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Veröffentlicht am 28.09.2020

Das Savoy - Schicksal einer Familie

Das Savoy - Schicksal einer Familie
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Handlung
London 1936
Nachdem viele Jahre lang Larry an der Spitze des Savoy Hotels stand, hat nun seine Enkelin Violet die Führung übernommen. Und obwohl sie stets einen vollgepackten Terminkalender hat, ...

Handlung
London 1936
Nachdem viele Jahre lang Larry an der Spitze des Savoy Hotels stand, hat nun seine Enkelin Violet die Führung übernommen. Und obwohl sie stets einen vollgepackten Terminkalender hat, bereitet Violet ein Ereignis aus der Vergangenheit immer wieder Albträume. Und bislang war sie gerade deshalb auch noch nicht bereit für eine neue Beziehung. Bis plötzlich der französische Adlige Omar de la Durbollière vor ihr steht. Er lässt sie vieles vergessen und gibt ihr Hoffnung auf eine Zukunft. Daher fackelt Violet nicht lange, als er sie zu den Olympischen Sommerspielen in Deutschland einlädt. Violet sind die politischen Neuerungen im Austragungsland zwar bekannt, doch so recht kann sie viele Dinge nicht glauben. Frohen Mutes tritt Violet die Reise an, nicht ahnend, was sie in Berlin erleben und was während ihrer Abwesenheit im Savoy alles passieren wird...

Meinung
Auch bei diesem zweiten Band wurde das Cover recht schlicht und edel gehalten. Noch immer dominiert eine weiße Farbe das Bild, die durchbrochen wird von der blau-grüne Schrift des Titels, sowie einem Hotel, vor dem nicht nur ein Auto, sondern auch ein glamourös gekleidetes Pärchen zu sehen ist. Eindeutig handelt es sich bei dem Gebäude um das, welches auch auf dem Cover des ersten Bandes zu sehen ist und bei dem es sich um das berühmte Savoy handelt. Ich finde es immer noch unglaublich eindrucksvoll und schick, nur zu gerne würde ich das Hotel auch von innen sehen.
Ich mag das Bild sehr gerne, es gefällt mir gut, bereitet auf die Handlung vor und ich mag die Schlichtheit. Gerade dadurch fällt der Roman auf jeden Fall auf!

Im August letzten Jahres hatte ich den ersten Band um das mondäne Hotel gelesen und irgendwie habe ich vollkommen den Erscheinungstermin von Band zwei verpasst. Keine Ahnung, wie das passieren konnte... Auf jeden Fall wollte ich diesen unbedingt lesen, ich mag Romane rund um Hotel-Dynastien gerne und zudem hat der Auftaktband dieser Reihe noch viele offene Fragen gelassen, auf die ich gern eine Antwort möchte. Und natürlich hat es mich auch interessiert, wie Violet mit der Leitung des Hotels umgeht, was sie für Sorgen umtreiben und ob sie an den Erfolg ihres Großvaters anknüpfen kann. Ich war sehr glücklich, den zweiten Band noch als Rezensionsexemplar zu erhalten und möchte noch einmal meinen Dank an den Aufbau Verlag aussprechen!

Wie ich erwähnt hatte, ist es gut ein Jahr her, seit ich den ersten Band gelesen habe. Und in der Zeit sind mir doch mehr Details entfallen, als ich dachte. Und trotzdem hatte ich einen überraschend angenehmen und guten Start in die Handlung. Ich habe mich schnell wieder in der Geschichte zurechtgefunden und nach und nach wird auch ein wenig erwähnt, was im Auftaktband der Reihe geschehen ist und auch bei mir kamen die Erinnerungen wieder.
Ich mochte die Schreibweise direkt wieder sehr gerne. Sie war einfach gehalten, hat sich leicht lesen lassen und besonders die Settings hatten einen bildhaften Charme. Zudem gibt es eine starke Personenzeichnung, nicht nur äußerlich, sondern auch charakterlich. Besonders stark ausgeprägt war dies bei den bereits bekannten Protagonisten aus Band eins, sie haben auch die meisten Wiedererkennungsmerkmale.
Als Erzählinstanz dient ein allwissender Erzähler, der verschiedene Rollen einnimmt und so einen breiten Überblick gibt. Dadurch ist es möglich, Zusammenhänge zu erkennen und verstehen, sowie erfährt man Motivationen und Ziele der Protagonisten. Es kommt also nicht nur Violet zu Wort, sondern auch der besagte französische Adlige in der Inhaltsangabe oder andere Charaktere, die ich nicht weiter benennen werde um der Geschichte nicht zu viel vorweg zu nehmen. Manche davon nehmen eine wichtige Rolle ein, manche dienen nur als Handlanger und sind Nebenfiguren. Trotzdem fand ich es interessant, viele kleine Einblicke in die verschiedenen Leben zu erhalten, Lebensweisen und Ziele kennenzulernen und auch mehr über die politischen Ansichten zu erfahren.
Außerdem gestaltet sich die Handlung auf diese Weise sehr abwechslungsreich, immer wieder wird man als Leser überrascht und es werden so meistens Längen vermieden. Erst mit zunehmender Handlung merkt man, wie all die Kapitel anhand eines roten Fadens miteinander verbunden sind, sie immer mehr einen Sinn ergeben und am Ende entsteht so eine ziemlich runde Geschichte, auch wenn der Roman mit einem großen Cliffhanger endet. So wird das Interesse an einer Fortsetzung angeregt und bei mir hat das Ende sofort den Wunsch herbeigerufen, dass ich die Fortsetzung lesen möchte!

Als Hauptsetting dient das titelgebende Savoy-Hotel und ich finde die Darstellung dessen wieder sehr grandios. Ich konnte mir die unterschiedlichsten Räume hervorragend vorstellen, sowohl die Gästezimmer, als auch das Foyer oder die privaten Zimmer von Violet hatten einen ganz bestimmten Charme. Damit bin ich wirklich zufrieden und ich mochte es sehr, dass man den luxuriösen Charakter des Hotels wahrnehmen konnte. Das Savoy strahlt eindeutig etwas exquisites aus, was sehr verlockend ist und man kann als Leser gut nachvollziehen, weshalb die Gäste genau dort logieren wollen.
Ansonsten gibt es noch einige Kapitel in Deutschland, die mir vor allem stimmungstechnisch sehr gut gefallen haben. Hier empfand ich allerdings die vermittelten Bilder der Orte nicht so stark und ich konnte mich allgemein mit den Kapiteln nicht so sehr anfreunden. Sie hatten eine Unruhe bei sich, wirkten irgendwie fahrig niedergeschrieben und hatten ein paar Längen. Daher habe ich mich mit den Szenen in Deutschland etwas schwer getan und empfand dementsprechend das Setting auch nicht so lebhaft und bildreich.

Ich hätte mir gewünscht, dass das Savoy eine deutlich größere Rolle einnimmt, mehr Szenen dort stattfinden und man noch mehr Einblicke in die verschiedenen Arbeitswelten der Protagonisten erhält. Teils war dies vorhanden und man merkte, dass das Savoy eindeutig im Mittelpunkt steht. Teilweise hatte ich aber auch oft das Gefühl, als würde es in den Hintergrund rutschen und vor allem die Intrigen und Heimlichkeiten stehen im Vordergrund. Und genau das fand ich etwas schade. Ich habe den Roman gerne gelesen, doch meine Erwartungen werden nicht ganz erfüllt. Man kann den Arbeitsalltag von Violet nicht richtig nachvollziehen, oft wird lediglich erwähnt, dass sie den ganzen Tag auf den Beinen ist und ihren Pflichten nachgeht. Über das Personal erfährt man recht wenig und im Grunde spielt das Savoy meist nur eine Nebenrolle. Und genau das finde ich irgendwie irreführend, immerhin ist das Hotel titelgebend und ich finde, dass der Klappentext andere Erwartungen hervorruft, weil erwähnt wird, dass Violet nun die Hotelleitung antritt. Daher hatte ich mir Gedanken gemacht, überlegt, was für Hindernisse und Probleme Violet mit ihrer neuen Aufgabe haben könnte und inwiefern sie sich mit der Arbeit anfreunden kann. Vieles davon ist dann leider nicht so eingetreten.
Auf ihre Art hat mir die Geschichte, die am Ende herausgekommen ist gefallen und ich habe sie mit viel Interesse gelesen. Und sie konnte mich auch zu weiten Teilen überzeugen, nur die Handlung in Deutschland fand ich nicht so perfekt und diese hätte gerne gekürzt werden können. Aber, wie schon beim ersten Band, waren meine Erwartungen ein wenig anders und ich hatte mit einer anderen Geschichte gerechnet.

