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Veröffentlicht am 27.10.2019

Eine Kindheit, die fassungslos macht

Jahre später
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Angelika Klüssendorf schrieb die Romanreihe rund um ein junges Mädchen, dass eine grausame Kindheit erlebt, sich aber Stück für Stück zurück ins Leben kämpft. Das Mädchen erschien 2011, April 2015 und ...

Angelika Klüssendorf schrieb die Romanreihe rund um ein junges Mädchen, dass eine grausame Kindheit erlebt, sich aber Stück für Stück zurück ins Leben kämpft. Das Mädchen erschien 2011, April 2015 und der dritte Teil, Jahre später, 2018 bei Kiepenheuer und Witsch.

DAS MÄDCHEN
Sie ist zwölf Jahre alt und erlebt eine tragische Kindheit an der Seite ihres jüngeren Bruders Alex in der ehemaligen DDR. Sie kommt aus ärmlichen Verhältnissen und ist der Unzufriedenheit ihrer Mutter ausgesetzt. Diese ist alkoholkrank, tyrannisiert ihre Kinder, indem sie sie beleidigt, demütigt und prügelt. Der Vater, ebenfalls ein Trinker, ist fast nie da. Um all das ertragen zu können, flüchtet sich das Mädchen in fantastische Kinderbücher und Märchen.

Immer wieder versucht sie von zuhause auszureißen, landet am Ende aber doch wieder in ihrer lieblosen Familie. Sie lebt zeitweise in einem Kinderheim, in dem sie andere Kinder kennen lernt, die ähnlich schlimme Erfahrungen in ihrem Elternhaus machen mussten. Wirklichen Anschluss aber findet sie nicht. Sie klaut, träumt sich in Fantasiewelten und versteckt ihren dürren Körper unter Schichten von Kleidung. Der Versuch, sich das Leben zu nehmen, zeigt ihre Aussichtslosigkeit.

APRIL
Es sind die späten Siebziger in Leipzig. Inzwischen nennt sie sich April und ist erwachsen geworden. Ihre traumatische Vergangenheit versucht sie hinter sich zu lassen, was nicht immer gelingt. Sie beginnt ein neues Leben, eines als selbstbestimmte Frau mit eigenen Bedürfnissen und Interessen. Ihre Zeit im Heim ist vorüber, die Lehre hat sie abgebrochen und arbeitet nun als Büroangestellte. Immer noch kommt sie an Grenzen und umstößt diese.

Sie verliebt sich in Hans, die beiden werden ein Paar und leben zusammen. Er akzeptiert sie, wie sie ist und gibt ihr das Gefühl, genug zu sein. Beide bekommen einen Sohn, Julius. Anfangs noch ängstlich, von ihm verlassen zu werden, wird April selbstbewusster und bald ist sie es, die verlässt. Vorher aber steht die Ausreise aus der DDR, in den Berliner Westen an. Die qualvollen Kindheitsmomente klingen nie ganz ab und machen der jungen Frau nach wie vor das Leben schwer. Erinnerungen, Verluste und Enttäuschungen haben sie geprägt. Dieser Teil endet zu Beginn der Achtziger Jahre.

JAHRE SPÄTER
Inzwischen ist April dreißig Jahre alt. Auf einer Lesung in Hamburg lernt sie den Chirurgen Ludwig kennen und beide werden ein Paar. Er ist penetrant, ja manchmal schon dreist in seiner Art und Weise, sie zu umgarnen. Beide erleben eine intensive Zeit, in der sie Telefonstreiche bei Ludwigs Kollegen begehen und auch vor Diebstählen nicht zurück schrecken. Ludwig und April heiraten und bekommen einen Sohn, Samuel.

Die Zweisamkeit brauchen beide und können sie doch nicht ertragen. Die Beziehung hat etwas sehr Ungutes und treibt sie mehr und mehr auseinander. April kämpft gegen Depressionen und die Dämonen ihrer Vergangenheit und muss sich immer wieder mit ihrer Ehe auseinandersetzen, in der sie sich gefangen fühlt. Sie genießt die Aufmerksamkeit Fremder und lernt so andere Männer kennen, überschreitet auch dort wieder Grenzen und hat doch kein schlechtes Gewissen. Zu unglücklich ist sie in der Verbindung mit Ludwig. Neben all dem, versucht sie ihren Söhnen eine bessere Mutter zu sein, als ihre eigene es war.

