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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.08.2020

Mut. Entschlossenheit. Nächstenliebe.

Das Mädchen, das ein Stück Welt rettete
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Fusia, die eigentlich Stefania heißt, muss miterleben wie in ihrer Heimatstadt alle Juden in ein Ghetto eingesperrt werden. Auch Familie Diamant, bei der sie arbeitet und deren Sohn Izio, den ...

Fusia, die eigentlich Stefania heißt, muss miterleben wie in ihrer Heimatstadt alle Juden in ein Ghetto eingesperrt werden. Auch Familie Diamant, bei der sie arbeitet und deren Sohn Izio, den sie liebt, sind Juden und werden umgesiedelt. So bleibt sie ganz alleine in der Wohnung zurück und nimmt ihre kleine Schwester Helena auf, weil ihre eigene Familie in alle Winde verstreut ist. Den Kontakt zu Izio und seiner Familie lässt Fusia nicht abreißen, sie versorgt sie über den Stacheldraht hinweg mit dem Nötigsten. Als immer mehr Juden deportiert und umgebracht werden greift Fusia die Idee von Izios Bruder Max auf und beschafft eine größere Wohnung um so viele Juden wie möglich zu verstecken. Dank ihres Muts und ihrer Entschlossenheit und der Klugheit ihrer kleinen Schwester haben diese Menschen eine Chance, diese unmenschliche Zeit zu überleben.

Das Niederschreiben von Stefanias wahrer Geschichte war der Autorin eine Herzensangelegenheit, das konnte ich aus jedem Satz herauslesen. Auch ich bewundere die mutige junge Frau, noch mehr aber die kleine Schwester, die trotz ihrer großen Angst immer so geistesgegenwärtig und klug war. Es wäre nicht überraschend gewesen, wenn ein Kind in diesem Alter aus Versehen die Sache verraten hätte. Ich habe sehr mit diesen eingepferchten Menschen gelitten, sie mussten so viel aushalten. Ohne die permanente Angst vor Entdeckung wäre es sicher nicht möglich gewesen so lange so still und so zusammengepfercht auf dem Dachboden auszuharren. Der Autorin gelingt es so perfekt, diese beklemmende Atmosphäre zu vermitteln, dass ich manchmal das ungute Gefühl hatte, mittendrin zu sein.

Besonders gefallen hat mir, dass Stefania immer einen Ausweg gefunden hat, so bedrohlich die Situation auch war. Und immer wieder hat sie wider Erwarten jemanden gefunden, der ihr weiter geholfen hat. Es ist trotz aller furchtbaren Geschehnisse in dieser Zeit doch tröstlich, dass es auch gute, mitfühlende Menschen gegeben hat.
Nach dem Lesen dieses Buches ist es mir noch schleierhafter, wie es kommt, dass in der heutigen Zeit rechte Ideologien wieder mehr und mehr Anhänger gewinnen. Es kann doch nicht erstrebenswert sein, diese Gräuel zu wiederholen?

Mein Fazit: Eigentlich müsste dieses Buch Pflichtlektüre an allen Schulen sein. Wenn ich 10 Sterne vergeben könnte, würde ich es tun.



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Veröffentlicht am 11.08.2020

Ein typischer Brunetti

Auf Treu und Glauben
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Es ist Urlaubszeit - brütende Hitze in Venedig und das Verbrechen scheint eine Pause einzulegen. So hat Brunetti Zeit, Vianello bei der Lösung seiner Probleme mit seiner Tante zur Seite zu stehen. Als ...

Es ist Urlaubszeit - brütende Hitze in Venedig und das Verbrechen scheint eine Pause einzulegen. So hat Brunetti Zeit, Vianello bei der Lösung seiner Probleme mit seiner Tante zur Seite zu stehen. Als jedoch beide auf dem Weg in den Urlaub sind, geschieht ein Mord und sie werden zurück beordert. Um beide Fälle zu lösen, geraten sie in einen Sumpf aus Geldgier, Korruption, Sex und Lügen. Mit der tatkräftigen Hilfe von Signorina Elettra gelingt es ihnen jedoch, beide Fälle zu einem guten Ende zu bringen.

