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Veröffentlicht am 16.08.2020

There is no Business like Showbusiness

Mein Vater, John Lennon und das beste Jahr unseres Lebens
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Es gibt eine Frage, die Musikfans weltweit in zwei Lager spaltet: "Beatles oder Rolling Stones, wer gefällt dir besser?" Bei mir waren es seit jeher die Beatles, die sympathischen Pilzköpfe aus Liverpool, ...

Es gibt eine Frage, die Musikfans weltweit in zwei Lager spaltet: "Beatles oder Rolling Stones, wer gefällt dir besser?" Bei mir waren es seit jeher die Beatles, die sympathischen Pilzköpfe aus Liverpool, denn ich empfinde ihre Musik als eingängiger als die der Stones, mit der konnte ich einfach schon immer mehr anfangen, selbst als meine Musiklehrerin im Unterricht mein liebstes Beatles-Lied "Let it be" mit ihrer viel zu hohen Flötenstimme regelmäßig verschandelthat. Reine Geschmackssache.
Kürzlich habe ich erst den Film "Yesterday" geschaut, in dem über Nacht einfach mal die ganze Welt die Musik der Beatles vergisst und ein Kleinstadtmusiker die Gunst der Stunde für sich nutzt und mit den Klassikern der Band zu Ruhm kommt. Nicht lang danach fand auf Lovelybooks. de die Gewinnspielrunde zu "Mein Vater, John Lennon und das beste Jahr unseres Lebens" statt und ich wusste, das ich das Buch lesen wollte, natürlich wegen der Beatles und weil ich wissen wollte, inwiefern John Lennon dazu beigetragen hat, dass der Ich-Erzähler das beste Jahr seines Lebens hatte. Ich habe mich beworben und als eine der glücklichen ausgewählt, dass Buch lesen und rezensieren zu dürfen. Dankedafür, Lovelybooks.

Im Buch geht es in erster Linie um einen amerikanischen Talkmaster, der auf der Bühne einen Nervenzusammenbruch erlitt und einfach alles von einem Tag auf den anderen hingeschmissen hat. Er lässt einfach alles stehen und liegen und begibt sich auf einen Trip um die Welt, um wieder zu sich selbst zu finden. In der Zwischenzeit erkrankt sein Sohn Anton, der nach Afrika zum Peace Korp gegangen ist, weil er es satt hatte, stets im Schatten seines berühmten Vaters zu stehen, ander Malaria und stirbt fast daran. Nach seinem Nahtoterlebnis kehrt er nach New York zurück, ins Dakota-Haus, wo das Who is Who der Fernseh-, Film- und Musikbranche wohmt. Und auch John Lennon mit Yoko Ono und ihrem gemeinsamen Sohn Sean.
Diesem bringt Anton das Segeln bei, weshalb John sich mit einer gemeinsamen Segeltour zu den Bermudas revanchiert. Während der Reise und auch immer wieder an vereinzelten Stellen im Buch erzählt Lennon von den anderen Beatles, so erfährt man zum Beispiel, dass Paul McCartney mal am Flughafen (irgendwo im asiatischen Raum) mit Drogen erwischt wurde und das Ringo während seiner Kindheit beinahe an einer Blinddarmentzündung verstorben wäre und später noch an Tuberkulose erkrankte, ziemlich interessante Geschichten, wenn man sich mit den einzelnen Biographien der Beatles noch nicht großartig auseinandergesetzt hat. Und genau diese Infos haben bewirkt, dass ich mir die offizielle Beatles-Biographie bestellt habe, denn ich möchte noch mehr erfahren (Wissen, das ich nicht brauche, aber aufsauge wie ein Schwamm).
Anton hilft seinem Vater, wieder zurück ins Fernsehen zu kommen, ist sich aber darüber im Klaren, dass er sich, sobald sein Vater wieder fest im Sattel sitzt, von ihm abnabeln und sich um eigene Projekte bemühen will. Buddys Comeback läuft nicht ganz so gut wie erwartet und so beschließt Anton, die Beatles in der Talkshow seines Vaters wieder zu vereinen. Doch leider ahnt man es irgendwie schon: Man schreibt den Dezember 1980. Im Januar soll die Wiedervereinigung stattfinden und jeder Beatles-Fan weiß, wieso sie nie stattfand.

