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Veröffentlicht am 22.11.2020

Ein Buch der leisen Töne

Die Farbe von Glück
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Jules ist verzweifelt. Seine Frau hat bereits einige Babys verloren. Und auch diesmal scheint ihr Kind keine Überlebenschancen zu haben. Also erpresst er die Krankenschwester Charlotte, sein Baby mit einem ...

Jules ist verzweifelt. Seine Frau hat bereits einige Babys verloren. Und auch diesmal scheint ihr Kind keine Überlebenschancen zu haben. Also erpresst er die Krankenschwester Charlotte, sein Baby mit einem gesunden zu vertauschen. Dafür wird er Stillschweigen darüber bewahren, dass Charlotte ein Kind zur Pflege aufgenommen hat, das nicht ihr eigenes ist. Doch wird Jules auf Dauer mit dieser Lüge leben können? Und wie entwickelt sich das Leben der vertauschten Tochter?

Dieses Buch ist das, was ich gerne ein ‚Buch der leisen Töne‘ nenne. Es ist intensiv, ohne aufdringlich zu wirken. Es stimmt einen traurig und ist gleichzeitig tröstend und ruhig. Es regt zum Nachdenken über eines der wichtigsten Themen der Menschheit an – der Frage nach dem Glück. Macht es glücklich, wenn sich meine Wünsche erfüllen? Kann man es an materiellen Dingen messen? Kann man Glück beeinflussen? Gibt es Schicksal? Wie hängen die vermeintlich so verschiedenen Lebenswege der Protagonisten doch unweigerlich zusammen? Gibt es den einen richtigen Weg? Was wäre aus mir geworden, wenn ich einen anderen Weg eingeschlagen hätte? Clara Maria Bagus schafft eine dichte und sinnliche Atmosphäre. Sie beschreibt die unterschiedlichen Perspektiven der Figuren in einer unglaublichen Klarheit. Jede Szene hat sich eindrücklich in mein Gedächtnis gebrannt, gleich, in welchem Umfeld man sich gerade aufhielt. Die Farben des Ostens, die Wesen der Menschen, die dort leben, ihre Auffassung von Glück und ihre Weisheit. In völligem Gegensatz dazu die westliche Art zu denken und zu leben. Diese jeweilige Sicht auf die Dinge war für mich besonders eindrücklich.

Die sehr kurzen Kapitel ließen einen nur so über die Seiten fliegen. Abgerundet wird alles durch dieses wunderschöne harmonische und auch haptisch toll gestaltete Cover, das mich sofort angesprochen hat. An vielen Stellen fühlte ich mich ein wenig ertappt in meiner Denkweise und hoffe, dass ich viele dieser erhellenden Momente tief in meinem Herzen behalten werde.

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Veröffentlicht am 23.08.2020

Mitten rein ins Chaos und zur wahren Liebe

Die Liebe fällt nicht weit vom Strand
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Sophies größter Traum ist ein Foodtruck. Doch stattdessen studiert sie auf Wunsch ihres Vaters BWL, statt wie ihre verstorbene Mutter ihren Traum zu leben. Und auch ihr Freund Tim hält nicht viel von ihrer ...

Sophies größter Traum ist ein Foodtruck. Doch stattdessen studiert sie auf Wunsch ihres Vaters BWL, statt wie ihre verstorbene Mutter ihren Traum zu leben. Und auch ihr Freund Tim hält nicht viel von ihrer Idee, sich selbst zu verwirklichen. So landet Sophie bei einer Filmverleihfirma am Empfang, bis sie eines Tages unerwartet zur Produktmanagerin befördert wird. Von da an überschlagen sich die Ereignisse und sie findet sich bei Dreharbeiten in Dänemark wieder, die ihr Leben für immer verändern.
Zu Beginn der Geschichte dachte ich erst, dass ich es mal wieder mit einer völlig durchgeknallten jungen Frau zu tun habe, die ihr Leben nicht in den Griff bekommt. Und wegen der Kollegen, mit denen es Sophie zu tun hat, verstärkte sich dieser Eindruck auch immer mehr. Aber je länger ich gelesen habe, desto mehr wuchs sie mir ans Herz, denn irgendwie hat doch (fast) jeder irgendeinen kleinen oder großen Traum, der immer wieder die Freiheit sucht. Was mir manchmal ein bisschen zu viel war, war die Beschreibung des Bauchgrummelns. Man hatte den Eindruck, dass Sophies Magen nie Ruhe geben würde und wirklich extrem auf jede kleinste Veränderung anspricht. Ich weiß nicht, ob es das so massiv tatsächlich gibt. Dennoch passt es aber auch irgendwie zur Story, da es so sehr deutlich wurde, dass Sophie häufig auf ihr Bauchgefühl gehört hat. Ob das jetzt immer gut war, mag dahingestellt sein. Auf jeden Fall hat mir die Entwicklung gut gefallen und spätestens als dann noch Nick mit seinem tollen Haus in Dänemark, wo ich auch so gerne meine Urlaube verbringe, auftauchte, war es endgültig um mich geschehen.
Sophies Freundin Sasha und ihr Kollege Claudio waren so herzerfrischend, jeder einzelne Charakter war mit viel Liebe und detailliert beschrieben. Schade, dass man von Sandrine nicht mehr erfahren hat, was sie zu bedrücken scheint.
Für mich war alles dabei, was ein schöner Sommerroman braucht: Witz, eine tolle Kulisse, Zeit und Raum für Träume und vor allem Liebe!

