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heinoko

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.06.2020

Eltern, bitte lest dieses Buch mit eueren Kindern!

Expedition Natur: WILD! Der Steinkauz
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Wie oft musste ich schon beobachten, wie Kinder gefühllos durch Blumenbeete trampeln und bei jedem Käferchen „iiiiih“ aufschreien, wie oft musste ich also erkennen, wie wenig diesen Kindern Achtung vor ...


Wie oft musste ich schon beobachten, wie Kinder gefühllos durch Blumenbeete trampeln und bei jedem Käferchen „iiiiih“ aufschreien, wie oft musste ich also erkennen, wie wenig diesen Kindern Achtung vor der Natur und Wertschätzung für die Natur beigebracht wird. Umso glücklicher bin ich über das vorliegende Buch, das in Zusammenarbeit mit dem BUND entstand. Besser kann man ein solches Buch, das uns einen winzigen Ausschnitt aus dem Zusammenspiel der Natur näher bringt, nicht machen!

Die beiden Autorinnen lassen uns in diesem Band den Steinkauz näher kennenlernen, einen Eulenvogel, dessen Population bedroht ist, weil ihm die Lebensräume mehr und mehr genommen wurden. Zunächst begleiten wir ein Steinkauz-Pärchen durch das Jahr. Sehr, sehr anschaulich, anrührend und stellenweise atemlos spannend wird deren Leben erzählt. Die anstrengende Aufzucht der Jungen, die täglich überall lauernden Gefahren erleben wir mit. Im zweiten sachlichen Teil des Buches erfahren wir alles Wissenswerte über das Tier, über seine Lebensweise und seine Bedürfnisse. Vor allen Dingen aber erfahren wir auch, was wir ganz persönlich tun können, um dem Steinkauz zu helfen!

Doch nicht nur die hervorragenden Texte überzeugen. Die Gesamtgestaltung ist ganz großartig gelungen. Der erzählende Teil ist meisterhaft illustriert durch Bente Schlick. Die Zeichnungen sind so fein und exakt fast wie Fotos, richtig kleine Kunstwerke. Der Sachbuch-Teil enthält neben weiteren Zeichnungen von Bente Schlick viele Fotos, die zum Beispiel den Bewegungsablauf beim Fliegen zeigen oder einzelne Entwicklungsstadien. So werden die umfassenden Informationen durch die großzügige Bebilderung zusätzlich auf anschauliche Weise vertieft. Besser geht es nicht.
Eltern, bitte lest dieses Buch mit eueren Kindern!

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Veröffentlicht am 09.06.2020

Urlaubsfeeling und Gänsehaut

Dunkles Lavandou (Ein-Leon-Ritter-Krimi 6)
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Und wieder kann ich nur sagen: Auf diesen Autor ist Verlass. Ein Buch ums andere liefert er uns Urlaubsfeeling in Kombination mit Gänsehaut, routiniert gekonnt in Szene gesetzt. Fast fühle ich mich mit ...


Und wieder kann ich nur sagen: Auf diesen Autor ist Verlass. Ein Buch ums andere liefert er uns Urlaubsfeeling in Kombination mit Gänsehaut, routiniert gekonnt in Szene gesetzt. Fast fühle ich mich mit Leon Ritter, dem deutsch-französischen Rechtsmediziner, verwandt, so vertraut ist er mir über die Bücher hinweg geworden.

Frühsommer in Le Lavandou. Der Geruch von blühendem Ginster liegt in der Luft. Viel Sonnenschein, viele Touristen. Doch das Auffinden einer Frauenleiche unter einer Brücke unterbricht jäh das Urlaubsfeeling. Schnell wird klar, dass es sich nicht um Selbstmord handelt, denn vor dem Sturz von der Brücke war die Frau gefoltert worden. Eine weitere Frauenleiche wird entdeckt, diesmal getötet durch eine Schiffsschraube. Und auch diese Frau war vor ihrem Tod gefoltert worden. Ein Serienmörder? Leon Ritter beginnt eigenständig zu ermitteln, weil sich die Polizei nicht sonderlich intensiv um Aufklärung bemüht.

Wie in seinen früheren Büchern besticht der Schreibstil von Remy Eyssen. Detailreich beobachtend, präzise beschreibend, atmosphärisch dicht erzählend gelingt es dem Autor, den Leser in die Welt des Leon Ritter voll und ganz hineinzuziehen. Wobei die privaten Turbulenzen niemals dem eigentlichen Fall die Schau stehlen. Im Vordergrund bleibt die Schilderung des Falls, der spannend, mitunter sogar fast brutal, seinen Fortgang nimmt, wobei die intensive Spannung durch die zwischengeschalteten Sequenzen aus Opfersicht noch erheblich verdichtet wird.

