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Veröffentlicht am 29.06.2020

Als Informationsquelle für Katzenneulinge leider nicht geeignet, weil wichtige Aspekte (Kastration, negative Folgen von Einzelhaltung etc.) fehlen!

Katzen für Einsteiger
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Inhalt

Dieses Buch bietet überraschende Fakten, kleine Weisheiten und Humor für Katzenliebhaberinnen und –neulinge.

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband (Sachbuch)
Tiere im Buch: ♥ Es werden ...

Inhalt

Dieses Buch bietet überraschende Fakten, kleine Weisheiten und Humor für Katzenliebhaberinnen und –neulinge.

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband (Sachbuch)
Tiere im Buch: ♥ Es werden im Buch keine Tiere verletzt, gequält oder getötet.

Warum dieses Buch?

Ich liebe Katzen und Humor! Deshalb wollte ich mir dieses Buch nicht entgehen lassen.

Meine Meinung

Einstieg (5 Lilien)

„Das kleinste Katzentier ist ein Meisterstück.“ (Leonardo da Vinci)“ E-Book, Buchbeginn

Das Buch beginnt mit dem obigen Zitat, dem Katzenliebhaber
innen wie ich nur zustimmen können! Aufgrund des sehr schönen ersten Satzes empfand ich den Einstieg als sehr gelungen.

Inhalt (2 Lilien)

„Der Hund ist ein Haustier, die Katze hingegen ein Partner auf Augenhöhe. Aber nur, wenn Sie sich auf einen Hocker stellen.“ E-Book, Seite 11

„Katzen für Einsteiger“ hat durchaus seine Stärken und guten Ansätze, leider aber auch große Schwächen. Zuerst möchte ich auf die Aspekte eingehen, die mir gut gefallen haben. Das Buch setzt sich aus Zitaten von berühmten Menschen, kleinen Weisheiten, Witzen, Sprüchen, Fakten, Kuriosem und Steckbriefen von außergewöhnlichen Katzen zusammen. Der abwechslungsreiche Aufbau und die Auswahl der Zitate haben mir hier sehr gut gefallen! Ich fühlte mich vom Buch zudem wirklich gut unterhalten.

Dieses Sachbuch hat mich sofort neugierig gemacht, auch wenn ich es nicht richtig einordnen konnte. Ist es tatsächlich ein Buch für Katzenneulinge? Steht der Humor im Mittelpunkt? Oder ist es vielleicht doch ein Büchlein, das sich perfekt als Geschenk für leidenschaftliche Katzenverrückte (wie mich) eignet? Während der Lektüre stellte sich leider heraus: weder noch. Es scheint, als hätte sich der Autor nicht wirklich für eine Zielgruppe entscheiden können. Die Fakten sind zu oberflächlich, um als langjährige Katzenbesitzerin noch etwas dazulernen zu können. Als nicht ganz ernst gemeintes Gag-Geschenk für die Katzenladys und Katzengentlemen da draußen eignet es sich hingegen durchaus – schließlich können die nie genug katzenbezogene Dinge besitzen!

„Paulus Vennebusch […] verrät Ihnen alles, was Sie als frischgebackener Katzenhalter wissen müssen.“ Das verkündet der Klappentext. Doch kann das Buch halten, was es verspricht? Als gut informierte Katzenliebhaberin habe ich mir im Vorhinein eine Liste von Punkten gemacht, die das Sachbuch auf jeden Fall beinhalten muss, um als Informationsquelle für Katzenneulinge und zukünftige HalterInnen geeignet zu sein. Positiv aufgefallen ist mir, dass in diesem Buch auf humorvolle und lockere Art informiert wird - vielleicht gerade auch, um ansonsten lesefaule Leute zu erreichen. Beim Lesen konnte ich ein paar Themen abhaken (die Gefahren von Kippfenstern, Balkonen, Milch, giftigen Pflanzen), manches wurde mir aber viel zu oberflächlich abgehandelt. Zum Beispiel wurde gar nicht darauf eingegangen, dass Trockenfutter keinesfalls zu empfehlen ist (auch wenn es noch so bequem ist!), weil Katzen in der Regel nicht genügend trinken und es dadurch zu Nierenkrankheiten oder sogar Nierenversagen kommen kann. Auch darauf, dass Katzenfutter einen hohen Fleischanteil aufweisen muss, um für die Katze geeignet zu sein (die meisten Katzenfuttersorten im Supermarkt erfüllen dieses Kriterium beispielsweise nicht), wird nicht hingewiesen.

Zwei sehr wichtige Punkte (für mich die wichtigsten überhaupt für KatzenanfängerInnen) fehlten leider komplett: Erstens wurde nirgends erwähnt, wie wichtig es ist, seine Katzen und Kater kastrieren zu lassen, um weiteres Katzenleid zu verhindern. Es wurde zwar geschrieben, dass eine Katze mit 420 Jungen den weltweiten Rekord hält, aber dann nicht die logische Schlussfolgerung gezogen. Die Tierheime quellen bereits über und auf vielen Bauernhöfen ist es leider heute noch normal, dass unerwünschte Jungtiere auf grausame Weise getötet werden. Deshalb meine Bitte: Zeigt Leute, die sich nicht an die Gesetze halten oder ihre Katzen quälen und töten (gerne anonym) an – auch wenn es eure NachbarInnen, FreundInnen oder Familienmitglieder sind! Stellt euch hier auf die richtige Seite, schaut nicht weg und lasst nicht zu, dass so etwas weiterhin passiert! Und: Bitte lasst eure Katzen kastrieren!

Zweitens wird an keiner Stelle im Buch erwähnt, dass Katzen immer mindestens zu zweit gehalten werden müssen – vor allem Wohnungskatzen ohne Freigang. Katzen sind alleine niemals glücklich (sind sind EinzelJÄGER, keine EinzelGÄNGER), sondern sehr einsam und unglücklich. Sie können verschiedene Verhaltensstörungen entwickeln und depressiv und/oder aggressiv werden. Wer seine Katze liebt, schenkt ihr deshalb mindestens einen Gefährten. Bitte erzählt mir jetzt nicht: „Aber meine Katze mag keine anderen Katzen / ist alleine glücklich!“ Ich habe das alles schon tausende Mal gehört – es stimmt aber leider nicht. Ihr könnt nicht mit eurem Schatz spielen, raufen, ihn putzen und mit ihm kommunizieren wie Artgenossen. Es gibt allerdings tatsächlich vereinzelt Katzen, die sich mit anderen nicht (mehr) vertragen und auch nicht vergesellschaftet werden können – aber nur, weil sie vom Menschen durch jahrelange falsche Haltung zu Einzelkatzen gemacht wurden. Keine Katze wird jedoch als Einzelkatze geboren. Wer sich zwei Katzen finanziell oder aus räumlichen Gründen nicht leisten kann, sollte zum Wohle des Tieres auf die Katzenhaltung verzichten. Es gibt nichts Schlimmeres, als ein Kätzchen von seiner Mutter und seinen Geschwistern zu trennen und dann in einer Wohnung zu isolieren!

Im Buch ist ständig nur von „der Katze“, „dem neuen Mitbewohner“ etc. zu lesen, weswegen ich glaube, dass dem Autor dieser Punkt selbst nicht bekannt ist. Dieses falsche Wissen ist leider sehr weit verbreitet, weswegen es sehr schwierig ist, dagegen anzukämpfen. Von einem Autor erwarte ich mir aber, dass er sich intensiv mit seinem Thema beschäftigt, bevor er ein Buch darüber schreibt. Das scheint hier leider nicht geschehen zu sein, denn sonst hätte dieser Aspekt Einzug ins Sachbuch finden müssen. Dieses Werk wäre eine Chance gewesen, die Menschen aufzuklären und viele unglückliche Katzen mit Verhaltensstörungen zu verhindern. Diese Chance wurde leider nicht genutzt, was mich sehr traurig macht. Aus diesem Grund kann ich leider nicht guten Gewissens mehr als 2 Lilien vergeben – eben weil sich das Buch explizit an Neulinge richtet. Kurz: KatzenanfängerInnen würde ich das Buch als primäre Informationsquelle keinesfalls empfehlen! Hier sollte auf seriöse und umfangreiche Internetseiten oder aktuelle und gut recherchierte Ratgeber in Buchform zugegriffen werden.