In "Mein Vater, John Lennon und das beste Jahr unseres Lebens" geht es viel um Zusammenbrüche jeder Art, Trips zu sich selbst, zur inneren Mitte und schließlich zur Selbstfindung. Man könnte meinen, die Geschichte währe ein gemeinsamer Song von John Lennon und Yoko Ono. Alles in allem hat Tom Barbash aber eine angenehme Art zu schreiben und man liest die Geschichte gern. Sie gibt nicht nur Einblick in das Leben diverser Stars, Sternchen und Talkmaster (vor allem mit Talkmaster habe ich mich nie zuvor beschäftigt), sie zeigt auch auf, das berühmte Menschen auch nur mit Wasser kochen. Und das Buch ist ein Muss für jeden John Lennon - Fan.

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Veröffentlicht am 11.08.2020

Ein detaillierter historischer Roman mit wenig Schnulz aber viel Schlacht

Eine Liebe zwischen den Fronten
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Ich gehöre einer Generation an, die glücklicherweise in Friedenszeiten aufgewachsen ist und nie einen Krieg erleben musste. Darüber schätze ich mich sehr glücklich und hoffe, dass es so bleibt, doch das ...

Ich gehöre einer Generation an, die glücklicherweise in Friedenszeiten aufgewachsen ist und nie einen Krieg erleben musste. Darüber schätze ich mich sehr glücklich und hoffe, dass es so bleibt, doch das ist keine Selbstverständlichkeit. Wir brauchen nur über unseren Tellerrand hinauszuschauen und können feststellen, dass es überall auf der Welt noch Kriege gibt, meist um Rohstoffe, Territorien oder religiöse Ansichten.
Wer einen Krieg anzetteln will, findet immer einen Grund. So wie Napoleon III. im Jahre 1870, der sich nicht mit dem Gedanken anfreunden konnte, dass ein Hohenzoller den spanischen Thron besteigen wollte. Ein weiterer Hohenzoller, ein Saupreiß, wie die Bayern so schön sagen würden. Die für Napoleons Geschmack sowieso schon zu viel Macht besaßen. Damit besiegelte er nicht nur sein Schicksal und das Frankreichs, er trat auch eine Lawine los, die das gesamte 20. Jahrhundert prägte.

Genau von diesem Krieg, nämlich dem Deutsch-Französischen, erzählt Maria W. Peter anhand der Schicksale des Liebespaares Paul und Madlen, auf eindrucksvolle Weise. Paul ist preußischer Arzt und hat sein Handwerk bei Madleines Vater Albert Teilliers gelernt. Dieser ist von Metz in Frankreich nach Berlin gezogen, um seinen Horizont zu erweitern, neue Behandlungsmethoden zu erlernen, die seinen Patienten zu Gute kommen können. Seine Tochter Madeleine, die sich selbst sehr für die Medizin interessiert, ist ihm nach Berlin gefolgt und lernte dort schließlich Paul kennen und lieben. Am Tag ihrer Verlobung bricht der Deutsch-Französische Krieg aus und trennt die beiden auf unbestimmte Zeit. Das gibt uns die Möglichkeit, die beiden Charaktere, teils auch deren familieren Hintergrund genauer kennenzulernen.
Maria W. Peter hat für ihren Roman bis ins letzte Detail recherchiert, die Schlachten und historischen Personen sind haargenau beschrieben, wie von der Geschichte überliefert. Das macht ihren Roman authentisch und die Geschehnisse sehr gut nachvollziehbar. Ich hatte beim Lesen ihre beschriebenen Szenen stets bildlich vor Augen, konnte mich in ihre Protagonisten hineinversetzen und musste das ein oder andere Mal den Kopf über sie schütteln. Vorzugsweise über Clément.
Auch wenn der Buchtitel vermuten lässt, dass es sich bei dem Roman um einen reinen Frauenroman handelt, so können ihn auch geschichtsinteressierte Männer bedenkenlos lesen. Es gibt keine übertriebene Romantik, dafür Fakten, Fakten, Fakten. Meine Leseempfehlung für alle, die sich für den Deutsch-Französischen Krieg interessieren.

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Veröffentlicht am 11.08.2020

Von medizinischen und emanzipatorischen Durchbrüchen

Die Charité: Aufbruch und Entscheidung
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Man stelle sich vor, man Lebe in einer mysogynen Gesellschaft. Als Frau hat man sich erst dem Vater, später dem Gatten unterzuordnen, man darf nicht studieren oder den Beruf seiner Wahl lernen, denn es ...

