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Veröffentlicht am 23.09.2020

Vielversprechender Auftakt, tolles Konzept

Das Buch der gelöschten Wörter - Der erste Federstrich
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Hope Turner liebt Bücher, vor allem die von Jane Austen. Ihr eigenes Leben kommt ihr dagegen wenig spannend vor. Bis zu dem Moment, an dem sie sich durch Zufall in der Buchhandlung Mrs. Gateway’s Fine ...

Hope Turner liebt Bücher, vor allem die von Jane Austen. Ihr eigenes Leben kommt ihr dagegen wenig spannend vor. Bis zu dem Moment, an dem sie sich durch Zufall in der Buchhandlung Mrs. Gateway’s Fine Books wiederfindet. Nicht nur geht ihr der mysteriöse Fremde dort nicht aus dem Kopf, die ganze Buchhandlung scheint etwas Eigenartiges an sich zu haben. Wenig später wird sie von dem unnahbaren Rufus Walker aufgegabelt und – genau zu dieser Buchhandlung zurückgeschleppt. Was sie dann erfährt, scheint unmöglich zu sein: Der Laden soll ein Portal in die Welt der Bücher sein, in der die Charaktere ein Eigenleben führen. Und in dieser Welt wird Hope gebraucht. Dringend. Denn etwas braut sich zusammen, das nicht nur die Buchwelten, sondern auch unsere Realität gefährdet.



„Das Buch der gelöschten Wörter – Der erste Federstrich“ ist ein toller Auftakt zu einer vielversprechenden Reihe. Der Ausgangspunkt fasziniert mich total: Man kann in die Buchwelten jedes Buches reisen, die Charaktere aus den Geschichten kennenlernen – wie cool ist das bitte! Diese Idee erfordert natürlich viel durchdachtes World-Building, denn wenn man da nicht alles genau durchplant – wie sehen die Welten aus, wie funktioniert das Portieren, was ist mit der eigentlichen Handlung des Buches, während in der Buchwelt die Charaktere gerade was anderes machen, und und und ... – dann kann es superleicht zu Logikfehlern und Verwirrung kommen. Das ist hier aber überhaupt nicht der Fall! Es wird viel erklärt und alles erscheint sinnvoll und schlüssig. Das hat mir mega gut gefallen, weil man merkt, dass die Autorin sich wirklich Gedanken gemacht hat, damit ihr Konzept funktioniert. Dafür gibt es sogar ein Sachverzeichnis am Ende, aber eben auch viel Erklärung innerhalb des Buches. Das führt dazu, dass noch nicht ganz so super viel Spannung aufgekommen ist am Anfang, also zumindest nicht so, dass ich total an die Seiten gefesselt war. Aber interessant war es trotzdem. Ich war neugierig, wie alles zusammenpasst und fand diesen ersten Band sehr gelungen.

So im letzten Drittel ca. nahm das Ganze auch nochmal richtig Fahrt auf, weil die Bedrohung sich zuspitzte, sodass ich dann doch den Rest ziemlich schnell gelesen habe und mit einem fiesen Cliffhanger zurückgelassen wurde.



Ich bin super zufrieden mit diesem Buch und freue mich sehr, ganz bald die anderen beiden Teile zu lesen. 4/5 Sterne.

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Veröffentlicht am 08.09.2020

Verwunschen + verrückt. Aber nicht so gut wie Band 1

Die Chroniken von Alice - Die Schwarze Königin
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Alice hat das Kaninchen und den Jabberwock besiegt, doch der Irrsinn hat noch kein Ende. Hinter der Stadt, auf der Suche nach Hatchers Tochter Jenny, landen Alice und Hatcher im Reich der Weißen Königin, ...

Alice hat das Kaninchen und den Jabberwock besiegt, doch der Irrsinn hat noch kein Ende. Hinter der Stadt, auf der Suche nach Hatchers Tochter Jenny, landen Alice und Hatcher im Reich der Weißen Königin, und in ihrem Reich gelten ganz eigene Regeln. Sie müssen lernen, wie man das Spiel der verrückten Königin mitspielt, um den Geheimnissen und der Wahrheit auf die Spur zu kommen.