Schreibstil & Verständlichkeit (4 Sterne)

Der Schreibstil ist für dieses Buch passend und hat mir gut gefallen. Er ist einfach und leicht verständlich, sodass auch die größten Lesemuffel sich (auch durch die große Schrift) an dieses Buch heranwagen dürften. In kleinen Häppchen, mit bunten Farben und gelegentlich eingerahmt von kleinen Illustrationen vermittelt der Autor hier Fakten und Katzenwissen. Ich mochte auch die Wortspiele wie z. B. „Miez-Haus“.

Humor (5 Lilien ♥)

„Hund: Kommt, wenn man ihn ruft
Katze: Kommt, obwohl man sie ruft“ E-Book, Seite 11

Den Humor fand ich echt großartig! Teilweise musste ich laut auflachen, weil ich (als langjähriges Katzenpersonal) vieles sehr (zu?) gut nachvollziehen konnte und von meinen Katzen kannte.

Illustrationen (3 Lilien)

Das Buch enthält immer wieder kleinere, einfache, bunte, in blassen Farben gestaltete Illustrationen. Sie sind meiner Meinung nach passend, aber auch nichts Besonderes. Der Text steht hier klar im Mittelpunkt – und das merkt man.

Feministischer Blickwinkel (3 Lilien)

Ich hätte mir (wie bei jedem Sachbuch oder Ratgeber) auch hier gewünscht, dass der Autor gendert, und zwar auch beim Titel - oder halten nur Männer Katzen? Ich fühle mich da jedenfalls nicht angesprochen. Gendern bedeutet so wenig Aufwand (und ist so schnell erledigt), hat aber eine große Wirkung! Der Vergleich von Katzen und weiblichen Teenagern hätte auch nicht sein müssen. Ich würde mir wünschen, dass im nächsten Buch gegendert wird.

Mein Fazit

„Katzen für Einsteiger“ hat durchaus seine Stärken: Ich mochte den einfachen, verständlichen Schreibstil, den Humor, den abwechslungsreichen, unterhalten Aufbau und die Tatsache, dass hier auf lockere Art und häppchenweise informiert wird. Trotzdem konnte mich das Buch insgesamt nicht überzeugen: Die vermittelten Informationen sind zu oberflächlich, um als langjährige Katzenbesitzerin noch etwas dazulernen zu können. Wichtige Aspekte (Kastration, negative Folgen von Einzelhaltung) fehlen oder werden zu kurz abgehandelt, sodass ich auch KatzenanfängerInnen das Buch als primäre Informationsquelle keinesfalls empfehlen würde. Hier sollte auf seriöse und umfangreiche Internetseiten oder aktuelle und gut recherchierte Ratgeber in Buchform zugegriffen werden. Als nicht ganz ernst gemeintes Gag-Geschenk für die Katzenladys und Katzengentlemen da draußen eignet es sich hingegen durchaus – schließlich können wir nie genug katzenbezogene Dinge besitzen!

Bewertung

Einstieg: 5 Lilien
Inhalt: 2 Lilien
Verständlichkeit: 5 Lilien
Schreibstil: 4 Lilien
Humor: 5 Lilien ♥
Feministischer Blickwinkel: 3 Lilien

Insgesamt:

❀❀ Lilien

Dieses Buch erhält von mir zwei Lilien!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.04.2020

Für mich trotz guter Idee und Intention leider keine Offenbarung, sondern eine große Enttäuschung!

Three Women – Drei Frauen
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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Basierend auf den wahren Geschichten dreier Frauen behandelt die Autorin weibliches Begehren und das Spannungsfeld von Lust, Macht und Selbstbestimmung.

Übersicht

Einzelband ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Basierend auf den wahren Geschichten dreier Frauen behandelt die Autorin weibliches Begehren und das Spannungsfeld von Lust, Macht und Selbstbestimmung.

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Figuraler / auktorialer Erzähler / Du-Erzähler, Präteritum / Präsens
Perspektive: weibliche Perspektive
Kapitellänge: mittel bis lang
Tiere im Buch: + Es wird Fleisch gegessen, ansonsten werden keine Tiere verletzt, gequält oder getötet. Von einer Figur wird eine Katze allein in einer Wohnung gehalten: Hierzu ein wichtiger Hinweis: Katzen sind alleine niemals glücklich (sind sind EinzelJÄGER, keine EinzelGÄNGER), sondern sehr einsam und unglücklich. Sie können verschiedene Verhaltensstörungen entwickeln und depressiv und/oder aggressiv werden. Wer seine Katze liebt, schenkt ihr deshalb mindestens einen Gefährten.
Triggerwarnung: Vergewaltigung, Tod von Menschen, Autounfall, Body Shaming, Slut Shaming, Sexismus, Misogynie, Depression und weitere psychische Krankheiten

Warum dieses Buch?

Angeblich soll dieses Buch ja eine Offenbarung sowohl für Frauen als auch für Männer sein. Es steht auf Bestsellerlisten, wird heiß diskutiert, in den Himmel gelobt und leidenschaftlich verrissen. Ich wollte mir unbedingt eine eigene Meinung zu diesem polarisierenden Buch bilden.

Meine Meinung

Einstieg (2 Lilien)

„Denn nach Jahrhunderten unter dem männlichen Blick ist es Teil unseres Erbes, das heterosexuelle Frauen andere Frauen oft genauso betrachten, wie Männer es tun.“ E-Book, Position 52

Der Einstieg fiel mir nicht gerade leicht, denn die Geschichte kommt nur langsam in Schwung. Es dauerte einige Kapitel, bis ich im Buch angekommen war.

Schreibstil (2 Lilien)

Trotz teilweise verschachtelter und komplexer Sätze kann die Sprache der Autorin als einfach und leicht verständlich beschrieben werden. Lisa Taddeo schreibt eigentlich flüssig und das Buch hat sicher seine Momente (es enthält einige feministische, wahre und weise Zitate!), trotzdem konnte mich ihre Art zu schreiben leider nicht überzeugen. Ihr schnörkelloser Schreibstil hat nichts Besonderes an sich, er ist ohne Ecken und Kanten, es fehlt das gewisse Etwas – und auf mich wirkte er leider seltsam lieblos und ohne jeden Charme. So als hätte die Autorin das Buch schnell und ohne große Leidenschaft heruntergeschrieben.

Inhalt, Themen & Ende (2 Lilien)

„Selbst wenn Frauen Gehör finden, müssen es die richtigen Frauen sein, damit man ihnen zuhört. Weiße Frauen. Reiche Frauen. Schöne Frauen. Junge Frauen. Am besten all das in einem.“ E-Book, Position

Das Interessante an „Three Women – Drei Frauen“ von Lisa Taddeo ist, dass es sich hierbei um eine Mischung aus Sachbuch und Roman handelt. Die Autorin hat acht Jahre und unzählige Stunden in ihre Recherche investiert, ist durch Amerika gereist und hat sogar an den gleichen Orten gewohnt wie die Frauen, die sie schlussendlich ausgesucht und mit denen sie viel Zeit verbracht hat. Diese wahren Geschichten hat Taddeo in ihrem Roman verarbeitet, in dem abwechselnd aus der Perspektive der drei Frauen erzählt wird. Ein Prolog und Epilog rahmen die Geschichte ein.