Man stelle sich vor, man Lebe in einer mysogynen Gesellschaft. Als Frau hat man sich erst dem Vater, später dem Gatten unterzuordnen, man darf nicht studieren oder den Beruf seiner Wahl lernen, denn es heißt, dafür fehle der Damenwelt der Intellekt und das seelische Nervenkostüm wäre nicht robust genug. Alles, was für die Männerwelt selbstverständlich ist, müssen sich die Frauen hart erkämpfen. Eine furchtbare Vorstellung, oder? Und doch war eben dieses "Schreckensszenario" vor gerade mal 115 Jahren noch der Alltag für die Damenwelt des deutschen Kaiserreichs. Das dem heute zum Glück nicht mehr so ist, verdanken wir Frauen wie Dr. Rahel Hirsch, einer der ersten Ärztinnen an der Berliner Charité und Melli Beese, die erste deutsche Pilotin. Sie waren Pionierinnen auf ihrem Gebiet, setzten sich gegen die Unkenrufe und Sabotageversuche ihrer männlichen Kollegen durch und erreichten, wenn auch nur etappenweise, ihre Ziele, die sie sich gesetzt hatten.
Von diesen beiden mutigen Frauen erzählt uns Ulrike Schweikert in ihrem zweiten Charité-Roman. Sie zeigt uns aber nicht nur das Schicksal der beiden mutigen Frauen auf, sondern nimmt uns auch mit, die Sternstunden und Durchbrüche in der Medizin zu erkunden. Mit ihrem wunderbaren Schreibstil fällt es dem Leser oder der Leserin aber auch nicht schwer, in die Geschichte einzusteigen oder ihr zu folgen. Gerne darf uns Ulrike Schweikert noch mehr über die Charité erzählen. Das nächste Mal vielleicht über Ärztinnen im Dritten Reich und Dr. Ferdinand Sauerbruch?

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Veröffentlicht am 12.07.2020

Ein Loblied auf die Schule, aber es ist möglich, dass die Schule es nicht merkt

Die Feuerzangenbowle
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Wer kennt ihn nicht, den Pfeiffer mit "drei äff"? Der 24-Jähriger Schriftsteller schmiedet mit den albernen Herrschaften seiner wöchentlichen Männerrunde, allesamt betagte Herren in hohen Positionen und ...

Wer kennt ihn nicht, den Pfeiffer mit "drei äff"? Der 24-Jähriger Schriftsteller schmiedet mit den albernen Herrschaften seiner wöchentlichen Männerrunde, allesamt betagte Herren in hohen Positionen und Ämtern, über einer Feuerzangenbowle den wahnwitzigen Plan, ans Gymnasium zu gehen und sich dort als Pennäler der Oberprima auszugeben. Warum das Ganze? Weil Pfeiffer nie auf dem Gymnasium war und daher den Klamauk verpasst hat, den die Primaner mit ihren Lehrern trieben. Auch er soll in den Genuss von albernen Streichen kommen, den man den seinen Lehrern gespielt hat. Und so lässt der Pfeiffer alles stehen und liegen, wirft sich in den Pennäler-Anzug, setzt die Primanermütze auf und reist in eine Kleinstadt an der Oder.



Wer den Film "Die Feuerzangenbowle" gesehen hat, der weiß nun, wie die Geschichte weitergeht. Sie ist kein Novum. Dennoch schlägt uns die Geschichte, vielleicht gerade aus nostalgischen Gründen, immer wieder in ihren Bann. Wir können herzlich über die Streiche lachen, die der Pfeiffer ausheckt, wir wissen, dass er sie erobert, aber drücken ihm dennoch die Daumen, dass er seine Eva um den Finger wickelt (obwohl die Beziehung aus heutiger Sicht eher fragwürdig und eher Bestandteil des Strafgesetzbuches wäre, aber der Direktor wollte seine Tochter ja auch an mit dem sehr viel älteren Schnauz verheiraten).