Ich mochte es sehr, wie diesmal einige historische Fakten eingebunden wurden, die sich vor allem um den anbahnenden Zweiten Weltkrieg und die Wahrnehmung Deutschlands vonseiten des Auslands drehen. Das zeigte gut, wie die Menschen damals durch falsche Nachrichten gelenkt wurden und wie die Bevölkerung Englands die Nazis und deren Ziele wahrgenommen haben. Ich fand es interessant, dass dieser Fakt mit vorkam und hier zeigte sich stark, dass eine solide Recherche hinter dem Werk steckt.

Mir hat es ein wenig gefehlt, dass es keine zeitlichen Angaben gibt. Gefühlt vergehen in dem Handlungszeitraum nur wenige Tage, genau lässt sich dies leider nicht sagen. Und gerade weil ab und an einige Zeit übersprungen wird, hätte ich es für sinnvoll gefunden, wenn es klare Abgrenzungen gegeben hätte und es über jedem Kapitel oder wenigstens bei der Eingliederung des Buches in drei Teile eine Monats- und Jahresangabe gegeben hätte. Einfach, dass man sich als Leser besser auf die Geschichte einlassen kann und man in dieser Hinsicht nicht im Dunklen tappt. So kann ich sagen, dass mehrere Wochen vergehen, aber genauer kann ich die Handlungsdauer nicht einschätzen.

Ich fand die Darstellung der Protagonisten gut. Sie hatten eigene Merkmale und Charaktere erhalten, haben sich voneinander abgehoben und man konnte sich von einem jeden, egal ob er häufig oder selten aufgetreten ist, ein gutes Bild machen. Man lernt im Laufe der Handlung vollkommen unterschiedliche Menschen, mit verschiedenen Lebensstilen und politischen Ansichten kennen und so ergibt sich ein angenehm breites Bild der Gesellschaft. Besonders interessant empfand ich es diesmal, wie man auch als Leser teils von einigen Protagonisten in die Irre geführt wurde und wie sie erst nach und nach ihr wahres Gesicht zeigen. Das war wirklich großes Kino und hier konnte mich besonders eine Person sehr überraschen!
Violet empfand ich meist als in Ordnung. Sie hapert verständlicherweise noch mit ihrem Schicksal und denkt an ein Leben ohne das Hotel. Man merkt, dass sie noch nicht vollkommen für das Savoy brennt, was sich mit zunehmender Handlung stetig verstärkt. In einigen Punkten habe ich noch immer nicht alle Aktionen von Violet als gut und passend empfunden, doch meistens hat sie mir gut gefallen und ich fand sie deutlich angenehmer als im ersten Band.

Fazit
Eine spannende Geschichte, die auf ein fulminantes Ende zusteuert. Irgendwie habe ich das im Gefühl und ich bin sehr gespannt auf den finalen dritten Band, zumal dieser zweite mit einem großen Cliffhanger geendet hat und ich am liebsten sofort wissen würde, wie es mit Violet und ihrem Savoy weitergeht!
Meine Erwartungen waren ein wenig anders, aber die Geschichte konnte mich am Ende doch auf ihre Art überzeugen. Es gibt Kleinigkeiten, für die ich einen Stern abziehe, ansonsten habe ich nichts zu meckern.

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Veröffentlicht am 22.09.2020

Villa Conrad

Villa Conrad
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Handlung:
Frankfurt in den Goldenen Zwanzigern
Günther Conrad, ein Großindustrieller, ist beruflich vollkommen zufrieden mit dem Stand der Dinge. Doch privat sieht es etwas anders aus. Die älteste Tochter ...

Handlung:
Frankfurt in den Goldenen Zwanzigern
Günther Conrad, ein Großindustrieller, ist beruflich vollkommen zufrieden mit dem Stand der Dinge. Doch privat sieht es etwas anders aus. Die älteste Tochter Clara hat die Erwartungen erfüllt, die an sie gestellt wurden, und den Unternehmer Eduard Jungbluth geheiratet. Der Sohn Raiko, Nachfolger von Günther, ist ebenfalls verheiratet, wartet noch auf den ersehnten Sohn und zieht mit dem Vater an einem Strang. Um seine jüngsten Kinder, die Zwillinge Sophia und Ludwig, macht sich Günther dagegen große Sorgen. Beide verbringen gerne ihre Zeit mit Schauspielern und legen nur wenig Wert auf die bessere Gesellschaft und das Ansehen der Familie. Und schließlich lernt Sophia den Sinto Vincent kennen, verliebt sich in ihn und kann ihre Liebe doch nicht offen zeigen. Denn eine Machtergreifung der Nationalsozialisten wird immer deutlicher und eine Beziehung mit Vincent birgt viele Risiken. Trotzdem will Sophia nicht auf ihr Glück verzichten und könnte damit auch ihre Familie mit in den Abgrund ziehen...

Meinung:
Ich mag das Cover unglaublich gern. Ich finde es elegant und stillvoll, es bereitet ein Stück weit auf den Roman vor und kann mich auch von den Farben komplett überzeugen. Der Buchrücken wurde in einem tollen Goldton gehalten, was sich auch auf dem Cover anhand des Namens der Autorin, als auch bei den grafischen Mustern an den Rändern wiederfindet. Der Titel selbst hat einen dunklen Beerenton erhalten und sticht dadurch stark heraus. Im Hintergrund gibt es eine Dame, die schick gekleidet und zurechtgemacht ist und dem Betrachter ihr Profil zeigt. Sie bringe ich ein Stück weit mit Sophia in Verbindung, der Person im Roman, die im Mittelpunkt steht.
Insgesamt finde ich das Cover wirklich edel und perfekt gestaltet. Es ist auffallend und strahlt viel Klasse aus!

Ich habe bereits einige Romane von Nora Elias gelesen, die mir ausnahmslos alle gefallen haben. Und als ich diesen in der Verlagsvorschau gesehen habe, musste es einfach auf die Wunschliste wandern. Mich hat die Inhaltsangabe direkt begeistert und ich war sehr gespannt darauf.
Nachdem es nun einige Zeit auf der Wunschliste stand, habe ich den Roman zum Geburtstag von meinen Eltern geschenkt bekommen, was mich sehr glücklich gemacht hat. Und jetzt endlich habe ich mit dem Lesen begonnen und war gespannt darauf, ob die Autorin mich auch diesmal wieder überzeugen kann.

Mir hat direkt gefallen, dass es vor dem Beginn des Romans eine Personenübersicht gibt. Man kann sich bereits einen ersten Eindruck von der Anzahl der Protagonisten machen, lernt Familien kennen und erkennt erste Zusammenhänge. Ich mag dieses Detail ja eh immer sehr gerne und auch diesmal fand ich die Übersicht der handelnden Personen wieder sehr hilfreich. Ich muss ehrlich sagen, dass ich irgendwie immer die Namen von Vincents Familie durcheinandergebracht habe und da war ein Blick in das Verzeichnis immer wieder angebracht. Zudem gibt es einige, wenige Personen, die seltener auftauchen und daher nicht ganz so stark im Gedächtnis bleiben wie andere Protagonisten. Auch da kann die Personenübersicht durchaus helfen.

