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Veröffentlicht am 22.07.2020

Spannender Fall vor schöner Kulisse

Dunkles Lavandou (Ein-Leon-Ritter-Krimi 6)
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Le Lavandou liegt in der wunderschönen Provence, das Wetter ist frühsommerlich, alles könnte so schön sein, doch der Schein trügt. Eine junge Frau wird unter einer Autobahnbrücke gefunden. War es Selbstmord ...

Le Lavandou liegt in der wunderschönen Provence, das Wetter ist frühsommerlich, alles könnte so schön sein, doch der Schein trügt. Eine junge Frau wird unter einer Autobahnbrücke gefunden. War es Selbstmord oder steckt etwas anderes dahinter? Der deutsche Pathologe Leon Ritter hält einen Selbstmord für unwahrscheinlich, den rituelle Zeichen und Folterspuren lassen ganz anderes befürchten und es verschwinden weitere Frauen…als die Stieftochter des französischen Kultusministers verschwindet, kommt es nicht nur zu einem Presserummel, sondern auch zur „Verstärkung“ des Teams durch einen Sonderermittler aus Paris.

Für mich war es der erste Teil der Reihe. Ich hatte im Vorfeld so viel Gutes gehört, dass ich den Einstieg mittendrin einfach gewagt habe und ich habe es überhaupt nicht bereut, auch wenn der Einstieg mit den sechsten Fall sicher nicht immer eine gute Idee ist – hier war es kein Problem. Das Privatleben der Ermittler ist nachvollziehbar und die Fälle sind offensichtlich in sich geschlossen. Besonders gelungen fand ich die Beschreibung von Le Lavandou, der Region und Bewohner. Das Lebensgefühl wird deutlich herausgearbeitet und das Kulinarische kommt auch nicht zu kurz. Ganz wie man es von Krimis dieser Art kennt – ich persönlich bin zwar nicht so der Fan davon, aber es passt noch – soooo ausufernd war es nicht und gäbe es zu wenig Lokalkolorit wäre ich auch enttäuscht, also alles richtig gemacht.

Leon Ritter hat bei den französischen Polizisten nicht den leichtesten Stand, denn seine Methoden sind nicht immer ganz herkömmlich. Insgesamt sind die Polizisten ein wenig speziell und scheinen auch mal auf der Leitung zu stehen. Selbst Ritter erkennt nicht so früh wie ich was gespielt wird….das ist auch der größte Kritikpunkt an dem Buch. Ich war dem Täter schnell auf die Spur gekommen und wunderte mich, dass die Ermittler so lange im Dunklen tappen, auch wenn immer wieder neue potentielle Täter auftauchen. Trotzdem hat mir das Buch auch weiterhin gut gefallen. Der Fall ist an sich spannend, die Tathintergründe sind nicht unbedingt neu, aber gut umgesetzt und der Schreibstil so flüssig, dass ich das Buch binnen kurzer Zeit schon wieder beendet habe. Heftig fand ich die Kapitel, die die Qualen der Opfer verdeutlichten – das ist nichts für Zartbesaitete.

Es war ein weitgehend spannender Fall vor toller Kulisse mit gelungenen Charakteren, nur den Täter hatte ich etwas schnell erahnt. Ich werde die Reihe weiterverfolgen – auch wenn so manches Klischee bedient wird - und empfehle dieses Buch gerne weiter.

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Veröffentlicht am 06.07.2020

Gelungener Genremix

Fräulein Gold: Schatten und Licht
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Hulda Gold ist eine taffe Hebamme, alleinstehend und lebt mitten in den 20ern in Berlin. Der erste Weltkrieg ist vorbei, die Nachwehen dauern aber noch an. Armut ist allgegenwärtig und auch Huldas Mütter ...

Hulda Gold ist eine taffe Hebamme, alleinstehend und lebt mitten in den 20ern in Berlin. Der erste Weltkrieg ist vorbei, die Nachwehen dauern aber noch an. Armut ist allgegenwärtig und auch Huldas Mütter leben mehrheitlich in finanziell schwierigen Verhältnissen. Als wäre die Armut nicht genug, ist Berlin ein gefährliches Pflaster...