Nun, die Novelle von Heinrich Spoerl ist noch ein wenig ausführlicher, an einigen Stellen schlägt Pfeiffer ganz ernste Töne an oder philosophiert mit dem kleinen Luck. Allein wegen diesen Stellen im Buch ist die Lektüre der Novelle anzuraten. Im Gegensatz zu anderen Autoren seiner Zeit schreibt Spoerl auch weder antiquiert, noch schwurfelig, so lässt sich die Geschichte angenehm und flüssig lesen. In der Ausgabe des Droste Verlages kann man gar noch etwas zur Enstehung des Feuerzangenbowle-Stoffes erfahren. Man sollte sich also überlegen, ob man sich dieses Lesevergnügnen entgehen lassen will. Da würde man definitiv etwas verpassen.

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Veröffentlicht am 07.07.2020

Eine Liebe gegen alle Widerstände, die tatsächlich weit über den Tod hinaus geht

Wo du nicht bist
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Stell dir vor, du findest völlig unverhofft die Liebe deines Lebens, ihr baut euch zusammen ein Leben auf, wollt heiraten, die Welt ist schön. Doch plötzlich verändert sich die politische Lage in deinem ...

Stell dir vor, du findest völlig unverhofft die Liebe deines Lebens, ihr baut euch zusammen ein Leben auf, wollt heiraten, die Welt ist schön. Doch plötzlich verändert sich die politische Lage in deinem Heimatland und eure Beziehung darf vor dem Gesetz nicht mehr existieren. Deine große Liebe wird als Mensch zweiter Klasse gesehen, du wirst beleidigt, weil du dich mit ihm eingelassen hast, wirst drangsaliert, nur weil du liebst. Was tust du? Ziehst du dich aus der Beziehung zurück und hoffst, eines Tages jemanden anderen zu finden, den du lieben kannst oder gehst du gegen alle Widerstände an und kämpfst um den Menschen, der dir alles bedeutet?
Vor diese Entscheidung sieht sich auch Irmgard Weckmüller gestellt.

Ihr Leben war von Anfang an alles andere als leicht. Ihr Vater fällt im ersten Weltkrieg, ihre Mutter nimmt sich kurze Zeit später deshalb das Leben und lässt Irma und ihre Schwester allein zurück. Beide sind noch Kinder und sollen eigentlich ins Waisenhaus, doch die Nachbarsfrau greift ein und zieht die beiden Mädchen (wenn auch nicht ganz uneigennützig) groß.
Die Mädchen werden erwachsen und finden Arbeit, Irma im chicen KaDeWe und Martha in Diensten einer wohlhabenden Familie. Leider ist Marthas Arbeitgeber ein Schuft und vergreift sich mehrmals an ihr. Dabei wird sie schwanger, will das Kind aber nicht behalten. Irma tut einen Arzt auf, der ungewollte Schwangerschaften unterbricht: Dr. Erich Bragenheim. Schon beim ersten Aufeinandertreffen mit Erich fühlt sich Irma augenblicklich zu ihm hingezogen, und der Arzt erwidert ihre Gefühle. Es dauert einige Zeit, doch die beiden werden ein Paar und hegen eine unendliche Liebe füreinander. Sie wollen heiraten und ihr Leben miteinander verbringen, doch die Machtergreifung Hitlers wirft ihre Schatten auf die Idylle, denn Erich ist Jude.

Die Geschichte von Irma und Erich ist sehr ergreifend, vor allem, weil Irma nicht aufhört, um ihre große Liebe zu kämpfen, ganz gleich, welche Schikanen die Nazis ihr zuteil werden lassen. Auch nach Erichs Tod und kämpft Irma weiter, nämlich dass ihre Liebe vor dem Gesetz endlich anerkannt wird: Sie will Erich noch posthum heiraten. Dafür nimmt sie wiederum viel Ärger auf sich, hält aber Diffamierungen sowie die Schikanen der Bürokratie stand.

Wenn man bedenkt, dass die Geschichte auf wahren Begebenheiten beruht, dass es Irmgard Weckmüller und Erich Bragenheim wirklich gab und das Irma tatsächlich darum gekämpft hat, dass ihre Ehe mit Erich anerkannt wird, obwohl dieser viele Jahre zuvor gestorben ist, dann leidet man noch viel mehr mit den Protagonisten. Auch am Ende des Buches zu lesen, dass Erich einen Stolperstein bekommen hat, hat mich sehr berührt. Ja, "Wo du nicht bist" geht generell sehr ans Herz. Und an die Nieren. Und sollte unbedingt gelesen werden.

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