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Veröffentlicht am 29.09.2020

Purgatorium

Westwind
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Kurz vor der Fastenzeit im Jahre 1491: In Oakham, einer kleinen Gemeinde irgendwo in England, in der manche Ziegen reicher sind als die Bewohner, stirbt unvermittelt der wohlhabendste Bewohner. Tom Newman ...

Kurz vor der Fastenzeit im Jahre 1491: In Oakham, einer kleinen Gemeinde irgendwo in England, in der manche Ziegen reicher sind als die Bewohner, stirbt unvermittelt der wohlhabendste Bewohner. Tom Newman wurde leblos im reißenden Fluss treibend gesichtet, und da er sich in der Blüte seiner Jahre befand, stellt sich die Frage, wie er zu Tode kam. Ein Unfall? Nicht ausgeschlossen, das Wetter ist schlecht Mitte Februar, man hätte leicht ausrutschen können. Oder Selbstmord? Vielleicht gar Mord? Der nächsthöhere Kirchendiener, der Dekan, verlangt Aufklärung. Und so sieht sich John Reve, der ansässige Priester, gezwungen, aufmerksamer den Beichten seiner Schäfchen zu lauschen, um das Puzzle zusammenzusetzen.

Bei diesem Buch handelt es sich weder um einen klassischen Thriller noch einen Krimi. Stattdessen könnte man es eher als eine Milieustudie des ausgehenden 15. Jahrhunderts betrachten, und so findet sich der Leser zusammen mit dem Priester in einem deprimierend armen Dörfchen wieder, in dem die Bewohner kaum mehr besitzen als das, was sie am Leib tragen. Dazu kommt die Februarkälte, der Wind, der anstehende Hunger der Fastenzeit. Es ist ein entschleunigendes, fast schon gemächliches Buch, das sich Zeit dafür nimmt, die einzelnen Charaktere zu beleuchten, und es wird auf eine außergewöhnliche Art erzählt, nämlich rückwärts. Wir lernen John Reve am Tag 4 nach dem Tode Newmans kennen und begleiten ihn dann rückwärts bis zu dem Tag, an dem Newman umkam, wobei nur so nach und nach die Details des Geschehens aufgeklärt werden. Für reine Krimileser mag das vielleicht zu lange dauern, zu wenige echte Krimielemente enthalten, aber wer sich für das Entwickeln und langsame Aufklären einer Handlung sowie historische Hintergründe interessiert, ist mit diesem Buch gut bedient.

Veröffentlicht am 16.09.2020

Sprung in die Vergangenheit

Vortex – Das Mädchen, das die Zeit durchbrach
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Achtung, hier handelt es sich um eine Rezension zu einem zweiten Band und es gibt mögliche Spoiler zum ersten. Wer den nicht kennt, schleicht sich bitte oder heult leise.

Elaine und Bale haben zwar Hawthorne ...

Achtung, hier handelt es sich um eine Rezension zu einem zweiten Band und es gibt mögliche Spoiler zum ersten. Wer den nicht kennt, schleicht sich bitte oder heult leise.

Elaine und Bale haben zwar Hawthorne einen Strich durch die Rechnung gemacht, aber aufgegeben hat der Leiter des Kuratoriums noch lange nicht - und genial wie er ist, hat er bereits neue Pläne geschmiedet. Die Rebellen vom Sanctum kommen dahinter, als sich ein Überläufer bei ihnen meldet, der ihnen auch neue Munition überlässt. Schnell stehen zwei Sachen fest: Erstens: Menschen und Vermengte stehen ganz knapp vor einem Krieg. Und zweitens: Hawthorne hat einen neuen Plan, seine Läufer zum Urvortex zu schicken und Elaine, Bale und ihre Freunde müssen alles daran setzen, diesen Plan zu durchkreuzen. Dabei durchbrechen sie nicht nur den Raum, sondern auch die Zeit und mit jedem Sprung in die Vergangenheit werden Fragen beantwortet, doch mehr noch aufgeworfen ...