Der Roman wurde insgesamt in fünf Teil gegliedert, wobei ein jeder Teil bestimmte Jahre umfasst. Dabei wird nicht jedes Jahr und jeder Monat detailliert beschrieben, es werden auch immer wieder ein paar Monate übersprungen und so wird die Handlung kürzer gehalten. Ich fand es wirklich wichtig, dass manche Zeiten nicht beschrieben werden, sonst wäre die Geschichte unendlich lang geworden und es hätten noch leichter Längen entstehen können.
Auch so vergehen auf den 576 Seiten bereits siebzehn Jahre, was eine Menge ist, gerade auch in Anbetracht der Handlungszeit. Zwischen den Jahren 1928 und 1945 vergehen nicht nur einige Lebensjahre, auf denen man die Protagonisten begleitet, sondern auch politisch und weltgeschichtlich gibt es große Änderungen, Wandlungen und ein ganzer Krieg wird durchlebt. All das überhaupt auf so vielen Seiten unterzubringen, ist bemerkenswert. Wobei ich aber auch ehrlich sagen muss, dass es mir manchmal ein wenig zu viel war. Entweder sind die Informationen nur so auf den Leser eingeprasselt und man konnte sie innerhalb kurzer Zeit fast nicht verarbeiten. Oder es gab einige Abschnitte, in denen fast nichts interessantes geschehen ist und die Handlung ein wenig langweilig wurde. Da entstanden für mich auch immer mal wieder Längen, die mit zunehmender Handlung häufiger wurden. Anfangs hatte ich diesen Eindruck nämlich absolut nicht. Im Gegenteil. Ich mochte die kurzweilige Erzählung und fand die Geschichte wurde immer nur aufs Wichtigste konzentriert. Leider hat sich dies im letzten Drittel des Romans ein wenig gewandelt und oft habe ich mir gedacht, dass die Handlung durchaus noch kürzer hätte stattfinden können. Oder mir hätte es auch gefallen, wenn die Geschichte gesplittet worden wäre und vielleicht zwei Romane daraus gemacht worden wären. Da hätte man durchaus noch mehr in die Tiefe gehen können.
Am Anfang neuer Kapitel ist stets vermerkt wurden, in welchem Monat und Jahr die folgende Handlung stattfindet. Empfand ich als sehr hilfreich und nützlich, sonst wäre man schnell in der Geschichte verloren gewesen, weil viele Jahre auf den knapp 580 Seiten vergehen.

Ich muss sagen, dass mir der Schreibstil von der ersten Seite an richtig gut gefallen hat. Ich bin fix mit dem Lesen vorangekommen, es gibt kurze, knackige und trotzdem bildhafte Beschreibungen von Szenen und Handlungsorten, was meine Vorstellungskraft angeregt hat. Zudem wurden ganz viele Abschnitte sehr lebendig beschrieben, es hat richtig Spaß gemacht, das Buch in die Hand zu nehmen und immer weiter in der Geschichte zu versinken. Ich empfand die Sprache als recht einfach und leicht gehalten, sie war locker flockig lesbar und hat den Leser immer auf dem neuesten Stand gehalten.
Es gibt einen Erzähler, der unterschiedliche Positionen einnimmt. Mal beschreibt er folgende Ereignisse aus Sophias Blickwinkel, mal aus dem von Ludwig oder Clara, Sophias Geschwistern, oder aus dem von Emilias Schwägerin. So entstehen vielfältige Erzählungen, man erhält Einblicke in verschiedene Gedankenwelten und Haltungen gegenüber dem Nationalsozialismus. Es werden unterschiedliche Lebensweisen dargestellt, manche gehen vollkommen in der Mutterrolle auf, manche rebellieren gegen die Eltern und andere würden sich gerne politisch engagieren, was sie aufgrund der Tatsache, dass sie dem weiblichen Geschlecht angehören, nicht dürfen. Ich mochte die unterschiedlichen Blickwinkel sehr gerne, die Handlung wirkte dadurch lebendiger und es gab immer Abwechslung, was die Längen in der Geschichte ein wenig abkürzen konnte, wenn auch leider nicht vollkommen.

Viel Anspruch erhält der Schreibstil durch die zahlreichen historischen Ereignisse und Details, die in die Handlung eingebunden wurden. Man erhält einen guten Überblick über die Geschichte vor und während des Zweiten Weltkrieges und erlebt anhand der Protagonisten viele schöne, aber auch traurige Momente mit. Mit zunehmender Handlung werden auch die politischen Abschnitte mehr und man merkt einfach, wie auch das Leben der Personen immer mehr von dem Kriegsverlauf bestimmt wurde. Wobei ich es persönlich etwas schade fand, dass man nichts davon erfährt, dass Sophia und ihre Familie irgendwelche Abstriche von ihrem bisherigen Lebensstil machen müssen. Scheinbar leiden sie weder unter fehlenden und wenigen Nahrungsmitteln (bis auf den Bohnenkaffee), von Lebensmittelmarken ist auch nie wirklich die Rede und ihre Häuser und Wohnungen können die Personen auch alle für sich allein behalten, ohne das andere, ausgebombte Bürger aufgenommen werden müssen. Hier hätte ich mir gewünscht, dass auch anhand der Familie Conrad gezeigt wird, was der Krieg mit einer reichen und angesehenen Familie anstellt, wie sie sich an die Kriegsbedingungen gewöhnen und ihren Lebensstil ein wenig wandeln.
Ganz hervorragend fand ich stattdessen die zahlreichen Details zu den Sintos. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich beim Lesen erstmals diesen Begriff gehört habe und mich daraufhin erst einmal informiert habe, was genau gemeint ist und was einen Sinto ausmacht. Und auch im Zusammenhang mit dem Krieg habe ich noch nie etwas davon gehört, hier konnte ich beim Lesen allerhand Neues lernen und meinen Horizont erweitern. In diesem Zusammenhang bin ich sehr froh, dass die Autorin so stark in die Tiefe gegangen ist und mir eine, bis dato, unbekannte Personengruppe nähergebracht hat!

Sonderlich stimmungsvoll empfand ich die Handlung nicht. Nur im Zusammenhang mit Kriegsschrecken, nächtlichen Fliegerangriffen und den Erlebnissen eines Soldaten, wo man erkennt, wie sehr ihn der Krieg verändert hat, bemerkt man, wie die Stimmung düsterer wird und die Leichtigkeit verloren hat. So werden noch einmal die grausamen Zeiten des Krieges unterstrichen und hervorgehoben und wirken wie eine Mahnung.

Ich mochte das Setting gerne! Ich fand es interessant, wie sowohl die feinen Gegenden Frankfurts, wie auch die ärmlicheren und einfacheren Ecken Erwähnung finden und anhand von den dort wohnhaften Personen lebendig werden. So entsteht eine große Vielfalt, die sehr natürlich wirkte und ein passendes Bild der Stadt gibt.
Zudem mochte ich es auch sehr, wie die einzelnen Gebäude, Häuser und Wohnungen beschrieben wurden, sodass sie häufig einen bildhaften Charakter hatten. Ich konnte mir, obwohl nicht jeder Ort detailliert und genaustens beschrieben wurde, viele Spielstätten sehr gut vorstellen und hatte immer wieder Bilder vor Augen. Und je weiter die Handlung fortschreitet, desto mehr haben sich meine Vorstellungen verstärkt und die Orte erschienen mir teilweise farbenfroher und einladender, teilweise auch kälter und in grau-weiß Tönen.

Bei den Protagonisten hat es mir sehr gefallen, wie einzigartig alle wirkten. Ein jeder hat besondere Merkmale erhalten, die ihn von der Masse abgehoben haben und zu einem besonderen Individuum gemacht haben. Dabei tritt nicht jeder nur positiv auf, sondern manche zeigen erst nach und nach ihre wahre Fassade und man merkt, dass man sich in ihnen ein ganzes bisschen getäuscht hat. Dasselbe gibt es natürlich auch andersherum und ich war besonders bei einer Figur davon überrascht, wie sie sich wandelt und wie sie einerseits eine kalte Fassade zeigt, bei der aber auch immer wieder Herzlichkeit und Menschlichkeit durchkommt. Sehr gelungen!
Lange empfand ich Sophia als sehr sympathischen und freundlichen Charakter. Mit der Zeit hatte ich ab und an das Bedürfnis, sie zu schütteln und habe mir gewünscht, dass sie ihre Wünsche klarer formuliert. Zudem hatte ich bei ihr nur wenig das Gefühl, dass sie sich weiterentwickelt und reifer wird. Auch am Ende kommen noch Handlungen vor, die aus dem Affekt heraus entstehen und hier hätte ich mir eine Wandlung gewünscht. Zudem fand ich, dass sie ein wenig im Leben stecken geblieben ist und ihr ein Lebenssinn fehlt, was vielleicht auch dazu beigetragen hat, dass ich Sophie am Ende nicht mehr nur als sympathisch einschätze.
Ludwig war mir immer deutlich lieber, man merkt bei ihm eine starke Entwicklung, die sich auch gut verfolgen lässt. Zudem finde ich es toll, wie er sich für andere Menschen einsetzt und das System, die Politik und den Krieg kritisch betrachtet und aktiv etwas daran ändern möchte. Er ist für mich schnell deutlich reifer und nachdenklicher geworden als Sophia und ich mochte das Gegensätzliche, was die Zwillinge ausgestrahlt haben. Und außerdem war es immer schön zu sehen, was für eine Einheit sie bilden und wie sie füreinander einstehen!

