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Veröffentlicht am 01.10.2020

Bitte mehr Spannung

Achtung, Übernachtung!
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Hühnchen und Mats gehen in die 3. Klasse und sind allerbeste Freunde. Als ihre Eltern zu einem Kostümfest eingeladen werden, möchten sie unbedingt mit von der Partie sein und setzten alles daran, sich ...

Hühnchen und Mats gehen in die 3. Klasse und sind allerbeste Freunde. Als ihre Eltern zu einem Kostümfest eingeladen werden, möchten sie unbedingt mit von der Partie sein und setzten alles daran, sich unbemerkt einzuschleichen. Doch dann werden sie Zeuge eines Kriminalfalls.

Achtung, Übernachtung! ist ein gelungenes Hörbuch für Kinder. Die Geschichte ist sehr authentisch und lebensnah an die Welt von Achtjährigen angepasst – so spielen Walkie Talkies und die Play Station eine wichtige Rolle im Alltag. Mats und Hühnchen fühlen sich schon recht groß, haben aber noch sehr viel Unfug vor und suchen nach einem Abenteuer. Als Figuren laden sie Kinder zur Identifikation ein – jeder wurde schon einmal in der Schule geärgert und die Kommunikation via Walkie Talkie ist für alle Kinder reizvoll. Die Handlung an sich weist ein paar harmlose Spannungsmomente auf, die für einige Achtjährige sicherlich zu wenig sind. Richtig aufregend wird es eigentlich nie, da hätte es ruhig ein wenig mehr Grusel sein können. Lustige Stellen gab es zwar auch einige, aber auch hier entstand der Eindruck, dass die Geschichte ihr Potenzial nicht ganz entfaltete. Schmunzeln konnte man, laut lachen eher nicht.

Der Sprecher des Hörbuchs ist großartig. Er liest unglaublich abwechslungsreich und sehr lebendig. Jede Figur ist eindeutig zu erkennen – manchmal wird die Lesung fast zum Hörspiel.

Insgesamt ist Achtung, Übernachtung! ein inhaltlich gefälliges Hörbuch, dass gekonnt die Lebenswelt von Drittklässlern aufnimmt, dessen Spannung jedoch hinter den Erwartungen zurückblieb. Dies wird zwar durch die exzellente Sprecherleistung sehr gut aufgefangen, aber ein bisschen mehr Pfiff wäre doch wünschenswert gewesen.

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  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 27.08.2020

"Those were the days my friend" (G. Raskin)

Mein Vater, John Lennon und das beste Jahr unseres Lebens
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Anton Winter, Sohn des berühmten und gefeierten Late-Show-Moderators Buddy Winter, berichtet dem Leser vom unsteten Leben mit seinem flamboyanten, egozentrischen Vater, seinen eigenen, konsequenten Abnabelungsversuchen ...

Anton Winter, Sohn des berühmten und gefeierten Late-Show-Moderators Buddy Winter, berichtet dem Leser vom unsteten Leben mit seinem flamboyanten, egozentrischen Vater, seinen eigenen, konsequenten Abnabelungsversuchen von dieser schillernden Vaterfigur, davon, wie es ist, mit John Lennon in einem Haus zu leben, und von dem New York und Amerika des Jahres 1980 - einer verlorenen Welt.

Dieser Roman ist seltsam: während ich ihn las, fragte ich mich wiederholt, was das Ganze eigentlich soll, wohin soll es gehen, was soll am Ende dabei herauskommen und so richtig angetan war ich nicht.

Nun habe ich die letzte Seite umgeblättert und bin erfüllt von einer tiefen Melancholie und, ja, tatsächlich Traurigkeit, denn ohne es beim Lesen zu merken, hat mich das Buch berührt und war ein guter Freund - so wie John Lennon es für Anton ist und umgekehrt. Dieser emotionale Effekt auf den Leser ist letztlich der Tatsache geschuldet, dass die letzten zwei Kapitel sehr stark sind und dass der Fokus des Romans erst in der zweiten Hälfte richtig zu Tage tritt: es geht letztlich um eine symbolische, verdrehte Vater-Sohn-Beziehung, in der der Vater den Sohn wie einen Kumpel oder Vater behandelt und sich in emotionaler und professioneller Abhängigkeit von ihm befindet, während sich der Sohn zunächst völlig unbewusst, dann allmählich immer zielgerichteter, von seinem Vater lösen möchte. Hilfsfigur und Freund auf diesem Weg ist John Lennon, der in dem Roman fast schon zu einer Retterfigur stilisiert wird. Interessanterweise spielt der Text sehr häufig mit der Idee, dass man Prominente und Stars nie kennenlernen kann, sie irgendwie nie real sind, und genau dies passiert auch in diesem Buch: John Lennon bleibt trotz seiner Bedeutung für den Roman und seines regelmäßigen Auftretens eine weitestgehend unfassbare, nebulöse Figur.

