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Veröffentlicht am 25.10.2020

Liebenswerte Hebamme mit kriminalistischer Spürnase im Berlin der 1920er Jahre

Fräulein Gold: Scheunenkinder
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Fräulein Gold - Scheunenkinder
Argon-Verlag
Hörbuch
Autorin: Anne Stern
Sprecherin: Anna Thalbach
1 MP3-CD
6 Stunden 51 Minuten
Erscheinungstermin: 13. Oktober 2020
ISBN 978-3-8398-1813-8





Fräulein ...

Fräulein Gold - Scheunenkinder
Argon-Verlag
Hörbuch
Autorin: Anne Stern
Sprecherin: Anna Thalbach
1 MP3-CD
6 Stunden 51 Minuten
Erscheinungstermin: 13. Oktober 2020
ISBN 978-3-8398-1813-8





Fräulein Gold - Scheunenkinder ist der zweite Band der Saga am Hulda Gold. Hulda Gold lebt im Berlin der 1920er-Jahre, ist Hebamme und hat ihren eigenen Kopf. Sie ist gern unabhängig und obwohl sie anderen Familien hilft, ihre Babys gesund auf die Welt zu bringen, kann sie sich selbst ein Leben "nur" als Ehefrau und Mutter nicht vorstellen. Mit ihrer störrischen und liebenswerten Art hat sie sich schnell einen Platz in meinem Herzen erstritten.



Hulda Gold ist freundlich, dabei aber auch immer sehr bestimmt. Was sie sich in den Kopf gesetzt hat, führt sie auch zu Ende.

So auch in diesem zweiten Band Scheunenkinder. Von ihrem Vater bekommt sie die Information, dass sie im Scheunenviertel gebraucht wird. Es handelt sich um eine jüdische Familie. Die jüdischen Familien in diesem Viertel sind sehr arm und das Besondere bei diesem Einsatz ist, dass die Wöchnerin eben keine Jüdin ist. Hulda selbst macht das nichts aus. Sie ist zur Hälfte Jüdin und ein neues Leben ist ein neues Leben, das auf die Welt gebracht werden möchte.

Der jüdischen Familie Rothmann, die aus Galizien stammt, ist das Ansehen nicht einerlei, und so wird der Geburt des Babys mit scheinbar gemischten Gefühlen entgegen gesehen. Als dann einige Tage nach der Geburt das Neugeborene verschwunden ist, scheint niemand Ambitionen zu haben, das Baby zu finden. Niemand außer Hulda, die es sich in den Kopf gesetzt hat, die Armenierin Tamar zu unterstützen und ihr ihr Baby wohlbehalten zurückzuholen.

Selbst Huldas Freund, Kommissar Karl North, kann sie nicht davon abhalten, weiter nach dem Neugeborenen zu suchen.



Der Erzählstil von Anne Stern trifft das Berlin der 1920er Jahre sehr gut. Ich erhalte einen Einblick in die Haushalte Berliner Bürger und bekomme eine Ahnung, wie es bei ihnen zu Hause ausgesehen haben mag. Freundschaften, die Stellung der Frau in der Gesellschaft, der wachsende Unmut auf Juden und wie damit in der Gesellschaft umgegangen wird, die Inflation - alles das beschreibt Anne Stern so bildhaft, als würde ich selbst morgen mit Bündeln von Geldscheinen in der Tasche nach einem Brot anstehen. Es ist spannend, mit Hulda an der Seite durch Berlins Straßen zu gehen und die Menschen kennenzulernen. Die Charaktere sind vielschichtig und sie sind besonders. Man tut gut daran, seine Belange vor den neugierigen Anwohnern zu bewahren. Denn sonst weiß tags darauf die Nachbarschaft mit Sicherheit genauestens bescheid. Es ist dieses bunte Treiben in einer durchaus manchmal grau anmutenden Zeit, das mich fasziniert und durch die Geschichte trägt.