Ich wusste schon vor der Lektüre, dass das Buch polarisiert, dass es viel Lob, aber auch Kritik erhalten hat. Trotzdem habe ich (als überzeugte Feministin) ein wichtiges und auch gutes Buch erwartet, das mir neue Erkenntnisse bringt und vielen Menschen die Augen öffnen wird. Auf große Hoffnungen folgte leider große Enttäuschung. Ich fragte mich: Dieses Buch soll eine Offenbarung sein? Es soll schön, poetisch und berührend sein? Ein feministischer Meilenstein? Ein brillantes Buch, in dem wir Frauen uns wiederfinden? Während der Lektüre hatte ich viele Fragezeichen im Kopf, weil das überschwängliche Lob nicht mit dem zusammenpasste, was ich da vor mir sah: Ich fand die Schilderungen oft banal und alles andere als fesselnd; das Buch brachte mir kaum neue Erkenntnisse.

Ja, der Roman (der übrigens auch explizite Sexszenen enthält) macht oft wütend und adressiert und kritisiert wichtige Themen wie den schwierigen Umgang mit weiblicher Sexualität in einer patriarchalischen Gesellschaft, Doppelmoral, Frauenfeindlichkeit, Sexismus, Geschlechterstereotypen, sexualisierte Gewalt, Slut Shaming und Body Shaming. Er zeigt auch, dass unsere Mädchen zu Frauen heranwachsen, die kein Selbstvertrauen haben, die sich von den Männern in ihrem Leben viel zu viel gefallen lassen, die denken, dass nur ihre Schönheit zählt, die nur für andere leben und nie gelernt haben, auf ihre eigene Bedürfnisse zu achten. Er beschäftigt sich auch damit, dass Frauen oft nicht geglaubt wird, wenn sie beliebten, erfolgreichen oder prominenten Männern Vergewaltigung, Belästigung oder Missbrauch vorwerfen, obwohl bekannt ist, dass der Prozentsatz an Falschanzeigen sehr, sehr gering ist.

„Three Women“ spricht viele wichtige Dinge an, aber – und das ist mein Kritikpunkt – das ginge viel besser, viel aufrüttelnder und überzeugender. Man fragt sich unweigerlich, ob sich die lange und aufwendige Recherche der Autorin gelohnt hat – und bevor man sich versieht, schwirrt einem das Wort „Zeitverschwendung“ beim Lesen im Kopf herum. Wie vielen Frauen und Männern wird dieses Buch wirklich die Augen öffnen? Die wichtigen Botschaften der Autorin werden oft nicht deutlich genug ausgesprochen, fürchte ich. Besonders Leuten, die sich mit Feminismus noch nicht näher beschäftigt haben, werden viele Nuancen und Symptome von struktureller weiblicher Unterdrückung und von schädlichen, misogynen Einstellungen und Verhaltensweisen vermutlich nicht einmal auffallen. Schön wäre es außerdem gewesen, auch ein positives Gegenbeispiel – also eine Frau, die sich aus ihrer misslichen Lage befreit und selbstbestimmt weiterlebt – im Buch vorzufinden. Der Roman zeigt nämlich keinerlei Lösungswege auf, was betroffene Frauen entmutigen könnte und ihnen nicht gerade helfen dürfte, etwas zu ändern.

Besonders im Epilog bringt die Autorin noch einmal einige Dinge auf den Punkt und äußert wichtige Gedanken und Kritik, dann bricht das Buch plötzlich ab. Wir begleiten die Frauen also nur einen Teil des Weges. Insgesamt ließ mich das Buch nicht nur aufgrund der genannten Kritikpunkte, sondern auch weil meiner Meinung nach viel Potential verschenkt wurde und weil es mir nicht lange in Erinnerung bleiben wird, unzufrieden und enttäuscht zurück. Wer sich wirklich für weibliches Begehren interessiert und dafür, wie sexistisch unser Sex ist, dem möchte ich das feministische Buch „Sie hat Bock“ empfehlen, in dem die Autorin Katja Lewina sehr direkte und deutliche Worte findet.

„Wir geben vor, Dinge zu wollen, die wir nicht wollen, damit niemand sieht, dass wir nicht bekommen, was wir brauchen.“ E-Book, Position 135

Protagonistinnen (2,5 Lilien) & Figuren (2,5 Lilien)

„‘Lina, wo du herkommst, bringt man Frauen bei, dass ihr Wert sich darüber definiert, was sie für andere tun.‘“ E-Book, Position 1599

Da die Autorin so lange recherchiert hat und so weit für ihr Buch gereist ist, wundert es mich, dass die Frauen, die sie schlussendlich für ihren Roman ausgewählt hat, sich alle so ähnlich sind. Vielleicht war sonst niemand bereit, intime Details mit der Autorin zu teilen, anders kann ich mir die Auswahl nicht erklären. Die Frauen waren sich sogar teilweise so ähnlich und blieben (vor allem in den ersten Kapiteln) so blass und farblos, dass ich sie kaum unterscheiden konnte und manchmal sogar verwechselte! Manche AutorInnen brauchen kaum ein Kapitel, um einmalige, dreidimensionale und sympathische Figuren zu erschaffen, Lisa Taddeo gelingt das leider bis zum Ende nicht so richtig. Ihre Frauen sind austauschbar, oft stutenbissig (es kam oft zu Body Shaming), arrogant oder oberflächlich – und sie waren mir dadurch stellenweise sehr unsympathisch. Für ihre Leben interessierte ich mich nur bis zu einem gewissen Grad und es ist mir nur in manchen Momenten gelungen, mit ihnen mitzufühlen. Maggie fand ich ganz okay, aber mit Lina und besonders Sloane konnte ich nicht viel anfangen.

Auch viele der anderen Figuren blieben blass, unsympathisch und waren schlecht ausgearbeitet. Auch wenn das vielleicht bis zu einem gewissen Grad so gewollt ist, kann mich ein Buch mit Figuren, deren Schicksal mir egal ist, nicht fesseln und emotional mitreißen.

Spannung & Atmosphäre (2 Lilien)

Auch wenn ich irgendwann in die Geschichte fand und es durchaus auch einige gelungene Stellen gab, zog sich das Buch insgesamt doch sehr. Es gibt keinen Spannungsbogen, die verschiedenen Kapitel über das Leben der drei Frauen plätschern dahin und haben mich über weite Strecken gelangweilt. Gleichzeitig haben sie mich aber auch runtergezogen. Zumindest das empfinde ich als positiv: die düstere, deprimierende Stimmung, die unweigerlich aufkommt, wenn man realisiert, dass alle diese Frauen (wie viele andere) in einem Leben gefangen sind, das sie nicht glücklich macht, und dass sie großteils nur das tun, was andere wollen.

Feministischer Blickwinkel (4 Lilien)

Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: unzählige frauenfeindliche Beleidigungen (Fo+++, Hu++, Schlam++, Fli++++++,)

Die Idee und die Intention hinter dem Buch waren gut und wichtig. Lisa Taddeo wird damit zumindest hitzige Debatten über Slut Shaming, weibliches Begehren in einer immer noch patriarchalischen Welt und ungesunde Machtverhältnisse auslösen, was nur positiv sein kann. Das Buch besteht den Bechdel-Test und alle frauenfeindlichen Beleidigungen werden verziehen, weil es ja gerade das Ziel des Buches ist, Doppelmoral und Slut Shaming zu kritisieren. Gerade das gelingt allerdings nur unzureichend. Manches (wie die traditionelle Rollenverteilung) wird zudem nicht deutlich genug kritisiert und auch auf die Vergewaltigung und ihre Folgen wurde mir nicht genug eingegangen, wodurch es fast ein wenig wirkte, als würde sie verharmlost. Geschlechterstereotypen (wie das der stutenbissigen Frau) werden außerdem leider immer wieder reproduziert, was ich aber immerhin zu einem Teil verzeihe, weil es gesellschaftliche Missstände aufzeigt. Einer feministischen Analyse hält das Buch trotz einiger Schwächen stand.