Fazit:
Ich habe mich unglaublich auf den Roman gefreut, gerade weil ich viel positives darüber gehört habe. Und wie ich erwähnt hatte, haben mir bisher die Bücher von Nora Elias immer sehr gut gefallen. Daher konnte ich es kaum abwarten, mir selbst ein Bild zu machen und in die Welt der Familie Conrad einzutauchen.
Und ich muss sagen, dass mir der Ausflug gefallen hat. Es ist eine spannende Geschichte, die viel Abwechslung bietet, einen famosen und sehr angenehmen Schreibstil beherbergt, tolle Settings lebendig werden lässt und einen für mich neuen Einblick auf den Zweiten Weltkrieg und die Sintos bietet. In all diesen Aspekten wurde ich überzeugt und hatte viel Freude an dem Roman.
Leider haben sich, gerade im letzten Drittel, ein paar Längen gebildet, wo nicht immer so viel spannendes oder aufregendes passiert ist. Und außerdem hätte ich mir gewünscht, dass auch die Familie Conrad etwas mehr vom Krieg betroffen ist und nicht einfach ihren Lebensstil so weiterlebt, als würde vor ihren Türen kein Krieg herrschen und Menschen müssten keinen Hunger leiden.
Für diese zwei Punkte werde ich gesamt einen Stern in meiner Bewertung abziehen, ansonsten kann ich das Buch nur weiterempfehlen, wenn ihr mehr über Sintos erfahren wollt oder über das Leben einer angesehenen und wohlhabenden Familie zu Zeiten vor und während des Zweiten Weltkrieges. Auf dem Klappentext des Buches wurde vermerkt, dass es sich hierbei um einen „grossen Gesellschaftsroman aus einer gefährlichen Epoche“ handelt, was ich genauso unterschreiben kann und was die Handlung kurz und präzise zusammenfasst!

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Veröffentlicht am 10.09.2020

Peggy Guggenheim und der Traum vom Glück

Peggy Guggenheim und der Traum vom Glück
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Handlung:
Paris 1937
Peggy Guggenheim hat zwei Wünsche: sie möchte ein unabhängiges Leben führen und ihre eigene Galerie eröffnen. Zahlreiche Kontakte zur Künstlerbohème hat sie bereits und von vielen ...

Handlung:
Paris 1937
Peggy Guggenheim hat zwei Wünsche: sie möchte ein unabhängiges Leben führen und ihre eigene Galerie eröffnen. Zahlreiche Kontakte zur Künstlerbohème hat sie bereits und von vielen ihrer Freunde wird ihr Hilfe zugesichert. Und obwohl Peggy sich eigentlich vollkommen auf ihre Karriere konzentrieren wollte, tritt in diesem Moment Samuel Beckett in ihr Leben. Doch eine gemeinsame Zukunft scheint aussichtslos, denn für die Verwirklichung ihres Traums muss Peggy nach London ziehen.
Die Galerie läuft schließlich nicht so an, wie Peggy es sich gewünscht hätte und die politische Situation in Europa ändert sich immer mehr. Bis schließlich der Krieg ausbricht und nicht nur vielen Künstlern, sondern auch Peggy zur Gefahr wird. Peggy hilft wo sie kann, doch schließlich muss auch sie sich mit ihrer Liebe in große Gefahr begeben...

Meinung:
Ich mag das Cover. Es haut mich nicht um, ich habe schon oft ähnliches gesehen, doch es gefällt mir. Besonders gelungen finde ich die roten Details (Schriftfarbe, Kleid der Dame, Buchrücken), sowie den leicht verblassten und dadurch entstehenden nostalgischen Effekt. Es ist einfach stimmig und ergibt ein harmonisches Bild. Im Hintergrund ist ein niedlicher Park mit kleinen Tischen zu sehen, dahinter befinden sich wunderschöne, alte Gebäude, die viel Aura haben und dem Cover noch mehr Klasse geben. Als Blickfang dient eine Dame, mit tiefschwarzen Haaren, die stolz und mit aufrechter Haltung von dem Leser weggeht. Ich verbinde mit ihr Peggy Guggenheim, vor allem wegen der Haare, aber auch wegen der Zielstrebigkeit, die die Person ausstrahlt. Insgesamt also ein schönes Bild, welches mir in einer Buchhandlung auf jeden Fall aufgefallen wäre.

Erstmals gesehen habe ich den Roman bei Instagram oder im Internet. Ich kann mich gar nicht mehr entsinnen, auf jeden Fall fand ich die Inhaltsangabe direkt interessant und das Buch wanderte auf meine Wunschliste. Ich wollte einfach gerne mehr über Peggy Guggenheim erfahren, von der ich bisher tatsächlich noch nie etwas gehört habe. Ihre berühmte Familie, allen voran die Geschichte von Benjamin Guggenheim ist mir bekannt und auch von den Guggenheim-Musseen habe ich gehört und Bilder gesehen. Doch Peggy war mir unbekannt. Und da ich Geschichten über starke Frauen liebe, musste ich das Buch lesen! Freundlicherweise wurde mir der Roman vom Bloggerportal zur Verfügung gestellt, wofür ich mich auch hier noch einmal ganz herzlich bedanken möchte.

Ich bin selbst davon überrascht, wie schnell ich den Roman ausgelesen hatte. Lediglich drei Tage habe ich für die knapp 450 Seiten gebraucht, weil ich oft wissen wollte, wie die Geschichte von Peggy weitergehen wird und welche Begegnungen sie erleben wird, inwiefern der Kriegsverlauf auf sie und ihre Lieben Einfluss haben wird. Ich habe das Buch lange Zeit richtig gern in die Hand genommen und war von ihr als Person, als auch von der schillernden Bohèmewelt sehr fasziniert.
Aber auch der Schreibstil hat dazu beigetragen, dass ich immer weiterlesen wollte. Ich fand die Sprache hatte durchaus ihren Anspruch und war trotzdem sehr gut und locker zu lesen. Es gibt ganz wunderbare Beschreibungen von Ortschaften und Gebäuden, zudem mochte ich es, wie viele bekannte Künstler auftreten und wie man diese kennenlernt. Ein jeder hat Eigenarten bekommen und sich dadurch von den anderen abgehoben!

Es findet eine Unterteilung in drei Teile statt, die jeweils noch in Kapitel gegliedert werden. Jeder Teil widmet sich einer bestimmten Zeit in Peggys Leben und es wurde nicht nur mit wenigen Worten die kommende Handlung gekonnt zusammengefasst, sondern auch die Handlungszeit wurde angegeben. Teil eins und zwei konnten mich vollkommen überzeugen, sie hatten eine besondere Dynamik, die mein Interesse immer weiter angefacht hat. Es war Spannung vorhanden und ich mochte die ganzen Begegnungen mit den Künstlern, sowie die traumhaften Darstellungen von Frankreich und England. Leider muss ich sagen, dass mir genau das im dritten Teil gefehlt hat. Irgendwie war die Spannung verpufft, die Luft war ein bisschen raus und mich hat die Handlung nicht mehr so gefesselt wie anfangs, als die Szenen in Europa stattfanden. Ich finde, auch Peggy hat , zurück in ihrer Heimat, ein wenig von ihrer Energie eingebüßt und selbst die Szenen, in denen zahlreiche Künstler und Schriftsteller zusammenkommen, haben ein wenig ihren Charme verloren.

Den Kapiteln vorangestellt ist immer die Straße, sowie das Datum oder der Monat der folgenden Handlung. Auf diese Weise kann man sich immer schnell und einfach ein Bild davon machen, wie viel Zeit seit dem Beginn der Handlung vergangen ist, um wie viele Jahre die Protagonisten mittlerweile gealtert sind oder wie weit der Krieg fortgeschritten ist. Fand ich sehr sehr hilfreich und ich habe es sehr begrüßt, dass es diese Details gibt, was ich ja immer gerne bei Romanen mag!