Fräulein Gold - Scheunenkinder hat mir sehr gut gefallen. Diesen zweiten Band kann man unabhängig vom ersten Band Fräulein Gold - Schatten und Licht lesen. Ich freue mich, dass ich diesen ersten Band noch vor mir habe und mir damit die Wartezeit auf den dritten, bald folgenden Band Fräulein Gold - Der Himmel über der Stadt verkürzen kann. Der dritte Band wird als Roman am 21. April 2021 im Rowohlt Verlag und am selben Tag im Argon Verlag als Hörbuch erscheinen.

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Veröffentlicht am 12.09.2020

Eine unendlich berührende Geschichte

Herzmalerei: Roman
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Ich fühle mich nicht leer, nicht einsam,
sondern angefüllt und bereichert mit Leben, mit Erfahrung.
Und dennoch bin ich traurig, unendlich traurig.

Ich bin traurig, weil die Geschichte zu Ende ist,
diese ...

Ich fühle mich nicht leer, nicht einsam,
sondern angefüllt und bereichert mit Leben, mit Erfahrung.
Und dennoch bin ich traurig, unendlich traurig.

Ich bin traurig, weil die Geschichte zu Ende ist,
diese Episode des Lebens von Zenia, von Nael.
Und dennoch bin ich voller Hoffnung, voll Hoffnung auf ein Wiedersehen.







Herzmalerei ist eine unendlich berührende Geschichte.

Anfangs hatte ich meine Zweifel. Ich lerne Zenia kennen und Nael. In kurzen Kapiteln, die abwechselnd über Zenia und Nael erzählen, bin ich den Beiden sehr nah. Zenia ist Psychologin. In der Firma, in der sie arbeitet, werden System-Menschen - genauer gesagt: Babys - produziert. Nael sitzt im Gefängnis.

Beide wirken auf mich etwas instabil und eingefahren. Ich bin auf der Hut, doch beide schleichen sich unbemerkt nach und nach in mein Herz. Die Härte, die beide nach außen kehren, ist reine Vernunft und das hat noch niemandem geschadet. Doch beide, Nael wie auch Zenia, sind absolute Herzensmenschen. Und sie sind Gott-Menschen - also unabhängig vom System und auf natürlichem Wege zur Welt gekommen.

In einer Welt, in der Hover-Schuhe ein normales Fortbewegungsmittel sind, in einer Welt, in der ab der Mittelschicht jeder einen BRO hat. Einen BRO, den ich mir selbst programmieren kann: Stimme, Aussehen, Geschlecht. Er kennt meine Termine, versendet Sprachnachrichten für mich und spielt mir meine empfangenen Nachrichten vor. Er kennt nicht nur alle Telefonnummern, er ist mit dem UniversalNet und überhaupt aller Technik verbunden und weiß sie zu nutzen. Dank künstlicher Intelligenz entwickelt er sich im Laufe der Zeit immer weiter. Ich muss sagen, ich steh auf all die tollen Neuerungen in der Zukunft und hoffe auf ein entsprechend langes Leben. - Was mir allerdings Kopfzerbrechen bereitet, sind die System-Menschen.



"Der Zutritt in dieses strengstens abgeschirmte Gebiet ist nur Leuten erlaubt, die keine ansteckenden Krankheiten haben und die über einen ID-Chip verfügen. Genetisch perfekte System-Menschen dürfen ungeprüft hinein. Gott-Menschen dagegen, die wie ich auf natürlichem Wege gezeugt und geboren wurden, müssen gescannt werden." - Seite 24



Und die Einschränkungen, die es für Gott-Menschen gibt. Diese Gesundheitszonen sind für mich gar nicht so abwegig.

Doch die Technik kann noch viel mehr: sie kann uns in den Alpha-Zustand versetzen. Denn, wenn man dem Unternehmen Glauben schenkt, kann ich mithilfe der Technik meine Seele und damit mein früheres Leben kennenlernen. Wie ein Film spielt sich mein früheres Leben - oder besser Episoden eines meiner früher gelebten Leben - vor meinem inneren Auge und auch auf dem Screen ab. Gedanken werden zu realen Bildern und ich wäre nicht abgeneigt, diese Technik kennenzulernen und selbst zu erproben.

