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Veröffentlicht am 24.09.2020

Ein wertvoller Begleiter

Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht
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Das Rheinland ist seit dem Mittelalter, genauer gesagt seit der Krönung Karls des Großen, Ausgangs- und Mittelpunkt kaiserlicher Macht. Dementsprechend findet sich hier eine Fülle an Zeugnissen mittelalterlicher ...

Das Rheinland ist seit dem Mittelalter, genauer gesagt seit der Krönung Karls des Großen, Ausgangs- und Mittelpunkt kaiserlicher Macht. Dementsprechend findet sich hier eine Fülle an Zeugnissen mittelalterlicher Kultur, die aktuell in Mainz zu einer beachtenswerten Ausstellung ("Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht") zusammengetragen worden sind und die Historie für die Besucher lebendig und nachvollziehbar machen.
Der hierzu herausgegebene, sehr umfangreiche Katalog dokumentiert die Exposition überaus detailliert und gewissenhaft. Chronologisch geordnet gibt er eine Übersicht über die Herrschaftsfolge der Kaiser von Karl dem Großen, dem Gründer des Großreichs der Karolinger, bis zu Friedrich II., der bereits im Alter von zwei Jahren zum römisch-deutschen Kaiser gewählt wurde.
Jedes Großkapitel beginnt mit einem geschichtlichen Abriss und räumlicher Einordnung. Unterschiedliche Verfasser geben in kurzen und gut verständlich geschriebenen Beiträgen Informationen zum Lebenslauf des jeweiligen Kaisers, sowie Erklärungen zu den politischen Gegebenheiten, Machtverhältnissen, Literatur und Kunst. Sie vermitteln dem Betrachter/Leser eine Vorstellung davon, wie sich die „Säulen der Macht" im Mittelalter zusammensetzten.
Hervorzuheben sind aber auch die Fotografien der einzelnen Exponate. Sie beeindrucken mit ihrer Qualität der Wiedergabe.
Der Katalog ist für die Vorbereitung auf die Besichtigung der Ausstellung bestens geeignet. Vor allem aber bereitet diese hochwertige Ausgabe auch nach dem Besuch Freude, wenn der Interessierte die Exposition in aller Ruhe noch einmal Revue passieren lässt.

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Veröffentlicht am 09.09.2020

„Wenn es einem den Magen umdreht“

Wer dann noch lachen kann
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"Wer dann noch lachen kann" ist ein Buch, das sehr viel mehr Beachtung verdient, als ihm zur Zeit zuteil wird.
Die Geschichte der Kindheit der Autorin, begonnen in dem vorhergehenden Band "Ich freue mich, ...

"Wer dann noch lachen kann" ist ein Buch, das sehr viel mehr Beachtung verdient, als ihm zur Zeit zuteil wird.
Die Geschichte der Kindheit der Autorin, begonnen in dem vorhergehenden Band "Ich freue mich, dass ich geboren bin", wird hier fortgesetzt, in erster Linie aus dem Blickwinkel des heranwachsenden Mädchens. Zwar ist sie noch immer zu jung, um alles wirklich zu verstehen, was ihr geschieht, aber sie ist nun nicht mehr das kleine Kind, das "wie das siebte Geißlein in den Uhrenkasten schlüpft", um sich zumindest mental den Misshandlungen ihres Vaters zu entziehen. In schlichten, manchmal naiv anmutenden Sätzen, aber umso eindrücklicher schildert Vanderbeke, wie die "väterliche Hand" keineswegs sanfter wird, im Gegenteil, der Vater vergeht sich auch noch sexuell an ihr.
Vanderbeke wechselt in Erzählstimme und Zeit zwischenzeitlich in das Erwachsenenalter. Der Besuch bei einem Mikrokenisitherapeuten nach einem Verkehrsunfall fördert zutage, was sie bislang verdrängt hat. Langsam lernt sie über all die Dinge zu sprechen, die der Vater ihr angetan und die Mutter stillschweigend geduldet und teilweise sogar unterstützt hat. Wie sehr hat diese Vergangenheit ihr weiteres Leben überschattet und beeinflusst?
Voll bitterer Ironie beschreibt Birgit Vanderbeke ihren kindlichen Alltag, die grenzenlose Brutalität des Vaters, ihre Angst und die vage Hoffnung, jemand von außen möge eingreifen. Doch niemand greift ein, und sie erkennt glasklar, dass sie ganz allein auf sich gestellt ist, nur sie allein kann „auf sich aufpassen.“
Es ist mutig, ihre Autobiografie so schonungslos offen zu legen. Die Absicht dahinter ist nicht zuvorderst die Verarbeitung ihrer Vergangenheit, sondern ein Aufrütteln der Leser. Es reicht nicht, betroffen zu sein; wir müssen wachsamer sein, genauer hinhören und -schauen, auch „wenn es einem den Magen umdreht“.

