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Veröffentlicht am 06.11.2020

Familiensaga

Palais Heiligendamm - Ein neuer Anfang
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1912 gelingt es dem Berliner Hotelier Kuhlmann sich den Traum eines eigenen Luxushotels zu erfüllen. Das Palais Heiligendamm wird in Doberan eröffnet und steht in harter Konkurrenz zum ersten Haus, dem ...

1912 gelingt es dem Berliner Hotelier Kuhlmann sich den Traum eines eigenen Luxushotels zu erfüllen. Das Palais Heiligendamm wird in Doberan eröffnet und steht in harter Konkurrenz zum ersten Haus, dem Grand Hotel Heiligendamm. Stammhalter Paul beugt sich nur widerwillig den Plänen seines Vaters ihn zum Nachfolger aufzubauen. Seine Interessen liegen in der Musik und der Hotelalltag langweilt ihn. Ganz im Gegensatz dazu die Schwester Elisabeth. Sie hat alle Eigenschaften, die eine Geschäftsfrau braucht, das Auge für Details und Personal und die Durchsetzungskraft. Aber die Konventionen sprechen gegen sie. Eine gute Partie, das ist das Einzige was den Eltern Kuhlmann für ihre Töchter vorschwebt.

Doch das junge Jahrhundert ist turbulent und die Zeiten gefährlich…

Dieser Familienroman ist als umfassende Saga angelegt. Unbestritten ist Elisabeth die Hauptfigur in diesem ersten Band. Vom jungen Mädchen, das zwar weiß, was es will, aber nicht immer durchsetzen kann bis zur jungen Frau, die viele Schicksalsschläge zu meistern muss, begleitet sie das Buch. Die Autorin hat als geschichtlichen Hintergrund die Jahre vom dem Ersten Weltkrieg bis kurz danach gewählt. Eine interessante Zeit, in der es große gesellschaftliche Umbrüche gab. So sind die Eltern Kuhlmann noch ganz im 19. Jahrhundert verwurzelt, Standesdünkel steht über allem. Die Kinder rebellieren jedoch und versuchen ihre eigenen Wege zu gehen.

Es gelingt der Autorin auch ein sehr farbiges und lebendiges Zeitbild. Die Kriegsjahre werden meist aus der Sicht Elisabeths erzählt, die ihren Platz an der Spitze des Hotels eingenommen hat. Das war nicht einfach, viel zu oft wurde sie von Schicksalsschlägen gebeutelt und mit ihrer große Liebe Julius Falkenhayn ist ihr kein gemeinsames Leben gegönnt.

Überhaupt die Schicksalsschläge: auf die Familie und vor allem auf Elisabeth stürzt alles ein, was man sich ausdenken kann und alle Handlungsstränge sind so angelegt, dass die Auflösung erst im nächsten Band dieses Romans gelingen kann. Mir persönlich war das ein wenig viel, es wäre auch mit weniger Dramatik spannend gewesen. Besonders im ersten Drittel des Buches hatte ich das Gefühl, dass schon zu sehr auf die Fortsetzung hin erzählt wurde und sich manche Episode in zu vielen Details erging. Historisch war das Buch immer sehr gut recherchiert, zum Beispiel die Kriegsfreude der kaisertreuen Schichten oder der Stolz auf die Kolonie Südwest in Afrika.

Julius Falkenhayn, der an der Seite von Elisabeth auch eine große Rolle in diesem Familiendrama spielt, blieb mir bisher in seiner Handlungsweise ein wenig zu vage und konnte mich – im Gegensatz zu den anderen Figuren – nicht ganz überzeugen.

Es war ein richtiger Historien-Schmöker, dem eine straffere Handlungsführung ganz gut getan hätte, der sich aber gut und unterhaltsam liest.

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Veröffentlicht am 02.11.2020

Doppelspiel

Unter Wölfen - Der verborgene Feind
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Nürnberg 1942 – inmitten des Nazi-Terrors sieht sich Isaac Rubinstein immer noch in großer Gefahr. Er hatte die Identität des Sonderermittlers Adolf Weissmann angenommen, um eine Aktion des Widerstands ...

