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Veröffentlicht am 08.08.2020

Knifflige Polizeiarbeit …

Der Tote auf Amrum
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Hauptkommissarin Lena Lorenzen vom LKA Schleswig-Holstein wird mit zwei Kollegen nach Amrum, die Insel auf der sie aufgewachsen ist, geschickt, um einen neuen Fall zu bearbeiten. Der reiche Immobilienbesitzer ...

Hauptkommissarin Lena Lorenzen vom LKA Schleswig-Holstein wird mit zwei Kollegen nach Amrum, die Insel auf der sie aufgewachsen ist, geschickt, um einen neuen Fall zu bearbeiten. Der reiche Immobilienbesitzer Marten Hilmer wurde dort tot aufgefunden, vergiftet, wie die Gerichtsmedizin am Institut Kiel feststellte. Der Fall scheint zunächst einfach, denn für einen Mord an dem allseits angesehenen Mann kann es nur zwei Gründe geben: Es fühlt sich jemand bei Immobilienkauf betrogen oder der Mord geschah aus Eifersucht und ist auf eine seiner zahlreichen Frauenbekanntschaften zurückzuführen. Dann entdeckt Lena im Haus des Opfers ein Foto ihrer verstorbenen Mutter …

Die Autorin Anna Johannsen wuchs in Nordfriesland auf, wo auch ihre Kriminalromane beheimatet sind. 2017 veröffentlichte sie ihren ersten ‚Inselkrimi‘, auf den jährlich zwei weitere folgten. „Der Tote auf Amrum“ ist der 6. Fall für die Inselkommissarin.

Ein interessanter Plot und eine wunderschöne Kulisse für die Handlung, doch leider wurde dieses Potential nur unzureichend ausgeschöpft. Der Kriminalfall besteht überwiegend aus monotoner Polizeiarbeit mit vielen Besprechungen und immer wiederkehrenden langweiligen Zeugenbefragungen, währenddessen das Privatleben der Kommissarin und ihrer Mitarbeiter ebenso eintönig dahinplätschert. Spannung sucht man vergebens und überraschende Wendungen sind Mangelware.

Obwohl die Geschichte aus der Perspektive der Inselkommissarin Lena Lorenzen erzählt wird, blieb diese mir fremd und ihre privaten Probleme konnten mich nicht berühren. Außerdem vermisste ich sehr stark die Atmosphäre der Insel. Man liest zwar von einigen Strandspaziergängen, doch leider vermisste ich das Rauschen der Wellen, konnte den Wind nicht spüren und das Schreien der Möwen nicht hören, war also nicht wirklich dabei. Anders als zu Anfang vermutet ergab sich für mich dann die Lösung des Falles, die jedoch schon lange vor dem eigentlichen Ende zu erahnen ist.

Fazit: Ein solider, schlüssig gelöster Krimi – wenig Spannung, wenig ‚Inselflair‘.

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Veröffentlicht am 21.07.2020

Drei Leben – ein Jahrhundert

Wir sind doch Schwestern
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Ein denkwürdiges Ereignis steht bevor, der 100. Geburtstag von Gertrud. Zu diesem Anlass treffen sich die Jubilarin und ihre 98jährige Schwester Paula im Bauernhof von Katty, dem 84jährigen Nesthäkchen ...

Ein denkwürdiges Ereignis steht bevor, der 100. Geburtstag von Gertrud. Zu diesem Anlass treffen sich die Jubilarin und ihre 98jährige Schwester Paula im Bauernhof von Katty, dem 84jährigen Nesthäkchen der Familie, um mit Freunden und Nachbarn den Ehrentag gebührend zu feiern. Auch wenn Paula nicht mehr gut sehen und Gertrud nicht mehr gut hören kann, zusammen mit Katty feiern sie immer noch gerne. Und in einem sind sie sich auch einig, viel starker Kaffee und täglich morgens um 11 Uhr ein Schnäpschen, das muss sein und verlängert das Leben. Dass ein solch langes Leben viele Erinnerungen birgt versteht sich von selbst, und so nehmen die drei betagten, aber immer noch rüstigen Schwestern dieses Zusammentreffen zum Anlass, ihre Leben im Rückblick zu betrachten. Dabei kommt einiges ans Licht, was bisher ‚unter den Teppich gekehrt‘ wurde …

Die Autorin Anne Gesthuysen wurde 1969 in Geldern geboren. Nach ihrem Journalistik-Studium an der Universität Dortmund war sie zunächst als Journalistin tätig, bevor sie von 2002 bis 2014 das ARD-Morgenmagazin moderierte, um sich danach ganz der Schriftstellerei zu widmen. Bereits 2012 veröffentlichte sie den Roman „Wir sind doch Schwestern“, zu dem sie vom Leben ihrer drei Großtanten, die alle über 80 Jahre alt wurden, inspiriert wurde. Danach veröffentlichte sie noch zwei weitere Romane. Gesthuysen ist mit Frank Plasberg verheiratet und Mutter eines Sohnes.

