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Veröffentlicht am 31.07.2020

Sehr atmosphärisch und toller Schreibstil

Klammroth
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Siebzehn Jahre nach dem tragischen Unfall, der ihr aller Leben verändert hat, sind die Menschen in dem kleinen Ort Klammroth noch immer traumatisiert. Ein Unglück im örtlichen Tunnel forderte zahlreiche ...

Siebzehn Jahre nach dem tragischen Unfall, der ihr aller Leben verändert hat, sind die Menschen in dem kleinen Ort Klammroth noch immer traumatisiert. Ein Unglück im örtlichen Tunnel forderte zahlreiche Leben von Kindern, die Überlebenden wurden auf ewig gebranntmarkt. So auch Anais, die nun das erste Mal seit damals dorthin zurückkehrt. Doch etwas Unerklärliches geht in dem Ort vor sich und der Tunnel birgt ein düsteres Geheimnis. Anais gerät wieder in die Fänge von Klammroth und muss schon bald feststellen, dass noch immer Opfer gefordert werden ...



Mit „Klammroth“ hat Isa Grimm (von der man mittlerweile weiß, dass es in Wahrheit Kai Meyer ist) einen unglaublich starken atmosphärischen Roman im Bereich Horror geschaffen. Sein Schreibstil ist einfach genial und überzeugend, er weiß mit Worten umzugehen und sie zu formen und schafft es so, einen beim Lesen in den Bann zu ziehen. Das hat mir bisher bei allen Büchern, die ich von ihm gelesen habe, sehr gefallen. So erzeugt er bei diesem Buch durchweg ein ungutes Gefühl beim Lesen, wenn man gemeinsam mit Anais durch Klammroth streift, düsteren Geheimnissen unfreiwillig auf die Spur kommt und an jeder Ecke etwas Schlimmes erwartet. So wie es bei einem solchen Buch auch sein soll.

Inhaltlich fand ich die Idee wirklich sehr spannend. Ein gruseliger Tunnel in dem ein Unfall geschah. Dann stellt sich aber heraus, dass es nicht einfach ein gewöhnlicher Unfall war, sondern noch mehr Dinge und Gegebenheiten an diesem Ereignis haften, die bis in die Gegenwart ragen. Hier hätte ich mir die Handlung allerdings noch etwas tiefergehender gewünscht. Ich weiß nicht ganz, wie ich es beschreiben soll, aber ich hätte mir noch mehr Düsteres und Übernatürliches vom Tunnel erhofft, noch ein bisschen mehr Ausarbeitung für das Ende bzw. die Auflösung, was da in dem Ort passiert. Ich glaube, da wäre noch etwas mehr Potenzial drin gewesen.

Nichtsdestotrotz hat mir das Buch gefallen – Idee, Schreibstil, Atmosphäre – und deshalb würde ich es weiterempfehlen, wenn man das Genre gern liest. Ich hab das Buch fast an einem Stück gelesen.

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Veröffentlicht am 30.07.2020

Schönes Wohlfühlbuch mit vielen Handlungssträngen

Die kleinen Geheimnisse des Herzens
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In dem kleinen Dorf Pengelly in Cornwall hat gute Nachbarschaft einen besonders hohen Stellenwert. Die meisten der schon älteren Einwohner*innen pflegen eine enge Verbindung, damit niemanden im Alter die ...

In dem kleinen Dorf Pengelly in Cornwall hat gute Nachbarschaft einen besonders hohen Stellenwert. Die meisten der schon älteren Einwohner*innen pflegen eine enge Verbindung, damit niemanden im Alter die Einsamkeit überfällt. Dorthin verschlägt es Emily, die sich um ihre verwitwete Großmutter Julia Sorgen macht und außerdem eine Auszeit ihres Alltags braucht. Mithilfe des alleinstehenden, gleichaltrigen Andy will sich Emily um Julia kümmern. Und dann ist da noch May, sage und schreibe 110 Jahre alt, die eine lange Fehde mit Julia verbindet, über die scheinbar niemand reden möchte. Doch das ist nicht das einzige Geheimnis, das May umgibt.



Celia Anderson hat ein richtiges Wohlfühlbuch geschrieben. Die Sprache ist leicht, angenehm und liest sich flüssig. Die Autorin kann sich definitiv ausdrücken und schafft eine schöne Atmosphäre in dem kleinen englischen Dörfchen. Es geht ums Älterwerden, Einsamkeit, Nachbarschaft, Liebe, Ängste, Zusammenhalt.