Erwartet habe ich die Geschichte einer Hebamme, die Einblicke in die damaligen Bedingungen gewährt. Der Leser findet das auch vor, aber noch vieles mehr, denn ein Mordfall direkt zu Beginn des Buches beschäftigt die junge Frau sehr nachhaltig. Zunächst lernt man die Hebamme und ihr Umfeld besser kennen. Hulda liebt ihren Job als Hebamme, obwohl ihre Arbeit sie mitten in Armutsviertel führt und nicht selten mit schwierigen Schicksalen konfrontiert wird. Besonders bewegt sie das Schicksal der Nachbarin einer ihrer Wöchnerin. Rita, eine Frau die als Krankenschwester über viele Jahre gute Arbeit leistete, ist nach dem Tod ihrer Familie ins Nichts abgerutscht. Zuletzt hat Rita als Prostituierte gearbeitet und wurde kürzlich tot aufgefunden. Selbstmord oder doch ein Mord? Die Ermittlungen scheinen Hulda, die sich auch mal gerne ins Berliner Nachtleben stürzt, bestenfalls halbherzig geführt und so beginnt sie ihre eigenen Ermittlungen und gerät nicht nur einmal in eine brenzlige Situation…aber die junge Frau mit Ecken und Kanten bleibt hartnäckig.

Der Schreibstil ist angenehm, flüssig zu lesen und auch die authentischen Protagonisten, so verschieden sie sind, haben mit ihrem Facettenreichtum überzeugt. Der Zeitgeist wird anschaulich präsentiert und ganz nebenbei zeigt die Autorin die Unsicherheiten und Ängste jener Zeiten auf. Das Aufbäumen der Rechten wird immer wieder kurz thematisiert. Hulda scheint die Brisanz ob ihres politischen Desinteresses gar nicht so richtig wahrzunehmen. Viel lieber beschäftigt sie sich auf Mikroebene um die Menschen, statt sich um das ganz große Ganze den Kopf zu zerbrechen. Das mag naiv wirken, aber aus ihrer Sicht es ist nachvollziehbar.
Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt und dann gibt es da noch das Tagebuch von Rita, welches sie trotz ihres Todes greifbar werden lässt.

Die Auflösung des Falles war weitgehend spannend und gelungen. So hatte ich es nicht unbedingt erwartet, war aber in sich stimmig.
Zwischendurch gab es trotzdem immer wieder mal manche Länge, vor allem das Liebeswirrwarr hat mich nicht so begeistern können, aber die Sequenzen waren noch recht überschaubar, sodass sich die Geschichte hauptsächlich um den Kriminalfall und die Hebammentätigkeit, inklusive Sozialkritik, dreht.

Ein unterhaltsamer und kurzweiliger Genremix, der mich überzeugt hat, daher freue ich mich schon sehr auf den nächsten Teil.


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Veröffentlicht am 25.06.2020

Geschichtlich wichtig, emotional ansprechend

Ich bleibe hier
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Trina stammt aus einem idyllischen Bergdorf in Südtirol. Alles könnte so schön sein. Sie hat gute Freundinnen, kann sich den Traum vom Lehrerinnendasein erfüllen, doch dann kommt alles anders. Die Faschisten ...

Trina stammt aus einem idyllischen Bergdorf in Südtirol. Alles könnte so schön sein. Sie hat gute Freundinnen, kann sich den Traum vom Lehrerinnendasein erfüllen, doch dann kommt alles anders. Die Faschisten verbieten ihr das Unterrichten, die Anwohner werden gezwungen sich zu entscheiden, ob sie nach Deutschland auswandern oder in Südtirol als Menschen zweiter Klasse verbleiben. Ihr Mann muss Kriegsdienst verrichten, die Kinder machen Kummer, die Nazis sorgen auch für große Probleme und ein Stausee soll gebaut werden, der das Dorf gefährdet.