Es handelt sich hier um einen guten und spannenden zweiten Teil, obwohl er in der Mitte einmal ein bisschen zäher wurde. Doch durch das, was passierte, bekam man endlich ein paar mehr Einblicke in das, was ursprünglich geschehen war und wie alles zusammenhängt. Was mir hier gut gefällt, ist, dass nicht von Anfang an klar ist, wer Freund oder Feind ist oder was die Agenda hinter jedem einzelnen ist, der hier die Fäden zieht. Einziger richtiger Wermutstropfen für mich ist die Unlogik am Schluss, die mit der Identität eines der wichtigsten Charaktere zusammenhängt, aber ansonsten bin ich sehr gespannt, wie das Ganze bei Band 3 alles aufgelöst wird. Ich hoffe, die Trilogie endet so stark und fesselnd, wie sie sich bisher gezeigt hat.

Veröffentlicht am 16.09.2020

Verwünscht und zugehext!

Hex Files - Wilde Hexen
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Ivy Wilde ist den Fängen des Ordens entkommen und freut sich darüber.

Nicht.

Immerhin bedeutet das, nicht mehr mit dem gestrengen, aber megaheißen Rafael Winter zusammenarbeiten zu dürfen und das geht ...

Ivy Wilde ist den Fängen des Ordens entkommen und freut sich darüber.

Nicht.

Immerhin bedeutet das, nicht mehr mit dem gestrengen, aber megaheißen Rafael Winter zusammenarbeiten zu dürfen und das geht ihr ganz schön nahe. Aber es dauert nicht lange und schon klopft der Orden ein weiteres Mal bei ihr an, dieses Mal nicht nur Winter, sondern sogar das Oberhaupt des Ordens. Und sie möchten, dass sie Ivy an das Set der Serie "Verwünscht" schmuggelt, um dort den Tod eines Kandidaten zu untersuchen. Ihre Lieblingsserie! Und sie soll wieder mit Winter ermitteln! Ivy stürzt sich Feuer und Flamme in den Fall, faul, aber gewitzt und auf ihre typisch trottlig-geniale Art.

Wie schon der erste Teil ist das eine kurzweilige, unterhaltsame Lektüre, obwohl ich das Buch dieses Mal nicht ganz so witzig fand. Ein Highlight ist natürlich wie immer Brutus mit seinen Kernaussagen wie "Futter!", "Mann!" und "Schlecht!", aber auch von dem cleveren Kater hatte ich zwischendrin mehr erwartet. Ivy muss sich hier ganz schön strecken und kann nicht halb so viel faulenzen, wie sie es gewohnt ist, dafür bleibt ihr genügend Zeit, sich rechts und links Freunde und Feinde zu schaffen und in Fettnäpfchen zu treten. Es handelt sich hier um Wohlfühlgeschichten mit Humor, nicht sehr tiefgehend, aber das wird weder erwartet noch verlangt. Spaß soll es machen und das tut es auch.

Veröffentlicht am 16.09.2020

Entführt nach Amerika

Artemis Fowl - Der Geheimcode (Ein Artemis-Fowl-Roman 3)
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Artemis Fowl weiß, dass sich seine kriminelle Laufbahn nicht mehr lange verfolgen lassen wird, denn sein Vater wird bald heimkehren und er erzählt jetzt schon was von "ehrbar" werden. Undenkbar! Wenigstens ...

Artemis Fowl weiß, dass sich seine kriminelle Laufbahn nicht mehr lange verfolgen lassen wird, denn sein Vater wird bald heimkehren und er erzählt jetzt schon was von "ehrbar" werden. Undenkbar! Wenigstens einen großen Coup muss er noch auf die Reihe bringen und er weiß auch schon, was er tun wird: den amerikanischen Geschäftsmann Spiro erpressen. Doch Spiro ist schon länger und skrupelloser im Geschäft, als Artemis überhaupt auf der Welt ist und plötzlich ist Butler schwer verletzt, Artemis sitzt in der Klemme und das Erdland ist in größter Gefahr. Jetzt muss sich erweisen, ob sich Artemis' Superhirn auch zum Retten von Menschen- und Elfenleben eignet.

