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Veröffentlicht am 03.06.2020

Toller Reihenauftakt

Das Buch der gelöschten Wörter - Der erste Federstrich
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In "Der erste Federstrich" - Band Eins der Reihe "Das Buch der gelöschten Wörter" von Mary E. Garner - werden wir von Hope Turner mitgenommen auf eine Reise durch die Literatur. Und das im wahrsten Sinne ...

In "Der erste Federstrich" - Band Eins der Reihe "Das Buch der gelöschten Wörter" von Mary E. Garner - werden wir von Hope Turner mitgenommen auf eine Reise durch die Literatur. Und das im wahrsten Sinne des Wortes.
Die sympatische, Anfang 40-jährige Büchernärrin wird nach ihrem täglichen Besuch bei ihrer demenzkranken Mutter im Pflegeheim vom plötzlich einsetzenden Regen überrascht und flüchtet sich in eine Buchhandlung. Hier erfährt sie, dass es Menschen gibt, welche in jedes Buch portieren können und so verschiedene Buchwelten und -figuren besuchen können. Einer dieser Menschen ist der mürrische Rufus Walker, welcher sie nicht nur den Romanen ihrer geliebten Jane Austen näher bringt, als sie sich jemals erträumt hätte. Doch sie erfährt auch, dass diese Buchwelt in Gefahr ist und vielleicht nur mit ihrer Hilfe gerettet werden kann.
Zuerst einmal muss ich sagen, dass ich begeistert von Hope bin, die so ganz anders als die meisten Hauptfiguren in Fantasyromanen ist. Vor allem ihr Alter ist ungewöhnlich für eine Protagonistin in diesem Genre und allein dadurch wirkt sie gleich viel origineller als die ewig gleiche junge Frau, die sonst so oft beschrieben wird. Gemeinsam mit Hope begegnet man den unterschiedlichsten Romanfiguren, welche sich allerdings nicht immer an ihre ehemals erdachte Rolle halten. Denn auch Buchcharaktere entwickeln sich weiter und so zeigen manche von ihnen ganz neue Seiten an sich. 
Gut gefallen hat mir auch der äußerst charmante Schreibstil der Autorin. Er passt wunderbar zu dem Setting in London und ist humorvoll und spannend zugleich. Durch viele genau beschriebene Details entstanden beim lesen nicht nur die Buchhandlung, welche Ausgangspunkt für Hopes Reisen ist, sondern vor allem auch die einzelnen Buchwelten sofort vor meinem inneren Auge. Großartig gewählt sind auch die Namen vieler Figuren und vor allem der Ideenreichtum der Autorin, wenn es um Zusammenhänge und Erklärungen der Buchwelt und der drohenden Gefahr geht, ist einfach nur zum staunen. Ebenfalls sehr gefallen haben mir die immer wiederkehrenden Szenen mit Hopes Mutter oder Szenen in denen Hope von ihrer Mutter erzählt, diese haben mich sehr berührt. Sie sind so liebevoll geschrieben, gerade die Kindheitserinnerungen - wunderschön! Auch hatte ich beim Lesen großen Spaß daran zu rätseln, wer welche Buchfigur ist. Manche erkennt man sofort, andere erst nach Aufklärung.
Insgesamt lässt sich sagen, dass dieser Auftakt zu einer Reihe sehr gelungen ist. Wir lernen die Protagonisten und eine neue Welt kennen, erfahren etwas über die dort geltenden Regeln und die drohende Gefahr, und bleiben dank einem fiesen Cliffhanger sehnlichst auf den nächsten Band wartend zurück. Ein Buch, an welchem sowohl Freunde klassischer Literatur als auch Fantasyleser ihre helle Freude haben werden!

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Veröffentlicht am 12.05.2020

Frauen, die aus der Reihe tanzen

Die Tanzenden
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Eugénie de Cléry passt so gar nicht zu dem Bild, das die Gesellschaft im ausgehenden 19. Jahrhundert von einer jungen Frau hat, möchte sie doch weder heiraten, noch sich mit der Rolle einer ruhigen Hausfrau ...