Am Ende des Roman findet sich noch ein ganz wunderbares Nachwort, in dem nicht nur erklärt wird, weshalb dieser Roman entstanden ist, sondern man erhält auch Informationen darüber, was mit vielen der bekannten Künstlern, die erwähnt werden oder persönlich auftreten, passiert. Wann sie sterben, manchmal werden noch einige Worte zur weiteren Schaffensphase verloren. Es entsteht dadurch ein rundes Bild und man muss nicht zwingend danach im Internet nachschauen, wie das weitere Schicksal der Personen aussieht. Ich habe viele Personen danach trotzdem gegoogelt, einfach um zu schauen, inwieweit sich mein Bild von ihnen von dem tatsächlichen Aussehen der Künstler abhebt.

Ich finde es ganz bemerkenswert, wie viele bekannte Persönlichkeiten die Autorin in ihrem Roman auftreten lässt und welche Eigenarten sie ihnen verpasst. Keiner gleicht dem anderen und ein jeder hebt sich durch bestimmte Merkmale voneinander ab. Fand ich richtig gut und ich mag es, wie sie nur an den passenden Stellen auftauchen und Peggy dabei stets im Vordergrund bleibt.
Trotz der Vielzahl an Personen hatte ich nie Probleme damit, sie auseinanderzuhalten oder wiederzuerkennen. Vielleicht wäre es aber trotzdem ganz angebracht gewesen, dem Roman ein Personenverzeichnis zur Seite zu stellen, damit Verwechslungen von vorn hinein ausgeschlossen werden. Und man hätte sich am Ende noch einmal vor Augen führen können, wie viele berühmte Persönlichkeiten man gerade getroffen hat:)
Ich muss ehrlich zugeben, dass ich Peggy nicht immer komplett sympathisch fand. Ab und an war mir ihre Art zu forsch und ich hatte häufiger das Gefühl, als würde sie ihre Entscheidungen nicht richtig abwägen. Jede kleine Idee will sofort verwirklicht werden, ohne das sie vorher richtig darüber nachdenkt und mögliche Schwierigkeiten beachtet. In dieser Hinsicht war mir Peggy zu impulsiv und nicht hinterfragend genug. Zudem kam für mich nicht der Charme ihrer Figur herüber, ich habe nie recht verstanden, was ihre Freunde und Bekannte an ihr geschätzt haben und weshalb sie menschlich von vielen auf eine so große Stufe gestellt wurde. Obwohl es allerhand Einblicke in ihre Gedanken- und Gefühlswelt gab, war es mir zu wenig und ich hatte oft das Gefühl, als würde Peggy nie ihr wahres Ich zeigen, sondern immer eine Maske tragen. Mir hat sie insgesamt zu wenige Facetten gezeigt.
Trotzdem bewundere ich sie, nicht nur für ihr künstlerisches Gespür, sondern auch für ihre Taten im Zweiten Weltkrieg. Hier zeigte sich ihr Mut und ihr besonderes Denken, was Peggy auszeichnet und einzigartig macht. Darüber hätte ich gerne noch mehr gelesen!

Ich finde nicht, dass der Roman eine sonderlich große Stimmung ausgestrahlt hat. An keiner Stelle kam für mich große Trauer oder Freude durch und meist wurde die Handlung recht nüchtern erzählt. Viele Emotionen sind eigentlich an keiner Stelle herausgekommen und ich konnte nie mit den Protagonisten mitleiden, mitfiebern oder mich mitfreuen. Dadurch konnte ich leider auch nicht so einen Draht zu den Personen aufbauen, wie ich es gern gehabt hätte.

Es gibt einige Handlungsorte, die alle mit vielen bildreichen Worten beschrieben sind und eine unglaubliche Atmosphäre verströmt haben. Unterschiedliche Landschaften werden genaustens beschrieben und vieles konnte ich mir sehr gut vorstellen. Trotzdem habe ich zwei Orte, wo mir die Handlung am besten gefallen hat und wo die Stimmung und der Charakter der Stadt am besten getroffen wurden. Dabei handelt es sich um Paris und London, ich habe diese zwei Örtlichkeiten sehr gemocht. Es hat dort einfach alles gepasst und ich muss auch sagen, dass in diesen Städten die Handlung für mich am interessantesten und abwechslungsreichsten war.

Immer wieder werden auch historische Ereignisse in den Roman eingebunden. Diese drehen sich vor allem um den Zweiten Weltkrieg und die Folgen für die Bevölkerung, aber auch für die Menschen, die fliehen müssen und für die ein Leben in Europa zu unsicher und gefährlich ist. So wird die Handlung immer wieder auf den Boden der Tatsachen gebracht und die Geschichte erhält viel Wahrheitsgehalt.

Fazit:
Wie man aus meinen bisherigen Worten herauslesen konnte, hat mir der Roman von Sophie Villard gut gefallen, ich wurde gut unterhalten, fand die Handlung meist interessant und recht spannend und ich habe eine wunderbar starke Frau kennenlernen können. Viele Aspekte des Romans haben mein Wohlwollen erregt und mich froh gemacht, das Buch gelesen zu haben.
Leider habe ich kleine Kritikpunkte, die ich bereits ausführlich erörtert habe und auf die ich jetzt nicht weiter eingehen werde. Für diese werde ich gesamt einen Punkt bei meiner Bewertung abziehen.
Ansonsten kann ich den Roman auf jeden Fall empfehlen, er beherbergt eine spannende Geschichte über eine besondere Frau und kann mit vielen interessanten Künstlern aufwarten, was einen tollen Einblick in die schillernde Bohèmewelt liefert!

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Veröffentlicht am 07.09.2020

So weit die Störche ziehen

So weit die Störche ziehen (Die Gutsherrin-Saga 1)
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Handlung:
Ostpreußen 1939
Als der Zweite Weltkrieg ausbricht, hat er erst mal keine Auswirkungen auf das Leben von Dora Twardy, Tochter eines Gutsherrn. Ihr mangelt es an nichts, weder an gutem und ausreichendem ...

Handlung:
Ostpreußen 1939
Als der Zweite Weltkrieg ausbricht, hat er erst mal keine Auswirkungen auf das Leben von Dora Twardy, Tochter eines Gutsherrn. Ihr mangelt es an nichts, weder an gutem und ausreichendem Essen, noch an Kleidung oder Verehrern und der Krieg ist in weiter Ferne. Erst als nicht nur ihr älterer Bruder, sondern auch ihr Vater eingezogen werden, muss Dora endgültig aus ihrem Traum erwachen. Sie übernimmt die Verantwortung und Leitung des Gutes und kämpft nicht nur für den Erhalt des Familienbesitzes, sondern auch für die Menschen und Tiere, die ihr anvertraut sind. Während dieser Zeit treten immer wieder zwei Männer in Doras Leben, die sie verwirren und die beide auf ihre Art ihr Herz erobert haben: Wilhelm von Lengendorff, ein Freund ihres Bruders, sowie der Kriegsfotograf Curt von Thorau. Doch Dora erkennt erst, wen sie wirklich liebt, als es schon fast zu spät ist...

Meinung:
Das Cover mag ich gerne, es hebt sich durch den wunderbar eingefärbten Himmel stark hervor und wird dadurch zum Hingucker. Der Himmel erstrahlt in verschiedenen Farben und Nuancen und wirkt auf jeden Fall mysteriös, teilweise sogar magisch. Dazu gibt es eine Weite, die vermittelt wird, zum Träumen einlädt und mir richtig gut gefällt.
Außerdem ist eine Dame zu sehen, die auf einem Feld steht, nachdenklich in die Ferne schaut. Sie hat eine gerade und stolze Haltung und ist der Mode um 1940 gekleidet und hat für mich das würdevolle und selbstbewusste Auftreten einer Gutsherrentochter.
Insgesamt gefällt mir das Bild richtig gut, vielleicht wäre ein kleiner Bezug zum Titel noch passend gewesen, indem am Himmel so zwei-drei Störche / Vögel sichtbar gewesen wären.

Ich hatte den Roman bereits in der Verlagsvorschau gesehen und er ist direkt auf meine Wunschliste gewandert. Mich hat die Geschichte, die Inhaltsangabe und die Handlungszeit direkt angesprochen und ich habe mir davon eine famose Geschichte erhofft. Als ich den Roman bei Vorablesen entdeckt habe, stand direkt mein Entschluss fest, mein Glück zu versuchen und somit habe ich einen Leseeindruck verfasst, der tatsächlich zu einem Buchgewinn geführt hat. Ich war unglaublich glücklich darüber, denn mich hatte die Leseprobe einfach nicht losgelassen und ich wollte das Buch danach unbedingt lesen. Ich möchte auch an dieser Stelle noch einmal meinen ganz herzlichen Dank an Vorablesen und den Ullstein Verlag für das Rezensionsexemplar aussprechen!