Die Handlung selbst berichtet im Grunde nur von Antons Abnabelungsprozess, von seinen und Buddys Versuchen im Showgeschäft wieder Fuß zu fassen und von Treffen und Gesprächen mit John Lennon - einen eigentlichen Spannungsbogen sucht man hier vergeblich, im Gegenteil, der Roman plätschert eher gefällig vor sich hin. Das tut er jedoch wirklich sehr gut und vor allem mit einer großen Liebe zu New York und den Achtzigern. Die Beschreibungen strotzen vor Lokal- und vor allem Zeitkolorit: wir dürfen z.B. mit Anton zu den Olympischen Spielen in Lake Placid reisen und Reagans Wahlkampf erleben. Dies hat mich sehr begeistert und nostalgisch gestimmt, es ist schmerzhaft, festzustellen, dass eine Zeit, die man nun häufig so belächelt, doch ihren ganz eigenen Zauber hatte und auch das New York, das hier gezeichnet wird, für immer passé ist. Vermutlich hätte der Roman mich noch stärker in seinen Bann schlagen können, wenn ich die Beatles-Zeit und die frühen Achtziger bewusster erlebt hätte - so glaube ich insgesamt tatsächlich, dass es sich hier eher um ein Buch handelt, das besonders für die Kinder der 1950er und 1960er einen besonderen Reiz entfaltet und eine Heimkehr bedeutet.

Ein Schwachpunkt des Romans ist meines Erachtens die Anzahl zu vieler Nebenpersonen, die sich zu sehr ähneln, weil sie nicht differenziert genug konzipiert wurden. Manchmal fühlte ich mich deshalb etwas verloren in der Handlung - allerdings gestehe ich dem Autor zu, dass dies eine absichtsvolle Entscheidung war: die Buddy Winter Show ist eben eine Two-Men-Show mit dem Gaststar John Lennon - alle anderen Personen sind Nebenfiguren.

Der Roman ist eine nostalgische, sehr lesenswerte Lektüre für New York-Liebhaber, Beatles-Verehrer, Baby-Boomer und alle, die schon immer wissen wollten, wie Ronald Reagan Präsident werden konnte.

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Veröffentlicht am 04.08.2020

Der Zauber der Mode

Die Modeschöpferin
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Die Schwestern Simonetta und Chiara sind zusammen aufgewachsen, haben sich aber aufgrund der familiären Umstände und politischen Gegebenheiten aus den Augen (und dem Herzen) verloren. Beide verbindet die ...

Die Schwestern Simonetta und Chiara sind zusammen aufgewachsen, haben sich aber aufgrund der familiären Umstände und politischen Gegebenheiten aus den Augen (und dem Herzen) verloren. Beide verbindet die Liebe zur Mode und Schönheit und so ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die beiden im Modekosmos im Rom der Sechziger Jahre wieder aufeinandertreffen.

Katja Maybach bietet mit ihrem Roman eine unterhaltende und kurzweilige Geschichte für Sommertage, die einen nicht nur an schöne Plätze in der italienischen Metropole mitnimmt, sondern auch mit den harten Bandagen vertraut macht, mit denen in der Modewelt hinter dem Glanz und dem Glamour gekämpft wird. Besonders alle Aspekte, die die Mode betreffen, sind ausgezeichnet, mit Begeisterung und viel Liebe zum Detail geschildert und transportieren hervorragend die Arbeit, den Wert, aber auch die Sinnlichkeit und die Bedeutung, die Mode zu einem wesentlichen Teil der Kultur (und des Konsums) machen. Dabei kommt die Handlung des Romans weitestgehend ohne überzogene Dramatik aus. Zwar gibt es einige durchaus bedrohliche, gewaltsame und auch spannende Momente, diese fügen sich aber gut in den gesamten Handlungsverlauf ein und werden so eher zu einem Teil des "Alltags" in der Modewelt.

Belebt wird die Geschichte von zahlreichen Perspektivenwechseln, die Lesern, die diese Art des Romanaufbaus nicht unbedingt favorisieren, durchaus etwas viel werden können - auch weil dadurch manchmal etwas an Handlungstiefe und Figurenkomplexität verloren geht. Gleichzeitig erlauben diese Wechsel aber fast schon filmartige Schnitte untereinander, die wiederum äußerst erfrischend und sehr gut gemacht sind.

Der Schreibstil ist angenehm unaufgeregt und sehr lesbar - lediglich in den Brief- bzw. Aufsatzteilen habe ich den unverkennbaren Ton der jeweiligen Figur vermisst. Außer dem Wechsel in die erste Person Singular und der Kursivierung des Textes unterschieden sich diese Teile meines Erachtens kaum vom restlichen Romantext.

Die Figuren sind liebevoll und gelungen gezeichnet. Dadurch, dass fast alle unmittelbar am Modeprozess beteiligten Figuren eigene Abschnitte erhalten, lernt man als Leser die verschiedenen Figuren gut kennen und erhält Einblick in unterschiedliche Aspekte der Modewelt. Allerdings führt - wie oben bereits angedeutet - diese Kleinteilung auch dazu, dass einige Figuren zu oberflächlich behandelt werden. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass die männlichen Figuren, die als romantische Bezugspersonen der Schwestern gelten können, keine eigenen Abschnitte haben - eine gute Wahl, denn so bleiben sie recht mysteriös.