Nürnberg 1942 – inmitten des Nazi-Terrors sieht sich Isaac Rubinstein immer noch in großer Gefahr. Er hatte die Identität des Sonderermittlers Adolf Weissmann angenommen, um eine Aktion des Widerstands zu unterstützen. Seine große Ähnlichkeit mit dem Nationalsozialisten machte das möglich. Die Aktion ist gelungen, aber nicht Rubinsteins Flucht. Er soll die Untersuchungen zum Mord an einer jungen Frau, Tochter einflussreicher Nazis, übernehmen. Nun hat er nur 4 Tage Zeit, denn dann hat er die letzte Möglichkeit außer Landes gebracht zu werden.
Er spürt, dass die Aufdeckung seiner falschen Identität immer wahrscheinlicher wird. Seine Tarnung ist löchrig, von Polizeiarbeit versteht er zu wenig – und immer mal ein Spruch aus Conan Doyles Feder reicht nicht. Er ließ sich außerdem auf eine Liaison mit Nazigröße Ursula von Rahn ein, um an Informationen zu kommen, damit zieht er aber auch die Aufmerksamkeit eines Nebenbuhlers an.
Bald wird im klar, dass der Tod der jungen Frau keine Einzeltat ist, es gibt deutliche Hinweise, dass es sich um einen Serienmörder handelt, der schon mehrfach zugeschlagen hat.
Der feingeistige Antiquar Isaac fühlt sich in seiner Rolle als Nazi-Ermittler äußerst unwohl, immer muss er die Enttarnung fürchten und unter Hochdruck ermitteln. Diese Anspannung verleiht dem Krimi ein hohes Tempo, als Leser bange ich auf jeder Seite mit Isaac. Der historische Kriminalroman fängt die Atmosphäre der Nazi-Zeit gut ein. Besonders die Begeisterung der Nürnberger Bevölkerung ist gut beschrieben, die Stadt ein Fahnenmeer in Rot-Weiß-Schwarz. Die Figur des Isaac Rubinstein ist idealisiert. Ein Mann, der innerhalb weniger Tage vom Bücherwurm zum harten Ermittler wird, furchtlos in Arbeitszimmern schnüffelt, den Nazi-Jargon verinnerlicht und als Kriminalist durchgeht, ist nicht unbedingt realistisch, aber in jedem Fall für Spannung gut. Die anderen Protagonisten sind eindimensionaler beschrieben, stramme Nazi meist, die austauschbar sind. Bei Kriminalist Köhler, widerwilliger „Kollege“ von Isaac, meine ich eine innere Abwehr zu spüren, die die Figur interessanter macht.
Dass Isaac sich immer wieder in allerletzte Minute durch geschicktes Taktieren oder durch Zufall aus der Schlinge ziehen kann und unentdeckt bleibt, wiederholt sich dabei immer wieder, schließlich muss er noch in einem weiteren Fall ermitteln. Aber da sehe ich die Gefahr, dass sich das Motiv nach zwei Bänden abnutzt hat.
Mein Fazit: Ein spannender, düsterer Kriminalroman, der mich gut unterhalten hat.

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Veröffentlicht am 25.09.2020

Die wahre Maria Magdalena

Fromme Sünde
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Der Autor eines zum Bestseller gewordenen Enthüllungsbuchs über die wahre Maria Magdalena fürchtet um sein Leben. Er schreibt an einem Folgeband, einige Recherchereisen sind noch nötig, aber die möchte ...

Der Autor eines zum Bestseller gewordenen Enthüllungsbuchs über die wahre Maria Magdalena fürchtet um sein Leben. Er schreibt an einem Folgeband, einige Recherchereisen sind noch nötig, aber die möchte er nicht ungeschützt unternehmen. Philip Marlein, der fränkische Privatdetektiv nimmt gern den gut dotierten Job eines Personenschützers an, auch weil er die Ängste des Herrn Klüngelbein übertrieben findet. Wenn auch die Thesen nach Meinung des Autors Sprengkraft besitzen und die Grundfeste der Katholischen Kirche erschüttern könnte, so glaubt der Detektiv eher an Einbildung als an reale Gefahr.

Derweil bekommt im Allgäu der Religionswissenschaftler und Hobby-Detektiv Emil Bär den Auftrag das Treiben einiger junger Allgäuerinnen unter die Lupe zu nehmen, die einen Maria Magdalena Geheimbund gegründet haben.

Natürlich stolpern die beiden guten Freunde im Lauf ihrer separaten Ermittlungen übereinander.

Kirche und Sex bieten immer einen spannenden Hintergrund für einen Krimi und die beiden Autoren Gwaltinger und Rauch haben sich dazu einen interessanten Plot ausgedacht. Ganz im Stil von Dan Brown geht es um Verschwörungstheorien, gefälschte Dokumente und geheimes Wissen. Nur dass die Jagd ins malerische Allgäu und ins nicht weniger malerische Franken führt, also eher beschauliche Gegenden.

Beide Autoren geben jeweils „ihrem“ Detektiv ihre Stimme und die beiden Ermittlungsstränge wechseln sich in den Kapiteln ab. Dieser unterschiedliche Erzählton ist ebenfalls eine interessante Abwechslung. Die beiden Detektive sind vielschichtige Charaktere, bodenständig, urig und Bär in seiner Art durchaus auch derb. So mancher Spruch ist mir schon aufgestoßen.

Bis zum Ende geht es hoch her und Marlein muss sich eingestehen, dass er die Gefahr für den Autor unterschätzte. Der Leser scheint den Detektiven immer einen Schritt voraus, nur sie scheinen noch im Dunklen zu tappen. Das kam mir bei der beschriebenen Intelligenz der Beiden ein wenig unglaubwürdig vor.