Ich empfand die Schreibweise als angenehm und locker, sie ist nicht zu hochtrabend und lässt sich sehr gut lesen. Ich bin ohne Probleme durch den Roman gekommen und fand es interessant, wie auch bei dem Schreibstil ein kleines Stück weit eine Entwicklung zu sehen ist, genau wie bei Dora. Während diese anfangs noch jugendlich ist und vor allem Spaß haben möchte, ist auch die Sprache einfach und leicht gehalten. Je mehr die Schrecken vom Krieg zunehmen, desto mehr lässt sich dies auch herauslesen und gleichzeitig wird auch Dora ernster und immer pflichtbewusster. Es gibt also eine tolle sprachliche Entwicklung, die viel Spaß gemacht hat.
Ich empfand es als ganz besonders, dass es unglaublich viele und gute Beschreibungen von Gegenden, Situationen und Personen gibt. Diese nehmen sicherlich gut über die Hälfte des Romans ein, im Gegensatz dazu gibt es recht selten wörtliche Rede. Und das hat mir richtig gut gefallen und es hat Spaß gemacht, den Roman zu lesen und auf diese Weise ganz tief in die Geschichte eintauchen zu können. Sowohl die Landschaft von Ostpreußen und der Gutshof der Familie Twardy, als auch die Kriegsgeschehnisse werden unglaublich lebendig und mit aussagekräftigen Worten versehen. In dieser Hinsicht ist der Roman ein wahres Highlight und kann absolut überzeugen!

Ich hatte ja gerade erwähnt, dass die Geschichte immer ernster wird, je weiter der Krieg fortschreitet. Ich mochte es sehr, wie man dies mitverfolgen kann und zu lesen, welche Gedanken sich die Protagonisten, allen voran Dora darum machen. Und eigentlich müsste die Spannung dadurch auf einem konstant hohen Niveau bleiben, gerade weil man als Leser ungefähr weiß, wie sich die politische Lage und das Kriegsgeschehen weiterentwickeln werden, aber man nicht genau sagen kann, wie sich die Gescchichte um Familie Twardy entwickeln wird. Doch meiner Meinung nach war dem nicht so. Ich fand oft, dass die Geschichte etwas vor sich hin geplätschert ist und nur selten spannende Szenen vorhanden waren. An sich habe ich kein Problem damit, wenn das normale Leben der Personen dargestellt wird, ohne großes Drama und ohne unnötig aufregende Momente. Hier hat mir aber was gefehlt. Selbst als der Krieg in seiner Endphase war, entstand bei mir kein Eindruck von Spannung. Was ich sehr schade finde, so habe ich den Roman zwar gerne gelesen, doch manchmal war mir die Handlung etwas zu einseitig und dröge...

Ganz wunderbar hingegen empfand ich die Stimmung. Diese war greifbar und hat sich teilweise auch etwas auf mich übertragen. Egal ob freudige oder traurige Momente, die Emotionen wirkten realistisch und haben immer perfekt zur jeweiligen Situation gepasst. Zudem mochte ich es, dass stimmungsvolle Momente nie zu überzogen dargestellt wurden, sondern immer in einem angenehmen Maße stattgefunden haben, sodass man den Protagonisten ihre Laune stets abkaufen konnte!

Ebenfalls richtig gut gefallen hat mir die gelungene Einbindung von historischen Ereignissen. Je weiter die Handlung fortschreitet, desto häufiger tauchen immer wieder Aussagen zur politischen Lage, über den Kriegsverlauf oder sonstiges auf. So kann man ein wenig die Sorgen der Personen wahrnehmen und besonders interessant empfand ich die Folgen des Krieges für Ostpreußen. Ich habe dazu schon viel gehört und gelesen, aber es an einem so lebendigen und authentischen Beispiel mitzuerleben ist doch noch einmal etwas anderes.
Mich hat gerade der Aspekt von Flucht und Vertreibung interessiert und ich war darauf richtig gespannt. Leider hat dies nicht sehr viele Kapitel eingenommen und ich empfand auch das Ende als ziemlich fix herbeigeführt. Mir hätte es wirklich gut gefallen, wenn es mehr Abschnitte zu diesem Thema gegeben hätte. Gerne hätte ich auch noch mehr Seiten gelesen, um mehr über diese beiden Punkte zu erfahren. So wurde mir dieser Aspekt leider etwas zu kurz gehalten.

Ganz besonders toll und gelungen empfinde ich die Darstellung des Settings! Davon bin ich wirklich hin und weg und absolut begeistert. Mit wie viel Liebe sich die Autorin diesem Punkt gewidmet hat und es gibt ganz wunderbare Beschreibungen von den Landschaften, sondern auch von den Gebäuden. Einfach traumhaft!
So gut wie jedes Setting hat sehr lebendige und ansprechende Bilder vor meinen Augen hinterlassen, als ganz besonders farbenfroh erschien mir immer der Gutshof der Familie Twardy. Ich mochte die Szenen dort unglaublich gerne und habe ihn mir in jeder Jahreszeit ausmalen können. Und in jeder der vier Saisons hätte ich richtig gerne Zeit auf dem Hof verbracht und alles mit eigenen Augen gesehen. Und dazu noch die Gegend, die Landschaft. Ich habe den Gutshof sehr gemocht und dort haben sich meine Lieblingsszenen abgespielt.

Auf dem Klappentext wird ja bereits eine mögliche Liebesbeziehung von Dora mit zwei Herren angedeutet. Das war auch der einzige Aspekt in der Inhaltsangabe, der mein Interesse nicht sofort geweckt hat. Und ich muss am Ende sagen, dass ich dies nicht unbedingt gebraucht hätte. Vielleicht weil ich die ständig wechselnden Gefühle von Dora nicht verstanden habe, vielleicht weil mir einer der Herren nicht sehr sympathisch war. Ich weiß nicht. Auf jeden Fall fand ich die Abschnitte etwas ermüdend, in denen Dora immer wieder hin und her überlegt hat, für welchen Mann sie Gefühle hegt und mit wem sie wirklich ihr Leben verbringen möchte. Dieser Punkt hätte für meinen Geschmack gerne kürzer ausfallen können!

Ich mochte es bei den Protagonisten sehr, wie lebendig und einzigartig alle daherkommen. Jeder hat sich wirklich von den ganzen anderen abgehoben und eigene Attribute und Eigenschaften erhalten. Dadurch entsteht eine unglaublich große Vielfalt an Charakteren, die ein breites Bild der Menschheit darstellen.
Mir hat es auch gut gefallen, wie die Autorin es dem Leser überlässt, ob man eine Person als sympathisch oder unsympathisch einstuft. So kann man vollkommen selbst entscheiden und für mich gab es tatsächlich Personen, die ich von ihrem Auftreten und ihrem Wesen nicht mochte. Doch diese sind halt nicht extra dafür ausgelegt, dass sie Misstrauen beim Leser erwecken, sondern es kommt jeweils auf die eigene Person an und darauf, welche Art und welche Charakterzüge man selbst bei jemandem anderen schätzt.
Ich empfand es als sehr interessant zu beobachten, wie sich Dora im Roman weiterentwickelt und zu was für einem Menschen sie am Ende wird. Denn ich muss zugeben, dass ich Dora anfangs nicht sonderlich mochte, sie als etwas naiv und blauäugig empfand und viele Aussagen als kritisch betrachtet habe. Sie hat den Krieg nicht als bedrohlich wahrgenommen, sondern war in ihrer eigenen Blase gefangen und hat nur selten einen Gedanken daran verschwendet, wie andere Menschen auf den Krieg reagieren, was für Grausamkeiten und Ängsten sie tagtäglich ausgesetzt sind. Das hat mich lange Zeit gestört, dass Dora nur ihre eigenen Problemchen als wichtig angesehen hat und dabei ein wenig die Augen vor dem Krieg und den grausigen Folgen verschlossen hat. Oft wollte ich sie schütteln und habe gehofft, dass sie auch das Leid anderer Menschen anerkennt und sie in dieser Hinsicht reifer wird.
Glücklicherweise hat Dora eine gute Entwicklung hingelegt, sie ist erwachsener geworden, hat Verantwortung übernommen und Entscheidungen fällen müssen, die Auswirkungen auf das Leben vieler Personen haben. Dadurch ist sie merklich selbstbewusster und stärker geworden und hat ihr kindliches Denken fast vollkommen abgelegt. Es war wirklich interessant zu beobachten, was der Krieg für Folgen für ein jugendliches Mädchen hat und ich finde, dass Dora sich toll entwickelt hat und sie war mir am Ende deutlich angenehmer und sympathischer war als am Anfang!