Eugénie de Cléry passt so gar nicht zu dem Bild, das die Gesellschaft im ausgehenden 19. Jahrhundert von einer jungen Frau hat, möchte sie doch weder heiraten, noch sich mit der Rolle einer ruhigen Hausfrau zufrieden geben. Als sie dann auch noch ihrer Großmutter anvertraut, sie könne mit Toten reden, hat ihr Vater endgültig genug und verfrachtet sie kurzerhand in die Salpêterière, eine berüchtigte Nervenheilanstalt. Dort trifft sie unter anderem auf die Mitinsassin Louise und die Aufseherin Geneviève und wir folgen der Geschichte dieser drei Frauen eine Weile durch den Alltag in der Klinik. In Vorlesungen werden die Patientinnen als Anschauungsobjekte den Studenten vorgeführt und gedemütigt. Gemeinsam warten sie auf das größte Ereignis des Jahres, ein regelmäßig stattfindender Ball zu welchem viele Gäste geladen sind, die nur darauf warten mit anzusehen wie hoffentlich die ein oder andere Patientin aus der Reihe tanzt, um dann vielleicht sogar einen echten hysterischen Anfall mitzuerleben.
Mit ihrem Debütroman "Die Tanzenden" hat Victoria Mas einen Roman über unterdrückte, misshandelte Frauen geschrieben, welche nicht in das gesellschaftliche Rollenbild ihrer Zeit passen und deshalb - oft sogar von ihren eigenen Familien - einem grausamen Schicksal ausgesetzt wurden. Man darf sich hier nicht durch das schöne, fröhlich und leicht wirkende Cover täuschen lassen: Der Inhalt bietet einen deutlichen Kontrast dazu. Es ist erschreckend, von den unmenschlichen Behandlungsmethoden zu lesen und die Beschreibungen sind teilweise nur schwer zu ertragen. Man spürt die allgegenwärtige Macht des männlichen Geschlechts, die im krassen Gegensatz zu der Machtlosigkeit der Frauen steht.
Die einzelnen Protagonistinnen Eugénie, Louise und Geneviève sind gänzlich unterschiedlicher Herkunft und wirken trotzdem alle drei extrem authentisch, so detailgetreu werden sie beschrieben. Man leidet förmlich mit ihnen und hofft auf einen guten Ausgang für jede einzelne , doch vermutet bald, dass es nicht für alle glücklich enden wird. Anhand dieser drei liebevoll ausgearbeiteten Charaktere macht die Autorin subtil auf die Missstände der damaligen Zeit aufmerksam und mehr als einmal fragte ich mich bei der Lektüre, wie viel immer noch aktuelles in diesem Roman steckt.
Poetisch, sanft und eindringlich zugleich schildert die Autorin den Anstaltsalltag und man merkt ihrem Schreibstil stets die Zuneigung zu ihren Figuren an. Dank ihrer unaufgeregten Sprache findet sich vieles nur zwischen den Zeilen und das Feingefühl gepaart mit Ausdrucksstärke in Victoria Mas´ Erzählweise haben mich sehr beeindruckt.
Ein berührendes und nachdenklich stimmendes Buch, welches ich sehr empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 04.05.2020

Zeitlose Geschichte eines Sommers mit 15

Die 12 Leidensstationen nach Pasing
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In seinem neuen Buch "Die zwölf Leidensstationen nach Pasing" erzählt der Autor Stefan Wimmer die Geschichte seines 15-jährigen Ichs im  Sommer 1985. Er und seine drei besten Freunde bilden gemeinsam die ...

In seinem neuen Buch "Die zwölf Leidensstationen nach Pasing" erzählt der Autor Stefan Wimmer die Geschichte seines 15-jährigen Ichs im  Sommer 1985. Er und seine drei besten Freunde bilden gemeinsam die "Kajal-Clique" und sie halten sich für die absolut coolste Truppe der Gegend. Eventuell sehen das nicht alle Bewohner des Münchner Vorortes Pasing genauso, aber das spielt für die Vier keine große Rolle. Was hingegen eine große Rolle spielt, sind die drei P - Petting, Partys, Punkmusik.
Der Leser begleitet die Freunde in vielen kleinen Episoden durch den Sommer, erzählt wird von Schallplatten-Diebestouren, merkwürdigen Partys im Nirgendwo, Besäufnissen am Kiosk, Prügeleien, der Schule ... eben von allem, was man in diesem Alter so erlebt, und das nicht nur in den Achzigern. So habe auch ich, die ich ein gutes Stück jünger bin und damals gerade erst auf die Welt kam, mich in vielen der Eskapaden der Jungs wiedergefunden, denn all diesen belanglosen Erlebnissen ist eines gemeinsam: sie sind völlig zeitlos. Rückblickend erinnere auch ich mich an diverse Trivialitäten, die mir damals jedoch absolut wichtig und bedeutsam erschienen. Die Gedanken des 15-jährigen Protagonisten könnten teilweise auch meine eigenen gewesen sein, könnten die einer/eines jeden Jugendlichen in diesem Alter sein. Dadurch ruft das Buch viele eigene Erinnerungen wach, oft muss man schmunzeln, manchmal lachen und sich hin und wieder auch ein wenig für sein damaliges Ich schämen - es macht einfach enorm Spaß, von Stefan auf diese Reise mitgenommen zu werden.
Des Weiteren weiß der Autor mit einer scharfen Beobachtungsgabe zu bestechen und auch die Dialoge, besonders die der Freunde untereinander, sind so scharfzüngig, witzig und intelligent, dass es eine echte Freude ist, sie zu lesen.
Ein absolut empfehlenswertes Buch, nicht nur für Kinder der achtziger Jahre.

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Veröffentlicht am 03.05.2020

Erschreckende Geschichte einer Modelkarriere

Meat Market – Schöner Schein
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In "Meat Market", dem neuen Buch von Juno Dawson wird der kometenhafte Aufstieg eines Nachwuchsmodels mit seinen Sonnen- aber besonders auch Schattenseiten beschrieben. Denn wie schon der Titel vermuten ...