Fazit: Auch in diesem sechsten Band ist die Kombination von französischer Lebensart und detaillierter, kluger Puzzlearbeit wiederum perfekt gelungen.

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Veröffentlicht am 04.06.2020

Genüssliche Meucheleien mit treffsicherem Wortwitz

Tot, aber glücklich!
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Aus eigener leidvoller Erfahrung rate ich Ihnen dringend, Tatjana Kruses Bücher keinesfalls in Wartezimmern oder Zugabteilen zu lesen, jedenfalls nicht im Beisein fremder Leute. Außer es ist Ihnen egal, ...


Aus eigener leidvoller Erfahrung rate ich Ihnen dringend, Tatjana Kruses Bücher keinesfalls in Wartezimmern oder Zugabteilen zu lesen, jedenfalls nicht im Beisein fremder Leute. Außer es ist Ihnen egal, wenn man Sie sorgenvoll anschaut, wenn Sie aus dem Nichts heraus laut prustend auflachen oder vor sich hin giggeln, schmunzelnd den Kopf schütteln oder andere für die Umwelt sehr bedenklich wirkende Reaktionen zeigen. Denn der kriminellen humorigen Ideenvielfalt einer Tatjana Kruse kann man sich einfach nicht entziehen.

In den „kriminell komischen Storys“ wird gemordet auf Teufel komm raus, und zwar genau von den Menschen, die eigentlich viel zu nett, viel zu unscheinbar, viel zu normal sind, um Böses zu tun. Doch die Autorin entlarvt sie alle. Insbesondere Frauen gilt ihre besondere Aufmerksamkeit. Unfassbar, wie viele schräge Vögel sich in Tatjana Kruses Welt tummeln. Neben dem Ägypten-Fan Trödel-Traugott oder dem Geschäftsführer, der sich der Abfallbeseitigung von zweibeinigen faulen Äpfeln verschrieben hat, oder dem ausschließlich marmeladenbrotessenden Exzentriker aus Bebenhausen findet sich auch der Leiter der Abteilung Wasserstandsvorhersagen gemäß Seeaufgabengesetz § 1 Abs. 9, oder Doris, Mitglied im Freundeskreis der Marienbibliothek und nicht zuletzt Frau Möller, die kein Englisch kann und sich auf Bustour in englischer Sprache befindet, ebenso wie Marlis Möhrle, die mit einer großen Gobelintasche reist und an einer Ziege strickt.

Von Mini-Thriller bis Mini-Satire – Tatjana Kruse wühlt sich genüsslich mit treffsicherem Wortwitz durch alle Genres und haut uns zuletzt noch die unerwartete Pointe um die Ohren. Ich sehe sie direkt vor mir, wie sie da irgendwo sitzt und mit unbandigem Spaß an ihren wunderbaren, unerschöpflichen, abstrusen, schrägen und urkomischen Ideen strickt, während ich als ihre ergebene und geschulte Leserin ins Grübeln komme, ob ich der Nachbarin, die ihre 20 Paar Gummischlappen im Hausflur lüftet, nicht auch…

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Veröffentlicht am 31.05.2020

Dieser grandiose Roman ist eine Meisterleistung

Der Turm aus Licht
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Eine Meisterleistung war nicht nur die 60 Jahre währende Errichtung des „schönsten Turms auf Erden“ des Freiburger Münsters. Sondern eine Meisterleistung ist auch Astrid Fritz mit diesem groß angelegten ...


Eine Meisterleistung war nicht nur die 60 Jahre währende Errichtung des „schönsten Turms auf Erden“ des Freiburger Münsters. Sondern eine Meisterleistung ist auch Astrid Fritz mit diesem groß angelegten historischen Roman gelungen. Einfach grandios! Am Sonntag nach Pfingsten im Jahr 1330 wird das Freiburger Münster vollendet. An Pfingsten im Jahr 2020 lese ich die letzten Seiten des über 800 Seiten starken Romans und bin berührt und begeistert gleichermaßen.

Wir verfolgen über die Jahre von 1270 bis 1330 die überaus wechselvolle Geschichte der Fertigstellung des Freiburger Münsters, insbesondere die bauliche Umsetzung des Entwurfs eines hohen, lichtdurchfluteten, dennoch fragil-leicht wirkenden Turmes, des „schönsten Turmes auf Erden“. Dieser Bau gilt heute als eines der Meisterwerke der Gotik. Wir erleben rund um die Bauhütte Liebe, Macht, Ränke, Dummheit, Intrigen, Verrat, Gewalt, Krankheit, Tod, aber auch Zuversicht, meisterliche Handwerkskunst und den unbedingten Willen, das Münster „UnserliebenFrauen“ zu einem die Jahrhunderte überdauernden Wahrzeichen des Glaubens in Freiburg zu gestalten.