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Veröffentlicht am 11.06.2020

Gelungener Auftakt der Cold Case-Ermittlerin

Enna Andersen und das verschwundene Mädchen
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Hauptkommissarin Enna Andersen kommt nach dem Tod ihres Mannes in den Polizeidienst zurück. Jedoch nicht in ihre alten Abteilung, sondern als Leiterin des Ressorts „Altfälle“. Für ihr neues Team werden ...

Hauptkommissarin Enna Andersen kommt nach dem Tod ihres Mannes in den Polizeidienst zurück. Jedoch nicht in ihre alten Abteilung, sondern als Leiterin des Ressorts „Altfälle“. Für ihr neues Team werden Enna der degradierte Oberkommissar Jan Paulsen und die frisch gebackene Kommissarin Pia Sims an die Seite gestellt. Gemeinsam wählen sie aus der Aktenflut den Fall der vermissten Marie Hansen aus, die zehn Jahre zuvor als Neunjährige nachts auf einer Klassenfahrt auf der Insel Wangerooge einfach spurlos verschwand. Und als wäre der Fall an und für sich nicht schon kompliziert genug, muss sich auch das Team um Enna zunächst zusammenraufen, um erfolgreich ermitteln zu können.
Alte Protokolle werden noch einmal genauestens untersucht, Zeugen erneut aufgesucht, aber ein logisches Motiv lässt dennoch auf sich warten. Doch nach und nach stoßen Enna und ihre Kollegen auf Ungereimtheiten, die sie aufhorchen lassen und das Netz um die vermeintlichen Täter enger zuziehen.
Da ich die Nordseeinsel Wangerooge liebe, war ich sehr auf das Buch gespannt. Und auch, wenn es die meiste Zeit gar nicht dort, sondern im wunderschönen Oldenburg spielt, hat mich die Geschichte gleich in Beschlag genommen. Auch das Cover mit seiner düsteren Stimmung passt hier perfekt dazu. Interessant fand ich vor allem, das neue Team von Beginn an begleiten zu dürfen, denn es handelt sich hier um den Auftakt einer neuen Reihe um die sympathische alleinerziehende Kommissarin Enna.
Den Anteil an Privatem und Ermittlertätigkeit finde ich sehr gelungen und ausgewogen. Für mich ist es wichtig, auch etwas Persönliches über die Protagonisten zu erfahren, da es meiner Meinung nach manchmal erklärt, warum sie in dieser oder jener Situation so und nicht anders handeln. Und im wahren Leben lassen sich diese beiden Stränge ja auch oft nur sehr schwer trennen.
Die ständigen Anzickereien der neuen Kollegen haben beim Lesen Spaß gemacht. Gleichzeitig haben sich Enna, Pia und Jan aber auch gut ergänzt, jeder hat seinen Schwerpunkt, den er im aktuellen Fall nutzen konnte. Die Frage nach dem Täter habe ich mit Spannung bis zum Schluss verfolgt und mir selbst immer wieder die Frage gestellt, wer es denn wohl sein könnte. So nahm das Ende dann auch eine für mich ziemlich unerwartete Wendung.
Insgesamt war die Geschichte toll und flüssig zu lesen und bis auf ein paar Kleinigkeiten gegen Ende, die ich hier aus Spoilergründen nicht näher erläutern möchte, ein äußerst kurzweiliges Lesevergnügen. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung…

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Veröffentlicht am 07.06.2020

Nordseeliebe oder Gipfelglück?

Strandkorbliebe
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Antje lebt auf Norderney und hat bereits vor 15 Jahren den Männern abgeschworen, nachdem ihre Urlaubsliebe Michael sich nie wieder gemeldet hat. Seitdem traut sie keinem Kerl mehr über den Weg und kümmert ...

Antje lebt auf Norderney und hat bereits vor 15 Jahren den Männern abgeschworen, nachdem ihre Urlaubsliebe Michael sich nie wieder gemeldet hat. Seitdem traut sie keinem Kerl mehr über den Weg und kümmert sich lieber um die Apartments, die sie zusammen mit ihren Eltern vermietet, denn auch ihre kleine Schwester hat sich einfach aus dem Staub gemacht und ihr das Geschäft überlassen.
Als dann plötzlich Michael mitsamt seinen Eltern wieder vor Antje steht, will sie ihn eigentlich am liebsten einfach ignorieren. Aber dann kommen die alten Gefühle wieder hoch und die Fragen, die sie sich seitdem immer wieder gestellt hat. Wird ihre Liebe noch eine zweite Chance haben?