In "Meat Market", dem neuen Buch von Juno Dawson wird der kometenhafte Aufstieg eines Nachwuchsmodels mit seinen Sonnen- aber besonders auch Schattenseiten beschrieben. Denn wie schon der Titel vermuten lässt, wird die 16 jährige  Protagonistin Jana nicht über Nacht zum Superstar, den alle Welt mit Samthandschuhen anfasst. Vielmehr landet sie in einem knallharten Business, das mit dem Aussehen junger Frauen (und Männer) Geld macht und nicht selten interessiert es erschreckend wenige der Menschen, mit denen sie als Model zusammenarbeitet, wer eigentlich der Mensch hinter dem schönen Gesicht ist. So wird sie schnell mit Schwierigkeiten wie Einsamkeit, körperlicher Erschöpfung, Drogenmissbrauch oder sexueller Gewalt konfrontiert und muss sich bald entscheiden: Was lasse ich mit mir machen und wann erhebe ich meine Stimme?
Sowohl die Hauptfigur, als auch sämtliche Nebencharaktere empfand ich als sehr authentisch beschrieben und vor allem die Gedanken und Gefühle Janas haben mich immer wieder sehr berührt, ist sie doch eine mir äußerst sympathische Protagonistin. Ihre Erlebnisse werden so realistisch und glaubwürdig beschrieben, dass ich an manchen Stellen erst einmal eine Verschnaufpause brauchte, um das gelesene zu verdauen. Somit ist das Buch auch sicherlich keine lockere Feel-Good-Geschichte, aber für mich dennoch eine absolutes Lesehighlight in diesem Frühjahr. Es wirft eine Menge unbequemer Fragen auf und lässt die sonst so glamourös wirkende Modebranche in einem ganz anderen Licht erscheinen.
Ein Buch, welches sich traut wichtige Fragen nach Ethik und Moral zu stellen und dazu ermutigt, sich nicht alles gefallen zu lassen, hinter die glänzende Fassade des Ruhms zu schauen und sich gegen Unrecht aufzulehnen. Somit könnte dieses Buch locker in meinen persönlichen Jahres-Top-10 landen und wird sicher nicht mein letztes der Autorin gewesen sein. Klare Empfehlung!

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Veröffentlicht am 30.04.2020

Bitte mehr davon

Nightrunner
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"Nightrunner" von Lukas Hainer ist eines der Bücher, die einen mitnehmen in eine fremde und zugleich irgendwie vertraute Welt, die man danach nur sehr ungern wieder verlassen möchte.
Da ich eine große ...

"Nightrunner" von Lukas Hainer ist eines der Bücher, die einen mitnehmen in eine fremde und zugleich irgendwie vertraute Welt, die man danach nur sehr ungern wieder verlassen möchte.
Da ich eine große Schwäche für religiöse Neuinterpretationen habe, war mir schon nach der Leseprobe klar, dass ich dieses Buch mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr mögen würde. Und ich wurde nicht enttäuscht. Auf enorm originelle Art und Weise erschafft der Autor hier sowohl eine Welt als auch Protagonisten, welche einem immer wieder entfernt bekannt vorkommen und das Buch muss Vergleiche mit anderen großen Werken ähnlicher Thematik absolut nicht scheuen. So bemerkt man immer wieder Parallelen zu beispielsweise "Krabat" oder der Trilogie um den "Goldenen Kompass", doch bleibt die Geschichte dabei immer völlig eigenständig und somit trotzdem auch anders.
Gespickt mit einer gehörigen Portion Action lässt der Autor die Charaktere ein Abenteuer erleben, welches nicht nur große Gefahren für sie alle bereithält, sondern sie auch für immer verändern wird. Die Handlung ist dabei sehr komplex und man muss schon genau lesen und konzentriert bei der Sache bleiben, damit einem nicht hin und wieder die Zusammenhänge entgehen. Doch am Ende werden die einzelnen Handlungsstränge gekonnt zusammengeführt und ergeben ein stimmiges Gesamtbild.
Die Protagonisten sind allesamt sehr liebenswert, wenn man auch teilweise eine Weile im dunkeln tappt, was ihre jeweilige Motivation angeht. Dennoch konnte ich mit allen mitfiebern und mich ihnen verbunden fühlen, so authentisch wurden sie dargestellt.
Und auch der Schreibstil Hainers ist absolut großartig, er schreibt mitreißend, spannend und weckt immer auch Mitgefühl mit seinen Charakteren. Ich konnte die Welt beim lesen jederzeit richtig vor mir sehen; man merkt, dass da viel Arbeit und Liebe in die Details geflossen sind.
Ich würde mir wirklich einen zweiten Teil wünschen - nicht weil die Geschichte zu viele Fragen offen gelassen hätte (es muss nicht immer alles restlos aufgelöst werden, wie ich finde), aber weil ich unglaublich gerne ein weiteres Abenteuer in dieser faszinierenden Welt erleben würde. Eine ganz klare Leseempfehlung von mir!

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