Nach dem genialen ersten Band habe ich mich sehr auf den zweiten Teil gefreut. Mehr Düsternis, mehr Irrsinn, mehr verrückte Aufgaben und Wesen. Irrsinn und Verrücktes habe ich zwar auch bekommen, aber der Teil war längst nicht so düster wie der erste. Die Königin als „Hauptantagonistin“ war hier gut gewählt und ihr Reich verspricht viel Chaos und verwunschene Begegnungen. Aber ich hab das Gefühl, man hätte da noch mehr draus machen können. Es fühlte sich alles nicht ganz so spektakulär an, wie es hätte werden können. Die Geschichte hat mich nicht ganz so voller Entsetzen gepackt wie Teil 1, sie blieb irgendwie etwas oberflächlicher, was bei dem Potenzial schade ist.

Das Ende war zwar auch wieder kein epischer Kampf (mit Finalen hat die Autorin es glaub ich nicht ganz so), aber meiner Meinung nach besser als in „Finsternis im Wunderland“, das war gut! Und mit einer dramatischen Wendung zuvor.

Dieses Verwunschene, Verrückte, das Spiel mit den Illusionen, das hat mir alles wieder richtig gut gefallen. Und ich habe Alice und Hatcher gern begleitet. Sie sind beide super interessante Charaktere, vor allem Hatcher, die mit allem, was sie in der Vergangenheit erlebt haben, kämpfen. Ihre Beziehung zueinander ist mehr als seltsam, sehr kompliziert, aber das macht sie gerade so faszinierend. Und sie passt in diese völlig verrückte Welt.

Die „Stationen“ die Alice und Hatcher im Buch durchlaufen sind allesamt gut gemacht, abwechslungsreich und warten immer mit neuen Überraschungen. Ich bin einfach ein Fan von diesem Verwunschenen und das klappt hier wieder ganz wunderbar. Das in Kombination mit den spannenden Charakteren hat dafür gesorgt, dass ich Spaß an dem Buch hatte und es schnell und gerne gelesen habe. Aber es ist kein Highlight für mich, deshalb 4/5 Sterne.


Ich freue mich sehr auf die anderen Bücher der Reihe, die noch kommen werden: Peter Pan, die kleine Meerjungfrau, und Rotkäppchen. Und einen weiteren Alice-Band mit Kurzgeschichten wird es auch noch geben.

Übrigens: Im Buch gibt es eine Weiße Königin und eine Schwarze und ich find es sehr erfrischend, dass hier mal die Weiße die Böse ist und die Schwarze die gute! Aber im englischen Original heißt das Buch „Red Queen“. Äh. Wo kommt die jetzt noch her? Eine rote Königin gabs nicht?!

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Veröffentlicht am 31.07.2020

Sehr atmosphärisch und toller Schreibstil

Klammroth
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Siebzehn Jahre nach dem tragischen Unfall, der ihr aller Leben verändert hat, sind die Menschen in dem kleinen Ort Klammroth noch immer traumatisiert. Ein Unglück im örtlichen Tunnel forderte zahlreiche ...

Siebzehn Jahre nach dem tragischen Unfall, der ihr aller Leben verändert hat, sind die Menschen in dem kleinen Ort Klammroth noch immer traumatisiert. Ein Unglück im örtlichen Tunnel forderte zahlreiche Leben von Kindern, die Überlebenden wurden auf ewig gebranntmarkt. So auch Anais, die nun das erste Mal seit damals dorthin zurückkehrt. Doch etwas Unerklärliches geht in dem Ort vor sich und der Tunnel birgt ein düsteres Geheimnis. Anais gerät wieder in die Fänge von Klammroth und muss schon bald feststellen, dass noch immer Opfer gefordert werden ...



Mit „Klammroth“ hat Isa Grimm (von der man mittlerweile weiß, dass es in Wahrheit Kai Meyer ist) einen unglaublich starken atmosphärischen Roman im Bereich Horror geschaffen. Sein Schreibstil ist einfach genial und überzeugend, er weiß mit Worten umzugehen und sie zu formen und schafft es so, einen beim Lesen in den Bann zu ziehen. Das hat mir bisher bei allen Büchern, die ich von ihm gelesen habe, sehr gefallen. So erzeugt er bei diesem Buch durchweg ein ungutes Gefühl beim Lesen, wenn man gemeinsam mit Anais durch Klammroth streift, düsteren Geheimnissen unfreiwillig auf die Spur kommt und an jeder Ecke etwas Schlimmes erwartet. So wie es bei einem solchen Buch auch sein soll.