Ganz anders jedoch leben die Menschen, die wenig Geld verdienen oder gar vom Staat gefördert werden: kleiner Wohnraum in grauen Betonklötzen. Die Wohnungen sind WG´s gleich. Hier haben die wenigsten einen BRO geschweige denn Hover-Schuhe. Es scheint beinahe, als sei bei ihnen die Zeit stehen geblieben.

Herzmalerei nimmt mich mit auf diese spannende Reise in die Zukunft und gleichermaßen lässt sie mich an alte Werte und das Ur-Erlebte glauben.

Genauso wie die Protagonisten sich in mein Herz geschlichen haben, hat es auch die Geschichte gemacht. Ganz heimlich, still und leise. Durch diesen betörenden Schreibstil, der mal zögerlich und behutsam, mal direkt und ungeschönt die Dinge beim Namen nennt. Schlussendlich fühle ich mich einer wilden Party beraubt, zu der ich mich während des Lesens der Geschichte begab.



"Mein Herz tanzt vor Glück. "Romeo, ich brauche jetzt ganz laute Musik." Überschwänglich flippe ich gemeinsam mit der Verrückten im Spiegel aus." - Seite 290



Und genauso fühlte ich mich auch.

In Herzmalerei kommen Gefühle nicht zu knapp und auch schwierige Themen wie Wiedereingliederung, Gewalthandlungen von Vertrauten und Spionage werden bedient. Trotz der Ernsthaftigkeit der Themen kann ich - dank des Schreibstils und der Dialoge - auch immer mal wieder lachen.



Fazit
Wer spannend geschriebene Liebesgeschichten mit Sci-Fi-Elementen mag und sich mit der Technik von Morgen gern auch heute schon anfreundet, ist mit diesem Buch sehr gut beraten. Ich lasse dieses Buch nur ungern wieder los.

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Veröffentlicht am 30.08.2020

Eine Geschichte über das Gestalten und Erfahren-müssen von Veränderungen im Leben

Weil alles jetzt beginnt
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Weil alles jetzt beginnt ist die Geschichte von Evvie. Eveleth Drake ist 32 Jahre alt, als ihr Mann sie verließ. Eigentlich wollte sie ihn gerade verlassen. Doch noch nicht einmal das sollte ihr gelingen. ...

Weil alles jetzt beginnt ist die Geschichte von Evvie. Eveleth Drake ist 32 Jahre alt, als ihr Mann sie verließ. Eigentlich wollte sie ihn gerade verlassen. Doch noch nicht einmal das sollte ihr gelingen. Ihr Mann starb an diesem Abend, gerade als sie ihre wenigen Habseligkeiten im Auto verstaute, an den Folgen eines Verkehrsunfalls.

Tief erschüttert bleibt Evvie zurück und sie lässt ihr Umfeld in dem Glauben, dass es die Trauer um ihren verstorbenen Mann sei, die sie so leiden lässt. Wie sollte sie auch gerade jetzt ihrer Familie, ihren Freunden erklären, dass Tim eben nicht der perfekte, liebende Ehemann war. Wo doch Timothy Christopher Drake als Arzt in dem kleinen Nest, in dem sie lebten, doch quasi zum Superstar der Menschen im Ort avanciert war.



So hat Evvie zu seinen Lebzeiten nie etwas von ihrer Beziehung nach außen dringen lassen - und nach Tims Tod hatte Evvie auch mit niemanden darüber gesprochen. Auch nicht mit ihrem besten Freund Andy. Andreas Buck, der mit seinen zwei kleinen Mädchen allein zurück blieb, nachdem seine Frau Lori ihn verlassen hatte. Andy war froh, dass Evvie ihm mit seinen Töchtern Lilly und Rose zur Hand ging, ihnen Zöpfe flocht und sich um sie kümmerte, wenn er nicht da sein konnte. Alles andere kann warten.

Doch wenn man alles andere warten lässt, wird man nicht heil - auch Evvie nicht. Als ein Freund von Andy dringend einen Rückzugsort braucht, schlägt er Evvie vor, doch Räumlichkeiten an ihn zu vermieten. Dann wäre sie in dem großen Haus nicht allein und Dean wäre auch damit geholfen.