Der Roman lebt hauptsächlich von Rückblenden und Erinnerungen der Schwestern, die Gegenwart und der 100. Geburtstag spielt dabei nur eine Nebenrolle. Ein ganzes Jahrhundert mit zwei Weltkriegen, Zerstörung und Wiederaufbau, Inflation und Wirtschaftswunder lassen Gertrud, Paula und Katty Revue passieren, erzählen von Familienereignissen und lernen auch Adenauer und Lübke kennen. Unerfüllte Liebe, geplatzte Verlobung, ein Ehemann auf Abwegen und ein Scheidungsprozess, bei dem viel schmutzige Wäsche gewaschen wurde, beschäftigen die drei Damen, die bisher das eine oder andere Geheimnis für sich behielten - Familiengeschichten, die eng mit der Geschichte des 20. Jahrhunderts verwoben sind.

Anhand der Buchbeschreibung hatte ich etwas mehr erwartet. Der Schreibstil ist schlicht und einfach, lässt sich aber gut lesen und wird viel von wörtlicher Rede bestimmt. Die Geschichte selbst empfand ich eher banal, Erlebnisse wie sie viele betagte Menschen wohl ähnlich erfahren haben. Es werden sehr viele Charaktere vorgestellt, ohne jedoch in die Tiefe zu gehen – alltägliche Verrichtungen hingegen werden in aller Ausführlichkeit beschrieben. Das Geschehen zieht sich sehr in die Länge und wiederholt sich gelegentlich, unterbrochen von einigen wirklich interessanten Höhepunkten. Humor ist nur sehr sparsam vorhanden.

Fazit: Keine große Literatur, jedoch ganz nett zu lesen.

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Veröffentlicht am 21.06.2020

Ehrgeiziger Aufstieg, aus ärmlichen Verhältnissen zu Maos Ehefrau

Madame Mao
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Sie hatte ein bewegtes Leben, die Schauspielerin, Sängerin und Ehefrau Mao Zedongs. Sie nannte sich gerade Lan Ping, hatte schon einige Liebhaber und war bereits dreimal verheiratet, bevor sie sich mit ...

Sie hatte ein bewegtes Leben, die Schauspielerin, Sängerin und Ehefrau Mao Zedongs. Sie nannte sich gerade Lan Ping, hatte schon einige Liebhaber und war bereits dreimal verheiratet, bevor sie sich mit 23 Jahren aktiv der Kommunistischen Partei anschloss und eine Ausbildung als Soldatin der Roten Armee begann. Dort traf sie auf den 20 Jahre älteren Mao, von dessen charismatischer Ausstrahlung sie sofort hingerissen war. Sie war eine gute, wenn auch wenig erfolgreiche, Schauspielerin und konnte ihr Talent nun erfolgreich einsetzen. Mao verliebte sich in sie, nahm sie zur Geliebten, ließ sich dann von seiner dritten Ehefrau scheiden und heiratete sie zwei Jahre später. Lan Ping erhielt nun den Namen Jiang Qing, wurde aber allgemein Madame Mao genannt. Jetzt konnte sie ihre ehrgeizigen, machtgierigen Pläne durchsetzen und unliebsame Konkurrenten und Widersacher beseitigen lassen. Doch Mao war wankelmütig, seine Gunst währte nicht ewig …