Inhaltlich fand ich die Idee wirklich sehr spannend. Ein gruseliger Tunnel in dem ein Unfall geschah. Dann stellt sich aber heraus, dass es nicht einfach ein gewöhnlicher Unfall war, sondern noch mehr Dinge und Gegebenheiten an diesem Ereignis haften, die bis in die Gegenwart ragen. Hier hätte ich mir die Handlung allerdings noch etwas tiefergehender gewünscht. Ich weiß nicht ganz, wie ich es beschreiben soll, aber ich hätte mir noch mehr Düsteres und Übernatürliches vom Tunnel erhofft, noch ein bisschen mehr Ausarbeitung für das Ende bzw. die Auflösung, was da in dem Ort passiert. Ich glaube, da wäre noch etwas mehr Potenzial drin gewesen.

Nichtsdestotrotz hat mir das Buch gefallen – Idee, Schreibstil, Atmosphäre – und deshalb würde ich es weiterempfehlen, wenn man das Genre gern liest. Ich hab das Buch fast an einem Stück gelesen.

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Veröffentlicht am 30.07.2020

Schönes Wohlfühlbuch mit vielen Handlungssträngen

Die kleinen Geheimnisse des Herzens
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In dem kleinen Dorf Pengelly in Cornwall hat gute Nachbarschaft einen besonders hohen Stellenwert. Die meisten der schon älteren Einwohner*innen pflegen eine enge Verbindung, damit niemanden im Alter die ...

In dem kleinen Dorf Pengelly in Cornwall hat gute Nachbarschaft einen besonders hohen Stellenwert. Die meisten der schon älteren Einwohner*innen pflegen eine enge Verbindung, damit niemanden im Alter die Einsamkeit überfällt. Dorthin verschlägt es Emily, die sich um ihre verwitwete Großmutter Julia Sorgen macht und außerdem eine Auszeit ihres Alltags braucht. Mithilfe des alleinstehenden, gleichaltrigen Andy will sich Emily um Julia kümmern. Und dann ist da noch May, sage und schreibe 110 Jahre alt, die eine lange Fehde mit Julia verbindet, über die scheinbar niemand reden möchte. Doch das ist nicht das einzige Geheimnis, das May umgibt.



Celia Anderson hat ein richtiges Wohlfühlbuch geschrieben. Die Sprache ist leicht, angenehm und liest sich flüssig. Die Autorin kann sich definitiv ausdrücken und schafft eine schöne Atmosphäre in dem kleinen englischen Dörfchen. Es geht ums Älterwerden, Einsamkeit, Nachbarschaft, Liebe, Ängste, Zusammenhalt.

Auch die Charaktere sind alle interessant und haben ihre Eigenheiten, die sie liebenswürdig machen. Nur wusste ich lange nicht, wohin mich das Buch eigentlich führen will, denn eine stringenter Haupt-Plot war irgendwie nicht erkennbar. Es gab so viele verschiedene Handlungsstränge, dass ich die Handlung am ehesten noch mit „Einblick in das Dorfleben und die Familien dort“ beschreiben kann. Und überraschenderweise gab es ein fantastisches Element, das man bei dem etwas irreführenden Klappentext nicht erwartet hätte. Es hat mich nicht gestört, es war gut gemacht. Aber unbedingt nötig wäre es jetzt auch nicht gewesen.

Am Ende waren die vielen aufgemachten Handlungsstränge das, was etwas unglücklich gelaufen ist, da viele von ihnen sich am Ende des Buches zu einem Ball zusammenknubbelten, nochmal was neues völlig überraschend dazu kam, und man am Ende mit diesem großen Wust an Inhalt zurückblieb. Es gab zwar ein Happy End und für das meiste auch eine Auflösung, aber etwas weniger hätte dem Buch vielleicht auch gutgetan.



Aber das ist auch mein einziger Kritikpunkt. Das Buch hat mich nicht übermäßig gefordert oder emotional aufgerüttelt, aber es war sehr schön zu lesen. Eben ein Wohlfühlbuch. Gut, um mal abzuschalten und sich eine Pause von den Büchern zu gönnen, die einem auf dramatische Weise das Herz brechen oder auf eine Gefühlsachterbahn schicken. Von mir eine Empfehlung als Entspannungs-Lektüre.