Der Schreibstil ist sehr ansprechend, sehr klar, ohne Klitsch und ziemlich eindringlich. Authentische Charaktere, die teilweise über sich hinaus wachsen und diese Geschichte, die auf wahren geschichtlichen Begebenheiten beruht, haben mich gefesselt. Es ist schier unglaublich was die Menschen in Südtirol damals erleiden mussten - und wie ich finde weiß man eigentlich viel zu wenig darüber bzw. ist es viel zu selten Thema. Wie schlimm tatsächlich alles war, hatte so nicht auf dem Schirm, denn es verblasst ein wenig im Vergleich zu DEN Gräueltaten der Nazis - das macht das Geschehen aber nicht besser. Das heute so beliebte Urlaubsziel birgt so viel Geschichte, die Menschen zermürbt hat, das möchte man kaum glauben: Umso wichtiger finde ich dieses Buch. Es zeigt, was tatsächlich hinter diesem interessant anzusehenden Kirchturm mitten im See steckt - alles andere als eine schöne Sache.
Auch zeigt die Geschichte beeindruckende Menschen, die über sich hinaus wuchsen, Widerstand leisteten, ihre Heimat schätzten und (versuchten zu) schützten. Sie haben alles verloren, ihre Sprache, ihre Identität und nun sollen sie auch noch ihres Lebensraumes beraubt werden...

Geschichtlich wichtig, emotional ansprechend kann ich das Buch nur empfehlen.

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Veröffentlicht am 09.06.2020

Bombiges Wiedersehen

Schwarzer August
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Lost ist mit der Schwester seiner Chefin auf Wolke 7. Die beiden genießen ihre Zeit in vollen Zügen, bis ein Bombenattentäter die Region aufsucht und Angst verbreitet. Zwar verursacht der Bombenleger nur ...

Lost ist mit der Schwester seiner Chefin auf Wolke 7. Die beiden genießen ihre Zeit in vollen Zügen, bis ein Bombenattentäter die Region aufsucht und Angst verbreitet. Zwar verursacht der Bombenleger nur Sachschaden – doch eine Eskalation ist nicht ausgeschlossen und selbst für das Team um Lost wird die Situation brenzlig. Was ist das Motiv des Täters?

Es beginnt beschaulich und schön und der glückliche Lost hat mich wieder so oft schmunzeln lassen. Er ist einfach ein netter Geselle und durch sein Asperger so besonders. Er kann nicht lügen, Berührungen sind ihm in der Regel nicht recht und so manches andere ist auch speziell, aber es hat auch seine Vorteile, denn er geht streng logisch vor (nicht selten vergeben sich an diesen Stellen lustige Momente) und hat ein schier unglaubliches Wissen. Erwähnt werden sollte an der Stelle vielleicht noch, dass die Beeinträchtigung nie ins Lächerliche gezogen wird. Doch er ist nicht der einzige, der für Lacher sorgt, denn auch der Spanier Duarte versucht wieder besonders unverzichtbar zu sein und seinem Vater zu gefallen…

Die Spannung baut sich eher langsam auf, denn es geht hier immer um mehr als „nur“ den Fall, der vielleicht in Summe nicht ganz so spannend war, wie andere Fälle, aber trotzdem überzeugen konnte. Das Motiv des Täters war mir ein wenig zu schnell abgehandelt, aber in sich war es stimmig und auch up to date (hier kann ich selbstredend nicht ins Detail gehen).
Blut und Brutalität sind hier kaum vorhanden und das gefällt mir sehr, denn hier wäre es einfach unpassend. Das Team – so individuell und authentisch die Charaktere auch sind -, ergänzt sich perfekt und das Setting ist einfach toll. Es fühlt sich beim Lesen an, als wäre man tatsächlich in Portugal. Das beinhaltet auch kleine Kitschanteile, aber der Autor fängt sich schnell wieder.