Die Modeschöpferin ist ein kurzweiliger, lebendiger und bunter Einblick in die römische Modewelt der 1960er Jahre für alle Modebegeisterten oder solche, die es werden wollen.

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Veröffentlicht am 07.07.2020

Ein Wohlfühl-Hörbuch

Man wird ja wohl noch träumen dürfen
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Thea Fuß ist Physiotherapeutin und ist mit ihrer Praxis Teil einer fröhlich-seltsamen Hausgemeinschaft in Hameln. Thea hat eine sehr eigenwillige Oma, eine einsame Schildkröte, einen GTI und keinen Mann ...

Thea Fuß ist Physiotherapeutin und ist mit ihrer Praxis Teil einer fröhlich-seltsamen Hausgemeinschaft in Hameln. Thea hat eine sehr eigenwillige Oma, eine einsame Schildkröte, einen GTI und keinen Mann – aber wer Kristina Günaks Romane kennt, weiß, dass das nicht mehr lange so bleiben wird.

Man wird ja wohl noch träumen dürfen ist weitestgehend eine fröhliche und lustige Geschichte mit interessanten und auch komischen Figuren, die allerdings zeitweise auch etwas überzeichnet wirken können, was das Vergnügen an der Geschichte aber keineswegs beeinträchtigt – lediglich Schröders Mutter würde einen Preis als „störende Figur“ gewinnen können. Der Spannungsbogen wird maßgeblich durch Theas sehr sympathische und dominante Oma aufrechterhalten, die Theas Männersuche durch einen kryptischen Traum auf die rechte Bahn zu bringen versucht. Das Schöne an diesem Roman ist jedoch, dass die klassische Suche nach dem Traummann nicht allein im Mittelpunkt der Handlung steht. Vielmehr wird der Fortgang der Story durch den Zusammenhalt der recht bunten Hausgemeinschaft geprägt – die esoterische Sachbuchautorin Margarethe, den Psychotherapeuten mit Kommunikationsproblemen Dr. Grosser, den Computer-Nerd Schröder und eben Thea – die buchstäblich zusammen durch Dick und Dünn gehen und zusammen mit dem Döner-Buden-Besitzer Mehmet ein eingespieltes Team bilden. Dieser nachbarschaftliche Zusammenhalt ist ein wesentliches Highlight des Romans und bildet einen absoluten Wohlfühl-Kontext in der heutigen Zeit, in der man den Nachbarn meist kaum noch kennt. Auch ein Großteil der Komik und des Humors für den Günaks Texte bekannt sind, wird aus diesem Zusammenspiel der Hausgemeinschaft gespeist. Aber auch Theas regelmäßiges Eintauchen in den „Emanzen“-Modus sorgt für witzige Einlagen, die den Hörer zum Schmunzeln und Lachen bringen. Die Liebesgeschichte selbst ist sehr natürlich und unaufgeregt in den Roman eingebunden, sie ist überzeugend, ungekünstelt und vor allem nicht gefühlsduselig.

Das Hörbuch wird von Vanida Karun gelesen, die eine sehr schöne, eingängige und angenehme Stimme hat und sich mit dem Text sehr wohlfühlt. Sie versteht es wunderbar, jeder Rolle eine eigene, zum Charakter passende, Stimme zu verleihen. Wenn sie vorliest, wird es nicht langweilig. Stundenlanges Hören ist kein Problem!

Man wird ja wohl noch träumen dürfen ist ein lustiges Wohlfühl-Hörbuch für fröhliche Unterhaltungsstunden zwischendurch mit Figuren, die einem rasch ans Herz wachsen.

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Veröffentlicht am 23.06.2020

Der etwas andere Mörder

Achtsam morden
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Ich habe Achtsam morden als Audiobook gehört und sehr genossen. Zu Beginn bin ich etwas schwer in die Story reingekommen, da mir die Art des Sprechers zunächst nicht zugesagt hatte. Dies hat sich im Verlauf ...

Ich habe Achtsam morden als Audiobook gehört und sehr genossen. Zu Beginn bin ich etwas schwer in die Story reingekommen, da mir die Art des Sprechers zunächst nicht zugesagt hatte. Dies hat sich im Verlauf der Geschichte aber komplett geändert, denn gerade die ruhige, besonnene und achtsame Lesart des Sprechers verstärkt die Wirkung und Bedeutung des Textes. Angesichts der abstrusen, unglaublichen und wahnsinnig unterhaltenden Story ist gerade die vom Sprecher sehr überzeugend ausgestrahlte Achtsamkeit eine wahre Bereicherung. Die Geschichte selbst ist absolut gelungen, da sie nicht nur sehr bissig und schwarzhumorig mit dem ganzen Achtsamkeitshype liebevoll aufräumt, sondern auch äußerst entlarvende und zutreffende Beobachtungen unserer Gesellschaft beinhaltet. Sehr zu empfehlen! Und nun muss ich noch ein wenig meine Begeisterung "wegatmen".

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