Cover-Bild Das goldene Ei
Band der Reihe "detebe"
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14,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Thriller / Spannung
  • Genre: Krimis & Thriller / Krimis & Thriller
  • Seitenzahl: 320
  • Ersterscheinung: 28.10.2015
  • ISBN: 9783257243369
Donna Leon

Das goldene Ei

Commissario Brunettis zweiundzwanzigster Fall
Werner Schmitz (Übersetzer)

Für Patta ermittelt Brunetti diesmal nur pro forma, doch Paola ist unerbittlich: Sie will wissen, was für ein Mensch der Tote war, der bei den Brunettis in der Nachbarschaft umgekommen ist. Dabei sieht alles – zunächst – nach einem Unfall aus. Niemand will etwas gewusst haben. Doch auch Nichtstun kann zum Verhängnis führen. Brunettis privatester Fall.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.06.2022

Schwacher Brunetti

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Der wohl schwächste Brunetti in der Geschichte. Es gibt keinen wirklichen Fall, bewundernswert dass Brunetti für private Ermittlungen Zeit und Ressourcen hat. Die Geschichte ist dann langweilig und hat ...

Der wohl schwächste Brunetti in der Geschichte. Es gibt keinen wirklichen Fall, bewundernswert dass Brunetti für private Ermittlungen Zeit und Ressourcen hat. Die Geschichte ist dann langweilig und hat nicht wirklich etwas mit einem Krimi zu tun.
Schade, bisher war ich immer sehr begeistert. Ich hoffe, die nächsten Teile werden wieder besser.

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Veröffentlicht am 18.05.2020

Das verquere Weltbild der Donna Leon - oder : Schweigen wäre Gold

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Gute Kriminalliteratur führt den Leser nicht nur durch die Entwirrung eines Verbrechens, sondern auch in und durch ein Milieu, gesellschaftliche Umstände, aktuelle Themen und öffnet den Horizont dafür ...

Gute Kriminalliteratur führt den Leser nicht nur durch die Entwirrung eines Verbrechens, sondern auch in und durch ein Milieu, gesellschaftliche Umstände, aktuelle Themen und öffnet den Horizont dafür in einer Wiese, für die die Kriminalhandlung Werkzeug ist, das Werk aber der Roman als Literatur.

Donna Leon versucht das auch immer wieder und fasst jede Menge aktueller Themen an, widmet sich Missständen und würzt das lokale Kolorit Venedigs mit der Lebens- und Gedankenwelt der eingeborenen Venezier. Bisweilen wirkt dieses Thema wie mit dem Holzhammer in einen gemütlichen Familienroman geklopft, in dem eigentlich nur die heile Welt von Commissario Brunetti, seiner Gattin, der Heiligen Santa Paola sowie den beiden engelsgleichen Kindern ausgebreitet werden sollten. Die Mitglieder der Familie Brunetti besitzen alle diese sympathischen kleinen Fehler, damit sei menschlich wirken. Große Fehler haben sie nicht. Oder doch?

Einen Fehler haben die Brunettis allerdings, und der geht mir mittlerweile weit über das erträgliche Maß hinaus: Sie sind bornierte, fremdenfeindliche Vorurteilsträger ohne einen Funken der Fähigkeit, diese Engstirnigkeit zu bedenken, zu kritisieren oder gar zu überwinden.

Ich bin kein Italienkenner und besitze deshalb nur einen angesammelten und nie durchgesehenen Haufen von klischeehaften Vorstellungen und Vorurteilen über die politischen Verhältnisse in Italien, aber befinde mich damit offenbar in der „guten Gesellschaft“ mit Donna Leon und Guido Brunetti & Co., denn die Zahl der staatsfeindlichen, demokratieverächtenden Sätze nimmt von Fall zu Fall zu.

„Warum sonst unterhielten sich Politiker nach wie vor selbstherrlich am Handy über die Verbrechen und Verfehlungen (…)? Warum verhandelten sei am Telefon über Bestechungssummen? Warum gaben sie Prostituierten Tausende von Euro (..)? Für wie dumm halten die uns? Wie sehr verachten sie uns?“ (S. 34) Und weiter: „Aber nicht alle Politiker konnten so sein. Sonst, dachte Brunetti, blieben einem anständigen Bürger nur zwei Möglichkeiten: Auswandern oder Selbstmord.“

Ach ja? Abgesehen davon, dass man auch einfach die Richtigen wählen könnte – und das sind solche, die Staat und Gemeinwohl als Konstrukt von allen für alle verstehen, also eben nicht Populisten –, bleibt Anständigen vor allem, selbst in die Politik zu gehen! Politiker werden weder als Politiker noch (und vor allem) als korrupte Pol8itiker geboren! Wenn man möchte, dass die politische Kaste das Volk abbildet, dann muss man aufhören, mit diesen sinnlosen Abgrenzungen, sondern – so lange man ein Fan der Demokratie bleiben möchte – die Volkvertreter als Spiegel der Gesellschaft verstehen, in dem die Idioten, Verbrecher, Glücksritter, aber auch die Genialen, Selbstlosen, Weltverbesserer etc. der Normalverteilung in der Bevölkerung folgen sollten. Wenn das nicht der Fall ist, dann ist Obstruktion, Beklagen (statt Anklage), Verachtung und so weiter schädlich für alle. Weil es die Anständigen fernhält und den Unanständigen eine Rechtfertigung bietet, unanständig zu bleiben.