Es ist der vierte Teil der Reihe. Ich würde nicht unbedingt empfehlen mit diesem Teil zu starten, aber möglich ist es, da die Fälle in sich geschlossen sind. Hier ist jedoch die Entwicklung der Charaktere auch nicht unwesentlich, sodass es doch schade wäre, würde man nicht von Beginn an die Geschichte verfolgen.

Genau das richtige Buch, um Urlaubsfeeling auch auf Balkonien zu haben.

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Veröffentlicht am 29.05.2020

Überraschender Auftakt

DUNKEL
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Kommissarin Hulda Hermannsdóttir zählt bereits 64 Lenze, hat keine Familie mehr und muss bald in den Ruhestand. Zu ihrer Überraschung kann ihr Chef sie scheinbar nicht schnell genug durch einen jüngeren ...

Kommissarin Hulda Hermannsdóttir zählt bereits 64 Lenze, hat keine Familie mehr und muss bald in den Ruhestand. Zu ihrer Überraschung kann ihr Chef sie scheinbar nicht schnell genug durch einen jüngeren Kollegen ersetzen und setzt ihr ein Ultimatum. Einen letzten Fall, einen der vielleicht keiner ist, hat sie ihm auch den Rippen geleiert. Vor über einem Jahr wurde eine russische Asylbewerberin tot aufgefunden und die Ermittlungen waren bestenfalls halbherzig geführt worden…

Ein interessante Ermittlerin, die in den Ruhestand soll; ein Fall, der vielleicht gar keiner ist und recht aussichtslos erscheint, dunkle Geheimnisse und eine besondere Idee machen das Buch unterhaltsam, auch wenn die ersten Seiten nicht ganz so überzeugend waren, hat sich dann einiges getan.

Der Schreibstil ist recht rund und man liest sich vor allem in den Abschnitten mit kurzen Kapiteln schnell fest, sodass das Buch schnell gelesen ist. Die drei Zeitebenen, die die aktuellen Ermittlungen, aber auch Ereignisse in der Vergangenheit beleuchten lassen sich erst nach und nach in Einklang bringen, aber das machte es für mich nur interessanter. Was hat es mit der jungen, unverheirateten Mutter auf sich? Und wer macht im kursiv gedruckten Abschnitt einen Ausflug in eine unwirtliche Gegend Islands?

Protagonistin Hulda hat mich einerseits beeindruckt, da sie gegen alle Widerstände – und derer gab es viele - eine ordentliche Karriere hingelegt hat und auch die menschliche Komponente nicht zu kurz kommt. Daher beschäftigt sie sich auch mit dem Cold case, denn die junge Russin hat sonst keinen Fürsprecher. Obwohl es zahlreiche Hürden zu nehmen gilt, arbeitet sie unbeirrt an dem Fall weiter, für die Gerechtigkeit. Andererseits hat sie dunkle Seiten und bis zum Ende des Buches war ich zwiegespalten zwischen Bewunderung und Verwunderung…kurz: Ein sehr facettenreicher Charakter! Vor allem eine Sache hat mich tief getroffen. Schade, dass manche wirklich vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen.

Sowohl Hulda Porträt, als auch der Fall werden häppchenweise vorangetrieben und manche Enthüllung hat es wirklich in sich. Es sind dabei eher die persönlichen Aspekte, denn der Fall ist wenig spektakulär, sondern eher gewöhnlicher und realistischer Natur – wenn ich auch lange im Dunklen getappt bin.

Die Idee hinter der Reihe ist mal was anderes und ich finde das recht überzeugend. Leider kann ich hier nicht näher darauf eingehen, aber ich empfehle Freunden von Krimis und Thrillern die Lektüre, um sich ein eigenes Bild zu machen.

Mich hat die Geschichte, bei der vieles nicht so ist, wie es scheint, sozialkritische Themen angeschnitten werden und viele Überraschungen auf den Leser warten, weitgehend überzeugt und ich werde die Reihe daher auch fortsetzen.

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