Allerdings bietet „Fromme Sünden“ einen hohen Unterhaltungswert und dazu noch ein nervenaufreibendes Finale auf dem Ettaler Mandl.

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Veröffentlicht am 06.09.2020

Südtiroler Sterne

Neid kennt kein Gebot
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Commissario Fabio Fameo ist schon lange im idyllischen Südtirol heimisch geworden. Zusammen mit seiner Südtiroler Frau Elisabeth und den gemeinsamen Kindern bewohnt er den historischen Ansitz Esser. Doch ...

Commissario Fabio Fameo ist schon lange im idyllischen Südtirol heimisch geworden. Zusammen mit seiner Südtiroler Frau Elisabeth und den gemeinsamen Kindern bewohnt er den historischen Ansitz Esser. Doch das Idyll wird empfindlich gestört als eine Gruppe Touristen in einem Weiher einen abgetrennten menschlichen Arm finden. Einer der Touristen, selbst Koch, weist die Polizisten auf die typischen Vernarbungen von Schnittverletzungen am Finger hin. Es tauchen noch weitere Körperteile auf und Fameo kommt unter Druck.

Ralph Neubauer ist ein Südtirol Fan und manchmal denke ich, dass er die Form des Kriminalromans gewählt hat um seine Leser auf unterhaltsame Weise diese Landschaft näherzubringen. Er kennt alle einschlägigen Restaurants und baut sie so in die Handlung ein, dass man das Buch auch fast als kulinarischen Reiseführer lesen könnte. Die Geschichte der Sterneküche in Südtirol ist wirklich interessant und der Hinweis auf typische Rezepte gefiel mir auch. Glücklicherweise verzichtet der Autor auf die Rezepte im Anhang, das ist inzwischen wirklich nicht mehr originell.

Auch vieles aus der Südtiroler Geschichte fließt in die Handlung ein. Dazu kommt noch eine ganz sympathische Eigenart des Autors: er baut gern Menschen, die ihm begegneten in die Handlung ein. Das birgt allerdings die Gefahr, dass sich die Geschichte zerfasert und in Nebenhandlungen verliert. Das passiert manchmal auch hier und wenn ich es auch nicht sehr störend empfand, hat es doch die Handlung abgebremst und auch dem Spannungsbogen des Plots nicht gut getan. Besonders fiel mir da die Geschichte um einen deutschen Bergwanderer und seiner Frau auf und die Verwicklungen eines urlaubenden deutschen Staatsanwalts auf.

Aber trotz all den Abschweifungen behauptet sich die Krimihandlung dann doch und nimmt gegen Ende deutlich an Fahrt auf. Auch wenn ich mich mit meinen Vermutungen schon früh bestätigt sah, war die Auflösung gut gemacht und in sich auch schlüssig.

Neubauers Südtirol Krimis sind eben eine Liebeserklärung an Land und Leute.


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Veröffentlicht am 29.08.2020

Blitzsauber

Die Saubermacherin
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Der tüchtigen Millie würde wohl jeder seinen Haushalt anvertrauen. Putztechnisch kann man ihr nichts vormachen. Was ihre Auftragsgeber allerdings nicht wissen: Millie kennt nicht nur den Inhalt des Putzschranks ...

Der tüchtigen Millie würde wohl jeder seinen Haushalt anvertrauen. Putztechnisch kann man ihr nichts vormachen. Was ihre Auftragsgeber allerdings nicht wissen: Millie kennt nicht nur den Inhalt des Putzschranks – den sie auch immer wieder kreativ anzuwenden versteht – sie kennt auch ihre E-Mails und ihren Schreibtisch. Denn der Putzjob ist nur eine perfekte Tarnung für die Organisation PSA Austria, die PutzfrauenSpyAgency, ein Netzwerk hochqualifizierter Agentinnen.
Millies aktueller Auftrag ist kompliziert und gefährlich, eine Bande will sich Politiker mit manipulierten Lebensmitteln gefügig machen und hat sich schon international ausgebreitet.
Die wirklich witzige Persiflage auf Spionageromane ist der Autorin gelungen. Ich habe mich über Millie und ihre Kollegen köstlich amüsiert. Denn wenn sie unter die Betten ihrer einflussreichen „Kundschaft“ schaut, findet sie nicht nur Staubflusen. Dass ihr Auftrag aus dem Ruder läuft, hat nichts mit ihren Fähigkeiten, eher mit einem findigen Finanzbeamten zu tun. Ja, ja, das Finanzamt, das hat ja auch Al Capone schon zur Strecke gebracht.
Sehr witzige Dialoge voller Anspielungen bringen noch eine Extraportion schwarzen Humor in die Geschichte. Da wird sehr gekonnt mit den Vorurteilen gespielt, wenn zum Beispiel die Hausfrauen ihre Reinigungskräfte mit „Du putzen heute Bad“ in gehobener Lautstärke ansprechen und meinen dadurch verständlicher zu sein.
Ein wirklich vergnüglicher Lesespaß mit einem gelungen Ende.

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