugt ist, mit der Leihmutterschaft nicht nur sich selbst zu helfen, sondern auch ein gutes Werk zu tun - denn Asha erhält für ihre Leistung einen vermeintlich hohen Geldbetrag. Sie sieht sich mit zahlreichen Meinungen zu dem Thema konfrontiert. So ist ihre Mutter strikt dagegen, weil Priya dadurch eine indische Frau ausbeutet. Viele Freundinnen scheinen das Thema nicht ernst zu nehmen und loben Priya für die Entscheidung, da sie so nicht zunehmen wird und ihre Figur behält. Während letzteres nie ein Thema für Priya war, erhält sie im Laufe der Handlung eine realistischere Einschätzung dazu, was Frauen zur Leihmutterschaft bewegt. Sie sieht außerdem, welchem Druck die Frauen seitens der Klinik ausgesetzt sind, und wie sie überwacht und manipuliert werden. Obwohl das Buch keine Information darüber gibt, ob Priya eine erneute Leihmutterschaft in Betracht ziehen würde, fällt deutlich auf, dass sich ihre Einstellung vom Blauäugigen ins Realistischere verlagert.

In Priyas Geschichte wird gleichermaßen auf ihr Leiden eingegangen. Die Autorin stellt mit vielen Details und vielen Gefühlen sehr überzeugend dar, welche Sorgen mit der Leihmutterschaft für Priya verbunden sind und wie hilflos sie sich fühlt - und wie wenig diese Sorgen vom Umfeld ernst genommen werden.

Ashas Geschichte ist noch faszinierender - und gerade ihre Kapitel haben mich sehr stark zum Nachdenken angeregt. Asha entscheidet sich nicht freiwillig dazu, ihren Körper zur Verfügung zu stellen. Vielmehr wird sie von ihrem Umfeld, besonders ihrer Schwägerin, ihrem Schwager und ihrer Schwiegermutter dazu gedrängt, um das Familieneinkommen aufzubessern. Ihr innerer Konflikt zeigt sich durchweg im Buch. Auch über ihre Leidensgenossinnen werden zahlreiche Geschichten bekannt, die vermuten lassen, dass solche Entscheidungen in den seltensten Fällen freiwillig getroffen werden. Die Autorin beleuchtet die Schattenseiten der Schwangerschaft, die Veränderung des Körpers, möglicher Lebensgefahr und die damit verbundenen Gefühle - aber auch Ashas große Sorge vor dem Moment, das fremde Baby den richtigen Eltern übergeben zu müssen. Unheimlich spannend - aber gleichermaßen empörend - sind auch die Versuche die Leiterin der Klinik, Asha zu manipulieren und zu erpressen (mit Empfehlungsschreiben an teure Schulen für ihren Sohn), um sie zu positiven Aussagen und vielleicht zur erneuten Leihmutterschaft zu bewegen.

Der Roman greift ein ernstes Thema auf, spiegelt allerlei Perspektiven dazu wieder, ist aber flüssig, leicht und unterhaltsam zu lesen. Dennoch klärt er aus vielerlei Sichten über Chancen und Schattenseiten einer Leihmutterschaft auf. Ich würde den Roman jederzeit weiterempfehlen.

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Veröffentlicht am 25.01.2020

Fantasievoller Abenteuerroman, in den man sofort eintaucht!

Tintenwelt 1. Tintenherz
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In einer stürmischen Nacht taucht ein unheimlicher Gast bei Meggie und ihrem Vater Mo auf. Er warnt Mo vor einem Mann namens Capricorn. Am nächsten Morgen reist Mo überstürzt mit Meggie zu ihrer Tante ...

In einer stürmischen Nacht taucht ein unheimlicher Gast bei Meggie und ihrem Vater Mo auf. Er warnt Mo vor einem Mann namens Capricorn. Am nächsten Morgen reist Mo überstürzt mit Meggie zu ihrer Tante Elinor. Elinor verfügt über die kostbarste Bibliothek, die Meggie je gesehen hat. Hier versteckt Mo das Buch, um das sich alles dreht. Ein Buch, das Mo vor vielen Jahren zum letzten Mal gelesen hat und das jetzt in den Mittelpunkt eines unglaublichen, magischen und atemberaubenden Abenteuers rückt, eines Abenteuers, in dessen Verlauf Meggie nicht nur das Geheimnis um Zauberzunge und Capricorn löst, sondern auch selbst in große Gefahr gerät. (Quelle: Bucheinband Tintenherz).

Jeder, der gerne liest, hat sich wohl schon einmal gewünscht, die Protagonisten des Lieblingsbuchs zu treffen oder selbst in einer Geschichte zu verschwinden. Genau darum dreht sich Tintenherz, das ich, obwohl es eigentlich ein Jugendbuch ist, mit größtem Spaß verschlungen habe.

Cornelia Funke überzeugt sprachlich mit bildlichen, fantasievollen Beschreibungen und vielen Details. Ein großer Anteil des Romans dient dazu, die Romanwelt und die Charaktere zu beschreiben. Als Leser konnte ich daher mich sofort in die Geschichte hineinversetzen und fühlte mich fast wie Meggie selbst, die plötzlich mit dem Protagonisten und Antagonisten aus Tintenherz konfrontiert ist.

Die Handlung ist spannend und war für mich auch wenig vorhersehbar. Viele Ereignisse und Handlungsumschwünge haben mich sehr überrascht, sodass der Roman zu keiner Zeit langweilig war - und ich mich nur sehr schwer vom Buch losreißen konnte. Nur gelegentlich werden meiner Meinung nach bestimmte Kernpunkte zum Ende der Geschichte recht kurz oder oberflächlich behandelt, sodass ich mir einfach "mehr" (Handlung, Beschreibung, logische Herleitung) gewünscht hätte.

Ich kann "Tintenherz" jeder Leserin und jedem Leser - nicht nur, aber besonders auch Jugendlichen - mit viel Fantasie empfehlen, die/der schon immer einmal davon geträumt hat, Teil der Lieblingsgeschichte zu werden.