Dean Tenney war als ehemaliger Profisportler, als Pitcher, der Presse ausgesetzt und nach dem Verlust seines Wurfarms sah er sich auf Tritt und Schritt von den Medien verfolgt. Ruhe und Abstand würden im gut tun und von seiner unfreiwilligen Erkrankung ablenken.

Die einzige Regel, die Dean und Evvie aufstellen: über die Dinge, die sie am verletzlichsten machen, ihr verstorbener Mann und sein Wurfarm, wird nicht gesprochen.

Wie gut ihnen das gelingt, wenn man sich sympathisch ist und jeden Tag und jede Nacht unter demselben Dach verbringt, ist abzusehen. Doch die Entwicklung und der Reifeprozess sind spannend zu verfolgen.



Weil alles jetzt beginnt ist ein leises Buch, ein weises Buch. Es ist wie eine Wahrheit, die unvermittelt aufgeschlagen vor mir liegt. Linda Holmes erzählt in einem ruhigen, besonnenen Schreibstil über das Leben und über die Gefangenschaft, die sich ein Mensch selbst auferlegt. Dies hat Linda Holmes wunderbar in die fiktive Geschichte von Evvie und Dean eingebunden.

Beispielsweise Evvies Gedanken zu ihrem Status.



"Seltsam", spann Evvie ihren Gedanken weiter, "dass ich durch meine Heirat dieses Wort an mir hängen habe und es nur wieder loswerde, wenn ich noch einmal heiraten würde. Ist dir klar, dass ich nie wieder Single sein kann? Ab jetzt gibt es bloß noch Witwe oder verheiratet." - Seite 121



Es ist schwer genug, einen geliebten Menschen zu verlieren. Aber in jungen Jahren seinen Partner zu verlieren - wie widrig die Umstände auch sind - dieser Status Witwe bleibt. - Zumindest solange bis man das Glück hat einen neuen Partner zu finden und ihn zu heiraten. Denn auch wenn man einen neuen Partner hat, ist man Witwe in einer Beziehung. Es ist erschütternd, es ist bis in den hintersten Winkel des Herzens traurig.

Dieses Leid ist spürbar beim Lesen der Zeilen und ich leide mit Evvie. Linda Holmes gelingt durch ihren Schreibstil die Bandbreite von Evvies Gefühlen klar zum Ausdruck zu bringen. Selbst in Momenten, in denen ich mir als Leser wünsche, dass Evvie nun Glück spürt und ich daran teilhaben möchte, schafft die Autorin durch Evvies Gedankenspiel diese Gefühle auszubremsen. Genau so, wie sie auch für Evvie ausgebremst werden, weil sie sich selbst ausbremst und noch nicht in der Lage ist, das Gute, das Schöne für sich zuzulassen.



Ein weiteres, berührendes Thema, das Linda Holmes anspricht, ist Hilfe, die von außen kommt.



"Kann ich nur empfehlen", sagte Monica. Einer meiner Ärzte meinte mal: "Der Kopf ist das Haus, in dem wir leben, und da sollten wir uns für ein paar Reparaturarbeiten nicht zu schade sein." - Seite 321



Auch heutzutage ist das Thema Psychothearpie immer noch eher ein Tabuthema. Niemand möchte, dass andere denken, dass mit ihm "etwas nicht stimmt". Die Autorin geht sehr behutsam mit dem Thema um und macht verständlich, dass auch der Kopf durchaus auch mal Hilfe benötigt.



"Und so verhält es sich auch mit der Psychotherapie. Es geht nicht darum, ob Sie etwas auch irgendwie allein hinbekommen. - Seite 328



So gesehen muss ich Linda Holmes da recht geben. Vor allen Dingen, wenn ich mir dagegen meine handwerklichen Begabungen ansehe: da sehe ich genau, was ich "irgendwie allein hinbekomme".



