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Veröffentlicht am 23.09.2020

Historischer Roman, der die fiktive Geschichte einer jungen Frau erzählt und diese in die historischen Fakten des Mittelalters einbettet

Das Erbe der Päpstin
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Nachdem Freyas Mutter Gisla, die als Leibeigene bei dänischen Wikingern arbeiten musste, 854 von ihrem Peiniger ermordet wurde, flieht Freya zusammen mit ihrer Schwester Asta in die Heimat ihrer Mutter ...

Nachdem Freyas Mutter Gisla, die als Leibeigene bei dänischen Wikingern arbeiten musste, 854 von ihrem Peiniger ermordet wurde, flieht Freya zusammen mit ihrer Schwester Asta in die Heimat ihrer Mutter nach Dorstadt. Sie möchte zu ihrem Großvater Gerold, dem einzigen verbliebenen Verwandten. Dieser ist inzwischen in Rom bei der Leibgarde des Papstes angestellt. Als Freya endlich in der ewigen Stadt ankommt, währt ihr Glück nur kurz. Bei der Osterprozession im Jahr 858 kommt Gerold ums Leben - und der Papst erleidet eine Fehlgeburt. Freya, die auf der Flucht mit Asta als Junge verkleidet war, ist beeindruckt von der Tatsache, dass der gütige Papst eine Frau, die Heilerin Johanna war. Freya hatte auf ihrer Flucht Lesen und Schreiben gelernt und Bücher von Medizinern gelesen. Auf ihren weiteren Fluchtwegen - immer auf der Hut vor den rachehungrigen, gierigen Dänen - erweitert sie ihr Wissen in der Heilkunst, kann vielen Menschen helfen und Linderung in ihrer Not schenken, bringt sich in ihrer Rolle als starke, unabhängige Frau, die ihr Leben und das ihrer Familie auch mit der Waffe verteidigt, immer wieder in Gefahr.
"Das Erbe der Päpstin" ist inspiriert von dem Buch "Die Päpstin". Die Atmosphäre des Romans, der im Zeitraum von 854 bis 867 handelt, ist mit dem Bestseller durchaus vergleichbar. Aufgrund des Titels hatte ich jedoch eine engere Verknüpfung beider Romane erwartet und das Freya die Päpstin länger auf ihrem Weg begleitet hätte. So erzählt der Roman bis auf wenige kurze gemeinsame Szenen eine ganz neue Lebensgeschichte, die von Freya.
Sie lebt in einer Zeit, die Geprägt ist von Konflikten mächtiger Könige mit der Kirche in Rom und von diversen Raubzügen und Schlachten der Wikinger, die sich weit über Skandinavien hinaus in Richtung Süden ausbreiteten. Der Zeitgeist ist spürbar und durch die bildhafte Beschreibung der Autorin kann man sich gut in die damalige Zeit versetzen lassen und auch Freyas Situation nachempfinden, die es immer wieder erforderte, entweder zurückzustecken in der Hoffnung, Frieden zu finden oder für ihr Recht zu kämpfen und damit in einen Teufelskreis aus Gewalt zu geraten.
Wie die Päpstin ist Freya eine starke Frau, die ihrer Zeit weit voraus war, Konflikte nicht scheute und mutig für ihre Bedürfnisse kämpfte. Als Figur - einerseits stur und unerbittlich und andererseits mit einem großen Herzen für allem die ihr wohlgesonnen waren und sie auf ihrem Weg begleiteten - wirkte sie wie auch die Nebenfiguren, egal ob Freund oder Feind, authentisch. Man erlebt mit Freya viele Moment des Glücks, aber noch mehr Zeiten der Entbehrungen, der Angst und der Trauer.
"Das Erbe der Päpstin" ist ein historischer Roman, der die fiktive Geschichte einer jungen Frau erzählt und diese in die historischen Fakten des Mittelalters einbettet. Der Roman ist nicht ganz so mitreißend wie "Die Päpstin", die durch ihre Stellung im Vatikan noch faszinierender in ihrer Rolle war. Er nimmt den Leser dennoch auf eine interessante Reise voller Widerstände, Liebe, Leid und Leidenschaft einer mutigen Frau, die maskulin gegen Wikinger kämpfte und sich auch von hochrangigen Würdenträgern nicht einschüchtern ließ.

