Mitreißende Familiengeschichte
Das HolländerhausCyril hat einen Traum – er möchte seiner Familie ein „besseres“ Leben bieten und dazu gehört nun mal das Wohnen in einer Villa. Doch das „Holländerhaus“ bringt ihm kein Glück, denn das Leben im Luxus ist ...
Cyril hat einen Traum – er möchte seiner Familie ein „besseres“ Leben bieten und dazu gehört nun mal das Wohnen in einer Villa. Doch das „Holländerhaus“ bringt ihm kein Glück, denn das Leben im Luxus ist für seine Frau nicht zu ertragen. Sie verlässt Cyril und die Kinder. Maeve hat von nun an die Rolle der Mutter inne und kümmert sich liebevoll um ihren jüngeren Bruder Danny. Bis Cyril sich wieder auf Freiersfüße befindet. Andrea ist ganz die böse Stiefmutter, will ihren beiden Töchtern das Erbe sichern und sie scheut nicht davor zurück, sich das Holländerhaus unter den Nagel zu reißen. Sie wirft nach Cyrils Tod Maeve und Danny aus dem Haus, nimmt ihnen alles, was ihnen lieb und teuer ist. Noch als Erwachsene kehren Maeve und Danny regelmäßig in die Straße zurück, in der sie einst das Paradies auf Erden hatten….
Für mich ist „Das Holländerhaus“ die Überraschung des Jahres!
Ann Patchett überzeugt mit einer wunderbar bildlichen Darstellung des charaktervollen Hauses, das mich mit seiner faszinierenden, geheimnisvollen Schönheit herzlich willkommen heißt und mich einlädt, Gast in seinen vier Wänden zu sein.
Die Liebe der Bewohner zum Haus ist aus jeder Zeile zu spüren und man wächst unweigerlich mit diesem Gebäude zusammen, fühlt sich wohl – bis, ja bis Andrea Einzug hält und alle Liebe aus dem Holländerhaus zu entweichen scheint. Mit gnadenlosem Kalkül und einer eisigen Kälte zieht sie ihr Vorhaben durch und ich frage mich, wie sich jemand so dermaßen gut verstellen kann, dass Cyril nicht gemerkt hat, welche falsche Schlange er sich ins Haus geholt hat.
Mein Herz blutet, wenn ich lese, wie Andrea Danny und Maeve behandelt und ihnen alles nimmt, sie ihren Wurzeln entreißt.
Die Entwicklung von Danny und Maeve ist von der Autorin mit eindrucksvollen Worten geschildert und ich schlüpfe in ihre Schuhe, gehe sowohl die beruflichen als auch die privaten Wege mit beiden mit. Die Charakterisierung aller Figuren ist hervorragend ausgearbeitet und man lässt sich nur zu gerne auf alle Personen ein, um ihnen zu folgen. Tränen der Trauer, aber auch des Zorns und der Wut sind meine Begleiter, wenn ich lese, wie Andrea hier ihren gnadenlosen Weg verfolgt und sich nimmt, was ihr nicht gehört.
Da die Geschichte aus der Sicht von Danny erzählt wird, hat man das Gefühl, dass er die Türen des Hauses und seiner Seele öffnet, um einen Einblick zu seiner Gefühls- & Gedankenwelt zu erhalten. Oft habe ich den Eindruck, dass die Autorin dem Leser vermitteln will, dass „zuhören“ im Leben, das Erkennen von Bedürfnissen derer, die einem am Herzen liegen, untrennbar mit der eigenen Entwicklung verbunden sind. Denn Danny wiederholt den Fehler seines Vaters und zwingt seine Freundin dazu, in einem Haus zu leben, das sie hasst. Die Folgen sind schon fast vorprogrammiert.
Man begegnet sich immer zweimal im Leben – diese Redewendung passt hier hervorragend, denn Ann Patchett lässt ihre Figuren im Erwachsenenalter erneut aufeinandertreffen und zeichnet hier den Weg des Schicksals mit klaren, aber einprägsamen Bildern nach.
Einzig mit dem Ende kann ich mit nicht ganz anfreunden, denn es kommt in meinen Augen zu abrupt und wirkt ein wenig unvollständig. Fast würde ich sagen, es fehlen noch ein paar Worte, um das ganze rund zu machen. Ansonsten aber eine durch und durch mitreißende Familiengeschichte.