Über das Rape Shield Law (wie traurig ist es bitte, dass es so etwas überhaupt geben muss?): „‘Rape Shield‘ heißt, dass man ein vermeintliches Vergewaltigungsopfer nicht zu anderen sexuellen Aktivitäten befragen darf. Es heißt, man darf nicht versuchen zu beweisen, dass die Frau im Grunde eine Schlam++ ist.“ E-Book, Position

Mein Fazit

Ich habe ein wichtiges Buch erwartet, das vielen Menschen (auch mir!) die Augen öffnen wird, doch leider hat mich Lisa Taddeos polarisierendes Mischung aus Sachbuch und Roman trotz einiger guter Ansätze und gelungener Momente (das Buch enthält einige feministische, wahre und weise Zitate!) sehr enttäuscht. Das lag nicht nur am eigentlich flüssigen, aber irgendwie auch lieblos wirkenden Schreibstil, dem jeglicher Charme fehlt, sondern auch an den blassen, austauschbaren und teilweise auch unsympathischen Frauen, die sich teilweise so ähnlich waren, dass ich sie beim Lesen verwechselte. Leider kann mich ein Buch mit Figuren, deren Schicksal mir fast egal ist und mit denen ich nur in einzelnen Momenten mitfühlen kann, nicht fesseln und emotional mitreißen. Für mich zog sich die Lektüre sehr, die Kapitel aus dem Leben der Frauen plätscherten dahin und waren teilweise langweilig. Gefallen hat mir immerhin die düstere, deprimierende Stimmung, die unweigerlich aufkommt, wenn man realisiert, dass alle diese Frauen (wie viele andere) gefangen in einem Leben sind, das sie nicht glücklich macht, und dass sie großteils nur das tun, was andere wollen. Mein größter Kritikpunkt betrifft den Inhalt des Buches: Ich fand die Schilderungen oft banal; das Buch brachte mir kaum neue Erkenntnisse. Ja, der Roman (der übrigens auch explizite Sexszenen enthält) macht oft wütend und adressiert und kritisiert wichtige Themen wie den schwierigen Umgang mit weiblicher Sexualität in einer patriarchalischen Gesellschaft, Sexismus, sexualisierte Gewalt und Slut Shaming. Allerdings ginge das viel besser, viel aufrüttelnder und überzeugender. Wie vielen Frauen und Männern wird dieses Buch wirklich die Augen öffnen? Die wichtigen Botschaften der Autorin werden oft nicht deutlich genug ausgesprochen. Besonders Leuten, die sich mit Feminismus noch nicht näher beschäftigt haben, werden viele Nuancen und Symptome von struktureller weiblicher Unterdrückung und von schädlichen, misogynen Einstellungen und Verhaltensweisen vermutlich nicht einmal auffallen. Hier wurde leider viel Potential verschenkt, was ich sehr schade finde. Da mich das Buch insgesamt leider sehr enttäuscht hat, kann ich dieses Mal keine Leseempfehlung aussprechen. Trotzdem waren die Idee und die Intention hinter „Three Women – Der Frauen“ gut und wichtig. Lisa Taddeo wird mit ihrem Buch trotz seiner Schwächen zumindest hitzige Debatten über Slut Shaming, weibliches Begehren in einer immer noch patriarchalischen Welt und ungesunde Machtverhältnisse auslösen – und das kann nur positiv sein.

Wer sich wirklich für weibliches Begehren interessiert und dafür, wie sexistisch unser Sex heute noch ist, dem möchte ich das feministische Buch „Sie hat Bock“ empfehlen, in dem die Autorin Katja Lewina sehr direkte und deutliche Worte findet.

Bewertung

Idee: 5 Lilien ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 3 Lilien
Umsetzung: 2 Lilien
Worldbuilding: 2 Lilien
Einstieg: 2 Lilien
Ende / Auflösung: 3 Lilien
Schreibstil: 2 Lilien
Protagonistinnen: 2,5 Lilien
Figuren: 2,5 Lilien
Spannung: 2 Lilien
Atmosphäre: 2 Lilien
Emotionale Involviertheit: 2,5 Lilien
Feministischer Blickwinkel: 4 Lilien

Insgesamt:

❀❀ Lilien

Dieses Buch bekommt von mir zwei Lilien!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.02.2020

Das Potential einer spannenden Idee konnte leider nicht genutzt werden – langatmige Dystopie, die mich kaltließ

Die Geschichte der schweigenden Frauen
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Spoilerfreie Rezension!

Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!

Inhalt

Sabine ist ein Mitglied der Panah – einer kleinen Gruppe von ...

Spoilerfreie Rezension!

Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!

Inhalt

Sabine ist ein Mitglied der Panah – einer kleinen Gruppe von rebellischen Frauen, die versteckt im Untergrund leben und sich finanzieren, indem sie ranghohen Männern gegen Geld Gesellschaft anbieten – allerdings auch nicht mehr. In der modernen Metropole Green City, der neuen Hauptstadt von Südwest-Asien, gibt es nach Kriegen und dem Ausbruch einer ansteckenden Krankheit einen großen Mangel an Frauen. Mithilfe der neuesten Fruchtbarkeitsmedikamente, der Verheiratung mit mehreren Ehemännern und gezielter Unterdrückung soll dafür gesorgt werden, dass Frauen viele Kinder austragen und so die Bevölkerung möglichst schnell wieder wächst. Sabine und ihre Kolleginnen weigern sich, ein Teil dieser neuen Gesellschaft zu sein – dadurch ist ihr Leben in ständiger Gefahr…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Verlag: Golkonda
Seitenzahl: 336
Erzählweise: Figuraler Erzähler, Präteritum und Präsens
Perspektive: hauptsächlich weibliche Perspektive, selten auch männliche Perspektive
Kapitellänge: kurz bis lang
Tiere im Buch: +! Es werden im Buch keine Tiere verletzt, gequält oder getötet. Im Gegenteil, in Green City gibt werden Eier und Fleisch mittlerweile synthetisch hergestellt, weswegen keine Tiere mehr leiden müssen.

Warum dieses Buch?

Da das Buch mit Margaret Atwoods „Der Report der Magd“ verglichen und als feministische Dystopie bezeichnet wurde, wollte ich es unbedingt lesen. Besonders interessant fand ich zudem, dass es sich bei Bina Shah um eine pakistanische Autorin handelt.

Meine Meinung

Einstieg (2 Lilien)

„Wir wussten, man würde uns zu mindestens zwei Ehen zwingen, vermutlich aber drei oder vier, sobald wir alt genug dafür waren.“ E-Book, Position 325

Der Einstieg fiel mir leider nicht leicht. Es hat lange gedauert, bis ich zumindest halbwegs in der Geschichte angekommen war.

Schreibstil (2 Lilien)

Es gab durchaus einige Szenen, in denen der gewöhnungsbedürftige, eher anspruchsvolle Schreibstil bei mir punkten konnte – auch wenn ich manche Beschreibungen und Vergleiche holprig fand und es der Sprache vermutlich gut getan hätte, wenn man sie noch etwas geschliffen und poliert hätte. Insgesamt war mir der Schreibstil aber leider viel zu langatmig und schwerfällig – es wollte sich einfach kein Lesesog einstellen.