Weil alles jetzt beginnt ist ein sehr kluger Roman, der mich - mit den lebendig gezeichneten Charakteren - Höhen und vor allem auch Tiefen der Protagonisten begleiten lässt. Es ist für mich zu einem Herzensbuch geworden.

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Veröffentlicht am 17.08.2020

Die eigene Geschichte schreibt niemand außer Dir

BECOMING
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Becoming - Meine Geschichte
Autobiografie
Hörbuch
der Hörverlag
Autorin: Michelle Obama
Sprecherin: Katrin Fröhlich
ISBN 978-3-845-2966-1
2 mp3-CD
Laufzeit: 18 h 42 min
vollständige Lesung








Becoming ...

Becoming - Meine Geschichte
Autobiografie
Hörbuch
der Hörverlag
Autorin: Michelle Obama
Sprecherin: Katrin Fröhlich
ISBN 978-3-845-2966-1
2 mp3-CD
Laufzeit: 18 h 42 min
vollständige Lesung








Becoming - Meine Geschichte von Michelle Obama geschrieben und von Katrin Fröhlich gelesen, erlebe ich, als würde ich mit Michelle Obama gemütlich am Küchentisch sitzen während sie mir ihre Geschichte, ihren beruflichen Werdegang und den Verlauf der Präsidentschaftswahl mit den sich anschließenden familiären Herausforderungen nach der Wahl erzählen würde. - Dabei reicht der Platz gar nicht für eine gemütliche Sitzgelegenheit in meiner Küche, das Ambiente bringt sie gleich mit.







Beim Erzählen bemerke ich, wie wichtig Michelle Obama ihre eigene Geschichte ist. Es erinnert mich an ihre Aussage auf dem Booklet zum Hörbuch.




"Selbst dann, wenn das Leben weder schön noch perfekt ist. Selbst dann, wenn es realer ist, als einem eigentlich lieb wäre. Denn die eigene Geschichte ist etwas, das man hat, das man immer haben wird. Wir müssen sie nur für uns beanspruchen." - Klappentext


Michelle Obama erzählt ihre Geschichte in drei Lebensabschnitten.

Der erste Abschnitt beinhaltet ihre Kindheit, wie sie aufwuchs, was für Erfahrungen sie während ihrer Berufswahl gemacht hat. Ich werde nennt sie diesen Abschnitt und zeigt anhand ihrer Geschichte, welche Ausgangsmöglichkeiten sie durch ihre Entscheidungen und dem Zutun anderer Menschen hatte.

So lerne ich ihre Familie kennen und ihre Beweggründe, nicht lediglich die Arbeit zu machen, die ihr aufgetragen wird sondern den Job zu machen, für den sie brennt. - Auch wenn es mit finanziellen Einbußen einhergeht.

Im zweiten Abschnitt, dem Wir werden, erzählt sie, wie sie Barack Obama kennengelernt hat und den Herausforderungen, die ein Wir werden mit sich bringt. Zwei Menschen, die einander zugetan sind, sich lieben, die aber auch unterschiedlich und eigenständig sind. Die Kunst, unter den äußeren Einflüssen und damit auch unter sporadischen Trennungszeiten - im räumlichen Sinn - die Beziehung zu leben und die Freiräume zur Entwicklung, zum gemeinsamen Leben und des Erreichens der eigenen beruflichen und der gemeinsamen partnerschaftlichen und familiären Ziele zu meistern, war eine Erfahrung, die Michelle Obama in der Weise unvorbereitet traf.

Die Bedeutung, einen Mann, ihren Mann, zu unterstützen einen Wahlkampf zu gewinnen, auf den er sich jahrelang vorbereitet hat, ist nicht zu unterschätzen.

Gebannt hörte ich zu, als wäre die Stimme von Katrin Fröhlich die eigene Stimme von Michelle Obama, die an meine Ohren drang und es erfüllte mich mit Wehmut, wieder von ihr Abschied nehmen zu müssen, da sie ihre Geschichte bald erzählt haben wird. Katrin Fröhlich legt die Intensität, die Michelle Obama vermittelt, in die Stimme, so dass ich immer wieder erstaunt bin, wie wirklich und persönlich die Geschichte von Michelle Obama auf mich wirkt.