Auch die Charaktere sind alle interessant und haben ihre Eigenheiten, die sie liebenswürdig machen. Nur wusste ich lange nicht, wohin mich das Buch eigentlich führen will, denn eine stringenter Haupt-Plot war irgendwie nicht erkennbar. Es gab so viele verschiedene Handlungsstränge, dass ich die Handlung am ehesten noch mit „Einblick in das Dorfleben und die Familien dort“ beschreiben kann. Und überraschenderweise gab es ein fantastisches Element, das man bei dem etwas irreführenden Klappentext nicht erwartet hätte. Es hat mich nicht gestört, es war gut gemacht. Aber unbedingt nötig wäre es jetzt auch nicht gewesen.

Am Ende waren die vielen aufgemachten Handlungsstränge das, was etwas unglücklich gelaufen ist, da viele von ihnen sich am Ende des Buches zu einem Ball zusammenknubbelten, nochmal was neues völlig überraschend dazu kam, und man am Ende mit diesem großen Wust an Inhalt zurückblieb. Es gab zwar ein Happy End und für das meiste auch eine Auflösung, aber etwas weniger hätte dem Buch vielleicht auch gutgetan.



Aber das ist auch mein einziger Kritikpunkt. Das Buch hat mich nicht übermäßig gefordert oder emotional aufgerüttelt, aber es war sehr schön zu lesen. Eben ein Wohlfühlbuch. Gut, um mal abzuschalten und sich eine Pause von den Büchern zu gönnen, die einem auf dramatische Weise das Herz brechen oder auf eine Gefühlsachterbahn schicken. Von mir eine Empfehlung als Entspannungs-Lektüre.

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Veröffentlicht am 15.07.2020

Tolles, wichtiges Thema - hinterher leider aus den Augen verloren

Die Tanzenden
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„Guten Tag, meine Herren. Danke, dass Sie gekommen sind. In der heutigen Lehrveranstaltung werde ich Ihnen die Hypnose an einer Patientin demonstrieren, die an einer schweren Hysterie leidet. (...) Mittels ...

„Guten Tag, meine Herren. Danke, dass Sie gekommen sind. In der heutigen Lehrveranstaltung werde ich Ihnen die Hypnose an einer Patientin demonstrieren, die an einer schweren Hysterie leidet. (...) Mittels Hypnose können wir ihre Anfälle künstlich erzeugen, um deren Symptome genauer zu untersuchen.“

Louise ist seit 3 Jahren in der Anstalt Salpêtriére, wegen etwas, das ihr angetan wurde. Sie ist gerade mal 16. Eugénie, 19 Jahre alt, wird von ihrem Vater und ihrem Bruder dort hingebracht, damit sie den Familiennamen nicht ruiniert. In der Anstalt treffen beide auf Geneviève, einer strengen, etwas älteren Krankenschwester, die keins der Schicksale an sich heranlässt. Zumindest bisher. Aber Eugénie verändert alles. Und der Höhepunkt des ganzen wartet am Tag des Balls der Verrückten auf die jungen Frauen.

Victoria Mas schafft in „Die Tanzenden“ eine sehr interessante, aber auch bedrückende Atmosphäre. Mit bildreicher und abwechslungsreicher Sprache führt sie die Leser*innen ins Paris Ende des 19. Jahrhunderts ein und vermittelt gekonnt, wie die damalige Gesellschaft gedacht und gehandelt hat. Es wird deutlich, wie Männer das Stadtleben und auch sonst alles beherrscht haben. Wie Frauen unter Vorwänden abgeschoben wurden, wenn sie nicht den Vorstellungen der Männer entsprachen. Sie hatten weder eine Stimme, noch Rechte, und das schildert die Autorin sehr eindringlich.

Dabei schreibt sie eher aus der Sicht von damals, um es greifbarer zu machen. Man sieht die Welt meist durch den Blick der Frauen. Trotzdem ist auch der Erzähler präsent und ab und zu ist ein verstecktes „angeblich“ oder ein „nicht wahr“ zu finden, das einen leicht wertenden Unterton aus heutiger Sicht mit sich bringt. Mich konnte der Stil von Victoria Mas, ihre Schreibweise, absolut überzeugen.