Inhalt, Themen & Ende (2 Lilien)

„Was bindet uns schließlich wirklich aneinander, abgesehen von dem gemeinsamen, brennenden Wunsch, frei zu sein?“ E-Book, Position 432

Bina Shahs Geschichte wird als Parabel auf das Leben von unterdrückten Frauen auf der ganzen Welt bezeichnet und mit Margaret Atwoods Dystopie „Der Report der Magd“ verglichen. Leider hält das Buch meiner Meinung nach einem Vergleich nicht stand.

Die Idee, die hinter dem Roman steckt, hatte definitiv Potential. Bina Shah hat eine ebenso interessante wie fremdartige und furchteinflößende Zukunft entworfen, die sich in ihrem misogynen Gesellschaftsmodell leider nicht allzu stark von der Realität in manchen Ländern unterscheidet. Wenn man die Auszüge aus dem „Handbuch für Bürgerinnen“ durchliest, die sich vereinzelt am Kapitelanfang finden, läuft einem ein Schauer über den Rücken. Frauen müssen Fruchtbarkeitsmedikamente nehmen, Homosexualität, Abtreibungen und Verhütung sind unter Strafe verboten.

Leider konnte das Potential der Geschichte jedoch nicht genutzt werden, was mich enttäuscht hat. Zum einen liegt das daran, dass das Worldbuilding (hier hat Atwood definitiv die Nase vorn) viel zu dünn und oberflächlich war – vieles wird nur angedeutet, sodass die erfundene, technisch weit entwickelte Zukunft vage und nicht wirklich greifbar bleibt. Zum anderen sind auch die Perspektiven nicht optimal gewählt. So begleiten wir mehrere Frauen der Panah, deren alltägliches Leben sich nur minimal voneinander unterscheidet, aber eine Gattin kommt zum Beispiel nicht zu Wort. Dabei wäre es sehr interessant gewesen, diese fremdartige Gesellschaft von verschiedenen Seiten zu beleuchten. Leider kommt die Handlung auch nur sehr langsam in Schwung. Diese Dystopie hätte mich wütend machen, mich mitfiebern und innerlich mitrebellieren lassen sollen, stattdessen konnte mich das Buch leider emotional nicht erreichen und ließ mich kalt. Während der Lektüre war ich seltsam gleichgültig und desinteressiert.

Feministische Themen sind in einer Welt, die sich zunehmend wieder konservativen Geschlechterbildern zuwendet und die große Probleme mit Sexismus und Misogynie hat, hochaktuell. Bei Bina Shah stehen wichtige Aspekte wie Freiheit, Selbstbestimmung, Freundschaft, Feminismus und Angst im Mittelpunkt, leider werden sie aber nur punktuell überzeugend behandelt. Oft fehlte mir Tiefe, die Geschichte fühlte sich für mich sehr oberflächlich und hastig ausgearbeitet an. Im Buch steht, dass der Roman zuerst eine Kurzgeschichte war, die im Anschluss ausgebaut wurde – das merkt man meiner Meinung nach auch. Plot und Figuren hätten nämlich in einer Kurzgeschichte funktioniert, tun das in einem längeren Roman aber leider nicht. Das Ende fand ich in Ordnung, auch wenn es mir ein wenig zu offen war.

Trotz alldem bin ich dem kleinen Verlag Golkonda sehr dankbar, dass er auch internationalen AutorInnen eine Bühne bietet und uns LeserInnen damit die Chance gibt, z. B. auch anspruchsvolle feministische Literatur aus Pakistan zu entdecken!

Protagonistinnen & Figuren (2 Lilien)

„Die Obrigkeit hatte nichts dagegen, ein paar Frauen zu opfern, damit der Rest von uns sich fügte.“ E-Book, Position 523

Leider bin ich das ganze Buch über mit den Hauptfiguren nicht warm geworden. Es war ständig eine gewisse Distanz da und ich konnte über weite Strecken nicht mit ihnen mitfühlen. Ihr Schicksal blieb mir bis zum Schluss egal. Nur in seltenen Momenten fühlte ich eine Verbindung zu den ProtagonistInnen. Sie waren (bis auf wenige Ausnahmen) leider zu blass und austauschbar, um mir lange im Gedächtnis zu bleiben. Tatsächlich fand ich die männlichen Figuren (Faro und Julien) greifbarer und liebevoller ausgearbeitet, was ich bei einem feministischen Roman, in dem wir doch mit gerade den Frauen mitfiebern sollten, schade finde.

Spannung & Atmosphäre (1 Lilie)

Ich habe schon lange kein Buch mehr gelesen, das ich als so spannungsarm, zäh und langatmig empfand. Auch eine dichte Atmosphäre fehlte mir. Beim Lesen kam ich mir vor, als würde ich durch Treibsand waten, weil ich so langsam vorankam. Sehr oft habe ich auch mit dem Gedanken gespielt, das Buch abzubrechen. Diesen Plan verwarf ich jedoch aus drei Gründen: Erstens hoffte ich, dass es noch besser werden würde, zweitens wollte ich diese feministische Literatur aus Pakistan (einem Land, aus dem uns ohnehin nicht viel Literatur erreicht) nicht leichtfertig abbrechen und drittens sehe ich es als meine Pflicht an, in diesem Bereich auf dem neuesten Stand zu bleiben und nichts Wichtiges zu verpassen. Leider hat sich das Weiterlesen meiner Meinung nach (trotz einer etwas besseren zweiten Hälfte mit dem einen oder anderen spannenden oder emotionalen Moment) nicht wirklich gelohnt.

Feministischer Blickwinkel (4 Lilien)

„Die Geschichte der schweigenden Frauen“, ein Roman, der den Bechdel-Test besteht, bekommt in diesem Bereich von mir 4 Lilien. Einerseits sind diese feministische Kritik der Gesellschaft und das Thematisieren von Unterdrückung und Misogynie sehr wichtig, andererseits werden die Frauen im Roman oft auf ihre Schönheit reduziert und bleiben immer abhängig von heldenhaften Männern, die bereit sind, für sie ihr Leben zu riskieren. Zudem werden manchmal Geschlechterstereotypen reproduziert.

Mein Fazit

„Die Geschichte der schweigenden Frauen“ ist eine feministische Dystopie einer pakistanischen Autorin, an die ich hohe Erwartungen hatte, die mich jedoch leider enttäuscht hat. Der gewöhnungsbedürftige Schreibstil war mir viel zu langatmig und schwerfällig und mit den Hauptfiguren bin ich nicht warm geworden. Ich konnte über weite Strecken nicht mit ihnen mitfühlen, ihr Schicksal blieb mir bis zum Schluss egal. Auch, was die Spannung betrifft, konnte mich das Buch leider nicht überzeugen: Ich habe schon lange kein Buch mehr gelesen, das ich (trotz mancher guter Ansätze und gelungener Momente) als so spannungsarm, zäh und langatmig empfand. Sehr oft habe ich sogar mit dem Gedanken gespielt, die Lektüre abzubrechen. Dabei hatte die Idee der Autorin durchaus Potential: Sie hat eine ebenso interessante wie fremdartige und furchteinflößende Zukunft entworfen, die sich in ihrem misogynen Gesellschaftsmodell leider nicht allzu stark von der Realität in manchen Ländern unterscheidet. Dem Vergleich mit Margaret Atwoods Werk „Der Report der Magd“ hält die Geschichte leider trotzdem nicht stand. Das liegt zum einen daran, dass die erfundene Welt durch das dünne und oberflächliche Worldbuilding vage und wenig greifbar bleibt, und zum anderen an der etwas unglücklichen, einseitigen Wahl der Perspektiven. Feministische Themen sind in einer Welt, die sich zunehmend wieder konservativen Geschlechterbildern zuwendet und die große Probleme mit Sexismus und Misogynie hat, hochaktuell. Bei Bina Shah stehen wichtige Aspekte wie Freiheit, Selbstbestimmung, Freundschaft, Feminismus und Angst im Mittelpunkt, leider werden sie aber nur punktuell überzeugend behandelt. Oft fehlte mir Tiefe. Enttäuscht hat mich auch, dass die Frauen im Roman immer abhängig von heldenhaften Männern bleiben, die bereit sind, für sie ihr Leben zu riskieren. Diese Dystopie hätte mich wütend machen, mich mitfiebern und innerlich mitrebellieren lassen sollen, stattdessen konnte mich das Buch leider emotional nicht erreichen und ließ mich kalt. Kurz: „Die Geschichte der schweigenden Frauen“ ist ein Roman, der sein Potential leider nicht nutzen und mich nicht überzeugen konnte. Ich kann deshalb keine Leseempfehlung aussprechen.

