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Veröffentlicht am 17.08.2020

Kultur-Spagat

Die Sommer
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Leyla ist die einzige Tochter eines ezidischen Kurden, der seit 1980 in Deutschland lebt, und einer Deutschen. Die Famile wohnt in einer Reihenhaussiedlung in einem kleinen Ort bei München. Mit drei oder ...

Leyla ist die einzige Tochter eines ezidischen Kurden, der seit 1980 in Deutschland lebt, und einer Deutschen. Die Famile wohnt in einer Reihenhaussiedlung in einem kleinen Ort bei München. Mit drei oder vier Jahren fährt Leyla zum ersten Mal mit ihren Eltern in das Heimatdorf ihres Vaters, um dort zwei Monate des Sommers zu verbringen; es liegt im Norden Syriens nahe der türkischen Grenze. Eigentlich ist es Kurdistan, ein Land, das sich über vier Staaten erstreckt (Syrien, Türkei, Iran und Irak) - aber offiziell gibt es dieses Land nicht, und zu Hause muss sie feststellen, das kaum jemand mit Kurdistan oder Kurden etwas anfangen kann.
Leyla ist immer hin und her gerissen, seit Kindesbeinen muss sie einen Kulturspagat machen. Ihr Herz schlägt für das geordnete Deutschland, wo man auch für sich alleine sein kann, wo die Türen geschlossen sind, wo Privatsphäre dominiert, wo sie selber Entscheidungen treffen kann. Aber sie fühlt sich auch in dem kleinen kurdischen, einfachen Dorf bei den Großeltern wohl, wo die Großfamilie ein- und ausgeht, wo man auf dem Boden sitzt und Tee trinkt, wo man im Innenhof auf Hochbetten schläft, damit die Schlangen einem nichts anhaben können, auch wenn man nie so richtig alleine / für sich sein kann. Ein ruhiges, unaufgeregtes Leben, das einen irgendwann vergessen lässt, was für ein Wochentag ist. Dieses Sowohl als Auch ist schwer für ihre Identifikationsfindung. Und sie hat niemanden, mit dem sie darüber reden kann!
„Die Sommer“ von Ronya Othmann ist in meinen Augen kein klassischer Roman. Im Buch dreht sich alles um Ronyas Erleben und Fühlen dieser zwei unterschiedlichen Welten.
Die Geschichte ist sehr detailliert geschrieben, so dass man alle Figuren vor Augen hat, von denen oder über die erzählt wird. Besonders gut gefallen hat mir, dass der Vater von Leyla - Silo - viel über die Geschichte Kurdistans und die der Kurden erzählt hat, so dass man in die Problematik dieser Bevölkerungsgruppe eindringlich eingeführt wird. Erlebnisse aus seiner Kind- und Jugendzeit machen sehr betroffen und haben mich oft mit einem „Das darf doch wohl nicht wahr sein“ zurückgelassen. Besonders ans Herz gewachsen ist mir Leylas Großmutter, die auch viel durchgemacht hat, die dennoch stets gutmütig und gut gelaunt ist. Durch sie erfährt man Besonderheiten über deren Religion und Bräuche. Die kleine, zierliche, sehnige Frau besitzt eine unwahrscheinliche Größe; sie hat zu Leyla auch ein wahnsinnig liebenswürdiges Verhältnis.

Betroffen von der Vergangenheit wird man aber mit der nächsten (aktuellen) Katastrophe konfrontiert: Der Syrienkrieg mit all seinen Grausamkeiten! Man fühlt nahezu, wie der Krieg im entfernten Syrien der Familie extrem nahe geht; der Vater verfolgt das Geschehen auf sämtlichen kurdischen Kanälen und ist ständig in Kontakt zur Familie.
Ach Leyla - es ist die Zeit, in der sie ihr Abitur macht und zum Studieren nach Leipzig geht - nimmt dieser Krieg mehr und mehr mit, findet keine Ruhe mehr. Sie kann nicht verstehen, wie hier in Deutschland unbekümmert getanzt wird, während in ihrer ‚anderen Heimat‘ so viel Blut vergossen wird. Ein innerer Konflikt, der letztendlich eine Entscheidung von ihr abverlangt…..
Das Buch ist sehr auf aufwühlend - kein leichter Stoff! Es macht einen nachdenklich und sensibilisiert einen, sich mit dem Thema Kurden / Kurdistan auseinanderzusetzen. Gerade dass hier die Thematik anhand einer Familie erzählt hat, schafft Nähe und Authentizität. Ich kann das Buch nur empfehlen, da das Buch nicht nur aktuell ist, sondern auch viel Wissen einfühlsam vermittelt.

