Profilbild von 65_buchliebhaber

65_buchliebhaber

Lesejury Star
offline

65_buchliebhaber ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit 65_buchliebhaber über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.08.2020

Melancholischer Rückblick auf ein Künstlerleben

Der letzte Satz
0

Während seiner Seereise von Amerika nach Europa Anfang des 20. Jahrhunderts ist er bereits schwerkrank. Er nutzt die Zeit an Deck für Rückblicke auf sein künstlerisches wie privates Leben mit seinen vielen ...

Während seiner Seereise von Amerika nach Europa Anfang des 20. Jahrhunderts ist er bereits schwerkrank. Er nutzt die Zeit an Deck für Rückblicke auf sein künstlerisches wie privates Leben mit seinen vielen Höhen und Tiefen. Trotz seiner schon in jungen Jahren angeschlagenen Gesundheit sowie seiner jüdischen Herkunft schafft er es mit viel Willenskraft, seine Träume zu verwirklichen. Die Rückblenden in diesem nur 126 Seiten starken Buch beschränken sich auf wenige, aber äußerst wichtige Momente in Mahlers Leben.

Sehr kurz wird sein Schaffen gehalten, was mir aber nicht gefehlt hat. Denn es gibt eine logische Erklärung dazu: „Man kann über Musik nicht reden, es gibt keine Sprache dafür. Sobald Musik sich beschreiben lässt, ist sie schlecht.“ (S. 65) Der Autor gibt einen tiefen Einblick in das Leben eines der wichtigsten Dirigenten, Komponisten und Operndirektoren, Gustav Mahler, der sehr früh verstarb.

Mit seiner Sprachgewalt schafft es Seethaler, das Gemüt und die Gedankenwelt eines wahren Künstlers zu ergründen. Er hat ein Porträt geschaffen, das den Leser einlädt, sich mehr mit dem Leben und Werk von Gustav Mahler zu befassen. Das Cover passt hervorragend zum Inhalt des Buches, denn es strahlt die Melancholie aus, die sich im Roman wiederfindet.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.06.2020

Gelungene Kombination aus Historie und Fiktion

Unter den Linden 6
0

Drei sehr unterschiedliche Frauen lernen sich rund um Berlin zu Beginn des 20. Jahrhunderts kennen. Die Wienerin Lise, eine promovierte Physikerin, reist an, um an der Universität bei Max Planck weiter ...

Drei sehr unterschiedliche Frauen lernen sich rund um Berlin zu Beginn des 20. Jahrhunderts kennen. Die Wienerin Lise, eine promovierte Physikerin, reist an, um an der Universität bei Max Planck weiter zu studieren. Im Bereich Geschichte, versucht auch Hedwig als Studentin starten zu können. Beide sehen sich mit dem Problem konfrontiert, dass in Preußen Frauen nicht studieren dürfen, sondern allenfalls als Gasthörerinnen anerkannt werden. Die dritte im Bunde ist Anni, ein Dienstmädchen, das an Bildung interessiert ist, was für ihren Stand zu dieser Zeit nicht vorgesehen ist. Wir erleben mit ihnen gemeinsam die Zeit von 1907 bis 1915. Das Buch bietet vielfältige Einblicke in die Frauenschicksale mit fehlender Gleichberechtigung, in die Welt der Physik und das Universitätswesen zu dieser Zeit.