Bewertung

Idee: 5 Lilien ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 3 Lilien
Umsetzung: 2 Lilien
Worldbuilding: 2,5 Lilien
Einstieg: 2 Lilien
Schreibstil: 2 Lilien
ProtagonistInnen: 2 Lilien
Nebenfiguren: 2 Lilien
Spannung: 1 Lilie
Atmosphäre: 2 Lilien
Ende / Auflösung: 3 Lilien
Emotionale Involviertheit: 2 Lilien
Feministischer Blickwinkel: 4 Lilien

Insgesamt:

❀❀ Lilien

Dieses Buch bekommt von mir zwei Lilien!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.01.2020

Originelle Grundidee – enttäuschende, langatmige Umsetzung

Troll
0

Spoilerfreie Rezension!

Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): nicht bestanden!

Inhalt

Osteuropa in der nahen Zukunft: Die EU ist mittlerweile ...

Spoilerfreie Rezension!

Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): nicht bestanden!

Inhalt

Osteuropa in der nahen Zukunft: Die EU ist mittlerweile zerfallen und wurde durch die Festung Europa ersetzt. Osteuropa ist zu einer Diktatur geworden. Internettrolle lenken die öffentliche Meinung, zerstören Existenzen, sorgen dafür, dass die Wahrheit von der Lüge nicht mehr unterscheidbar – oder zumindest unwichtig geworden – ist. Der namenlose Protagonist und seine einzige Freundin Johanna, die er in einem Krankenhaus kennengelernt hat, beschließen, gegen die Trolle anzukämpfen und über Fake News aufzuklären – ein Vorhaben, das sie selbst in größte Gefahr bringt.

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Verlag: Tropen
Seitenzahl: 215
Erzählweise: Ich-Erzähler, Präteritum
Perspektive: männliche Perspektive
Kapitellänge: Das Buch ist unterteilt in zwei Abschnitte, es gibt keine Unterkapitel.
Tiere im Buch: +/- Es werden im Buch drei Hunde teilweise vernachlässigt und schlecht behandelt. Sie sind untergewichtig und müssen hungern. Streunerkatzen werden zudem nicht kastriert und werfen „in rauen Mengen“ Junge. Ansonsten werden keine Tiere verletzt, gequält oder getötet.

Warum dieses Buch?

Der Klappentext hat mich sofort neugierig gemacht, da ich noch nie eine Dystopie gelesen habe, die sich mit Internettrollen beschäftigt!

Meine Meinung

Einstieg (3 Sterne)

„Mein wahrer Name ist … Ich kann nicht … Weiß nicht … Ich heiße … Ich komme nicht auf meinen Namen. Sie haben mir alles genommen. Ich bin … der Troll.“ E-Book, Position 145

Das Buch wirkte am Beginn vielversprechend und spannend, doch bereits nach den ersten Seiten ließ die Spannung wieder nach.

Schreibstil (2,5 Sterne)

Michal Hvorecky hat einen Schreibstil, der zwar nicht negativ, aber der leider auch nicht positiv auffällt. Mich konnte der Autor mit seiner flüssigen, einfachen, aber oft auch oberflächlichen und manchmal etwas wirren Erzählweise jedenfalls nicht packen und erreichen. Die Zitate, die zwischendurch immer wieder im Buch angeführt waren, fand ich manchmal sehr gelungen, manchmal aber auch wenig aussagekräftig, zu kompliziert oder gar uninteressant (und damit schlecht ausgesucht).

Inhalt, Themen, Botschaften & Ende (2 Sterne)

„Wir konnten zuschauen, wie sich die Wahrheit unablässig veränderte. Jede Geschichte umfasste zwei, drei sich widersprechende Versionen. […] Vor unseren Augen geschah etwas Komplizierteres als Propaganda: Man konnte nichts belegen, und gleichzeitig verlor der Begriff des Beweises seinen Sinn.“ E-Book, Position 820

Die Grundidee klang spannend, frisch und vielversprechend, leider hat mich die Umsetzung des Autors aber sehr enttäuscht. Das Buch ist in zwei Teile geteilt. Im ersten werden das Leben und der lange Krankenhausaufenthalt des namenlosen Protagonisten beleuchtet, im zweiten Teil steht dessen Karriere als Internettroll (und heimlicher Rebell) im Vordergrund. Die zweite Hälfte des Buches hat mir insgesamt besser gefallen als die erste, die ich oft sehr langatmig und zäh fand. Ein Lesegenuss war die Dystopie für mich leider trotzdem nicht –ich habe mich über weite Strecken durch das Buch gequält.

Michal Hvorecky behandelt in „Troll“ hochaktuelle Themen wie Fake News, Propaganda, Diktaturen, Homophobie, Rassismus und Sexismus im Netz und Hasskommentare. Eindrucksvoll beschreibt er die Wirkungsmechanismen hinter Trollangriffen und die Vorgehensweise der Trolle. Hier hätte eine originelle, furchteinflößende Dystopie entstehen können – und einige gute Ansätze, gelungene Passagen und einprägsame Zitate sind durchaus vorhanden. Mein Hauptkritikpunkt ist hier aber, dass das Potential leider nicht genutzt werden konnte. Die Geschichte bleibt oberflächlich, geht nicht in die Tiefe. Auch das Worldbuilding ist nicht gelungen – vieles wird nur angedeutet, angekratzt, das meiste bleibt vage, nicht greifbar oder schwammig, Erklärungen fehlen. Es wird immer wieder über den Informations- und Hybridkrieg gesprochen, leider verzichtet der Autor auch hier darauf, näher darauf einzugehen, weswegen ich mir bis zum Ende des Buches die dystopische Welt der Trolle nicht wirklich gut vorstellen konnte und weswegen ich die ganze Zeit das unangenehme Gefühl hatte, dass mir wichtige Informationen vorenthalten wurden. Dieses unbefriedigende „Das-geht-doch-besser“-Gefühl blieb leider bis zum immerhin gelungenen Ende bestehen.

Protagonistin & Figuren (2,5 Sterne)

Obwohl wir besonders im ersten Teil eigentlich viel über den Protagonisten (dessen Namen nie genannt wird) erfahren, blieb er mir bis zum Ende fremd. Er war mir zu blass und austauschbar – in seltenen Momenten wurde er mir (durch egoistische Handlungen) sogar unsympathisch. Johanna fand ich interessanter – ich schätze ja starke weibliche Figuren sehr. Dennoch habe ich auch mit ihr nicht wirklich mitgefühlt oder mitgefiebert. Es ist mir leider nicht gelungen, eine Beziehung zu den Figuren in diesem Buch aufzubauen – dafür waren sie nicht greifbar, authentisch und dreidimensional genug.