Immer wieder gerne lese ich die Krimis von Donna Leon. Die Figur des Commissario Brunetti hebt sich sehr wohltuend von den meisten mir bekannten Roman-Kommissaren ab. Er ist gebildet und bodenständig und hat ein relativ normales Privatleben. Ganz besonders gefallen mir seine fast schon philosophischen Betrachtungen des öffentlichen Lebens in Venedig. Der unaufgeregte, kluge Vianello ist die perfekte Ergänzung dazu. Hätten sie allerdings Signorina Elettra nicht, die ein absolutes Computer-Ass ist, würden sie stellenweise ganz schön alt aussehen.

Donna Leons Schreibstil ist detailliert, bildhaft und sehr emotional. Besonders wenn sie über die drohende Zerstörung Venedigs durch den Massentourismus und die Ignoranz der Venezianer schreibt, kann ich ihren Schmerz förmlich fühlen.

Fazit: Wieder fünf Sterne für Commissario Brunetti. Ich bin froh, dass ich immer noch nicht alle Fälle gelesen habe, so kann ich mich noch auf einige freuen.

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Veröffentlicht am 09.08.2020

Bücherfrevel

Tod zwischen den Zeilen
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Diesen Fall nimmt der gebildete Commissario Brunetti persönlich: Kostbare alte Bücher werden teils geschändet, teils gestohlen. Ein mutmaßlicher Zeuge ist nicht aufzufinden, der Verdächtige ist ebenfalls ...

Diesen Fall nimmt der gebildete Commissario Brunetti persönlich: Kostbare alte Bücher werden teils geschändet, teils gestohlen. Ein mutmaßlicher Zeuge ist nicht aufzufinden, der Verdächtige ist ebenfalls verschwunden. Brunetti ist auf die Aussagen der Wachleute und der Direktorin der Bibliothek angewiesen, dadurch gestalten sich die Ermittlungen sehr schwierig. Erst als im Zusammenhang mit den Diebstählen ein Mord passiert, kommt Bewegung in den Fall und Brunetti kommt zu einem überraschenden Ergebnis.

Auch der dreiundzwanzigste Fall des Commissario Brunetti ist kein von Blut triefender Thriller, sondern eine spannende Kriminalgeschichte während der ich an den Gedanken des Ermittlers teilhaben darf. Trotzdem ist dieser Krimi so spannend, dass ich ihn kaum aus der Hand legen konnte.

Der sympathische, bodenständige Kommissar nutzt alle Ressourcen seines beruflichen und privaten Umfeldes, um seine Fälle zu lösen. Besonders die Gespräche mit seiner Frau Paola geben ihm immer wieder wertvolle Denkanstöße. Auch seine Kollegen Vianello, Griffoni und besonders Signorina Elettra sind ihm immer wieder eine große Hilfe. Leider hat dieses perfekt funktionierende Team einen Chef, der so unnötig ist wie ein Kropf. Vice Questore Patta ist ausschließlich mit sich selbst beschäftigt. Neben den Tätern ist dieser Mensch der unsympathischste in der Geschichte.

Donna Leons Schreibstil ist so detailliert und bildhaft, dass ich wie immer mit Brunetti durch Venedig gegangen bin und die schönen alten Palazzi vor mir gesehen habe. Ich war mit im Cafè und habe mit ihm und Paola im Wohnzimmer gesessen. Auch die Mahlzeiten habe ich geschmeckt. Man merkt jeder Zeile die Liebe der Autorin zu dieser Stadt und den Lebensge-wohnheiten der Menschen dort an.

Fazit: Wieder ein unaufgeregter Krimi aus der Feder von Donna Leon, der mich von Anfang bis Ende überzeugt hat. Es braucht keine drastischen Beschreibungen von unzähligen hingemetzelten Leichen, um einen spannenden Krimi zu schreiben. Deshalb hat dieses Buch ganz klar 5 Sterne verdient.

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Veröffentlicht am 07.08.2020

Kommissar Schielin ermittelt wieder

Heidenmauer
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Über Kommissar Schielin und seine Angewohnheit, die Schwierigkeiten in seinen Ermittlungen beim Wandern mit seinem Esel Ronsard zu besprechen, könnte man lachen. Allerdings ist diese Methode so effektiv, ...

Über Kommissar Schielin und seine Angewohnheit, die Schwierigkeiten in seinen Ermittlungen beim Wandern mit seinem Esel Ronsard zu besprechen, könnte man lachen. Allerdings ist diese Methode so effektiv, dass sie enorm zum Erfolg des Kommissars und seines Teams beiträgt.