Fazit:
Leider sind mir, noch bevor ich mit dem Lesen begonnen habe, bereits ein paar Meinungen auf Instagram aufgefallen, die sehr positiv waren und das Buch nur lobend erwähnt haben. Und dadurch sind bei mir die Erwartungen unabsichtlich ein Stück gestiegen und ich war richtig gespannt, was den anderen Lesern daran so gut gefällt.
Leider ist dieser Funke auf mich nicht so richtig übergesprungen. Zu weiten Teilen mochte ich die Geschichte gerne und habe die Entwicklung von Dora, aber auch des Krieges mit viel Interesse verfolgt. Doch für mich ist das Buch nicht zu so einem Highlight geworden, wie ich es mir erhofft hatte. Dafür fand ich Dora nicht immer sonderlich angenehm, zudem fehlte mir die Spannung und die Liebeleien von Dora hätten für mich auch nicht unbedingt sein müssen.
Im Gegensatz dazu hat mir das Setting und auch die Schreibweise unglaublich gut gefallen und auch an der Stimmung hatte ich viel Freude. Und der Großteil der Protagonisten hat mir ebenfalls richtig gut gefallen, weshalb ich am Ende gute vier Sterne für das Buch vergebe!

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Veröffentlicht am 28.08.2020

Das Juliusspital - Ärztin in stürmischen Zeiten

Das Juliusspital. Ärztin in stürmischen Zeiten
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Handlung:
Würzburg, Ende des 19. Jahrhunderts
Henrike fühlt sich nach einem Besuch des Juliusspitals wie magisch angezogen von dem Gebäude. Und das, obwohl ein Großteil der Bevölkerung das Spital immer ...

Handlung:
Würzburg, Ende des 19. Jahrhunderts
Henrike fühlt sich nach einem Besuch des Juliusspitals wie magisch angezogen von dem Gebäude. Und das, obwohl ein Großteil der Bevölkerung das Spital immer noch mit Misstrauen betrachtet.
In Henrike reift ein Plan: sie möchte Medizin studieren. Doch schon wie ihre Großmutter Vivianna muss die junge Frau für diesen Wunsch kämpfen, noch immer gibt es ein Immatrikulationsverbot für Frauen. Um erste Erfahrungen des Klinik-Alltags zu sammeln, nimmt Henrike eine Stellung als Reserve-Wärterin in der Psychiatrie an, ganz ohne das Wissen der Eltern, die dies niemals erlauben würden. Und während ihrer Zeit im Spital wird sie Zeugin von Entdeckungen, die großes medizinisches Potenzial haben. Allen voran entdeckt Professor Röntgen die „Zauberstrahlen“...
Im Juliusspital lernt Henrike einen französischen Medizinstudenten kennen und schon bald träumt sie von einer gemeinsamen Zukunft. Doch Henrike muss vorsichtig sein und einen geschickten Zeitpunkt abwarten, um die Eltern in ihre Wünsche und Geheimnisse einzuweihen. Und auch vor der Tuberkulose, die in Würzburg Einzug hält, sollte sich die junge Frau in Acht nehmen...

Meinung:
Das Cover orientiert sich stark an dem des ersten Teils. Es gibt einen gleichen Aufbau, auch wenn diesmal kleine Details geändert wurden. Als besonderes Highlight dient für mich noch immer die goldene Schrift des Untertitels und der Abbildung des Spitals oben rechts. Ich mag das Glitzernde sehr und finde, dass es Glanz und Klasse in das Bild hineinbringt. Unten rechts ist wieder ein Gebäude zu sehen, welches das Juliusspital darstellt. Es passt thematisch natürlich perfekt zu der Geschichte und man kann sich auf diese Weise ein erstes Bild von dem Spital machen.
Am unteren linken Rand wendet sich eine Frau halb dem Leser zu. Anhand einiger äußerlicher Details bringe ich sie mit Henrike in Verbindung, gerade die rötlichen Haare stimmen mit ihrer Figur perfekt überein. Sie ist modisch und ausgewählt gekleidet, man merkt, dass sie einer feineren Schicht angehört.
Es gibt auf dem Cover also allerhand zu entdecken und häufig lässt sich eine Verbindung zu der Geschichte ziehen, was mir gut gefällt. Es ist ein harmonisches und stimmiges Cover, welches rund ist und sich aus der Menge abhebt.

Erst im Juni hatte ich Band eins der Reihe gelesen, welchen ich ganz hervorragend fand. Ich emfand die Charaktere als angenehm, dem Roman liegt wieder eine wunderbare Recherche zugrunde und ich mochte das Buch irgendwann gar nicht mehr aus der Hand legen. Daher stand es für mich außer frage, dass ich auch unbedingt die Fortsetzung lesen und noch mehr über das Juliusspital erfahren möchte. Jetzt war es endlich so weit und ich habe mich sehr auf das Wiedersehen mit Vivianna gefreut. Auch an dieser Stelle möchte ich mich nochmals herzliche beim Droemer Knaur Verlag für das Rezensionsexemplar bedanken!

Noch vor dem Beginn des Romans erwartet den Leser ein ausführliches und in Kategorien eingeteiltes Personenverzeichnis. Zu jedem wird kurz etwas gesagt, es werden Verwandtschaftsverhältnisse aufgezeigt oder der Beruf wird genannt. So kann man sich bereits ein erstes Bild machen, kann sehen, welche Protagonisten noch aus dem ersten Band bekannt sind und welche neu hinzukommen. Zur Vorbereitung auf die eigentliche Lektüre ist es perfekt und ich mag die Auflistung der handelnden Personen ja eh immer sehr gern.

Der Roman wird in drei Teile gegliedert, die insgesamt acht Jahre umfassen. Ein jeder Teil hat eine Überschrift, die perfekt zu den kommenden Seiten passt und kurz und prägnant das Folgende zusammenfasst. Erst während des Lesens machen die Überschriften Sinn und ich finde es faszinierend, wie man für so viele Seiten so kurze und prägnante Titel findet!
Am Anfang neuer Kapitel ist stets vermerkt worden, in welchem Monat und Jahr die folgende Handlung spielen wird. Über diese Information bin ich sehr glücklich gewesen, wie ich erwähnt hatte gibt es einen größeren Handlungszeitraum. Starten tut die Geschichte 1895 und sie endet 1903, was gesamt acht Jahre umfasst. In diesen Jahren geschieht viel, nicht nur politisch, sondern auch in den Leben von Vivianna und ihren Nachkommen. Daher fand ich es schon ansprechend, dass Jahreszahlen genutzt wurden, man sich auf diese Weise zeitlich orientieren kann und dieses Detail macht die Geschichte auf jeden Fall rund.

Auch diesmal gibt es wieder einen Erzähler, der unparteiisch bleibt und auf eine neutrale Weise die Ereignisse anschaulich beschreibt. Man kann vollkommen frei entscheiden, welche Protagonisten man als sympathisch einstuft und gegenüber welchen man Unbehagen empfindet, was ich immer gerne mag. Zudem gibt es keine Figur, der man ausschließlich durch den Roman folgt, sondern hier wechseln sich die Personen immer wieder ab. Im besonderen Mittelpunkt stehen zwar Vivianna, Ella und Henrike, aber auch Ärzte des Juliusspitals erhalten ein paar Abschnitte und werden dem Leser auf diese Weise nähergebracht. Die Handlung gestaltet sich als abwechslungsreich und ich fand es interessant, dass so viele Personen zu Wort kommen und man Einblicke in die Welt von ganz unterschiedlichen Personen bekommt. Zudem wird so ein Bild der Gesellschaft gezeichnet, was eindringlich ist und authentisch wirkt.