Der Gestus Brunettis ist einem Pegida-Demonstranten oder rechten Verschwörungstheoretiker angemessen: „Weil wir am Ende alle gleich sind: unterdrückt von diesem System, das sich niemals ändern wird. Von Leuten, die oben sind und immer nur tun, wozu sie lustig sind.“ (S. 253 f.)

Danke fürs Gespräch.

Brunetti sei voll „Misstrauen gegenüber allen politischen Parteien, allen Politikern und allen religiösen Führern“ (S.212). Allen? Das ist eine so derartig vorurteilsgeleitete Verallgemeinerung, dass sie an Dummheit grenzt. Wenn diese Dummheit denn Grenzen hat.

Religiosität ist bei Donna Leon auch stets fragwürdig. Ihre Priester und Gläubigen sind wahnsinnige Frömmler, deren Exerzitien offenbar aus dem kleinen Brevier des Flagellanten des Opus Dei stammen (S. 236, 249 u.ö.). das ist ein so abgeschmacktes wie abgefucktes Klischee und macht nur denen Spaß, die eine ebenso große Schublade für Kirchenmonster haben.

Ich würde Donna Leon gerne einmal rückfragen, warum sie ihre Klischees eigentlich nicht bricht, reflektiert oder hinterfragt. Was eigentlich ihr eigenes Gedankengut ist oder was imaginiertes Gedankengut einer Romanfigur oder was nur ventiliert wird, um einer vermeintlichen Mehrheitsmeinung zu gefallen. Wenn Brunetti „allen religiösen Führern“ misstraut, denkt er (Leon) dabei an die katholische Kirche? An islamische Mullahs? Oder soll das auch jüdische Rabbiner und den Dalai Lama einbeziehen?

Den wahrscheinlich nicht, denn es gehört zum komfortablen Weltbild Brunettis nur das verächtlich zu finden, was in seinen Kram passt. Die Verfehlungen „der da oben“ sind jederzeit ein Argument gegen jene. Gewiss gefiele es ihm auch nicht, wenn man mit seiner Privatsphäre oder heilen Informationen aus seinem Leben (oder dem seiner Familie) Schindluder triebe. Dass er selbst seine Polizeiarbeit aber mit den Methoden des illegalen Hackings unter Missachtung sämtlicher Persönlichkeits- und Datenschutzrechte betreibt, ruft bei ihm immer seltener Schuldgefühle hervor.

Der Zwecke heiligt Brunetti die Mittel: da er ja ein Guter ™ ist, darf er das. Die aber, die er für die Bösen ™ hält, dürfen das nicht, das ist bigott. Eine ähnliche Unterscheidung wird auch zwischen Ausländern unterschiedlicher Herkünfte gemacht: Mittelmeerflüchtlinge sind gut, chinesische Geschäftemacher sind böse (darum dürfen sie vor dem Gesetz auch ungleich sein). Dass beides Menschen sind und wie Menschen behandelt werden müssen, das wäre die richtige Erkenntnis eines aufgeklärten Bürgers. Gilt nicht für Brunetti & Co.

Und nun diese Kaspar-Hauser-Geschichte des vorliegenden Bandes: Ich hasse den Begriff des Gutmenschen, weil er im Kern eine menschliche Grundhaltung diffamiert, die begrüßenswert ist: Anstand, Mitgefühl, Streben nach Verbesserung. Aber wie hier die Schuldgefühle Brunettis und seiner Frau, der Heiligen Paola, zum Movens der Geschichte gemacht werden, ist brechreizerregend bigott. Denn Brunetti ermittelt vor allem, weil er sich besser fühlen möchte; weil er sein Fehlverhalten heilen möchte. Das ist ebenso bigott und widerwärtig wie die Tatsache, dass ein ganzes Viertel über das Schicksal Kaspar Hausers bescheid wusste, aber weder etwas daran zu ändern bereit war noch die eigene Mitschuld daran erkennt. Das wird aber gar nicht thematisiert!

„Das goldene Ei“ ist eine Ansammlung billiger Klischees, eine Anhäufung pegidaverdächtiger Vorurteile, die zum Himmel stinken, sowie eine Reihung vorhersehbarer Versatzstücke einer Empörungshaltung, die schlicht langweilig ist.

Und dabei habe ich kaum ein Wort darüber verloren, wie bedauerlich es ist, dass es in Brunettis Welt gar keine Entwicklung gibt, dass alles gleich bleibt und deshalb irgendwann öde wird. Donna Leon hätte Brunetti alt werden und in Rente schicken sollen. Wallander hat es vorgemacht.

Genug – der Rest ist Schweigen (à la Kaspar Hauser).