Auch die Handlung fing vielversprechend an. Mit Louise und Eugénie hat man zwei sehr unterschiedliche Mädchen – die eine will nur einen Mann finden, der sie liebt, und ihr ein schönes Leben bereitet. Die andere will niemals heiraten, niemals abhängig sein und völlig selbstbestimmt leben. Beiden wird das durch ihre Einweisung genommen: „Eine Mülldeponie für all jene, die die öffentliche Ordnung gefährdeten. Eine Anstalt für Frauen, deren Empfindungen nicht den Erwartungen entsprachen. Ein Gefängnis für diejenigen, die sich einer eigenen Meinung schuldig gemacht hatten“ (S. 34).

Der Handlungsbogen baut sich bis zu dem Zeitpunkt auf, an dem alle gemeinsam in der Anstalt feststecken und ich war absolut gespannt was dann passieren wird. Die erste Hälfte konnte mich absolut überzeugen.
Aber leider war die zweite Hälfte ziemlich enttäuschend. Sowohl die Werbung, die für dieses Buch gemacht wird, als auch der Klappentext und die erste Hälfte des Buches versprechen female empowerment und ein Auflehnen gegen das Patriarchat. Oder zumindest einen Versuch der Mädchen, gehört zu werden. Darauf hatte ich mich sehr gefreut. Stattdessen wandert der Fokus des Buches komplett zu Eugénies angeblicher übernatürlichen Gabe und bekommt einen spirituellen Touch, der für mich unnötig war und auch gar nicht wirklich reinpasste. Zwar gibt es am Ende eine kleine Auflehnung und auch einen Hoffnungsschimmer für eine der Personen, aber ich hätte mir die Entwicklung der Handlung anders gewünscht. Schade.

Trotzdem gibt es von mir eine Leseempfehlung, weil der Schreibstil überzeugt, die Thematik wirklich spannend ist. Aber man hätte defintiv mehr draus machen können! Für mich schwankt es etwas zwischen 3,5 und 4 Sternen.

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Veröffentlicht am 04.06.2020

Wichtig, niedlich, atmosphärisch - und lehrend

Malu - Auf der Suche nach Erkenntnis
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Malu, die kleine Fledermaus, und seine tierischen Freunde sind die Protagonistinnen dieses sehr süßen aber auch wichtigen Buches.
Gemeinsam streifen sie durch den Wald, treffen auf neue Freundinnen und ...

Malu, die kleine Fledermaus, und seine tierischen Freunde sind die Protagonistinnen dieses sehr süßen aber auch wichtigen Buches.
Gemeinsam streifen sie durch den Wald, treffen auf neue Freund
innen und lernen viel über die Natur und die Gefahren für sie. In vielen kleinen Kurzgeschichten werden unterschiedliche Aspekte der Natur und des Lebens aufgegriffen, immer mit Blick darauf, wie man besser mit sich, den Menschen und der Natur umgehen kann.

Ich fand das Buch toll zu lesen, es bringt einen nochmal dazu, darüber nachzudenken, wie wichtig die Natur für uns ist und wie schrecklich es ist, was wir ihr antun! Es geht um Abholzen der Bäume, Wasserverschmutzung, Müllverteilung in der Natur, Klimawandel, Korallensterben und vieles mehr – viele Problemstellen sind einem an sich schon bewusst, aber das Buch hilft sehr, sich das nochmal vor Augen zu führen. Begleitet wird man dabei von den wirklich sehr sehr niedlichen, verspielten, liebenswürdigen Waldbewohnern (Eule, Waschbär, Spinne, Eichhörnchen, ...). Auch Themen wie Freundschaft und sich gegenseitig helfen und füreinander da sein sind hier ganz zentral. Diese Mischung aus Kindlichkeit und Tiefgründigkeit finde ich sehr gelungen und es liest sich schön. Die Tiere sind mir am Ende echt ans Herz gewachsen.

Besonders haben mir auch die Naturbeschreibungen gefallen. Da wird viel mit Worten gespielt, Metaphern verwendet, um die besondere Atmosphäre zu schaffen, die in der Natur herrscht. Und fast alles, was über die Natur ausgesagt wird, kann man auch auf unser Leben beziehen.