MEISTERHAFT UMGESETZT
Die Trilogie wurde von Klüssendorf meisterhaft umgesetzt und berührt vom ersten bis zum letzten Band. Die Erzählweise ist klar und sachlich, gut strukturiert und verliert sich nicht in Einzelheiten. Die dargestellten Situationen zeichnen sich durch Prägnanz und Nüchternheit aus. Zwischendurch war es für mich schwer zu ertragen, die Szenen im ersten Band lesen zu müssen. Dennoch möchte man als Leser wissen, wie das Leben des jungen Mädchens weiter verläuft und ob sie es schafft, aus der Negativspirale auszubrechen.

Durch ihre immense Sachlichkeit gelingt es Klüssendorf, nicht zu sentimentalisieren und somit nicht zu beeinflussen. Ganz von selbst bahnt sich die Geschichte von April ihren Weg in die Herzen der Lesenden. Die Bücher überzeugen durch ihre Kraft und Authentizität, ihre Schonungslosigkeit und Bündigkeit. Eine ganz klare Empfehlung meinerseits.

Veröffentlicht am 27.10.2019

Eine Kindheit, die fassungslos macht

April
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Angelika Klüssendorf schrieb die Romanreihe rund um ein junges Mädchen, dass eine grausame Kindheit erlebt, sich aber Stück für Stück zurück ins Leben kämpft. Das Mädchen erschien 2011, April 2015 und ...

Angelika Klüssendorf schrieb die Romanreihe rund um ein junges Mädchen, dass eine grausame Kindheit erlebt, sich aber Stück für Stück zurück ins Leben kämpft. Das Mädchen erschien 2011, April 2015 und der dritte Teil, Jahre später, 2018 bei Kiepenheuer und Witsch.

DAS MÄDCHEN
Sie ist zwölf Jahre alt und erlebt eine tragische Kindheit an der Seite ihres jüngeren Bruders Alex in der ehemaligen DDR. Sie kommt aus ärmlichen Verhältnissen und ist der Unzufriedenheit ihrer Mutter ausgesetzt. Diese ist alkoholkrank, tyrannisiert ihre Kinder, indem sie sie beleidigt, demütigt und prügelt. Der Vater, ebenfalls ein Trinker, ist fast nie da. Um all das ertragen zu können, flüchtet sich das Mädchen in fantastische Kinderbücher und Märchen.

Immer wieder versucht sie von zuhause auszureißen, landet am Ende aber doch wieder in ihrer lieblosen Familie. Sie lebt zeitweise in einem Kinderheim, in dem sie andere Kinder kennen lernt, die ähnlich schlimme Erfahrungen in ihrem Elternhaus machen mussten. Wirklichen Anschluss aber findet sie nicht. Sie klaut, träumt sich in Fantasiewelten und versteckt ihren dürren Körper unter Schichten von Kleidung. Der Versuch, sich das Leben zu nehmen, zeigt ihre Aussichtslosigkeit.

APRIL
Es sind die späten Siebziger in Leipzig. Inzwischen nennt sie sich April und ist erwachsen geworden. Ihre traumatische Vergangenheit versucht sie hinter sich zu lassen, was nicht immer gelingt. Sie beginnt ein neues Leben, eines als selbstbestimmte Frau mit eigenen Bedürfnissen und Interessen. Ihre Zeit im Heim ist vorüber, die Lehre hat sie abgebrochen und arbeitet nun als Büroangestellte. Immer noch kommt sie an Grenzen und umstößt diese.

Sie verliebt sich in Hans, die beiden werden ein Paar und leben zusammen. Er akzeptiert sie, wie sie ist und gibt ihr das Gefühl, genug zu sein. Beide bekommen einen Sohn, Julius. Anfangs noch ängstlich, von ihm verlassen zu werden, wird April selbstbewusster und bald ist sie es, die verlässt. Vorher aber steht die Ausreise aus der DDR, in den Berliner Westen an. Die qualvollen Kindheitsmomente klingen nie ganz ab und machen der jungen Frau nach wie vor das Leben schwer. Erinnerungen, Verluste und Enttäuschungen haben sie geprägt. Dieser Teil endet zu Beginn der Achtziger Jahre.

JAHRE SPÄTER
Inzwischen ist April dreißig Jahre alt. Auf einer Lesung in Hamburg lernt sie den Chirurgen Ludwig kennen und beide werden ein Paar. Er ist penetrant, ja manchmal schon dreist in seiner Art und Weise, sie zu umgarnen. Beide erleben eine intensive Zeit, in der sie Telefonstreiche bei Ludwigs Kollegen begehen und auch vor Diebstählen nicht zurück schrecken. Ludwig und April heiraten und bekommen einen Sohn, Samuel.