Bei dieser Reihe kann ich mich eigentlich nur wiederholen: genial gesprochen und ich hatte wieder viel Spaß mit den verschiedenen skurrilen Typen, die einem mittlerweile sehr ans Herz gewachsen sind. Was mit Butler passiert ist, war schlimm und ich hoffe natürlich, dass in einem der nächsten Bände dafür eine Lösung gefunden wird, aber auch das Auftreten von Mulch, Commander Roots hysterische Anfälle und Foleys Genialität spielten eine Rolle, diese vertrackte Situation mit Intrigen, doppelten Intrigen und dreifach gesicherten Plänen zu knacken. Artemis hatte hier zum ersten Mal einen Erwachsenen gefunden, der ihm (beinahe) das Wasser reichen konnte, und es war super zu sehen, wie sich diese beiden kriminellen Superhirne auf Augenhöhe (na ja, beinahe!) begegneten. Der Schluss war mir dann jedoch (fast) ein bisschen zu langgezogen und mich wurmt ein bisschen, dass ich den nächsten Band lesen/hören muss, um herauszufinden, wie sich Artemis aus der Gedächtnislöschung windet, aber trotzdem ist es eine mega Unterhaltung gewesen.

Veröffentlicht am 06.09.2020

Ein Killer in Edinburgh

Die Tinktur des Todes
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Will Raven ist ein junger Mediziner, der soeben seine Stelle als Famulus des berühmten Geburtshelfers Dr. Simpson angetreten hat. Allerdings hat er ein Problem: Nicht nur, dass er Kriminellen Geld schuldet ...

Will Raven ist ein junger Mediziner, der soeben seine Stelle als Famulus des berühmten Geburtshelfers Dr. Simpson angetreten hat. Allerdings hat er ein Problem: Nicht nur, dass er Kriminellen Geld schuldet und niemand erfahren darf, dass er aus ärmlichen Verhältnissen stammt, so hat er seine Lieblingsprostituierte tot aufgefunden. Ihr Körper zeigt, dass sie nicht leicht gestorben ist. Im Edinburgh des Jahres 1847 sterben täglich Leute an den geringsten Krankheiten, aber sein medizinisch geschulter Blick zeigte ihm, dass ihr Tod kein natürlicher ist. Als er erfährt, dass noch andere arme Frauen ähnliche Symptome zeigten, als sie starben, versucht er herauszufinden, was ihnen passiert ist. Dabei und eher unwillig hilft ihm Sarah, das Hausmädchen von Dr. Simpson und bald müssen die beiden feststellen, dass sie in großer Gefahr schweben.

Mir gefiel, wie das Edinburgh aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wieder auferstanden ist und seit ich "Der Horror der frühen Medizin" (sehr gutes Buch!) gelesen hatte, habe ich auch eine ungefähre Vorstellung davon, wie zur damaligen Zeit Ärzte und Chirurgen praktizierten. Von daher war es interessant, einmal einem "Ermittler" zu folgen, der eigentlich keiner ist, sondern ein angehender Arzt sowie dem Hausmädchen, das einfach mehr vom Leben erwartet, als sich mit ihrem Platz in der Welt abzufinden. Zwischendrin wurde es mir persönlich ein bisschen zu viel Millieustudie und zu wenig Krimi, aber es war nicht so ausschweifend, dass man das Buch weglegen wollte. Von daher bekommt diese Lektüre besonders für diejenigen Leser eine Empfehlung, die nicht nur am kriminalistischen, sondern auch am historischen Kontext Interesse haben.