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Veröffentlicht am 04.06.2020

Adiosu Sardinien

Die sardische Hochzeit
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Nachdem mir der Debütroman "Marina, Marina" der Autorin schon so gut gefallen hat, war ich jetzt gespannt auf einen weiteren historischen Italienroman aus der Feder von Grit Landau.

Wieder hervorragend ...

Nachdem mir der Debütroman "Marina, Marina" der Autorin schon so gut gefallen hat, war ich jetzt gespannt auf einen weiteren historischen Italienroman aus der Feder von Grit Landau.

Wieder hervorragend recherchiert, führt uns der neue Roman nach Sardinien, kurz vor der Machtübernahme Mussolini's. Nicht zwingend erforderlich, aber empfehlenswert, ist es die Vorgeschichte zur "Sardischen Hochzeit" zu lesen. So bekommt man schon einmal einen ersten Eindruck von dem Protagonisten Leo Lanteri und seiner Familie, die in Ligurien eine Olivenplantage besitzen, dessen Erbe er ist. 1919 kommt Leo aus dem Krieg zurück und ist nicht mehr der, der er vor dem Krieg war. Er ist von den furchtbaren Kriegserlebnissen traumatisiert und kann die Faschisten, die man jetzt überall antrifft, kaum ertragen. Im Streit tötet er einen der sogenannten "Schwarzhemden" und wird zu seiner eigenen Sicherheit von seinem Vater außer Landes gebracht. Aber in seinem Exil auf Sardinien sind die Faschisten auch schon auf dem Vormarsch, und er kann es gar nicht verhindern, zwischen die Fronten zu geraten. Er verliebt sich ausgerechnet in Gioia, die Tochter eines Mussolini-Anhängers, die kurz vor ihrer Hochzeit mit dem Sohn einer ursardischen Pferdezüchterfamilie steht. Die Matriarchin der Familie, lenkt das Gestüt und ihren Clan mit eiserner Hand und kennt sich zudem noch bestens mit sardischer Magie aus. Die arrangierte Hochzeit soll die ehemals verfeindeten Familien endlich befrieden, und beiden Familien ist daran gelegen dieses Fest stattfinden zu lassen, komme was wolle.

Die Autorin stellt jedem Kapitel einen kurzen Abschnitt mit Geschichten, Bräuchen und Mythen von Sardinien voran. Das hat mir besonders gut gefallen. Auf diese Weise stellt sie nicht nur eine stimmungsvolle Atmosphäre her, man kann sich auch viel besser in die Menschen und ihre Kultur hineindenken.

Grit Landau macht in diesem Roman Geschichte wirklich erlebbar. Man hofft und leidet mit den beiden Liebenden mit, während sich die politischen Verhältnisse immer mehr verschärfen. Das Ende war ebenso überraschend , wie gelungen. Ich konnte das Buch kaum zur Seite legen, so sehr hat mich die Geschichte in ihren Bann gezogen. Auch die Charaktere fand ich sehr treffend gezeichnet. Sie waren allesamt authentisch und hatten ihre Eigenarten.

Es handelt sich zwar um eine Liebesgeschichte, aber dieses Buch ist deffinitiv kein Schmöker für zwischendurch. Der Roman hat wirklich Tiefe und beschäftigt einen nachhaltig, ist also eher ein Buch für Genießer. Und deshalb gibt es von mir für dieses besondere Buch auch 5 Sterne.

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Veröffentlicht am 17.05.2020

Fesselnder Anwaltskrimi

Nebeljagd
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m 2. Fall der sympathischen Anwältin Linn Geller , die mit ihrem Kollegen Götz Nowak eine Kanzlei in Stuttgart betreibt, geht es um einen Mordfall, beim dem nicht nur für die Staatsanwaltschaft von vorneherein ...

m 2. Fall der sympathischen Anwältin Linn Geller , die mit ihrem Kollegen Götz Nowak eine Kanzlei in Stuttgart betreibt, geht es um einen Mordfall, beim dem nicht nur für die Staatsanwaltschaft von vorneherein kein Zweifel an der Schuld des Verdächtigen Jo Haug besteht. Mit einem mulmigen Gefühl und ihrer festen Überzeugung, dass Jeder vor dem Gesetz als unschuldig zu gelten hat, bis man ihm eine Schuld nachgewiesen hat, übernimmt Linn das Mandat. In dem kleinen Dorf Ochsenwang wurde die betagte Ines Schneider ermordet aufgefunden und ihr vorbestrafter Pflegesohn fast unmittelbar nach der Tat als Hauptverdächtiger in Untersuchungshaft genommen. Auch bei einem nie aufgeklärten Mordfall vor 20 Jahren an seiner Freundin Vanessa Beckmann ist nahezu das gesamte Dorf davon überzeugt, dass Jo für den Tod dieses Mädchens verantwortlich ist.

