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Veröffentlicht am 06.09.2020

Eine Dystopie im Setting der Eifel

Wir Verlorenen
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Inhalt: Die Eifel nach der Apokalypse. Nachdem die Welt von der „Plage“, die die Bevölkerung merklich dezimiert hat, heimgesucht worden ist, ist nichts mehr so, wie es war. Die Nahrungsmittelversorgung, ...

Inhalt: Die Eifel nach der Apokalypse. Nachdem die Welt von der „Plage“, die die Bevölkerung merklich dezimiert hat, heimgesucht worden ist, ist nichts mehr so, wie es war. Die Nahrungsmittelversorgung, die gesellschaftliche Ordnung, Elektrizität und Internet sind zusammengebrochen. Allein das Recht des Stärkeren gilt, das vor allem von den „Verlorenen Jungs“ durchgesetzt wird, einem Fußballverein, der zur Zeit des Ausbruchs der „Plage“ in der Eifel war. Die Protagonistin Smilla kämpft in dieser Welt mit ihrer Gruppe täglichs ums Überleben. Doch die Eintönigkeit wird durchbrochen, als sie einen Bekannten aus dem alten, normalen Leben trifft: Falk, ihren ehemaligen Nachbarn, der ihr zwar neue Hoffnung gibt, allerdings auch eine brutale Seite hat.

Persönliche Meinung: „Wir Verlorenen“ ist ein dystopischer Jugendroman, der gleichzeitig eine Liebesgeschichte thematisiert. Dabei geht „Wir Verlorenen“ aber interessante und erfrischende Wege. Die Dystopie spielt nicht in einer fiktionalen Welt (oder einer dystopischen Variante der USA), sondern direkt vor unserer Haustür: in der Eifel. Dabei werden mehrere bekannte Orte wie die Wüstung Wollseifen, Monschau oder die Ordensburg Vogelsang in die Handlung eingewoben und erhalten einen spezifischen postapokalyptischen Charakter. Andererseits diskutiert „Wir Verlorenen“ auch mehrmals die philosophisch-ethische Frage, inwiefern man in Zeiten, in denen es ums blanke Überleben geht, überhaupt noch moralisch gut handeln könne. Die Liebesgeschichte war für mich ebenfalls authentisch: emotional, unschuldig und jung, ohne kitschig oder übertrieben zu sein. Der Erzählstil ist angenehm zu lesen und fesselnd; die Handlungsorte plastisch und detailliert beschrieben (man merkt dabei, dass die Autorin die Eifel intensiv erwandert hat). Auch Smilla ist – mit ihren Sorgen und Ängsten, Hoffnungen und Träumen – lebendig charakterisiert. Viele der Nebenfiguren greifen die oben genannte philosophische Frage durch ihre Gestaltung, die oft nicht schwarz-weiß ist, auf und diskutieren sie so implizit. Insgesamt ist „Wir Verlorenen“ eine fesselnd geschriebene Dystopie mit einer schönen Liebesgeschichte und einem interessanten Handlungsort.

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Veröffentlicht am 24.08.2020

Eine Novelle mit einem schönen Plottwist

COMING HOME
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Inhalt: Seit einem Sturz auf dem Laufsteg leidet Ji unter Agoraphobie und verlässt das Haus, in dem sie mit ihrem Ehemann Adan wohnt, nicht mehr. Ihren Ehemann umsorgt sie mit Inbrunst, wobei Adan aber ...

Inhalt: Seit einem Sturz auf dem Laufsteg leidet Ji unter Agoraphobie und verlässt das Haus, in dem sie mit ihrem Ehemann Adan wohnt, nicht mehr. Ihren Ehemann umsorgt sie mit Inbrunst, wobei Adan aber immer stärkeren Druck in seinen Vorlieben ausübt, sodass Ji zwanghaftes Verhalten zeigt. Als Ji eines Morgens blutüberströmt und versehrt mit Stichwunden erwacht, beginnt sie immer stärker an Aden zu zweifeln und hinterfragt ihr bisheriges Leben.
Persönliche Meinung: Erzählt wird „Coming Home“ aus der Perspektive Jis, die besonders dadurch plastisch wird, dass wir ihre Gedankenwelt detailliert kennenlernen. Dabei wird das Gehetzte und Zwanghafte Jis und das Toxische der Beziehung glaubhaft und dicht beschrieben. Der Schreibstil ist generell sehr angenehm und flüssig lesbar, wobei besonders die Dialoge natürlich und lebendig formuliert sind. Mit der Entdeckung der Stichwunden entwickelt sich die Handlung immer mehr zu einem Psychothriller, gespickt mit Science-Fiction-Requisiten, in dem Ji verzweifelt versucht herauszufinden, woher die Wunden kommen. Dabei treten immer wieder seltsame Situationen auf, die aus dem Rahmen fallen, sodass man beim Lesen zusammen mit Ji bis zum Finale im Dunkeln tappt und eine schöne Spannungskurve mit Irritationsmomenten entsteht. Das Ende zeichnet sich durch einen schönen Plottwist aus, der die Thrillerhandlung endgültig in Sphären der Science-Fiction erhebt (eigentlich sind es sogar zwei Plottwists, wobei aber der zweite im Windschatten des ersten steht, da dieser stärker mit Lesegewohnheiten bricht). Insgesamt ist „Coming Home“ eine schlüssige Novelle, die besonders durch authentische Dialoge und einem tollen Handlungsbogen besticht.