Spannung & Atmosphäre (2 Sterne)

„‘Früher hat der Sieger Geschichte geschrieben. Heute schreibt der Geschichte, der gewinnen will.‘“ E-Book, Position 1094

Ich habe mit einer beunruhigenden, furchteinflößenden Dystopie gerechnet, die mich zum Nachdenken bringt – erhalten habe ich einen oft langatmigen Roman, dem Spannung und Atmosphäre über weite Strecken fehlen. Es gibt natürlich auch hier eine unerwartete Wendung und gelungene Passagen, die nachdenklich machen und Parallelen zur Realität erkennen lassen, jedoch waren diese leider spärlich gesät. Auch hier wurde viel Potential verschenkt!

Feministischer Blickwinkel (3 Sterne)

Sehr geschätzt habe ich am Protagonisten, dass er die Frauen in seiner Umgebung stets respektvoll behandelt; nicht so gut gefallen hat mir, dass das Thema Prostitution aus Armut nicht kritisch gesehen wird, sondern eher noch vage positiv beschrieben wird. Ebenso gestört hat mich, dass Beleidigungen gegen Frauen oft gegendert waren (mehrmals Nu+++) und dass das Thema „Sexismus“ nur ganz am Rand angeschnitten wird. Obwohl das Geschlechterverhältnis halbwegs ausgeglichen ist (auch was mächtige Positionen im Beruf betrifft), besteht das Buch den Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann) leider nicht.

Mein Fazit

„Troll“ ist eine Dystopie mit einer originellen, spannenden und beunruhigenden Grundidee, deren Umsetzung mich leider enttäuscht hat. Das lag unter anderem auch am Schreibstil, der zwar nicht negativ, aber der leider auch nicht positiv auffällt. Mich konnte der Autor mit seiner flüssigen, einfachen, aber oft auch oberflächlichen und manchmal etwas wirren Erzählweise jedenfalls nicht packen und erreichen. Michal Hvorecky behandelt in „Troll“ hochaktuelle Themen wie Fake News, Propaganda, Rassismus, Sexismus und Homophobie im Netz und Hasskommentare. Eindrucksvoll beschreibt er die Wirkungsmechanismen hinter Trollangriffen und die Vorgehensweise der Trolle. Hier hätte eine spannende, furchteinflößende Dystopie entstehen können – und einige gute Ansätze, gelungene Passagen und einprägsame Zitate sind durchaus vorhanden. Aber: Das Potential der guten Idee konnte leider nicht genutzt werden. Die Geschichte und das Worldbuilding bleiben oberflächlich, gehen nicht in die Tiefe. Vieles wird nur angedeutet oder angekratzt, zu viel bleibt vage, nicht greifbar oder schwammig, Erklärungen fehlen. Aus diesem Grund konnte ich mir bis zum Ende des Buches die dystopische Welt der Trolle nicht wirklich gut vorstellen und hatte die ganze Zeit das unangenehme Gefühl, dass mir wichtige Informationen fehlten. Obwohl wir besonders im ersten Teil eigentlich viel über den namenlosen Protagonisten erfahren, blieb er mir bis zum Ende fremd und war mir zu blass und austauschbar. Johanna mochte ich als starke weibliche Figur, richtig mitgefühlt oder mitgefiebert habe ich aber auch nicht mit ihr. Es ist mir einfach nicht gelungen, eine Beziehung zu den Figuren in diesem Buch aufzubauen – dafür waren sie nicht greifbar, authentisch und dreidimensional genug. Ich habe mit einer beunruhigenden, furchteinflößenden Dystopie gerechnet, die mich zum Nachdenken bringt – erhalten habe ich einen (trotz einiger gelungener Passagen) oft langatmigen und zähen Roman, dem Spannung und Atmosphäre über weite Strecken fehlen. Leider habe ich mich die meiste Zeit durch das Buch gequält. Kurz: „Troll“ ist ein Buch mit einigen guten Ansätzen und einer originellen Grundidee, deren Umsetzung mich jedoch leider sehr enttäuscht hat. Ich kann die Dystopie daher leider nicht weiterempfehlen.

Bewertung

Idee: 5 Sterne
Inhalt, Themen, Botschaft: 2 Sterne
Umsetzung: 2 Sterne
Worldbuilding: 2 Sterne
Einstieg: 3 Sterne
Schreibstil: 2,5 Sterne
Protagonist: 2 Sterne
Nebenfiguren: 3,5 Sterne
Spannung: 1 Sterne
Atmosphäre: 3 Sterne
Ende / Auflösung: 3 Sterne
Emotionale Involviertheit: 2 Sterne
Feministischer Blickwinkel: 3 Sterne

Insgesamt:

❀❀ Lilien

Dieses Buch bekommt von mir zwei enttäuschte Lilien und leider keine Leseempfehlung!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.09.2018

Leider sehr enttäuschend, viele Wiederholungen und mir zu religiös & esoterisch

Hochsensibilität und Stress
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Inhalt

Stress kann weitreichende negative Effekte auf unsere psychische und physische Gesundheit haben. Hochsensible nehmen ihn besonders intensiv war und leiden oft auch schneller und stärker darunter. ...

Inhalt

Stress kann weitreichende negative Effekte auf unsere psychische und physische Gesundheit haben. Hochsensible nehmen ihn besonders intensiv war und leiden oft auch schneller und stärker darunter. In diesem Buch gibt die Autorin, die das Wort „Hochsensibilität“ als Erstes für die hochsensible Persönlichkeit verwendet hat, Tipps im Umgang mit Stress und seinen Folgen. Auch Meditationsübungen sind im Buch enthalten.

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband, Sachbuch
Verlag: Aurum in Kamphausen Media GmbH
Seitenzahl: 240
Tiere im Buch: - Es werden Tierversuche ohne kritischen Kommentar zitiert. Hier auch wieder meine Empfehlung: Wenn ihr ebenfalls gegen sinnlose, oft grausame Tierversuche seid, schaut bitte beim Verein „Ärzte gegen Tierversuche“ vorbei, die schon jahrelang engagiert und teilweise sogar schon erfolgreich für Alternativen und für tierversuchsfreie Forschung kämpfen.

Warum dieses Buch?

Da ich selbst hochsensibel bin, machte mich der Titel dieses Buches sofort neugierig.

Meine Meinung

Inhalt & Verständlichkeit (-)

Dem Inhalt dieses Buches stehe ich zwiegespalten gegenüber, auch wenn die Enttäuschung überwiegt. Zuerst jedoch zu den positiven Aspekten: Die Autorin gibt am Beginn und im ersten Teil des Buches einen sehr guten wissenschaftlichen Überblick über das Thema Stress und seine negativen Auswirkungen. Hierbei werden auch vielfältige wissenschaftliche Quellen zitiert, was mit gut gefallen hat. Auch gab es einige sehr spannende Fakten zu entdecken, die mir noch unbekannt waren. Die Meditationsanleitungen und manche Praxistipps fand ich zudem wirklich brauchbar und interessant. Manches werde ich bestimmt einmal ausprobieren. Auf der Website der Autorin gibt es außerdem weitere geleitete Meditationsübungen, die man nutzen kann – allerdings muss man dafür noch ein paar Extra-Euros ausgeben.