Auch der Mord an einem Journalisten der erschlagen an der Heidenmauer aufgefunden wird, gibt den Ermittlern zahlreiche Rätsel auf. Die Ermittlungen führen unter anderem in eine der einflussreichsten Familien Lindaus, zu zwei total zerstrittenen Brüdern, auf die schwäbische Alb und in die Schweiz. Esel Ronsard muss einige Kilometer wandern, bis die Kommissare das Geflecht aus Liebe, Geldgier und Rachsucht entwirrt und außer dem Mord noch eine Erpressung und zahlreiche Kunstdiebstähle aufgeklärt haben.

Ich mag die Romane um Kommissar Schielin sehr gerne. Sie sind in einem sehr flüssigen, anschaulichen Stil geschrieben und bringen genau das richtige Maß Lokalkolorit für einen regionalen Krimi mit. Besonders gut gefällt mir, dass der Kommissar und seine Kollegen als gut funktionierendes, gleichberechtigtes Team dargestellt werden. Jeder trägt auf seine Weise zum Erfolg bei, jeder darf seinen Ansatz verfolgen und der Erfolg ist immer ein gemeinsamer. Die Kollegen sind sehr genau charakterisiert. Schielin braucht zum denken seinen Esel, Gommert spricht ohne vorher zu denken, Lydia geht an die Fälle mit weiblicher Intuition heran und Funk ist der kühle Denker. Zusammen mit Wenzel und Kimmel bilden sie ein Team, das sich gut ergänzt.

Ein weiterer, entscheidender Pluspunkt ist es, dass ich als Leser nicht von Anfang an mit der Nase auf den Täter gestoßen werde. Fast bis zum Schluss darf ich rätseln und spekulieren, wer von den zahlreichen Verdächtigen jetzt der Täter ist, die Lösung ist absolut nicht vorhersehbar.

"Heidenmauer" ist der dritte Roman dieser Reihe, den ich gelesen habe. Gut, dass es noch sechs weitere gibt, auf die ich mich freuen kann. Das Buch bekommt das Prädikat "Sehr empfehlenswert", vergnügliche Lesestunden sind garantiert.













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Veröffentlicht am 31.08.2020

Ein relativ unbekanntes Kapitel Berliner Geschichte

Das Lichtenstein - Modehaus der Träume
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Hedi beginnt ihr Berufsleben gegen den Willen ihrer verwitweten Mutter als Ladenmädchen im renommierten Modehaus Lichtenstein. Sie hat ein gutes Gespür für Mode und ein freundliches Wesen, deshalb ...

Hedi beginnt ihr Berufsleben gegen den Willen ihrer verwitweten Mutter als Ladenmädchen im renommierten Modehaus Lichtenstein. Sie hat ein gutes Gespür für Mode und ein freundliches Wesen, deshalb kommt sie sehr gut in dieser besonderen Welt zurecht und schließt schnell Freundschaften. Die Näherin Thea, der Konfektionär Hallmann und der Zwischenmeister Meuser sind nur ein paar davon. Als das Haus in Flammen aufgeht, fürchtet nicht nur die Eigentümerfamilie Lichtenstein um ihre Existenz, sondern auch die Mitarbeiter. Das schweißt zusammen, alle gemeinsam nehmen den Kampf um das Lichtenstein auf, obwohl die Aussichten durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges alles andere als rosig sind.

In sehr flüssigem, bildhaftem Schreibstil erzählt uns Marlene Averbeck ein interessantes Stück Berliner Geschichte, die den Kampf um Frauenrechte im beginnenden 20. Jahrhundert, die Ereignisse um den Beginn des Ersten Weltkrieges und die Lebensgeschichten von Menschen aus verschiedenen Gesellschaftsschichten mit der Geschichte eines renommierten Warenhauses verknüpft. Ich habe hier einen recht umfassenden Eindruck von den Sorgen aller Menschen, ob arm oder reich, im Berlin dieser Zeit bekommen.

Die Personen sind mir fast alle sehr sympathisch, besonders die zupackende Hedi und die Schauspielerin Ella, die so gar keine Allüren hat. Nur der "Junior" Ludwig Lichtenstein, ein Egozentriker vor dem Herrn und der Versicherungsmensch Dillinger, der ein Schmierlappen ist, tanzen aus der Reihe. Insgesamt sind sie aber alle so gut charakterisiert, dass ich sie förmlich vor mir sehen konnte.

Mein Fazit: Eine klare Leseempfehlung für alle Liebhaber historischer Romane, die im vergangenen Jahrhundert spielen und absolut verdiente fünf Sterne.

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