Die Figur der Lise Meitner zeigt das Leben der Physikerin, die mit ihrer Forschung rund um Radioaktivität berühmt wurde. Ihr Weg ist steinig, denn sie muss um jeden Schritt kämpfen, in Leben und Studium weiterzukommen. Ihr Schicksal hat mich berührt, denn sie verfolgt konsequent und mit der ihr gegebenen Ruhe ihre Ziele.
Hedwig stellt ihren Gegenpart in Sachen Studium dar. Sie kämpft ebenfalls, wenn auch mit anderen Waffen. Sie ist reich, verheiratet und zeigt die damalige Welt aus dieser Perspektive. Ihr Temperament steht ihr häufig mehr im Weg, als es ihr nützlich ist. Aber auch sie geht ihren Weg konsequent und setzt sich über viele Hindernisse hinweg.
Mit Anni lernen wir eine bildungshungrige Dienstmagd kennen, die durch ihre Freundschaft mit den beiden anderen Frauen ebenfalls ihren Weg findet. Hier wird eine andere Seite der Gesellschaft thematisiert, die authentisch aufzeigt, wie das Leben der ärmeren Bevölkerung war und welche Möglichkeiten sich bei der Verfolgung von höheren Interessen ergeben konnten.

In diesem Buch werden drei starke und mutige Frauenschicksale sowie verschiedene Themenbereiche zusammengeführt. Neben dem Universitätswesen mit seinen Problemen und Unzulänglichkeiten, stehen das Recht auf Bildung und die Frauenrechte im Mittelpunkt. Die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau zeichnet ein typisches Bild der Zeit mit den differenzierten Schicksalen und unterschiedlichen Perspektiven. Interessant sind die vielen berühmten und realen Persönlichkeiten, die wir kennen lernen dürfen. Hier seien die Wissenschaftler rund um Lise Meitner sowie die Frauenrechtlerinnen rund um Hedwig erwähnt. Die einfache Bevölkerung mit ihrem Hunger nach Wissen stellt uns Anni vor.

Die Rolle des Erzählers teilen sich die drei Protagonistinnen, was für eine lesenswerte Lebendigkeit sorgt, ebenso wie der flüssige Schreibstil. Gut gefallen hat mir die fundierte Recherche hinter den Geschichten; nicht zu vergessen der informative Inhalt, denn nicht nur die Ziele der Frauenrechtlerinnen sind spannend erzählt, auch die Welt der Physik wird sehr verständlich erklärt. Alle drei Frauen lassen uns eintauchen in ihre Erlebnisse, Gedanken, Wünsche und Träume.

Neben allem Positiven lassen sich aber leider die vielen Fehler in Rechtschreibung und Grammatik nicht übersehen, so dass ich sie hier nicht unerwähnt lassen kann. Nichtsdestotrotz kann ich dieses Buch nur empfehlen, denn es ist nicht nur unterhaltsam, sondern auch sehr lehrreich. Eine gelungene Kombination aus Historie und Fiktion.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.04.2020

Ungewöhnliche Perspektive

Ein perfider Plan
0

Kurz nachdem sie ihre eigene Beerdigung geplant hat, wird eine wohlhabende Frau ermordet. Die Polizei zieht den ehemaligen Kollegen und jetzigen Detektiv zum Fall hinzu. Der wiederum spricht einen berühmten ...

Kurz nachdem sie ihre eigene Beerdigung geplant hat, wird eine wohlhabende Frau ermordet. Die Polizei zieht den ehemaligen Kollegen und jetzigen Detektiv zum Fall hinzu. Der wiederum spricht einen berühmten Schriftsteller an, damit dieser über ihn und den Weg zur Lösung des Falles ein Buch schreibt. So beginnt die in der Ich-Form erzählte Geschichte, denn der Schriftsteller nimmt Anteil an den Ermittlungen, die schnell eine Richtung einschlagen. Nach einem zweiten Mord, am Sohn des ersten Opfers, erweitert sich der Kreis der möglichen Täter. Letztendlich ist das Ende jedoch überraschend und völlig unerwartet.

Der Aufbau der Geschehnisse hat mir sehr gut gefallen.
Die ungewöhnliche Perspektive ist eine geniale Idee, die mir bisher noch nicht begegnet ist – sehr gelungen. Der typisch britische Humor passt sehr gut dazu. Die Zusammenarbeit der beiden Protagonisten ist zeitweise hinterlistig, das unterstreicht noch die humorvollen Aspekte. Häufig wird der Leser durch überraschende Wendungen gut unterhalten. Die für Krimis typische Spannung ist hier kaum zu finden, aber viele andere Details entschädigen dafür.