Die Zweisamkeit brauchen beide und können sie doch nicht ertragen. Die Beziehung hat etwas sehr Ungutes und treibt sie mehr und mehr auseinander. April kämpft gegen Depressionen und die Dämonen ihrer Vergangenheit und muss sich immer wieder mit ihrer Ehe auseinandersetzen, in der sie sich gefangen fühlt. Sie genießt die Aufmerksamkeit Fremder und lernt so andere Männer kennen, überschreitet auch dort wieder Grenzen und hat doch kein schlechtes Gewissen. Zu unglücklich ist sie in der Verbindung mit Ludwig. Neben all dem, versucht sie ihren Söhnen eine bessere Mutter zu sein, als ihre eigene es war.

MEISTERHAFT UMGESETZT
Die Trilogie wurde von Klüssendorf meisterhaft umgesetzt und berührt vom ersten bis zum letzten Band. Die Erzählweise ist klar und sachlich, gut strukturiert und verliert sich nicht in Einzelheiten. Die dargestellten Situationen zeichnen sich durch Prägnanz und Nüchternheit aus. Zwischendurch war es für mich schwer zu ertragen, die Szenen im ersten Band lesen zu müssen. Dennoch möchte man als Leser wissen, wie das Leben des jungen Mädchens weiter verläuft und ob sie es schafft, aus der Negativspirale auszubrechen.

Durch ihre immense Sachlichkeit gelingt es Klüssendorf, nicht zu sentimentalisieren und somit nicht zu beeinflussen. Ganz von selbst bahnt sich die Geschichte von April ihren Weg in die Herzen der Lesenden. Die Bücher überzeugen durch ihre Kraft und Authentizität, ihre Schonungslosigkeit und Bündigkeit. Eine ganz klare Empfehlung meinerseits.

Veröffentlicht am 13.01.2022

Hochemotional

Bevor ich dich sah
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"Bevor ich dich sah" von Emily Houghton erschien 2021 im Heyne-Verlag. Darin schildert die Autorin die Liebesgeschichte von Alice und Alfie, die sich während eines Krankenhaus-Aufenthaltes durch Zufall ...

"Bevor ich dich sah" von Emily Houghton erschien 2021 im Heyne-Verlag. Darin schildert die Autorin die Liebesgeschichte von Alice und Alfie, die sich während eines Krankenhaus-Aufenthaltes durch Zufall kennen und lieben lernen.

Zunächst ist "Bevor ich dich sah" ein Wohlfühlbuch! Ich konnte mich sehr schnell mit den Hauptfiguren identifizieren und die Geschichte annehmen. Es ist, trotz großer Gefühle und Emotionen keine leichte Kost, sodass ich den Tränen oft nah war. Alice und Alfie wuchsen mir innerhalb kürzester Zeit ans Herz. Alice ist eine sehr starke Persönlichkeit, die anfangs einen eher reservierten Eindruck vermittelt. Alfie, den das Schicksal auch getroffen hat, beweist große Verlässlichkeit und Loyalität. Es ist eine sehr rührende Geschichte, die nie in Kitsch abdriftet oder zäh wird. Die Botschaft des Buches ist eine sehr schöne, sie erzählt von Akzeptanz, Toleranz, Mut und den Glauben an die wahre Liebe. Der Schreibstil konnte mich hier auch fesseln und so war das Buch im Gesamten ein großes Highlight für mich.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.06.2020

Kurzweilige Lektüre einer Paartherapie

Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst
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»Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst« von Nick Hornby hat zwar nur schlanke 160 Seiten, hat mich aber im Großen und Ganzen gut unterhalten können. Und da ich aus Zeitgründen gerade wenig zum Lesen ...

»Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst« von Nick Hornby hat zwar nur schlanke 160 Seiten, hat mich aber im Großen und Ganzen gut unterhalten können. Und da ich aus Zeitgründen gerade wenig zum Lesen komme, kam das gerade richtig. Der Autor und auch seine Bücher werden den meisten bekannt sein, für mich ist Nick Hornby Premiere.

Nach vielen gemeinsamen Ehejahren ist die Beziehung von Louise, die als Ärztin arbeitet und Tom, einem Musikjournalisten ins Stocken geraten. Louise hatte eine Affäre und Tom ist dadurch tief verletzt. Eine Paartherapie soll beiden helfen, ihre Probleme wieder in den Griff zu bekommen. Im Laufe ihrer Gespräche, die immer in einem Pub gegenüber der Praxis stattfinden, öffnet sich das Paar mehr und mehr und gibt so einen Einblick in ihre Ehekrise.

Mich hat die Thematik Paartherapie sehr neugierig gemacht und da ich familiäre Beziehungen in Büchern immer spannend finde und ich dünne Bücher derzeit favorisiere, kam diese Ehe in zehn Sitzungen für mich genau zur rechten Zeit. Gefunden habe ich »Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst« bei der lieben Ina von Schonhalbelf, die ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen möchte. Besonders gefallen hat mir die Erzählform von Hornby und die sehr menschlichen Dialoge der beiden Protagonisten. Das Buch liest sich schnell weg, ich fand es aber durchaus unterhaltsam. Mir gefällt die Dialogform und dass man sich in Tom und Louise gut hineinversetzen und sich mit ihnen identifizieren kann.

Die Gespräche der beiden sind geprägt von amüsanten Dialogen, zeigen aber auch die verletzlichen Seiten des Paares. Hornby schafft sehr menschliche Charaktere, mit denen der Leser schnell warm wird und eine Handlung, die ohne viel Tiefgründigkeit auskommt. Als Leser findet man schnell Zugang zum Inhalt und den handelnden Personen. Das ernste Thema wird durch die spitzen Bemerkungen und zugleich liebevollen Annäherungen von Tom und Louise zu einem reizvollen Konversationsstück für kurzweilige Momente.

Eine sehr lohnende Lektüre über die Paartherapie zweier Eheleute, die dem Leser verborgen bleibt, in ihren Gesprächen aber wohl so viel mehr offenbart.

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Veröffentlicht am 10.06.2020

Ein zu Herzen gehendes Kinderbuch

Der größte Schatz der Welt
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Als großer Fan der Illustrationen von Joëlle Tourlonias, hat mich »Der größte Schatz der Welt« sofort neugierig gemacht. Viele kennen die Zeichnerin sicher von den Abenteuern der kleinen Hummel Bommel. ...

Als großer Fan der Illustrationen von Joëlle Tourlonias, hat mich »Der größte Schatz der Welt« sofort neugierig gemacht. Viele kennen die Zeichnerin sicher von den Abenteuern der kleinen Hummel Bommel. Geschrieben wurde die Geschichte von Andrea Schütze, erschienen ist das Buch 2016 im Ravensburger-Verlag.

Im Mittelpunkt steht der kleine Affenjunge Mono, der sich nach einem Gespräch mit seiner Mutter auf die Suche nach einem Schatz begibt. Aber scheinbar kann ihm kein Tier im Dschungel bei der Suche helfen, denn jedes von ihnen hat seinen Schatz bereits gefunden. So erfährt Mono, dass es auf die Frage nach dem größten Schatz der Welt, keine einstimme Antwort geben kann.

Ein kleiner Affe, der auf der Suche nach einem Schatz große Abenteuer erlebt, ist schon eine gute Grundlage für ein Bilderbuch, an dem sich Kinder erfreuen. Die Idee und auch die Umsetzung sind hier sehr gelungen, denn der kleine Protagonist wächst auch erwachsenen Betrachtern sofort ans Herz. Die Thematik ist herzerwärmend und bringt Eltern und Kinder beim Lesen einander näher. Einen Großteil zum Lesevergnügen tragen die einmalig schönen Zeichnungen von Joëlle Tourlonias bei. Ihre Illustrationen haben mich schon bei diversen Bilderbüchern begeistert.

Die Vielfältigkeit der Dschungeltiere und ihre ganz eigenen Charaktermerkmale geben der Geschichte, zusätzlich zur wunderschönen Message, einen besonderen Reiz. Schütze arbeitet die Besonderheiten jedes Tieres heraus und schafft selbstbewusste Charaktere, die sich mögen, wie sie sind. So mag der Papagei die Fähigkeit, seine Stimme zu verändern und das Chamäleon liebt es, sich durch wechselnde Farben tarnen zu können. Sehr herzig ist, das Mono zwar einen Schatz für seine Mutter sucht, kleine Bilderbuchbetrachter aber schon zu Beginn wissen, dass der größte Schatz der Welt für seine Mama Mono selbst ist.

Ein wunderschönes Bilderbuch, das durch die Liebe zwischen Mutter und Kind ans Herz geht und mit großartigen Illustrationen von Joëlle Tourlonias überzeugt.

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