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Veröffentlicht am 12.08.2020

Eine gelungene Fortsetzung

Pages & Co. (Band 2)
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Inhalt: Die Underlibrary steht nach den Ereignissen von Band 1 Kopf. Das Vertrauen ist zerrüttet, die BibliothekarInnen in der Sache uneins und ein neuer Direktor möchte das freie Buchwandeln verbieten. ...

Inhalt: Die Underlibrary steht nach den Ereignissen von Band 1 Kopf. Das Vertrauen ist zerrüttet, die BibliothekarInnen in der Sache uneins und ein neuer Direktor möchte das freie Buchwandeln verbieten. Für Tilly und Oskar steht ein Familienbesuch bei Oskars Vater in Paris an, wo sich für beide eine einmalige Gelegenheit bietet: Ein Buchwandel in die Welt der Märchen, der waghalsig und ganz anders als vermutet ist. Dabei treffen sie auf neue Freunde, alte Feinde und ein Geheimnis, das den Buchwandel verändern wird.

Persönliche Meinung: „Matilda und das Verschwinden der Buchmagie“ ist eine gelungene Fortsetzung des ersten Bandes, die schöne, neue Wege geht. Einerseits wird die Underlibrary ausführlicher vorgestellt, was der Welt mehr Tiefe gibt. Andererseits wandelt Tilly in eine andere Buchwelt jenseits der Klassiker der Kinderliteratur: Im Fokus steht die Welt der Märchen, die einige Besonderheiten besitzt, die mir gut gefallen haben. Da Märchen ursprünglich mündlich tradiert worden sind, existieren keine „echten“ Primärausgaben, sodass die Märchenwelt chaotischer und unberechenbarer als die Welt der Kinderliteratur ist. Zudem geht Anna James mit Märchenstereotypen wie „Die Prinzessin muss den sie rettenden Prinzen heiraten und lieben“ augenzwinkernd um, sodass sie spielerisch (aber deutlich) hinterfragt werden. Die Handlung selbst bricht mit dem Märchenstereotyp, dass es immer nur richtig oder falsch, gut oder böse gibt. So entziehen sich einige Figuren einer eindeutigen Schematisierung und auch Tilly selbst fragt sich häufig, ob ihre Position denn jetzt „gut“ ist. Der Schreibstil ist wie im ersten Band metaphernreich und detailliert, sodass er sich sehr schön lesen lässt und eine tolle Atmosphäre erzeugt wird. Die Charaktere sind wieder liebevoll gezeichnet, wobei mir diesmal Oskar mit seiner leicht verpeilten Art am besten gefallen hat. Wir treffen auch wieder auf einen alten Bekannten aus dem ersten Band, wobei er diesmal aus einem anderen Blickwinkel gezeigt wird. Insgesamt ist „Matilda und das Verschwinden der Buchmagie“ ein schönes und innovatives Kinder- und Jugendbuch, das sich auch für erwachsene LeserInnen eignet.

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Veröffentlicht am 21.07.2020

Ein Heranwachsen im Krieg

Schatten der Welt
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Inhalt: Thorn (Westpreußen). Wir treffen auf die beiden Freunde Carl und Artur, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Während Carl eher der schmächtige und besonnene ist, ist Artur von kräftiger Statur, ...