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Veröffentlicht am 19.09.2020

Kein Thriller, aber ein spannender Kriminalroman, der mit der Flüchtlingsproblematik ein immer noch aktuelles Thema aufgreif

Als der Teufel erwachte
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In einer Werkstatt in Wien finden zwei Mechaniker bei einer Reparatur zwei Leichen im Kofferraum eines Autos. Die Halterin des Wagens hat keine Ahnung, wie diese in ihr Fahrzeug gelangen konnten. Es stellt ...

In einer Werkstatt in Wien finden zwei Mechaniker bei einer Reparatur zwei Leichen im Kofferraum eines Autos. Die Halterin des Wagens hat keine Ahnung, wie diese in ihr Fahrzeug gelangen konnten. Es stellt sich heraus, dass es sich bei den männlichen Leich um zwei Flüchtlinge handelt. In Mordverdacht gerät alsbald ihr gewalttätige Exmann, der Serben Milanovic, der jede Schuld von sich weist. Er räumt ein, mit Schmugglern zu kooperieren und dafür heimlich den Wagen seiner Exfrau benutzt zu haben, mit Schleppern habe er allerdings nichts zu tun. Im Zuge der Ermittlungen werden weitere tote Flüchtlinge aufgefunden.
"Als der Teufel erwachte" ist der Nachfolger des Kriminalromans "Als Gott schlief" um die Kriminalkommissarin Jutta Stern, Polizeipsychologe Tom Neumann und ihren Chef Georg Kunze. Der zweite Band der Reihe setzt wenige Wochen nach dem Klerikerfall ein. Tom ist frisch zurück aus den USA von seiner Hospitation beim FBI, Georg nach seinen Verletzungen genesen - nur Jutta weilt noch in Asien, um ihren Vater zu suchen, benötigt aber auch eine Auszeit, um den Fehler aus dem letzten Fall zu verdauen und den Tod ihres Ehemanns zu verarbeiten.
Der Roman setzt sich aus drei Handlungssträngen zusammen: Die Ermittlungen im aktuellen Fall der Schleuserkriminalität, Juttas tragisches Privatleben und die dramatischen und brutalen Umstände für die Millionen von Flüchtlingen auf ihrem Weg nach Europa, die anhand herausgehobener Einzelschicksale geschildert werden. Band 2 klärt damit die noch offenen Fragen in Bezug auf Juttas Privatleben aus Band 1 und ist mit der Thematik um die Flüchtlinge gerade wieder brandaktuell.
Das Buch ist eine Mischung aus Drama und Kriminalroman. Aufgrund der sehr eindringlichen Schilderungen der Situation der Flüchtlinge auf der Flucht, in Auffanglagern oder als Asylsuchende in ihren Zielen in Europa ist spürbar, wie sehr dieses Thema die Autorin bewegt hat. Jedes einzelne Schicksal, das nur ein Beispiel für viele Flüchtende ist, ist bewegend. Die Autorin beschönigt nichts, die Route nach Europa, die Grausamkeit der Schlepper und die schier unerträglichen Bedingen in den Flüchtlingslagern wird auf brutale Art und Weise wiedergegeben.
Die Aufklärung der Todesfälle gerät dabei fast ein wenig in den Hintergrund, ist jedoch dennoch spannend, da lange nicht durchschaubar ist, wie die einzelnen Fälle miteinander zusammenhängen. Die Ermittlungen und die dazu gehörigen Protagonisten sind glaubwürdig dargestellt. Jede Hauptfigur hat ihre persönlichen Eigenarten, die sie menschlich und authentisch machen.
"Als der Teufel erwachte" ist für mich kein Thriller, aber ein spannender Kriminalroman, der realitätsnah und (leider) nach wie vor aktuell ist und mit der zwischen den Zeilen zu lesenden Sozialkritik dem Krimi noch eine zusätzliche Komponente gibt, die ihm mehr Tiefe verleiht.

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Veröffentlicht am 16.09.2020

Lebensbejahender Roman, der von Selbstakzeptanz zeugt und Mut macht, sich den Schwierigkeiten des Lebens zu stellen

Bären füttern verboten
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Sydney ist Freerunnerin und 47 Jahre alt, als sie nach St. Ives zurückkehrt, den Ort, an dem ihre Familie vor 37 Jahren auseinandergebrochen ist. Das Freerunning ist mehr als nur ein Hobby. Es wirkt wie ...