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Veröffentlicht am 15.07.2020

Tolles, wichtiges Thema - hinterher leider aus den Augen verloren

Die Tanzenden
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„Guten Tag, meine Herren. Danke, dass Sie gekommen sind. In der heutigen Lehrveranstaltung werde ich Ihnen die Hypnose an einer Patientin demonstrieren, die an einer schweren Hysterie leidet. (...) Mittels ...

„Guten Tag, meine Herren. Danke, dass Sie gekommen sind. In der heutigen Lehrveranstaltung werde ich Ihnen die Hypnose an einer Patientin demonstrieren, die an einer schweren Hysterie leidet. (...) Mittels Hypnose können wir ihre Anfälle künstlich erzeugen, um deren Symptome genauer zu untersuchen.“

Louise ist seit 3 Jahren in der Anstalt Salpêtriére, wegen etwas, das ihr angetan wurde. Sie ist gerade mal 16. Eugénie, 19 Jahre alt, wird von ihrem Vater und ihrem Bruder dort hingebracht, damit sie den Familiennamen nicht ruiniert. In der Anstalt treffen beide auf Geneviève, einer strengen, etwas älteren Krankenschwester, die keins der Schicksale an sich heranlässt. Zumindest bisher. Aber Eugénie verändert alles. Und der Höhepunkt des ganzen wartet am Tag des Balls der Verrückten auf die jungen Frauen.

Victoria Mas schafft in „Die Tanzenden“ eine sehr interessante, aber auch bedrückende Atmosphäre. Mit bildreicher und abwechslungsreicher Sprache führt sie die Leser*innen ins Paris Ende des 19. Jahrhunderts ein und vermittelt gekonnt, wie die damalige Gesellschaft gedacht und gehandelt hat. Es wird deutlich, wie Männer das Stadtleben und auch sonst alles beherrscht haben. Wie Frauen unter Vorwänden abgeschoben wurden, wenn sie nicht den Vorstellungen der Männer entsprachen. Sie hatten weder eine Stimme, noch Rechte, und das schildert die Autorin sehr eindringlich.

Dabei schreibt sie eher aus der Sicht von damals, um es greifbarer zu machen. Man sieht die Welt meist durch den Blick der Frauen. Trotzdem ist auch der Erzähler präsent und ab und zu ist ein verstecktes „angeblich“ oder ein „nicht wahr“ zu finden, das einen leicht wertenden Unterton aus heutiger Sicht mit sich bringt. Mich konnte der Stil von Victoria Mas, ihre Schreibweise, absolut überzeugen.



Auch die Handlung fing vielversprechend an. Mit Louise und Eugénie hat man zwei sehr unterschiedliche Mädchen – die eine will nur einen Mann finden, der sie liebt, und ihr ein schönes Leben bereitet. Die andere will niemals heiraten, niemals abhängig sein und völlig selbstbestimmt leben. Beiden wird das durch ihre Einweisung genommen: „Eine Mülldeponie für all jene, die die öffentliche Ordnung gefährdeten. Eine Anstalt für Frauen, deren Empfindungen nicht den Erwartungen entsprachen. Ein Gefängnis für diejenigen, die sich einer eigenen Meinung schuldig gemacht hatten“ (S. 34).

Der Handlungsbogen baut sich bis zu dem Zeitpunkt auf, an dem alle gemeinsam in der Anstalt feststecken und ich war absolut gespannt was dann passieren wird. Die erste Hälfte konnte mich absolut überzeugen.
Aber leider war die zweite Hälfte ziemlich enttäuschend. Sowohl die Werbung, die für dieses Buch gemacht wird, als auch der Klappentext und die erste Hälfte des Buches versprechen female empowerment und ein Auflehnen gegen das Patriarchat. Oder zumindest einen Versuch der Mädchen, gehört zu werden. Darauf hatte ich mich sehr gefreut. Stattdessen wandert der Fokus des Buches komplett zu Eugénies angeblicher übernatürlichen Gabe und bekommt einen spirituellen Touch, der für mich unnötig war und auch gar nicht wirklich reinpasste. Zwar gibt es am Ende eine kleine Auflehnung und auch einen Hoffnungsschimmer für eine der Personen, aber ich hätte mir die Entwicklung der Handlung anders gewünscht. Schade.

Trotzdem gibt es von mir eine Leseempfehlung, weil der Schreibstil überzeugt, die Thematik wirklich spannend ist. Aber man hätte defintiv mehr draus machen können! Für mich schwankt es etwas zwischen 3,5 und 4 Sternen.

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