Inhalt: Thorn (Westpreußen). Wir treffen auf die beiden Freunde Carl und Artur, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Während Carl eher der schmächtige und besonnene ist, ist Artur von kräftiger Statur, ein Tausendsassa erster Güte und für jede Schandtat zu haben. So kommt auch von Artur die Idee, die das Leben der beiden verändern wird: Sich die allgemeine Unruhe vor dem Halleyschen Kometen, der 1910 wieder sichtbar wird, zunutze machend, verkaufen die beiden eigenkreierte Pillen - und das mit großem Erfolg. Mit dabei: Die emanzipierte "Isi", die kurz zuvor dem Schneiderssohn Carl ein teures Kleid abgeschwatzt hatte. Doch das Glück ist zeitlich begrenzt. Der große Krieg erscheint am Horizont.

Persönliche Meinung: Die Handlung von "Schatten der Welt" erstreckt sich über knapp acht Jahre. Dabei lernen wir die drei Freunde als Jugendliche kennen, begleiten sie in ihren Lehr- und Wanderjahren und durch die Wirren des Krieges. Die drei sind mit ihren unterschiedlichen Charaktereigenschaften ein interessantes Gespann. Zu Beginn spürt man geradezu die Unbeschwertheit der Jugendlichen, die scheinbar mit allem durchkommen. Vor allem in der Kriegszeit reiht sich allerdings Schicksalsschlag an Schicksalsschlag. Sowohl die humorvollen Aspekte als auch die tragischen Elemente sind eindringlich und gefühlvoll beschrieben. Erzählt wird der historische Roman rückschauend aus der Ich-Perspektive Carls, der bisweilen nostalgisch berichtet. Die Sprache ist sehr bildgewaltig, sodass man während der Lektüre eine kleine Zeitreise unternimmt und den Roman flüssig lesen kann. Auch ist er fundiert recherchiert. Schön fand ich den feinen Humor, der nicht mit dem Vorschlaghammer kommt, sondern oft subtil zwischen den Zeilen steht. Insgesamt bedient der Roman mehrere Genres: Er ist sowohl ein historischer Roman als auch ein Coming-of-Age-Roman; dabei zwischendurch immer mal wieder ein Schelmenstück. Besonders ist, dass es sich um ein Coming-of-Age zur Kriegszeit handelt – ein Heranwachsen und Reifen mit, im und durch den Krieg.

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Veröffentlicht am 19.07.2020

Ein neues "Sams" mit viel Wortwitz, Humor und Reimen

Das Sams 10. Das Sams und der blaue Drache
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Inhalt: Da Herr Taschenbier viel auf der Arbeit zu tun hat, langweilt sich das Sams sehr. Als es sieht, wie Kinder draußen Drachen steigen lassen, will es unbedingt auch einen Drachen haben. Blöderweise ...

Inhalt: Da Herr Taschenbier viel auf der Arbeit zu tun hat, langweilt sich das Sams sehr. Als es sieht, wie Kinder draußen Drachen steigen lassen, will es unbedingt auch einen Drachen haben. Blöderweise ist der Drachenverkäufer in Urlaub. Doch das ist kein Problem für das Sams: Er kramt die Wunschmaschine hervor und wünscht sich kurzerhand einen Drachen. Nur leider hat das Sams ungenau gewünscht...

Persönliche Meinung: "Das Sams und der blaue Drache" ist eine "Was-wäre-wenn-Geschichte." Was wäre wenn die Wunschmaschine in "Am Samstag kam das Sams zurück" nicht kaputt gegangen wäre? Chronologisch spielt die Geschichte also zu der Zeit, als Herr Taschenbier noch bei Frau Rotkohl wohnt. Herr Mon ist auch wieder mit von der Partie. Der Einstieg wird für Sams-Neulinge sehr leicht gemacht: Die Handlung startet mit einer kleinen Einführung in die Samswelt. Der Schreib- und Erzählstil ist kindgerecht, aber auch erwachsene Leser*innen werden das ein oder andere Mal ins Schmunzeln geraten. Wie schon die anderen Samsbände ist "Das Sams und der blaue Drache" mit viel Wortwitz, Reimerei und Humor geschrieben. Erstmals sind auch die Kapitelüberschriften in Reimform. Auch das Sams ist immer noch schön samsig-naseweis und wortgewand. Sein neuer Freund hat mir mit seiner leicht "trotteligen" Art auch sehr gut gefallen. Die Handlung ist ebenfalls kindgerecht und in sich schlüssig. Abgerundet wird das Kinderbuch durch viele Bilder, die von Paul Maar selbst gezeichnet worden sind. Um es mit den Worten des Sams zu sagen: Insgesamt ist "Das Sams und der blaue Drache" ein "oberüberprächtiges" neues Samsabenteuer für kleine und große LeserInnen.

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