Sydney ist Freerunnerin und 47 Jahre alt, als sie nach St. Ives zurückkehrt, den Ort, an dem ihre Familie vor 37 Jahren auseinandergebrochen ist. Das Freerunning ist mehr als nur ein Hobby. Es wirkt wie ein Weglaufen von Problemen, denen sich Sydney nicht stellen möchte. Als sie jedoch im Rahmen eines Projekts als Karikaturistin ihre eigene Geschichte aufzeichnen sol, sieht sie sich gezwungen, sich den Dämonen der Vergangenheit zu stellen.
Maria ist Dentalhygienikerin, 58 Jahre alt und lebt in St. Ives. Sie ist unglücklich mit dem Maler Jon verheiratet, der seine Ehefrau schikaniert, um sein eigenes Selbstbewusstsein zu heben. Ihre 29-jährige Tochter Belle wohnt noch bei ihnen und gibt sich den Kick durch kleinere Ladendiebstähle, die nur von ihrem treuen Hund Stuart beobachtet werden.

Anfangs liest sich die Geschichte nicht ganz einfach, da sie scheinbar wahllos zwischen Vergangenheit und Gegenwart und den einzelnen Protagonisten wechselt. Sie ist so sprunghaft wie Sydney, wenn sie ihrem Hobby nachgeht und von Hausdach zu Hausdach springt. Die Figuren sind jedoch so charakteristisch und individuell gezeichnet, dass ich mir schon nach wenigen kurzen Kapiteln einen Überblick über das Beziehungsgeflecht verschaffen konnte.

Der Roman ist durch den schnellen Perspektivwechsel sehr lebendig geschrieben. Die Geschichte mutet durch den Tod von Sydneys Mutter, an dem sich Sydney die Schuld zu geben scheint, melancholisch an. Es gibt jedoch immer wieder Passagen - wie die aus Sicht des Hundes Stuart oder die eines Spielzeughasen - die der Geschichte einen heiteren Unterton verleihen.

Der Roman handelt von Verlust, Schuldgefühlen und dem hilflosen Umgang damit.
Mit Sydney gibt man sich auf eine Reise, die für sie lebensverändernd ist. Aber auch die anderen Menschen, denen der Leser in St. Ives begegnet, machen am Ende für sich eine Veränderung durch, die erhellend ist. Trotz der unterschwelligen Traurigkeit und der verschiedenen Probleme, mit denen sich jeder einzelne konfrontiert sieht, ist es ein lebensbejahender Roman, der von Selbstakzeptanz zeugt und Mut macht, sich den Schwierigkeiten des Lebens zu stellen, da einem dabei unvorhergesehen Menschen begegnen können, die ganz uneigennützig helfen. Eine freundliche Geste kann ein ganzes Leben retten!

Am Ende kommt es für alle zentralen Personen zu einem Umbruch in ihren Leben. Dabei hätte ich es favorisiert, wenn die Autorin ein paar Seiten mehr dafür verwendet hätte, die Veränderung zu skizzieren und die Bedeutung für den einzelnen zu vertiefen.

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Veröffentlicht am 12.09.2020

Buch über Verlust und Trauerbewältigung, über Neuanfänge und den Mut, niemals aufzugeben - poetisch und betont emotional geschrieben

Jeden Tag ein neuer Himmel
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Charlottes Tochter Daisy ist vor knapp einem Jahr verstorben. Nach einer schweren Zeit der Trauer tritt die Kinderkrankenschwester eine neue Stelle in einem Hospiz an und betreut dort den elfjährigen Jungen ...

Charlottes Tochter Daisy ist vor knapp einem Jahr verstorben. Nach einer schweren Zeit der Trauer tritt die Kinderkrankenschwester eine neue Stelle in einem Hospiz an und betreut dort den elfjährigen Jungen Hamish, der fünf Jahre auf der Straße gelebt hat. Auf ihrem Weg nach Hause kommt sie an dem Straßenmusiker Sam vorbei, der ein selbst komponiertes Lied namens "Daisy" singt. Charlotte ist tief bewegt und bricht in Tränen aus.
Sam war die junge Frau, die in der Nähe seines Stammplatzes wohnte und die er für sich als "Lady" bezeichnete, schon mehrfach aufgefallen. Als sie in Tränen aufgelöst vor ihm steht ist auch er tief ergriffen. Abends schreibt er euphorisch ein Lied über die "Sad Lady" und landet damit einen Youtube-Hit. Er möchte sich bei seiner Muse bedanken und die Hintergründe ihrer Traurigkeit wissen. Nach anfänglicher Skepsis öffnet sich ihm Charlotte, die beiden kommen sich näher und verlieben sich in einander. Doch dann wird Charlottes Vertrauen massiv erschüttert.