Leider hat es jedoch auch viele Dinge gegeben, die mir gar nicht gefallen haben. Ich hätte mir oft schlicht etwas ganz anderes erwartet, vor allem nach dem Lesen des Klappentextes. Ich mochte den wissenschaftlichen Anfang sehr, hoffte darauf, dass detailliert auf die Besonderheiten der HSP (hochsensiblen Persönlichkeit) eingegangen wird und dass ich viele Praxistipps und hilfreiche Erklärungen bekomme, wie ich mit Stress umgehen kann. Leider war das Kapitel über Hochsensibilität viel zu kurz und oberflächlich, es brachte mir fast keine neuen Erkenntnisse. Nach diesem Abschnitt wurde auf das besonders Erleben von HSP (mit allen Tücken) fast gar nicht mehr eingegangen. Die Autorin behandelte nur noch Stress allgemein, hin und wieder wurde noch ein Satz eingeschoben wie (aus dem Gedächtnis wiedergegeben): Das gilt für Hochsensible noch viel mehr. Das war mir leider VIEL zu wenig. Richtig verloren hat mich die Autorin dann, als es richtiggehend esoterisch wurde, auf einmal war (teilweise seitenlang) von Chakren, Energien und sogar von Lichtwesen und Engeln die Rede. Da kam ich leider überhaupt nicht mehr mit. Ich war sehr enttäuscht, als das „Sachbuch“ auf einmal ins Religiöse abdriftete, die westliche mit der östlichen Medizin verglichen und ständig von der Schöpfung gesprochen wurde. Wenn solche Dinge im Zentrum stehen, sollte es darauf im Klappentext zumindest einen Hinweis geben – nur so kann das geeignete Zielpublikum erreicht und nur so können Enttäuschungen (wie meine) verhindert werden. Ich hätte das Buch jedenfalls mehrmals am liebsten abgebrochen.

Beispiele, um meine Argumentation zu untermauern:

„Wir werden sehen, das Leben endet nicht mit dem Tod, und wir werden in vielen Leben und auf vielen Bewusstseinsniveaus weiterleben.“ E-Book, Position 3053

„Um deinen Kopf herum schweben ständig Engel und Lichtwesen, die dir helfen wollen, dem Labyrinth des Geistes zu entkommen. Auch wenn du nicht daran glaubst, kann es nicht schaden, einmal um Hilfe zu bitten.“ E-Book, Position 3155

„Öffne nun dein drittes Auge, einen kleinen Bereich zwischen den Augenbrauen. Es fühlt sich energetisch wie ein Kreis an. Öffne diesen Kreis.“ E-Book, Position 3239

Es gab noch weitere Dinge, die mich nicht überzeugen konnten. Manchmal waren es mir zu viele Vermutungen, zu viel eigene Meinung der Autorin oder zu viel Ausklammern von Tatsachen. Einmal prangert sie an, dass Drogen wie z. B. Zigaretten zu negativ gesehen werden. Könnte das eventuell daran liegen, dass die Hälfte der RaucherInnen an den Folgen stirbt? Dass Rauchen Krebs und viele weitere Krankheiten auslöst, dass es eine immense Gefahr für Schwangere und generell PassivraucherInnen ist? In einer Zeit, in der in Österreich das Rauchverbot in Lokalen im letzten Moment gekippt wurde, wodurch unzählige Tote jährlich in Kauf genommen werden, in einer Zeit, in der viele Menschen für den Schutz von NichtraucherInnen kämpfen müssen, kann ich solch eine Aussage einfach nicht akzeptieren. Genauso gestört hat mich ein Tipp, in dem geraten wird, die Sorgen oder die Wut loszulassen, indem man ein Stoffstier, das symbolisch dafür steht, in einem Fluss davontreiben lässt. Das wäre dann Umweltverschmutzung und absolut nicht akzeptabel!

Auch fand ich, dass die vielen Fallbeispiele, in denen Betroffene von ihren Problemen erzählen, oft viel zu wenig mit dem Haupttext zu tun hatten. Sie haben mich immer wieder aus dem Lesefluss gerissen, waren oft uninteressant, und ich konnte ihnen nur selten etwas abgewinnen. Zusätzlich haben mir die vielen inhaltlichen Wiederholungen nicht gefallen. Ich hatte das Gefühl, dass oft zu viel „herumgeschrieben“ und alles mit Synonymen immer wieder wiederholt wurde. Es schien, als würde versucht, das Buch künstlich zu strecken. Was andere Autorinnen in drei Sätzen abgehandelt hätten, dafür braucht Susan Marletta Hart mindestens 30.

„Natürlich gehören Rauchen, ein Glas Wein oder Bier und sogar diverse Drogen auch zu Gewohnheiten, die uns entspannen. Es wird sehr negativ und verrückt über diese Art von Dingen gesprochen, während es überwiegend Naturprodukte sind, die die Funktion haben, Mensch (und Tier) zu entspannen. Die übertriebene Angst vor und Ablehnung von natürlichen Opiaten […]“ E-Book, Position 2876

Schreibstil (-)

Der Schreibstil ist eigentlich flüssig und leicht verständlich, jedoch verliert er sich auch oft in Wiederholungen. Der Parasympathikus, das Entspannungssystem des Körpers, wird beispielsweise immer und immer wieder erklärt, sodass ich auch hier oft das Gefühl hatte, dass die Autorin versucht hat, das Buch künstlich zu strecken, um auf die geforderte Länge zu kommen, oder aber dass sie ihren LeserInnen überhaupt nichts zutraut. Immer wieder wird genau das Gleiche gesagt, nur eben mit Synonymen oder anderen Formulierungen. Das hat mich während des Lesens leider oft sehr frustriert und genervt. Der Lesespaß ging mir leider im letzten Drittel komplett verloren. Hier trafen zu viele Dinge zusammen, die mich enttäuscht haben.

Geschlechtergerechte Sprache (+/-)

Im Buch wird durchaus teilweise, aber leider nicht durchgehend, gegendert. Hin und wieder verwendet die Autorin geschlechtsneutrale Begriffe wie „Hochsensible“, andere Male wird auf eine geschlechtergerechte Sprache leider vergessen. Das finde ich etwas schade, da ich mir in einem modernen Sachbuch schon erwarte, dass Frauen durchgehend nicht nur mitgemeint, sondern auch sichtbar sind.

Mein Fazit

„Hochsensibilität und Stress“ hat mich insgesamt leider sehr enttäuscht, obwohl mir der erste Teil des Buches gut gefallen hat und obwohl der Schreibstil flüssig und leicht verständlich ist. Das lag zu einem großen Teil daran, dass ich mir etwas ganz anderes erwartet habe. Der Klappentext weist jedoch mit keinem Wort darauf hin, dass in diesem Buch Religiosität, Engel, Lichtwesen und vor allem die östliche Medizin mit ihren Chakren und Energien eine derart große Rolle spielen. Als das Buch ins Esoterische abdriftete, hat es mich leider verloren. Zudem wurde mir nicht genug auf das eigentliche Thema - Hochsensibilität - eingegangen, es finden sich stattdessen eher allgemeine Tipps gegen Stress (auch diese waren mir oft zu wenig konkret). Ich hätte mir einfach insgesamt einen wissenschaftlicheren Überblick über das Thema, mehr neue Erkenntnisse und viele Strategien gewünscht, wie man als hochsensible Person im Alltag mit Stress gesund umgehen kann. Auch die unzähligen inhaltlichen und sprachlichen Wiederholungen haben mir den Lesespaß vermiest. Ich hatte leider oft das Gefühl, dass versucht wurde, das Buch künstlich zu strecken und dass den LeserInnen überhaupt nichts zugetraut wird. Meiner Meinung nach hätte der Klappentext deutlicher auf die im Buch zentralen Themen und Zugänge hinweisen sollen, denn nur so kann das geeignete Publikum gefunden und Enttäuschungen (wie meine) verhindert werden. Aus den genannten Gründen kann ich leider keine Leseempfehlung aussprechen.

Bewertung

Inhalt: 2 Sterne
Verständlichkeit: 3 Sterne
Schreibstil: 2 Sterne
Gendergerechte Sprache: +/-

Insgesamt:

❀❀ Lilien

Dieses Buch erhält von mir zwei enttäuschte Lilien!