Gewissenhaft geht die Anwältin alle vorliegenden Beweise durch und deckt auch Fehler bei der Beweisaufnahme auf, die dazu führen, dass der Angeklagte auf freien Fuß gesetzt werden muss. Jetzt schlägt ihr der Hass der Dorfgemeinschaft entgegen und Linn gerät selbst in Gefahr. Sehr schön beschreibt die Autorin immer wieder den inneren Konflikt der Anwältin, die nicht weiß, ob sie ihren Instinkten noch trauen kann, ob ihr Mandant wirklich unschuldig ist oder vielleicht doch nur ein guter Schauspieler.

Der Beschuldigte Johann Haug hatte einen denkbar schlechten Start ins Leben. Aufgewachsen in sehr schwierigen Verhältnissen, kommt er in die Pflegefamilie Schneider, als sein Vater für den Mord an seiner leiblichen Mutter ins Gefängnis kommt. Schon als Kind wird er gemoppt und zum Außenseiter. Man dichtet ihm ein Mördergen an, und gegen den Hass und die Ablehnung, die ihm auch in seiner Pflegefamilie entgegenschlägt, kann er sich kaum wehren. Hat diese furchtbare Hexenjagd jetzt dazu geführt, dass er zum Mörder geworden ist, genau wie es Alle von ihm erwartet haben ?

Es war ein spannendes Wechselbad der Gefühle, dass mich als Leser permanent mitzweifeln ließ. Das Ende war dann eine absolute Überraschung aber sehr logisch und es blieben keine Fragen offen. Der flüssige Schreibstil von Julia Hofelich erzeugt Spannung ganz ohne Perspektivwechsel und hat mir sehr gefallen. Auch die private Ebene zwischen den beiden Kanzleipartnern ist nicht ganz unkompliziert und kommt zur Sprache.

Es ist das 1.Buch, dass ich von Julia Hofelich gelesen habe, und ich finde es sehr gelungen. Sehr gerne vergebe ich begeisterte 5 Sterne und habe mir Band 1 der Krimireihe schon bestellt.

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Veröffentlicht am 10.05.2020

Kindsein im Nachkriegsdeutschland

Der Junge aus dem Trümmerland
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Sarah Bergmann hat sich in ihrem Jugendroman "Der Junge aus dem Trümmerland" mit dem Nachkriegsdeutschland aus der Sicht von Kindern und Jugendlichen befasst.

Wir befinden uns im Berlin von 1947. Eine ...

Sarah Bergmann hat sich in ihrem Jugendroman "Der Junge aus dem Trümmerland" mit dem Nachkriegsdeutschland aus der Sicht von Kindern und Jugendlichen befasst.

Wir befinden uns im Berlin von 1947. Eine Stadt in Trümmern gehört zu Paul's Alltag und ist einerseits sein Abenteuerspielplatz andererseits muss man in ihr auch täglich ums Überleben kämpfen. Der Vater gilt als verschollen, die Mutter versucht mit Näharbeiten ein bisschen was zu verdienen. Aber würde Paul nicht ab und zu auf dem Schwarzmarkt etwas organisieren, oder ein paar Kohlen vom Waggon klauen, sähe es wohl schlecht aus. Als die Mutter den afroamerikanischen Bill mit nach Hause bringt, ist das für Paul nur so lange in Ordnung, wie er glaubt seine Mutter nutze "den Feind" nur aus. Doch als schon von Hochzeit die Rede ist, bricht für Paul eine Welt zusammen. Ein Amiflittchen kann nicht geduldet werden. Ist seine Mutter eine Vaterlandsverräterin?