Wie der Titel und das Cover es bereits erahnen lassen, handelt es sich hier um eine wunderschöne Liebesgeschichte, die man ganz schnell weggelesen hat und bei der man zwangsläufig an seine eigene erste Liebe denken muss. Die Charaktere sind toll beschrieben, mit viel Liebe zum Detail und auch die Landschaftsbilder, die die Autorin malt, laden zum Träumen ein. Bei der einen oder anderen Reaktion hat man zwar das Gefühl, dass es sich bei den Protagonisten immer noch um Teenager handelt, aber Liebe veranlasst einen ja auch immer mal wieder zu komischen Dingen. Das tat meiner Lesefreude keinen Abbruch.
Auf Norderney war ich zwar bisher noch nicht, aber das Buch vermittelt das Gefühl, dass ich bei meinem ersten Besuch dort die Orte des Geschehens wiedererkennen würde. Das Ende überrascht den ein oder anderen sicher mit einer unerwarteten Wendung. Für mich definitiv ein locker-leichtes Frühlingshighlight!

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Veröffentlicht am 06.06.2020

Wenn die stummen Wächter sprechen könnten…

Die stummen Wächter von Lockwood Manor
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England 1939. Um die Exponate vor eventuellen Bombenangriffen zu schützen, werden die Sammlungen im Land verstreut untergebracht. So gelangt Hetty Cartwright nach Lockwood Manor, wo sie für die Säugetiersammlung ...

England 1939. Um die Exponate vor eventuellen Bombenangriffen zu schützen, werden die Sammlungen im Land verstreut untergebracht. So gelangt Hetty Cartwright nach Lockwood Manor, wo sie für die Säugetiersammlung verantwortlich ist. Dort trifft sie auf den verwitweten Hausherrn und dessen Tochter Lucy, die sich in etwa in Hettys Alter befindet. Doch dann geschehen seltsame Dinge im Herrenhaus. Tiere verschwinden oder werden beschädigt und überhaupt scheint es im ganzen Anwesen zu spuken.
Hetty, die bisher nur für ihr Museum gelebt hat, sieht sich einer Verschwörung gegenüber, scheint der Hausherr seine Meinung zur Unterbringung der Exponate auf Lockwood Manor wohl geändert zu haben. Und Lucy, mit der sich Hetty langsam anfreundet, kämpft mit inneren Dämonen.
Die Figuren finde ich meist gut ausgearbeitet. Hetty, die in ihrer eigenen Welt mit den Exponaten lebt, die keine richtige Familie kennt, Menschen eher meidet, immer in Sorge ist, dass sie ihre übertragene Aufgabe nicht zufriedenstellend meistern wird, die aber gleichzeitig wie eine Löwin für ihre Meinung einsteht, wenn sie dem Major Lockwood Paroli bieten muss. Auch, wenn es meist an diesem abprallt. Lucy, von Albträumen geplagt, einerseits freiheitsliebend, sie würde so gerne ausbrechen, andererseits aber mit Traditionen behaftet und psychisch zu labil, Lockwood Manor zu verlassen. Der Hausherr, Major Lockwood, den der Tod von Frau und Mutter kaum zugesetzt zu haben scheint und der allerlei Liebschaften pflegt. Die einzelnen Hausangestellten und nicht zuletzt Lucys verstorbene Mutter, auf die immer wieder die Sprache kommt. Warum kam sie wirklich nach England, was passierte dort, was sie zu der werden ließ, die sie am Ende war? Das wunderschöne Cover griff die Bilder der Geschichte dazu perfekt auf. Die verschiedenen Perspektiven von Hetty und Lucy wurden durch unterschiedliche Schriftarten hervorgehoben, was ich als sehr hilfreich empfunden habe. Auch die verschachtelten Sätze waren für mich kein Grund zur Trübung des Lesevergnügens, sondern passte für mich zu der inneren Zerrissenheit und teilweisen Verwirrtheit der Charaktere.

Wer einen reißerischen Thriller oder eine wirkliche Gruselgeschichte erwartet hat, wird enttäuscht werden. In diesem Roman geht es sehr viel subtiler zu. Im Laufe der Geschichte entwickeln sich immer mehr Fragen und das Ende kommt nicht bombastisch daher, sondern mit eher leisen Tönen. Dennoch stellte sich für mich durchweg ein untergründiges Schauergefühl ein. Die ein oder andere Stelle hätte vielleicht noch etwas tiefgründiger sein können, das Ende nicht ganz so einfach, dabei gab es auch die ein oder andere eher unerwartete Wendung. Alles in allem war es für mich dennoch ein Lesevergnügen und ich fühlte mich in die Zeit der großen Frauenromane von Jane Austen und den Brontë-Schwestern zurückversetzt, die auch für die Autorin ein großes Vorbild sind.

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