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Veröffentlicht am 15.07.2020

Naturwunder Wald

Lotta entdeckt die Welt: Im Wald
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In diesem wunderbaren lehrreichen Bilderbuch begleiten wir Lotta, ihren Opa und Hund Zottel auf einem Spaziergang durch einen heimischen Wald. Auf 16 farbenfrohen Seiten mit kindgerechtem Text wird hier ...

In diesem wunderbaren lehrreichen Bilderbuch begleiten wir Lotta, ihren Opa und Hund Zottel auf einem Spaziergang durch einen heimischen Wald. Auf 16 farbenfrohen Seiten mit kindgerechtem Text wird hier eine schöne kleine Alltags-Abenteuer-Geschichte erzählt. Viele Waldtiere wie Eichhörnchen, Rehe, Igel, Waldmäuse gilt es hier zu entdecken.
Besonders gelungen finde ich, dass der Handlungsort - der Wald - fotografisch dargestellt ist, die Protagonisten auf diesen realen Hintergrund gezeichnet sind. Ich habe die Protagonisten, Lotta, das aufgeweckte kleine Mädchen mit ihrer knalligen gelben Jacke und dem süßen Lächeln gleich ins Herz geschlossen. Auch Zottel, der Hund, ist ein echt knuffiges Kerlchen. Und der Opa mit seinem Fernglas, der Lotta viel erklärt, ist echt klasse.
Neben der Tatsache, dass der Text gut verständlich geschrieben ist, ist dieser auch in der optischen Darstellung oftmals verspielt dargestellt - passend zur Wortbedeutung: klein (kleine Schrift), groß (große Schrift), hochgestellt, wortmalerisch halt!
Die Bilder laden auch immer ein, selbst Tiere in den Bäumen, auf Stämmen oder so zu suchen.
Nach dem Lesen dieses Buches wird die Lust auf einen Spaziergang durch die Natur bestimmt geweckt. Lottas Tatendrang ist echt ansteckend und animierend!

Das Buch ist im Ravensburger Verlag (Reihe: Mein NaturStart) erschienen und richtet sich an junge Leser ab 18 Monate. Dadurch dass das Buch ein mit abgerundeten Ecken quadratisches Format hat, es sich um dicke, stabile Pappseiten handelt, können auch schon die Kleinsten darin blättern, was zudem auch die Feinmotorik schult.
Ich bin gespannt, wie viele Entdeckungsreisen Lotta noch macht (oder ein anderes Kind).

Für das Buch gebe ich die absolute Leseempfehlung mit 5 Sternen!

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Veröffentlicht am 30.06.2020

Der Wildkatze auf der Spur

Expedition Natur: WILD! Die Wildkatze
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Das Buch „Wildkatze“ ist in der Reihe Wild im moses Verlag in Kooperation mit dem BUND entstanden. Schon hier lässt sich erkennen, dass es hier um den Grundgedanken Natur- und Tierschutz geht. (Junge) ...

Das Buch „Wildkatze“ ist in der Reihe Wild im moses Verlag in Kooperation mit dem BUND entstanden. Schon hier lässt sich erkennen, dass es hier um den Grundgedanken Natur- und Tierschutz geht. (Junge) Leser sollen auf lockere aber sehr informative Weise heimische, wildlebende Tiere kennenlernen und für dieses Thema sensibilisiert werden. Wo leben Wildkatzen? Was sind typische Merkmale einer Wildkatze? Wie verständigen sich Wildkatzen? Wo lauern Gefahren? Mit welchen Super-Sinnen meistern sie ihren Katzenalltag? Und wie schaut so ein typischer Tag aus? Und, in welchem Verhältnis steht unsere Hauskatze zu den Wildkatzen?
Das sind einige Fragen, auf die das Buch anhand von Text-Blöcken, Stichwort-Kästchen, aussagekräftigen Fotos, Schautafeln und Grafiken Antwort gibt.
Und immer wieder gibt es was zum Staunen, wenn man „Katzenfähigkeiten“ wie Riechen, Hören, Sehen näher betrachtet. Und für besonders Wissbegierige gibt es auch öfters ein hervorgehobenes Kästchen mit „Extrawissen“.
Es handelt sich aber hier nicht nur um ein reines Sachbuch. Den Anfang macht eine wunderbare Geschichte über eine Wildkatzen-Mama, die mit ihren vier Jungen ein neues Versteck suchen muss, um wieder in Sicherheit leben zu können. Durch diese Erzählung bekommt man einen wunderbaren Einblick in den durch Gefahren lauernden Alltag dieser Katzenfamilie: Raubtiere sowie andere Artgenossen, Menschen, Straßen auch andere andere Hindernisse. Die Katzenmama hat alle Pfoten voll zu tun, um die hungrigen Mäuler zu stopfen, sie muss ständig auf der Hut und umsichtig sein und aufpassen, dass keinem Katzenjungen was geschieht. Und dann muss sie ihnen auch das Jagen beibringen, damit sie bald selbständig durch die Wälder streifen können, um sich ein eigenes Revier zu suchen.
Am Ende des knapp 100 Seiten umfassenden Buches finden sich noch informationen, wie man selber tatkräftig Projekte vom BUND unterstützen kann, damit die Lebensräume dieser Wildtiere erhalten oder ausgebaut werden können.