Die chinesisch-amerikanische Schriftstellerin Anchee Min wurde 1957 als Tochter eines Lehrerehepaares in Shanghai geboren und wuchs mit den Lehren Maos auf. Mit siebzehn wurde sie zum Arbeitseinsatz in ein landwirtschaftliches Kollektiv geschickt, das sie 1976 verlassen konnte, nachdem sie von einem Talentsucher als Filmdarstellerin entdeckt wurde. Sie sollte in dem von Madame Mao entwickelten Stück Rote Azalee mitwirken. Im selben Jahr verstarb jedoch Mao Zedong, seine Frau wurde inhaftiert und zum Tode verurteilt, und das Projekt wurde fallengelassen. Acht Jahre später gelang es ihr in die USA zu entkommen, wo sie Englisch lernte und 1991 ihren Abschluss am Art Institute of Chicago machte. 1994 schrieb sie ihre Autobiografie „Rote Azalee“, für die sie einige Preise erhielt. „Madame Mao“ ist ihr zweites Werk. Min war drei Jahre lang mit dem Maler Qigu Jiang verheiratet und hat von ihm eine Tochter. Derzeit ist sie mit dem Schriftsteller Lloyd Lofthouse verheiratet und lebt in San Francisco.

Das Buch ist nicht einfach zu lesen. Die Schreibweise erfordert vom Leser ein hohes Maß an Konzentration, da die Ereignisse in rascher Abfolge von den Protagonisten einerseits und von einem neutralen Beobachter andererseits geschildert werden und dazwischen immer mal wieder Bemerkungen eingefügt sind, die sich erst in ferner Zukunft ereignen werden. Mühsam zu merken sind auch die vielen chinesischen Namen und die dazu gehörenden politischen Ämter, sodass sich der Roman zeitweise wie ein Lehrbuch für Geschichte liest. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass das Geschehen sehr emotionslos beschrieben wird. Der Schreibstil ist zwar für westliche Begriffe sehr „blumig“, es wird auch beinahe auf jeder Seite geweint und es fließen reichlich Tränen, aber wirkliche Gemütsbewegungen konnte ich keine entdecken.

Klar und sachlich zeichnet die Autorin den Lebensweg der Madame Mao nach, von ihrer Kindheit in ärmlichen Verhältnissen, ihrem unsteten Leben in Shanghai, ihren diversen Liebschaften und Ehen, ihren jahrelangen Versuchen, sich als Schauspielerin zu etablieren, ihr Leben mit Mao in der Verbotenen Stadt in Peking und nicht zuletzt ihr Selbstbetrug, ihre Selbstüberschätzung, ihre Machtgier und ihre brutalen Machenschaften. Ein provozierender Roman, keine Biographie, denn wie Madame Mao wirklich war bleibt ihr Geheimnis – und unserer Phantasie überlassen.

Fazit: Das Leben einer machthungrigen Egoistin, die von einer geachteten zur gefürchteten und verhassten Person wurde – und eine Geschichte, die gewisse Grundkenntnisse in chinesischer Politik voraussetzt.


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Veröffentlicht am 15.06.2020

Freundschaft, die sich bewähren muss

Der Fünfzigjährige, der den Hintern nicht hochbekam, bis ihm ein Tiger auf die Sprünge half
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Nach einem längeren Aufenthalt in Indien ist Göran Borg wieder zurück in Malmö. Er ist unglücklich und unzufrieden dort, zweifelt und verzweifelt am Leben und sehnt sich nach Indien zurück, weshalb er ...

Nach einem längeren Aufenthalt in Indien ist Göran Borg wieder zurück in Malmö. Er ist unglücklich und unzufrieden dort, zweifelt und verzweifelt am Leben und sehnt sich nach Indien zurück, weshalb er auch regelmäßig eine Therapeutin aufsuchen muss. Doch auch diese schafft es nicht, Göran aus seiner Identitätskrise zu holen. Einzige Hoffnung für ihn ist die bevorstehende Hochzeit seines indischen Freundes Yogi in Delhi. Als er erfährt, dass diese jedoch aufgrund „horoskopieller“ Umstände erst Monate später stattfinden kann, entscheidet er sich trotzdem, sofort nach Indien zu fliegen. Dort erfährt er den wahren Grund, warum die Hochzeit mit der schönen Lakshmi verschoben werden musste - und stellt fest, dass sein Freund in großen Schwierigkeiten steckt. Jetzt gilt es, die eigenen Wünsche und Befindlichkeiten zurück zu stecken und Yogi zur ersehnten Hochzeit zu verhelfen. Eine Teeplantage in Darjeeling könnte die Rettung sein – ein abenteuerlicher Road-Trip nimmt seinen Anfang …