So war ich froh, dass im Anschluss an den zweiten Abschnitt noch der abschließende Teil ihrer Geschichte erzählt wurde: Mehr werden.

Mittlerweile waren Michelle und Barak Obama Eltern zweier Kinder. Ihre Töchter Malia und Sasha sollten so normal wie möglich aufwachsen, zur Schule gehen und Freunde treffen. Die nächste Herausforderung neben den eigenen Wünschen und Zielen für Michelle Obama, die nun ganz eigene und besondere Auflagen als First Lady zu befolgen hatte.
Auch dieser Abschnitt ist sehr eindrücklich und sehr persönlich erzählt. Und schnell wird klar: nur weil man im Weißen Haus lebt, hat man weder Narrenfreiheit noch schwimmt man plötzlich im Geld. Michelle Obama gibt einen Einblick in die Politik des Landes und lässt mich auch hinter die ach so hübschen Kulissen gucken.

Becoming - Meine Geschichte inspiriert mich zu Gedanken zu meiner Geschichte - wie es der Titel ja schon sagt. Und Michelle Obama lässt mich anhand ihrer Geschichte wissen: Setze Vertrauen stets in dich selbst. Werden bedeutet nicht ankommen, werden bedeutet sich zu entwickeln. Werden bedeutet Veränderung.

Michelle und Barack Obama haben das scheinbar Unmögliche geschafft. Und sie wirken immer noch weiter und werden - wenn auch nicht im Präsidentschaftsamt.

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Veröffentlicht am 11.07.2020

Eine Geschichte, bunt, wie das Leben

Die Liebe kommt auf Zehenspitzen
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Die Liebe kommt auf Zehenspitzen
Roman
Bastei Lübbe AG
Autorin: Kristina Günak
ISBN 978-3-7325-8628-8
318 Seiten
Erscheinungsdatum: 29. Juni 2020


Ein herrlicher Roman.
Ich bin ganz verliebt in die ...

Die Liebe kommt auf Zehenspitzen
Roman
Bastei Lübbe AG
Autorin: Kristina Günak
ISBN 978-3-7325-8628-8
318 Seiten
Erscheinungsdatum: 29. Juni 2020


Ein herrlicher Roman.
Ich bin ganz verliebt in die Atmosphäre, die Kristina Günak darin erschaffen hat.



Die Liebe kommt auf Zehenspitzen ist die Geschichte von Lucy und Ben.




Lucy Bradford lebt allein in Hamburg. Statt den Trubel der Großstadt zu genießen, ist sie jedoch oft allein. Ihr Job ist ihr da auch nicht dienlich, ganz im Gegenteil. Sie arbeitet zu Hause als Übersetzerin von Liebesromanen.
Dafür hatte sie Glück und ein Verlag hat gleich ihren neuen, ihren ersten Roman gekauft. Zugegeben, dieser ist noch in Arbeit und es will auch noch nicht recht vorangehen. Doch sie hat Zeit bis nächsten Herbst und jetzt ist gerade mal Winter. Um genau zu sein, steht Weihnachten unmittelbar bevor.


Um zu ihrer Familie zu gelangen, hat sie sich eine Mitfahrgelegenheit gesucht: Benedict Greifenberg, ein junger Arzt im klapprigen, alten Auto.

Auf dem gemeinsamen Weg zu ihren Verabredungen - Lucy möchte ihre Eltern und ihren Bruder besuchen und Ben will zu seinen Freunden nach Husum - schlägt ihnen das Wetter jedoch ein Schnippchen. Dank des immer dichter werdenden Schneefalls und der bald darauf unpassierbaren Fahrbahn müssen sie auf einem Parkplatz halten und werden noch vor Beginn der Nacht von einem Friesen im Fendt gerettet.

Lucy und Ben kommen aufgrund des anhaltenden Schneefalls am Heiligen Abend nicht mehr zu ihren Verabredungen sondern landen auf dem Hof von Dorle Dormann. Dort erwarten Lucy und Ben ein marodes Haus, ein verschrobener Hund namens Helmut und eine warmherzige alte Dame: Dorle.