★★★★★

Beeindruckendes, lesenswertes, informatives Sachbuch über das Leben der in unseren Wäldern lebenden Wildkatze - mit SUPER-Bildern!

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Veröffentlicht am 29.06.2020

Zu viel Gepäck ist nicht gut

Der Gepäckträger
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Was sich auf den ersten Blick wie eine lustige, turbulente Verwechslungskomödie anhört, entwickelt sich aber rasch zu einer tiefgründigen und zum Nachdenken anregenden Parabel. Die drei Reisenden Gillian ...

Was sich auf den ersten Blick wie eine lustige, turbulente Verwechslungskomödie anhört, entwickelt sich aber rasch zu einer tiefgründigen und zum Nachdenken anregenden Parabel. Die drei Reisenden Gillian (Mutter von 3 Kindern), David (Workaholic) und Michael (sportlich und kunstbegabt) vertauschen in der Hektik der Kofferabholung am Flughafen ihre Koffer, in denen sie für den Aufenthalt wichtige Utensilien haben, die für ihre Zukunft teils von großer Bedeutung sind.
Um rechtzeitig wieder an ihre Sachen zu gelangen, müssen sie sich in einem Gepäckdepot einfinden. Soweit die Geschichte, die sich wie ein lustiger Roman anhört…
Kaum ist der Leser mit den Protagonisten im Gepäckdepot angekommen, findet er sich in einer wunderbaren Parabel wieder. Denn der junge Mann vom Gepäckdienst, der sich ihnen als „Gepäckträger“ vorstellt, ist weitaus mehr als nur jemand, der die richtigen Koffer zurückbringt.
Anliegen des Gepäckträgers ist es nämlich, dass die Reisenden nicht nur den Koffer wieder an sich nehmen, sie sollen sich auch ‚um ihr Gepäck kümmern‘ - ja, KÜMMERN!
Denn in DIESEN Koffern befinden sich nun nicht Klamotten und Utensilien im eigentlichen / engeren Sinne, in DIESEN Koffern befindet sich nun Gepäck im viel weiteren Sinne. Es ist symbolisches Gepäck. Es sind Dinge, die die Protagonisten belasten und ihr Leben erschweren, so dass sie nicht frei aus ihrem Willen heraus leben können.
Und da alle drei (durchs Leben) Reisenden eine individuelle Lebensbiographie haben, bekommt jeder von ihnen einen auf ihn abgestimmten Warteraum zugeteilt. In der Parabel erlebt man nun, wie der Gepäckträger von einem Raum zum anderen geht und abwechselnd mit den Protagonisten ihr Gepäck durchforstet und analysiert. Der Gepäckträger wird zum Seelendoktor und Lebensberater und zeigt jedem Einzelnen, was ihn belastet. Schnell dringt der Leser zu den Charakteren der unterschiedlichen Protagonisten mit ihren Problemen vor und kann sich unschwer in einen, zwei oder gar drei Personen wiedererkennen. Oder er stellt fest, dass es in seinem sozialen Umkreis Menschen gibt, die in einem nervenaufreibenden Hamsterrad laufen und nicht aus der eigenen Haut können, weil sie in einer Routine gefangen sind.
Der Gepäckträger hält ihnen in aller Härte den Spiegel vors Gesicht und wäscht ihnen regelrecht den Kopf; die Wahrheit ist hart für die Drei aber auch wichtig und reinigend, so dass sie am Ende (mehr oder weniger) erleichtert, klaren Blickes vom Gepäckträger Abschied nehmen können.
So lernt jeder seine eigene Lektion, sei es dass man beim Betrachten der Dinge immer eine ‚eingefärbte Brille‘ hat, so dass man nicht richtig ‚objektiv’ sehen kann, oder dass der Spagat zwischen beruflichem Erfolgs-Ehrgeiz und familiären Glück einem an die Nieren geht, oder dass man eher die Erwartungshaltung eines anderen lebt - aber nicht möchte.
Das Buch, die Parabel, ist einfach nur wunderbar. Die Geschichte lässt sich sehr gut lesen, da sie flüssig geschrieben ist aber gleichzeitig eine unwahrscheinliche Tiefe besitzt. Viele Aus- und Sinnsprüche laden ein, innezuhalten und nachzudenken. Manchmal hatte ich das Gefühl, selbst im Depot dem Gepäckträger gegenüber zu sitzen. Und nach dem Lesen wird einem klar, dass man auch auf sich achten darf / muss.
Mir gefällt außerdem, dass der Leser mit der Parabel - dem Gepäckträger - nicht alleine gelassen wird, denn am Ende der kurzen, dichten Erzählung gibt es noch einen kapitelweisen zugeordneten Fragenkatalog, mit dem man das Gelesene vertiefen und für sich hinterfragen kann.
Absolut lesenswert!