"Jeden Tag ein neuer Himmel" ist ein Roman, der fast ausschließlich auf der Gefühlsebene spielt. Der Schreibstil ist poetisch und sehr emotional, was zur Trauer von Charlotte um ihre verstorbene Tochter passt, aber auch zur Stimmung in dem Kinderhospiz, in dem der aufgeweckte Hamish seine letzten Wochen verbringt. Das Buch ist daher eher ruhig, die Atmosphäre melancholisch. Durch die Geschichte von Hamish, dem ein letzter Wunsch erfüllt werden soll und die beginnende Karriere von Sam erhält der Roman jedoch zwei weitere Handlungsstränge, die für Spannung und freudigere Momente sorgen.
Die Charaktere selbst sind sehr süß und wie die Geschichte sehr gefühlsbetont. Mir driftete das Buch deshalb zu sehr in Richtung Kitsch ab und empfand es zu betont rührselig.

Es ist ein Buch über Verlust und Trauerbewältigung, über Neuanfänge und den Mut, niemals aufzugeben, sich selbst treu zu bleiben und an sich zu glauben. Durch die vielen Gefühlsausbrüche rückt die Handlung und die Liebesgeschichte in den Hintergrund, während die Gedanken und Emotionen der Protagonisten betont ergreifend sind und die Leserin intensiv mitleiden lässt.

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Veröffentlicht am 07.09.2020

Mischung aus komplexem Familiendrama und spannendem Kriminalroman: Eine drastische Geschichte über einen perfiden Plan und menschliche Abgründe, die sich auftun

Nach dem Feuer
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Beim Brand eines Wohnmobils, das in einer Deponie abgestellt worden war, wird ein Junge aufgefunden, der sich aus den Flammen retten konnte. Er wird mehrfach von der Polizei befragt, kann jedoch kaum Angaben ...

Beim Brand eines Wohnmobils, das in einer Deponie abgestellt worden war, wird ein Junge aufgefunden, der sich aus den Flammen retten konnte. Er wird mehrfach von der Polizei befragt, kann jedoch kaum Angaben zum Brand machen und schweigt beharrlich über seine Identität. Er wirkt deutlich jünger, als er sein muss, scheint geistig zurückgeblieben.
Nur durch zähe Ermittlungen stellt sich heraus, dass es sich bei dem Jungen um den 15-jährigen David Lackner handelt. Seine Mutter wird tot in der Wohnung aufgefunden, wurde regelrecht hingerichtet. Die Schlussfolgerung liegt nahe, dass es sich bei dem Mord um einen Akt der Rache gehandelt haben muss. Ein Motiv hat sowohl David, der mutmaßlich von seiner Mutter misshandelt wurde, aber auch ihr Ex-Mann, der von ihr beschuldigt worden war, die gemeinsame Tochter zu missbrauchen.

"Nach dem Feuer" ist eine Mischung aus komplexem Familiendrama und spannendem Kriminalroman. Das Buch ist aus unterschiedlichen Perspektiven geschrieben und wechselt zwischen der Gegenwart nach dem Feuer und Ereignissen in der Vergangenheit, die verantwortlich für die Entwicklung der Tragödie war, die in einer Verzweiflungstat gipfelte.
Der Roman ist raffiniert konstruiert, wobei es zu Beginn der Ermittlungen und Rückblenden in die Vergangenheit nicht ganz einfach ist, sich einen Überblick über die handelnden Figuren zu verschaffen und das Beziehungsgeflecht in der Familie aus drei Generationen zu durchschauen. Auch das Verhalten des Jungen, der wie ein Siebenjähriger denkt und sich artikuliert gibt Rätsel auf, weshalb man besonders gespannt sein darf, wie es den Ermittlern gelingt, den Fall zu lösen und herauszufinden, wer Opfer und wer Täter ist, insbesondere da hier auch die Opfer selbst nicht unschuldig sind.

Der Roman handelt von einer dysfunktionalen Familie, von Schuld und Rache und von Ermittlungen durch eher unnahbare Kommissare, die sich durch schwierige Zeugen äußerst zäh gestalten. Es ist eine drastische Geschichte über einen perfiden Plan und menschliche Abgründe, die sich auftun.

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