Für mich gestaltete es sich als unproblematisch, mich auf die Handlung zu konzentrieren und darauf einzulassen. Ich glaube das liegt auch daran, dass die Handlung einige Jahre nach Band eins einsetzt und diesmal Henrike etwas mehr im Fokus steht. Viviana taucht zwar immer noch häufig auf, aber ihre Erlebnisse werden im ersten Teil erzählt und jetzt macht sie ein Stück weit der jüngeren Generation Platz.
Ich mochte die Schreibweise sehr gerne, sie war flüssig zu lesen und half mir dabei, mir die Protagonisten, aber auch das Setting vorzustellen. Die Ereignisse werden also auf eine lebendige Art erzählt und ließen so verschiedenste Bilder vor Augen entstehen.
Wobei ich in diesem Punkt sagen muss, dass die Medizin meiner Meinung nach diesmal einen kleineren Teil des Romans einnimmt. Sie wird noch häufig genannt und es gibt auch immer wieder Kapitel, die sich rund um Forschungsergebnisse und Untersuchungsmethoden drehen, aber sie haben abgenommen. Stattdessen werden sie eher nebenbei in den Roman eingestreut und waren deshalb für mich leichter zu verstehen und besser nachvollziehbar. Fand ich sehr angenehm und anhand der Nennung von medizinischen Zusammenhängen erhält die Schreibweise einen angenehmen Anspruch, zudem merkt man an ihnen die ausführliche Recherchearbeit der Autorinnen.

Vor allem mit ihrem Wissen rund um die Medizin und von neuen Forschungsergebnissen können die Schwestern punkten und noch dazu ist es ihnen gelungen, die erworbenen Kenntnisse auf eine einfache und anschauliche Art an den Leser zu übermitteln. In diesem zweiten Band ist es mir viel leichter gefallen, die Zusammenhänge zu erfassen und zu verarbeiten. Ich stelle mir dies schwierig vor und finde, dass die medizinischen Aspekte diesmal noch besser dargestellt wurden und auch für Laien einfacher zu verstehen waren.
Im besonderen Fokus stehen diesmal die bekannten Röntgenstrahlen. Ich denke mal, dass jeder davon schon gehört hat, doch ich habe mich noch nie damit beschäftigt, wie diese entdeckt wurden und wie sie überhaupt funktionieren. Gerade die Zwistigkeiten, die um die Beobachtung neuer Strahlen entstanden sind waren mir vollkommen neu und ich fand diesen Aspekt sehr spannend und bin froh, dass solche Anekdoten eingebunden wurden.
Dazu gibt es noch viele Informationen rund um das Frauenwahlrecht und das Immatrikulationsverbot der weiblichen Bevölkerung, was auch schon im ersten Band eine bedeutende Rolle gespielt hat. So wird der Fokus noch ein wenig weg von der Medizin gelenkt und man erhält einen Einblick in ein Thema, welches allerhand Frauen beschäftigt hat, die sich mehr Rechte und Freiheiten gewünscht haben.

Mir hat leider durchweg die Spannung gefehlt. Klar handelt es sich hier nicht um einen Krimi, aber ich ich wurde nie so richtig überrascht und teilweise entstanden leider auch kleine Längen. Ich habe gerne in dem Buch gelesen, doch manchmal hatte ich das Gefühl, als würde die Handlung etwas vor sich hin plätschern und nur selten geschieht mal etwas vollkommen überraschendes. Und selbst wenn dies geschah, hatten die Ereignisse nie so eine Wucht, dass es mir den Boden unter den Füßen weggezogen hätte. Mit einigen Folgen hatte ich nicht gerechnet, doch sie gaben der Handlung nur selten mal eine komplett neue Wendung. In diesem Punkt ist für mich noch Platz nach oben.

Ich mochte es sehr, dass es auch diesmal wieder eine Einheit des Settings gibt. Jede einzelne Szene spielt in Würzburg und man lernt als Leser verschiedene Ecken kennen. Wobei diesmal die Stadt nicht in so einer ausführlichen Art wie im ersten Band dargestellt wird, was ich gar nicht schlimm fand. Diesmal lag der Fokus noch mehr auf anderen Themen, zudem wurden einige Stadtteile bereits im Vorgängerroman ausführlich beschrieben und diese sind mir noch vage in Erinnerung geblieben.
Auch diesmal kann man mit den Protagonisten sowohl die feineren Gegenden als auch die Armenviertel kennenlernen und auf diese Weise entsteht ein breites Bild der Stadt mit ihren Unterschieden. Dadurch empfand ich die Darstellung Würzburgs sehr natürlich und bodenständig und ich mochte die Vielfalt, die dadurch vermittelt wird.
Am besten vorstellen konnte ich mir die Abteilungen der Psychiatrie im Juliusspital. Ich weiß selbst nicht, weshalb, aber sie ließen die lebendigsten Bilder vor meinen Augen erscheinen und infolge dessen mochte ich diese Kapitel auch am meisten. Vielleicht konnte ich mir diesen Ort am besten vorstellen, weil die Welt eine andere ist und viele Dinge außerhalb der Mauern nicht zählten. Vielleicht weil Henrike jeden Freitag mit einer Inbrunst ihren Dienst angetreten hat und mich ihr Verhalten in der Abteilung berührt hat.
Ich mochte es, wie an manchen Orten ganz bestimmte Stimmungen zu spüren waren, die sich auch auf mich übertragen haben. Wenn ich die Kapitel in der Psychiatrie gelesen habe wurde ich ruhiger und besonnener, währenddessen verströmte das Elternhaus von Henrike eine Kälte und Steifheit, die einfach unangenehm war. Dadurch war es mir noch besser möglich, mir das Setting vorzustellen und es hat sich noch mehr hervorheben können.

Wie ich schon erwähnt hatte mochte ich es sehr, dass man selbst bestimmten kann, welche Protagonisten man als sympathisch oder unsympathisch einstuft. Und ich mochte auch die Vielfalt, die auftritt. Von hochrangigen Professoren über angesehene Personen der Gesellschaft bis hin zu einfachen Wärterinnen im Spital. Gesellschaftlich sind viele Menschen vertreten, die für unterschiedliche Lebensweisen, aber auch für kulturelle Vielfalt stehen.
Henrike empfand ich als ganz angenehm, sie ist eine sympathische junge Frau, deren Weg ich gerne verfolgt habe. Es hat mir gefallen, mit wie viel Herzblut sie bei der Sache ist und für ihre Wünsche kämpft. Das zeugt von einem starken Wesen, was sie viele Male unter Beweis gestellt hat. Und trotz allem ist Henrike immer sehr bodenständig und normal geblieben. Sie hat sich weiterentwickelt, ist nicht nur älter geworden, sondern auch deutlich erwachsener und hat auf manche Dinge einen neuen Blickwinkel erhalten. Lediglich in Liebesangelegenheiten habe ich Henrikes Entscheidungen nicht immer unterstützt...
Ich fand es schön, dass Vivianna wieder auftritt und man sie nochmal anders erleben kann. Mittlerweile ist sie eine Rentnerin, die sich aber noch nicht dem Müßiggang widmen möchte, sondern noch immer Menschen heilen will. Zudem erfährt man ein wenig, was bei ihr in den Jahren geschehen ist, die zwischen den beiden Romanen liegen. Diesmal habe ich es kritisch angesehen, dass Vivianna für mich immer etwas schwach und nicht mehr so durchsetzungsfähig aufgetreten ist. Oft hat sie trotzdem das letzte Wort behalten, aber ihr fehlte für viele Dinge die Leidenschaft. Das fand ich schade, denn leider kann ich die junge Vivianna mit der gealterten kaum in Verbindung bringen.

Fazit:
Ich hatte wieder viel Vergnügen dabei, ins die Welt der Winkelmann-Frauen zu reisen und mir hat die Fortsetzung gut gefallen, auch wenn ich sagen muss, dass sie nicht an den ersten Band heranreicht. Dafür fehlte mir Spannung und ich war von der Darstellung Viviannas etwas enttäuscht. Nach langem Überlegen werde ich für diese zwei Aspekte einen Stern abziehen, trotzdem bin ich sehr froh, diesen Teil ebenfalls gelesen zu haben. Denn es war unglaublich spannend zu verfolgen, wie immer mehr Frauen für ihre Rechte gekämpft haben und auch die Einblicke in das Leben im Juliusspital waren einzigartig!
Ich bin froh, die neue Reihe der Beinert-Schwestern gelesen zu haben, ich wurde gut unterhalten und konnte mein Wissen deutlich erweitern, was immer viel wert ist. Eine tolle Reihe, die ein würdiges Ende gefunden hat und allein durch die Fülle an Informationen ein Leseerlebnis darstellt!

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