Mich hat der Roman wirklich beeindruckt. Ich habe mir ehrlich gesagt bisher kaum Gedanken darüber gemacht, wie die Kinder , die mit der Naziideologie erzogen wurden, diesen Umbruch in ihrem Weltbild erlebt haben. Sie haben nach dem Krieg ja auch keine psychologische Behandlung erfahren, was zur Folge hatte, dass das Thema Krieg und Nazidiktatur in vielen Familien einfach totgeschwiegen wurde.

Paul ist ein lieber Junge und hat das Herz am rechten Fleck. Sein Vater ist sein Held, und er kann nicht glauben, dass er tot ist und er ihn nie wiedersehen wird. Bei seinen Freunden erlebt er, dass die heimkehrenden Väter nicht mehr die sind, die stolz in den Krieg gezogen sind. Es sind gebrochene Männer, die der Krieg ihr Leben lang verfolgen wird.

Dieser eindrückliche Roman ist als Jugendlektüre, aber auch für Erwachsene unbedingt zu empfehlen. Die Autorin hat auch ein Vorwort für ihre jungen Leser verfasst, in der die spezielle, ideologisch gefärbte Sprache der Nazis erklärt wird. Außerdem gibt es ein Glossar mit Begriffserläuterungen, das sehr hilfreich ist.


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Veröffentlicht am 29.04.2020

Abtreibungen in den Südstaaten der USA - Tiefgründige und spannende Auseinandersetzung mit dem Thema

Der Funke des Lebens
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Im tiefen Süden der USA, da wo der sogenannte Bibelgürtel verläuft, spielt sich an einem heißen Herbsttag ein Drama ab, beispielhaft für die Dramen die man hierzulande immer mal wieder in der Zeitung liest. ...

Im tiefen Süden der USA, da wo der sogenannte Bibelgürtel verläuft, spielt sich an einem heißen Herbsttag ein Drama ab, beispielhaft für die Dramen die man hierzulande immer mal wieder in der Zeitung liest. Der erfahrene Polizist und Unterhändler für Geiselnahmen, Hugh Mc Elroy wird zu einem Einsatz zu einer Frauenklinik nach Jackson gerufen, die von einem Mann gestürmt wurde, der jetzt alle anwesenden Personen (Personal und Patientinnen)in seiner Gewalt hat. Er will sich offenbar dafür rächen, dass seine Tochter in dieser Klinik, die auch Abtreibungen vornimmt, einen Schwangerschaftsabruch hat vornehmen lassen. Er ist mit einer Schusswaffe in das Gebäude eingedrungen, und es hat schon Tote und Verletzte gegeben.

Die Situation nimmt an Brisanz zu als Hugh, der mit dem Amokläufer Kontakt aufnehmen soll, erfährt das sich seine 15jährige Tochter Wren und seine ältere Schwester Brix unter den Geiseln befinden. Da er das Leben seiner Liebsten, von denen er sich nicht vorstellen kann, warum sie sich in diesem Gebäude befinden, unbedingt retten will und diese Aufgabe auch keinem anderem überlassen will, muss er verhindern wegen Befangenheit von dem Fall abgezogen zu werden. Man kann sehr gut nachvollziehen, wie der alleinerziehende Vater und Polizist mit seinen Dämonen kämpft. Einerseits möchte er dem Täter den Hals umdrehen, andererseits muss er eine Kommunikationsebene zu ihm finden, die dem Geiselnehmer ,George suggeriert, dass er auf dessen Seite steht.

Jodi Picoult schafft es wieder einmal einen ergreifenden Roman über das Für und Wider von Abtreibungen zu schreiben, ohne bei diesem sensiblen Thema Partei zu ergreifen. Ihre Charaktere sind stimmig, die Atmosphäre vor Ort fühlt sich an, als wäre man als Leser anwesend. Man sieht sie vor sich, die Abtreibungsgegner, die Tag für Tag vor der Klinik protestieren, die Ärzte, die vor ihrem Dienst als Mörder beschimpft werden und die Frauen, die sich zu dem schweren Schritt eines Schwangerschaftsabruchs entschieden haben und einen Spießrutenlauf bis zur Eingangstür vor sich haben. Befeuern diese lauthalsen und andauernden Proteste nicht religiöse Extremisten dazu, den Protesten auch irgendwann Taten folgen zu lassen? Der Roman, zu dem die Autorin excellente Recherchearbeit betrieben hat, könnte wunderbar als Diskussionsgrundlage zum Thema Abtreibungen dienen. Der Roman geht einfach unter die Haut, weil er unterschiedlichste Facetten zeigt und immer wieder andere Perspektiven einnimmt, die die jeweilige Position zu dem Thema nachvollziehbar werden lässt. Es gibt in dieser Frage wohl kein schwarz oder weiß aber jede Menge Grautöne.