Astrid Fritz ist es auf meisterhafte Weise gelungen, die Geschichte dieses Kirchenbaus mit Leben und mit Gefühlen zu füllen. Aufgrund des zwei Generationen langen geschilderten Zeitraumes ziehen viele Menschen am Leser vorüber, die in der einen oder anderen Weise eine besondere Rolle spielten. Und jedem einzelnen dieser Menschen verleiht Astrid Fritz Ausdruck seiner ganz individuellen Persönlichkeit, weit, weit weg von klischeehaften „Mittelalter-Spielen“. Der Spagat zwischen fiktiv-romanhafter, lebendiger und spannender Erzählung einerseits und akribisch-fachkundiger Recherche und Wiedergabe historisch Überliefertem ist der Autorin grandios gelungen. Denn die 800 Seiten lesen sich leicht, das Buch ist unterhaltsam, fesselnd, atmosphärisch dicht, und Wissenswertes wird fast nebenbei kurzweilig in die Handlung verwoben. Überhaupt ist es eine bewundernswerte Leistung der Autorin, wie sie detailgenaue Beschreibungen einzelner Bauschritte in der zu jener Zeit gebräuchlichen Techniken auch für den Laien nachvollziehbar wiedergibt. Die sehr schöne, sorgfältige, der Zeit angepasste Sprache, in der der Roman geschrieben ist, ist ein zusätzlicher Genuss. Sehr hilfreich für den Leser sind ein mehrere Seiten umfassendes Personenverzeichnis zu Beginn und ein ebenso umfangreiches Glossar am Schluss des Buches. Rundum ein grandioser historischer Roman!

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Veröffentlicht am 25.05.2020

Ein Roman wie eine Matroschka

flüchtig
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Die außerordentliche Musikalität des Hubert von Goisern ist mir genau vor einem Vierteljahrhundert aufgefallen. Kein Wunder, dass ich in seinem Romandebüt nun alles wiederfinde, was schon damals meine ...

Die außerordentliche Musikalität des Hubert von Goisern ist mir genau vor einem Vierteljahrhundert aufgefallen. Kein Wunder, dass ich in seinem Romandebüt nun alles wiederfinde, was schon damals meine „Heiligtümer“ waren. Die Koloraturkunst von Edita Gruberova zum Beispiel, Dvoraks Sinfonie Aus der neuen Welt oder André Heller, dessen Liederlyrik ich so sehr liebte. So vieles und noch viel mehr steckt in diesem Roman, jenseits der eigentlichen Handlung.

Maria und Herwig sind fast dreißig Jahre verheiratet. Sie haben sich in jeweils ihrem eigenen Leben arrangiert, ohne spürbares Interesse aneinander. Als Maria jedoch von einem Tag auf den anderen ohne jegliche Erklärung verschwindet und unauffindbar bleibt, kommt Bewegung in Herwig. Es beginnt eine Reise quer durch Europa bis nach Griechenland, hin zu flüchtigen Begegnungen mit Menschen, mit flüchtigen Gedanken über sich selbst und das Leben und flüchtigen Gefühlen der Sehnsucht und Erfüllung.

Dieser Roman ist reich und vielschichtig wie eine Matroschka. Manchmal verliert sich der Autor regelrecht im Erzählen von Geschichten, die weitere Geschichten enthalten, im Berichten von vergangenen Leben von vergangenen Menschen. Manchmal treibt der Erzähler mit seinen Geschichten so weit ab vom chronologischen roten Faden, als wäre Maria schon längst verloren gegangen. Und wenige Seiten später landet der Autor wieder im zeitgerechten Erzählstrang, und Marie übernimmt wieder weiter ihre Rolle, nüchtern, kühl, wissbegierig, mit tief versteckten Sehnsüchten. Man muss sich als Leser genauso treiben lassen wie der Autor, dann entwickelt das Buch seinen ganz besonderen Reiz. Wurde schon einmal so differenziert die Inbetriebnahme eines Plattenspielers beschrieben und das geradezu zeremonielle Hören einer Vinylplatte mit seinem mystischen Zauber des Klanges? Wurde schon einmal so atmosphärisch dicht, so sehnsuchtsvoll in seiner lichtdurchfluteten Einfachheit das ursprüngliche touristenferne Griechenland beschrieben? Und wo findet man eine Heiligengeschichte genauso neben politischen Stellungnahmen und spitzen Randbemerkungen? Ein kluges, ein vielschichtig durchkomponiertes, ein poetisches Buch. Ein Buch zum Wiederlesen.

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