★★★★★

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Veröffentlicht am 17.04.2020

Lebensweisheit der älteren Generation

Der Wald, vier Fragen, das Leben und ich Von einer Begegnung, die alles veränderte
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„Dieses Buch hat die Kraft, Ihr Leben zu verändern“,
steht groß und glänzend hinten auf dem Bucheinband.. Dieser kleine Satz hat meine Neugier geweckt, das Buch zu lesen. Und ich bin in keinster Weise ...

„Dieses Buch hat die Kraft, Ihr Leben zu verändern“,
steht groß und glänzend hinten auf dem Bucheinband.. Dieser kleine Satz hat meine Neugier geweckt, das Buch zu lesen. Und ich bin in keinster Weise enttäuscht worden. Das kleine Taschen-Buch, das gerade mal 128 Seiten umfasst, steckt voller Lebensweisheit und Alltags-Bewältigungshilfe, dass ich es wärmstens empfehlen kann. Das Besondere an diesem Büchlein ist, dass die Ratschläge im Rahmen einer kleinen, warmherzigen Geschichte dem Leser nahe gebracht werden. Man liest kein „Du sollst, du musst“ und hat nicht das Gefühl, dass einer belehrend vor einem steht.
In dem Buch geht es um eine junge Frau, die voll im Leben eingebunden / eingespannt ist. Doch es ist anstrengend, den Spagat zwischen Beruf, Familie und eigenen Wünschen zu meistern.
Völlig ausgelaugt zieht sich diese junge Frau eines Tages in den Wald zurück, an einen Ort, an dem sie als Kind immer Ruhe und Frieden gefunden hat. Hier will sie alle zu sich kommen. Doch es gesellt sich ein alte Frau – die wie aus dem Nichts erscheint - zu ihr mit der sie erst zögerlich, dann aber bereitwillig ins Gespräch kommt. Wow, eine alte Frau! Und schon kam ich mir fast vor wie in einem Märchen / in einer Sage, wo alte Leute mit ihrer Weisheit Ratsuchende auf 'rätselhafte' Art und Weise eine große Hilfe bei der Sinnsuche im Leben sind.
Ich konnte mich sehr gut in die junge Frau hinein versetzen, da sie genau die „Probleme“ hat, die viele andere. Wie komme ich in einem „vollgepumpten“ Alltag zurecht, in dem man ständig nur gefordert ist? Was brauche ich wirklich? Wie wichtig sind „Kopf“ und „Bauch“?
Das Buch kann man sicherlich in einem Rutsch lesen. Ich habe mir aber Zeit gelassen, um mich selber auch auf diese „Vier Fragen“, die die alte Dame mit der Protagonistin Schritt für Schritt bei verschiedenen Treffen im Wald erarbeitet. Nachvollziehbar werden die Antworten, die die junge Frau erhält in der Beschreibung der verschiedensten Alltagssituationen, die sehr authentisch und liebenswert erzählt werden.
Dem Buch wird außerdem aufgrund der kleinen, in sanften Farben eingefügten Illustrationen eine feine Leichtigkeit gegeben. Der Schreibstil ist locker und flüssig, man fasst sofort Fuß und wird von der wunderbaren Sprache auf fabelhafte Art mitgenommen.
Das Buch wird sicherlich nicht im Regal verstauben, da ich es bestimmt öfters lesen werde.
Die Geschichte, die auf den Erfahrungen der Autorin basiert, ist motivierend, seinen Weg zu gehen und hilft bestimmt auch, neue Wege einzuschlagen / auszuprobieren.
Und ganz wichtig ist auch: Es hilft, in sich selber reinzuhören und nicht immer zu schauen, was andere denken!

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