Der Roman beginnt um 17.00 Uhr mit dem sich anbahnenden Ende der Geiselnahme, wobei das Ende noch offen ist. Dann geht es von Kapitel zu Kapitel in der Zeit zurück bis zum frühen Morgen dieses schicksalhaften Tages. Man erfährt die Hintergründe der Geiseln und des Täters, ihre Lebensgeschichten, Nöte und Ängste. Mir hat der Roman richtig gut gefallen. Er hat mich mitgerissen und tief berührt. Die Autorin schafft es einfach immer wieder heiße Eisen anzupacken, spannend und vielschichtig im Roman umzusetzen. Bravo! Ich bin begeistert!

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Veröffentlicht am 13.04.2020

Einfühlsames Gesellschaftsportrait

Wir holen alles nach
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Im Mittelpunkt des Roman's "Wir holen alles nach" von Martina Borger, der in München spielt, steht ein kleiner Junge namens Elvis. Seine alleinerziehende Mutter Sina bewältigt seit Jahren den Spagat zwischen ...

Im Mittelpunkt des Roman's "Wir holen alles nach" von Martina Borger, der in München spielt, steht ein kleiner Junge namens Elvis. Seine alleinerziehende Mutter Sina bewältigt seit Jahren den Spagat zwischen Job und Kindererziehung mit großen Anstrengungen. Es fehlt vor allem immer wieder die Zeit und auch die Geduld, sich mit dem sensiblen 8jährigen zu beschäftigen. Sie hat ein dauerhaft schlechtes Gewissen, wenn sie ihren Sohn wieder irgendwo parken muss, weil wieder Überstunden anstehen. Seit kurzem hat sie einen neuen Partner, der ganz anders als ihr Ex auch zuhören kann und sie unterstützt so gut er kann, an den sich Elvis aber noch gewöhnen muss. Außerdem ist er zur Zeit arbeitslos und benötigt seine ganze Energie für die Suche nach einem neuen Job.

In einem 2. Erzählstrang treffen wir auf Ellen, deren Rente als Witwe zum Leben nicht reicht. Ganz pragmatisch hat sie ihre Ausgaben aufs Nötigste zusammengestrichen und sich einen Nebenverdienst als Zeitungsausträgerin gesucht. Außerdem hat sie ihr Händchen für Kinder und als Nachhilfelehrerin entdeckt. So kommt sie mit Sina in Kontakt und soll auch Elvis im Schreiben und Rechnen etwas unterstützen, damit er eine Empfehlung fürs Gymnasium bekommen kann. Ellen und Elvis haben schnell einen Draht zueinander. Ellen entgeht auch nicht, dass der Junge nach einiger Zeit verändert wirkt, als hätte er etwas Schlimmes erlebt.

Die Autorin zeichnet in ihrem Roman ein einfühlsames Gesellschaftsportrait unserer heutigen Zeit. Da werden Altersarmut, Einsamkeit im Alter einerseits und Patchworkfamilien, Scheidungskinder anderseits thematisiert, der Druck beschrieben, der auf den Kindern schon im Grundschulalter lastet, um nur ja aufs Gymnasium zu kommen. Dieser ganze schnelllebige und stressige Alltag und was er mit uns macht, ist richtig gut und realitätsnah abgebildet.

Es geht aber auch ums Hinschauen, um Vertrauen und um Vorurteile und Vorverurteilungen. Geschickt legt die Autorin falsche Fährten aus, in die man auch als Leser tappt. Das regt wahrlich zum Nachdenken an.

Ich habe den Roman innerhalb kürzester Zeit förmlich verschlungen. Der gefühlvolle Schreibstil und die tollen Charaktere haben mich begeistert und ich konnte das Buch kaum zur Seite legen. Ich kann es nur wärmstens weiterempfehlen. Der Roman war ein absolutes Highlight für mich.

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