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Veröffentlicht am 05.09.2020

Mit Spaß und Fantasy zum Thema "Zeit"

Einstein
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Wie führt man Kinder spielerisch an das Phänomen Zeit heran? Das Problem der relativen Raum/Zeit-Theorie ist schon für Erwachsene nicht leicht zu begreifen. Da lässt Torben Kuhlmann eine kluge kleine Maus ...

Wie führt man Kinder spielerisch an das Phänomen Zeit heran? Das Problem der relativen Raum/Zeit-Theorie ist schon für Erwachsene nicht leicht zu begreifen. Da lässt Torben Kuhlmann eine kluge kleine Maus als Vermittlerin auftreten. Zu ihrem großen Pech hat diese das Schweizer Käsefest verpasst. Da sie dennoch auf die erhofften Leckerbissen nicht verzichten will, sinnt sie auf eine Möglichkeit, doch noch teilnehmen zu können - doch dazu müsste sie in der Zeit zurückreisen. Wie soll sie das anstellen? Kann eine solche Zeitreise überhaupt gelingen?
Mit ganz viel Hingabe an das Thema hat Torben Kuhlmann dieses Kinderbuch gestaltet. Bereits die Vorsatzblätter zeigen in zahlreichen, beinahe wissenschaftlich anmutenden Skizzen die Experimente des kleinen Protagonisten zur Konstruktion einer Zeitmaschine. Weiterhin geben großzügige, oft ganzseitige Bilder spezielle Eindrücke aus der Welt, in der die Maus sich bewegt. So können wir aus der „Mausperspektive" mit verfolgen, wie sie sich über Zeit und Zeitmessung informiert und welche Anstrengungen es unternimmt, um seinem Ziel näher zu kommen.
Kurze, klare Textpassagen erläutern - hübsch eingebettet in die vielen detailreichen Illustrationen - das fantasievolle Abenteuer. Humorvoll, in kindgerechter Sparche verfasst, aber auch nicht zu simpel, fügen sie sich harmonisch ein. Neben einer Kurzbiografie Albert Einsteins findet sich im Anhang auch ein Abschnitt über seine Relativitätstheorie, vom Autor gut erläutert und durch Illustrationen erhellt. Doch dieser Teil richtet sich vermutlich eher an die größeren bzw. erwachsenen (Vor-)Leser.
Mein Fazit: „Einstein" ist eine sehr liebevoll aufgemachte Lektüre, die nicht nur Kinder entzückt!

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Veröffentlicht am 01.08.2020

Evolutionäre Umbrüche

Warum es normal ist, dass die Welt untergeht
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Ganz bequem, wie von einem „Kinosessel in der Stratosphäre“ aus, verfolgen wir „einen Film, der die gesamte Menschheitsgeschichte“ zeigt - so führt uns Robert Kelly, Professor für Anthropologie in Wyoming, ...