Das Buch schockiert und spendet gleichzeitig Hoffnung. Auch aktuelle Themen, die die Natur, Tiere und Menschen betreffen, werden aufgegriffen.

Ich habe nur am Anfang ein wenig gebraucht, um richtig reinzukommen, und insgesamt hätte ich mir den lehrenden Ton etwas subtiler gewünscht. Das sind alles wichtige Punkte, die angesprochen werden, aber häufiger sitzen die Tiere nur irgendwo und unterhalten sich über ein bestimmtes Thema. Zwar gibt es immer einen bestimmten Anlass, weshalb sie auf das Thema kommen, aber es hätte gerne noch ein bisschen tiefer in die Geschichten eingeflochten werden können, während sie im Wald aktiv etwas erleben und mehr unterwegs sind.

Trotzdem ein schönes Buch und ich habe es gern gelesen!

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Veröffentlicht am 04.06.2020

Guter historischer Roman mit viel Atmosphäre

Amor - Bedenke, du bist nur ein Mensch
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Im Jahr 8. n.Chr. ist Augustus Kaiser des Römischen Reiches, als Nachfolger von Julius Caesar. Zu der Zeit lebt auch Ovid in Rom, ein erfolgreicher Dichter, der aber mit seinen Werken über die Liebeskunst ...

Im Jahr 8. n.Chr. ist Augustus Kaiser des Römischen Reiches, als Nachfolger von Julius Caesar. Zu der Zeit lebt auch Ovid in Rom, ein erfolgreicher Dichter, der aber mit seinen Werken über die Liebeskunst durchaus auch aneckt. Als Ovid von Julia, der Enkelin von Augustus, gebeten wird, ihr dabei zu helfen, eine Liebschaft zu einem jungen Römer aufzubauen, ahnt er nicht, was wirklich hinter dem Ganzen steckt. Denn nicht nur sein Schicksal ist davon betroffen, sondern das des ganzen Römischen Reiches …



Mir hat „Amor“ gut gefallen und zwar wegen drei Aspekten: Schreibstil, Plotidee und weil ich nebenbei so einiges über das Römische Reich lernen konnte. Das Buch ist wirklich mit einer Fülle an Informationen über den Alltag und die Gegebenheiten damals ausgestattet, die es mir manchmal zwar etwas schwer machten, dem Ganzen zu folgen, es aber nie zu überladen oder sachbuchmäßig wirken ließen. Im Gegenteil. Durch seine Sprache schafft es der Autor richtig gut, eine Atmosphäre für die damalige Zeit zu schaffen, ich war sofort drin und konnte alles förmlich spüren, riechen, hören. Außerdem spürt man überall, dass der Autor richtig Ahnung von der Thematik hat (auch wenn ich als kompletter Laie vielleicht nicht die richtige Person bin, das zu beurteilen?). Der Schreibstil ist allerdings schon etwas anspruchsvoller und fordert Konzentration. Das passt zu diesem Thema aber auch gut.

Die Handlung gefiel mir, weil sowohl die Machenschaften hinter den Kulissen der gehobenen Gesellschaft als auch das Leben von Dienern und Sklaven Beachtung fand. Alle waren irgendwie verwickelt und wichtig, um den Plot voranzubringen. Die Wendungen haben mich teilweise überrascht, was mir auch gefällt.

Allerdings geht es am Anfang für mich etwas schleppend voran. Obwohl der unmittelbare Einstieg schon recht spannend ist, braucht die Geschichte dann einige Zeit, um wirklich in Fahrt zu kommen, und die vielen Personen – mit für mich recht komplizierten, weil ungewohnten Namen – machten es mir teilweise schwer, durchzufinden, was gerade bei wem passiert. Und als es richtig losging, ging mir manches etwas zu schnell. Insgesamt hat mir die zweite Hälfte aber wirklich gefallen und auch mit den Personen, vor allem Ovid und seiner Frau Fabia sowie Postumus, Bruder von Julia, konnte ich sehr gut mitfühlen, am Ende sind sie mir wirklich ans Herz gewachsen. Deswegen kann ich das Buch mit 4/5 Sternen weiterempfehlen.

da hat mir zumindest die Personenliste am Ende sehr geholfen, um mir nochmal ins Gedächtnis zu rufen, wer wer ist. Gerade für die Familie rund um Augusts hätte ich aber einen Stammbaum sehr schön gefunden. Ging aber auch so.

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