Nach einem spontanen und dennoch gemütlichen gemeinsamen Weihnachtsabend verlieren sich Lucy und Ben fast aus den Augen - bis sie im Frühjahr Post bekommen: sie haben den Dormannschen Hof geerbt. Gemeinsam. Und nur unter der Bedingung, dass sie zusammen auf dem Hof leben.

Mit dem Hof erben sie zusätzlich Geldmittel, die für das erste gemeinschaftliche Jahr reichen sollten. Klingt geradezu traumhaft, denn Ben ist der Job im Krankenhaus zu viel und Lucy wurde die Wohnung gekündigt.
So ziehen sie - unter der eigenen strikten Auflage als Freunde auf dem Hof zu leben- in das Haus von Dorle Dormann ein.

Statt eines beschaulichen, ruhigen Dorflebens, schlägt das Leben dort seine Kapriolen. Lucy und Ben müssen lernen den Hof zu führen und sind in dem ruhigen Dorf nun alles andere als allein.

Die Geschichte rund um das Dorfleben und das Kennenlernen der Dorfbewohner ist Kristina Günak mit viel Witz und Charme vollends gelungen. Die feine Wortwahl gemischt mit umgangssprachlichen Ausbrüchen der Protagonistin Lucy macht das Leben in dem Dorf zudem sehr lebendig.

Dadurch, dass Lucy die Geschichte erzählt, bin ich ihr sehr nahe. Obwohl sie sich gern unnahbar gibt, um nicht verletzt zu werden. Während Lucy nach außen sehr robust wirkt, ist Ben der sensible Part der Beiden. Er gibt Lucy Zeit und Raum für ihr Wirken und Werken. Während Lucy Ben häufiger mal einen Schubs in die richtige Richtung gibt. Es macht Spaß die beiden zu begleiten und zu sehen, wie sich eine echte, tiefe Freundschaft entwickelt.

Beide Charaktere haben Verletzungen davongetragen. Sie haben ihre Ängste, die sie im Alltag häufig verdrängen, statt sie genauer zu betrachten. Kristina Günak schafft scheinbar mühelos den Balanceakt eine fröhliche Geschichte zu erzählen und ihr dennoch Tiefe zu verleihen. Die Charaktere, die sie für den Roman entwickelt hat, sind lebendig. Sie bestechen mit ihrem eigenen Charme und können genau so gut unbequem sein. - Und das jeder auf seine Art. Ob grantig, freundlich oder beständig - jeder Dorfbewohner bringt seine Eigenart mit und wächst mir im Verlauf der Geschichte ans Herz. Das Buch birgt den Wunsch in genau dieses Dorf zu ziehen. Ich möchte Nachbarn wie Fredo und Millie. Fredo, der das Herz am rechten Fleck hat, es aber bloß nicht offen zeigt. Millie, die eine begnadete Kuchenbäckerin ist und Fredo von Herzen liebt - und ihn deshalb mehr als einmal in seine Schranken weist. Und die Dorfgemeinschaft hält noch weitere liebenswerte Charaktere vor.

"Fredo trug seinen verkniffenen Gesichtsausdruck und noch einen Klappstuhl, und Helmut trug nichts, legte Henriette aber sogleich die Nase auf das Bein, was für seine Verhältnisse einer stürmischen Begrüßung gleichkam." - Seite 143

Die Geschichte ist warmherzig erzählt und das macht - meiner Meinung nach - das wohlige Empfinden beim Lesen aus. Gespickt mit Esprit wird das Lesen zu einem wunderbaren Leseerlebnis.

"Wenn du versuchst zu kochen, muss man hinterher die Küche renovieren, aber das ist völlig okay." - Seite 183

Fazit

Ich habe beim Lesen der Geschichte jede Seite genossen.
Das Buch ist für alle, die lockerleicht unterhalten werden wollen und sich dem Ernst des Lebens und der Liebe nicht verschließen wollen.

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