Mikael Bergstrand, geb. 1960 in Malmö, war viele Jahre als Journalist für eine schwedische Zeitung tätig, bevor er 2007 mit seiner Frau und drei Söhnen nach Neu-Delhi zog, wo er als Korrespondent und freier Autor für skandinavische Zeitungen arbeitete. Dort sammelte er die Inspirationen für seine Göran-Borg-Trilogie, deren erster Band „Der Fünfzigjährige, der nach Indien fuhr und über den Sinn des Lebens stolperte“ er nach seiner Rückkehr nach Malmö im Jahr 2011 veröffentlichte. Das Buch über den phlegmatischen Schweden in seiner Identitätskrise wurde zu einem großen Erfolg, war lange auf Platz 1 der Schwedischen Bestsellerliste und wurde in 10 Sprachen übersetzt. Heute lebt Bergstrand zusammen mit seinem Hund Stubbe im schwedischen Küstenort Rörum.

Den ersten Teil der Trilogie habe ich nicht gelesen, was zum Verständnis des vorliegenden zweiten Teils „Der 50-jährige, der den Hintern nicht hochbekam, bis ihm ein Tiger auf die Sprünge half“ auch nicht unbedingt notwendig ist. Anhand des Titels, der Beschreibung und des Covers erwartete ich eine humorvolle, vergnügliche Geschichte mit vielen heiteren Vorkommnissen – doch leider wurde ich enttäuscht. Zwar ist die Handlung zugegebenermaßen recht amüsant und hat auch ihre spannenden und aufregenden Momente, aber lachen konnte ich über die gelegentlich eingestreuten albernen Witze nicht. Viele Vorurteile und teils abstruse Vorfälle beherrschen das Geschehen und machen den Ablauf ziemlich vorhersehbar. Glücklicherweise werden im Buch auch einige ernsthafte Themen, wie z. B. Angststörungen, selbstlose Hilfe und unbedingte Freundschaft, behandelt, was dem Ganzen letztendlich etwas mehr Struktur verleiht.

Fazit: Kann man lesen, muss man aber nicht!

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Veröffentlicht am 31.05.2020

Ein Navi spielt Schicksal

Beim nächsten Mann links abbiegen
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Dass uns das Navi dann und wann in die Irre führt, diese Erfahrung hat wohl jeder schon gemacht. Doch das alte gebrauchte Navi, das Lucie für 10 € auf dem Flohmarkt kauft, hat seine besonderen Macken. ...

Dass uns das Navi dann und wann in die Irre führt, diese Erfahrung hat wohl jeder schon gemacht. Doch das alte gebrauchte Navi, das Lucie für 10 € auf dem Flohmarkt kauft, hat seine besonderen Macken. Mit der Stimme von George Clooney schickt es Lucie an Orte, die sie nie erreichen wollte, die aber für ihre Zukunft von entscheidender Bedeutung sind. Kurzum, das Navi spielt Schicksal …

Wie im Internet nachzulesen ist, ist Caro Martini ein Pseudonym der deutschen Autorin Ulrike Rylance, die auch unter Ulrike Herwig bereits veröffentlicht hat. Sie studierte englische und deutsche Literatur in Leipzig und London. Wenn sie nicht gerade am Schreiben ist, kümmert sie sich um Mann und Kinder, sowie um ihre zahlreichen Haustiere.

Anhand Titel und Cover erwartete ich hier eine besonders humorvolle Geschichte, geboten wurde mir eine durchaus geglückte Mischung zwischen Chick-Lit, Magie und leichter Unterhaltung. Der Schreibstil ist entsprechend schlicht gehalten, so dass man das Buch recht zügig durchlesen kann. Die Autorin lässt die Hauptperson Lucie ihre Geschichte selbst erzählen und so die Leserschaft am Auf und Ab ihrer Gefühle hautnah teilhaben. Die Idee mit dem Navi ist relativ neu und originell, was man von den Handlungen der Protagonistin nicht behaupten kann - ihre Reaktionen sind ziemlich berechenbar. Trotz gelegentlich witziger Wortwahl und mancher Situationskomik hat die Geschichte einige Längen und enthält ein paar klischeehafte Zufälle zu viel. Das Ende ist schön und stimmig, wenn auch lange schon vorhersehbar.

Fazit: Ein heiterer Roman ohne großen Anspruch, als Urlaubslektüre oder für ein entspanntes Wochenende bestens geeignet.

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