Ganz bequem, wie von einem „Kinosessel in der Stratosphäre“ aus, verfolgen wir „einen Film, der die gesamte Menschheitsgeschichte“ zeigt - so führt uns Robert Kelly, Professor für Anthropologie in Wyoming, an das Thema seines Buches heran: wie sahen die Übergänge aus, an denen sich das Leben der Menschen von Grund auf verändert hat? Und was erwartet uns bei einem neuerlichen Umbruch?
Kellys Blick richtet sich auf die „Totale“; sehr gut verständlich und durchaus nachvollziehbar gelingt es ihm, seine Leser die menschliche Entwicklung als allmählichen, unaufhaltsamen Wandel im Ganzen sehen und damit „Muster in Raum und Zeit“ erkennen zu lassen. Knapp, aber eindringlich gibt er uns einen Überblick über die Menschheitsgeschichte, der den Zeitpunkt vom Auftreten der ersten Homininen bis heute umfasst. Wichtig ist ihm dabei, die diversen „Umbrüche“ deutlich zu machen, die stets zu einer Weiterentwicklung geführt haben. Es sind vier bedeutende: die (immer rasanter fortschreitende) Technologie, die ursprünglich mit Steinwerkzeugen begann; die Kultur mit all ihren Facetten; die Landwirtschaft und das Sesshaftwerden der Menschen und schließlich die Staatenbildung mit all ihren Vor- und Nachteilen, bis Kelly schließlich in der Gegenwart ankommt und die Frage stellt: was erwartet uns mit all unseren (selbst verursachten) Problemen? Wie beeinflussen Bevölkerungszunahme, Globalisierung, Aufrüstung, Pandemien, Klimawandel unsere Zukunft? Seine Erklärungsversuche, wie ein fünfter Umbruch aussehen könnte, beschwören kein Weltuntergangsszenario, sondern zeigen seinen Optimismus und Vertrauen in Vernunft und Lösungsstrategien des Menschen. Die Gegenwart nicht isoliert sehen: ganz der Blick des Archäologen, dessen Zeithorizont keine Grenzen kennt. Mit Humor und Einfühlungsvermögen schafft er es spielend, dem Leser einmal eine andere, vielleicht ungewohnte Perspektive auf sein Leben zu geben.

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Veröffentlicht am 11.07.2020

Ein Gute-Laune-Buch

Storm und der große Fußballsturm
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Ihr wollt wissen, wer das Fußballspiel erfunden hat? Daran hat ein kleiner Junge namens Storm einen großen Anteil. Als Klosterschüler von der großen Insel England geflüchtet, ist er in Reydarfjordurthoft ...

Ihr wollt wissen, wer das Fußballspiel erfunden hat? Daran hat ein kleiner Junge namens Storm einen großen Anteil. Als Klosterschüler von der großen Insel England geflüchtet, ist er in Reydarfjordurthoft gelandet, wo er als Sklave bei den Wikingern arbeiten muss. Doch mit der Hilfe neuer Freunde und des Fußballspiels hat er seine Stellung erheblich verbessern und sogar die nordischen Götter Odin und Thor davon begeistern können. Auf göttliches Geheiß soll er nun dieses Spiel überall verbreiten. Doch sein Rivale Elmar verfolgt einen finsteren Plan, und Storm landet schneller auf der Insel Britannien, als er eigentlich vorhatte…
Wieder einmal werden wir Zeugen eines Abenteuers des ideenreichen jungen Storm, dessen liebenswertes und warmherziges Wesen jeden Leser für ihn einnimmt.
Spannend und temporeich liest sich Jan Bircks Geschichte, wobei immer wieder humorvolle Passagen zum Lachen reizen. In moderner kindgerechter Sprache schildert er, dass auch wilde kriegerische Wikinger sich von Gefühlen leiten lassen, wenn es auch meistens recht turbulent zugeht. Und wir lernen nicht nur, dass ein Wikingeransturm ohne Blutvergießen verlaufen und eine Auseinandersetzung schließlich „spielerisch“ mit einem Wettkampf geklärt werden kann, sondern auch, wie die Abseitsregel beim Fußball und das Pokalspiel entstanden sind.
Wie schon in den zuvor erschienenen Bänden um Storm und seine Abenteuer unterstreichen zahlreiche in den Text integrierte großzügige Illustrationen mit vielen witzigen Details Bircks Erzählung und sorgen für zusätzlichen Spaß.
Ob zum Vor- oder Selberlesen: „Storm“ ist ein Gute-Laune-Buch, das ich nur jedem wärmstens empfehlen kann.


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