Der Einband gefällt mir sehr gut, denn auch er ist ungewöhnlich. Ein kleines Manko sehe ich darin, dass die deutsche Übersetzung den Titel anders gewählt hat als im englischen Original, daher ist die Diskussion um den Titel gegen Ende des Buches schwer nachvollziehbar.

Ich möchte dieses Buch sehr gerne empfehlen. Nicht nur Krimi-Fans werden ihre Freude dann haben, denn für mich steht nicht die Kriminalgeschichten im Vordergrund, sondern die ungewöhnliche Perspektive und die Geschichte drumherum.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.04.2020

In der Welt der Austernzüchter

Winteraustern
0

Zurück bei seinem kranken Vater in der Acquitaine kehrt Kommissar Luc Verlain in seinem dritten Fall zurück in die Welt der Austernzüchter, zu denen auch sein Vater vor seinem Ruhestand gehörte. Ein letzter ...

Zurück bei seinem kranken Vater in der Acquitaine kehrt Kommissar Luc Verlain in seinem dritten Fall zurück in die Welt der Austernzüchter, zu denen auch sein Vater vor seinem Ruhestand gehörte. Ein letzter Sonnenaufgang im Bassin ermöglicht er seinem Vater und schon geraten sie mitten in ein Gewaltverbrechen, das der Aufklärung durch den Kommissar und seine Kollegin bedarf.
Die Geschichte rund um Überfall und Morden ist anschaulich erzählt und der Spannungsbogen ist hervorragend gespannt. Der Erzählstil lässt sich bestens lesen. Mir hat gut gefallen, dass bis zum Schluss die Auflösung des Falles nicht erkennbar ist. Nebenbei entwickelt sich das Privatleben des Kommissars zu einer eigenständigen Geschichte, die sehr schlüssig und einfühlsam beschrieben ist.
Auch wenn man die ersten beiden Fälle nicht gelesen hat, gelingt der Einstieg gut und lässt die Vorgeschichte des Kommissars nicht vermissen. Wichtige Details aus der Vergangenheit werden gut eingebunden.
Aussagekräftige Karten auf den Innenseiten des Einbandes geben einen hervorragenden Einblick in die Umgebung, in der dieser lesenswerte Krimi spielt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.03.2020

Eine Frau mit Kaffee im Blut

Der Duft der weiten Welt
0

Ein junges Mädchen strebt die Nachfolge des Vaters in der Welt des Kaffeehandels, einer Domäne Hamburger Männer, die Frauen nicht in ihren Kreisen dulden. Noch zu Schul- und Pensionatszeiten zeigt sie, ...

Ein junges Mädchen strebt die Nachfolge des Vaters in der Welt des Kaffeehandels, einer Domäne Hamburger Männer, die Frauen nicht in ihren Kreisen dulden. Noch zu Schul- und Pensionatszeiten zeigt sie, was in ihr steckt. Sie hat Schicksalsschläge zu erleiden und muss eine Vernunft-Entscheidung treffen, anstatt ihren Gefühlen zu folgen.

Anhand der tollen, realistischen Beschreibungen habe ich mich direkt in Hamburg wiedergefunden. Die Autorin hat einen tollen Schreibstil, der den Leser leitet und leicht in die Geschichte eintauchen lässt. Die Charaktere sind gut ausgearbeitet. Die Protagonistin ist sympathisch und selbstbewusst; für die damalige Zeit eher unüblich. Sie entwickelt ihre Persönlichkeit und wird zu einer starken Frau, die schon in jungen Jahren nicht nur weiß, was sie will, sondern entsprechend ihren Weg geht.

Überraschende Wendungen halten die Spannung auf hohem Niveau. Es bleiben einige offene Fragen, die auf eine Fortsetzung hinweisen und den Leser neugierig auf die Entwicklungen zurücklassen. Ein gelungenes Werk.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere