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Veröffentlicht am 19.10.2020

Bildhafter historischer Roman mit berühmten Persönlichkeiten

Die Gabe der Sattlerin
1

Charlotte, die von ihrem Vater das Handwerk des Sattlers erlernt hat, soll heiraten. Doch sie flieht vor einer Vernunftehe am Tag der Hochzeit mit ihrem Pferd Wälderwind. Dabei begibt sie sich auf abenteuerliche ...

Charlotte, die von ihrem Vater das Handwerk des Sattlers erlernt hat, soll heiraten. Doch sie flieht vor einer Vernunftehe am Tag der Hochzeit mit ihrem Pferd Wälderwind. Dabei begibt sie sich auf abenteuerliche Mission. Sie fällt einer Räuberbande in die Hände und wird mit dessen „Hilfe“ bzw. durch deren Erpressung auf dem Gestüt Marbach als Sattlerin eingeschleust, um dort die Gelegenheit der Auskundschaftung nach weiteren Geldtransporten des Herzogs Carl Eugen wahrnehmen zu müssen. Auf dem Gestüt freundet sie sich mit dem jungen Friedrich Schiller an, der dort seine Dienste als Rossarzt verrichten muss. Außerdem muss sich Charlotte bewähren und einen prächtigen Sattel für den Herzog anfertigen. Darüber hinaus kommt es zu verschiedenen Vorkommnissen mit dem Herzog und der Räuberbande, bei denen Charlotte ihre Stärke zeigen muss.

Ralf H. Dorweiler hat mit seinem Roman „Die Gabe der Sattlerin“ seinen nächsten historischen Roman veröffentlicht. Bisher kannte ich noch keinen seiner Romane, aber mit „Die Gabe der Sattlerin“ hat er mit seinem Schreibstil und bildhafter Sprache überzeugt. Zuerst hat mich aber das Cover des Buches angesprochen, auf dem eine junge Frau auf ihrem Pferd zu sehen ist und beide dabei sind weg zu reiten. Ich vermutete daher bereits, dass die Protagonistin eine sehr starke Persönlichkeit hat und wurde nicht enttäuscht. Charlotte ist eine sehr zielstrebige, ehrgeizige und eher unkonventionelle Frau, die sich in der damaligen Männerwelt durchzusetzen weiß und die etwas Neues wagt. Ihr Aufeinandertreffen mit dem jungen Friedrich Schiller bzw. auch die Beschreibung des Schillers in eigenen Kapiteln hat mir ebenfalls sehr viel Freude bereitet – man konnte ihn sich bildhaft in seiner derzeitigen Situation vorstellen und man mag kaum glauben, dass er ein berühmter Dichter geworden ist (auch wenn vieles natürlich dichterische Freiheit ist, so ist es doch sehr interessant). Ebenfalls sehr gut gefallen haben mir die zugeordneten Zitate aus Schillers Werken zu jedem einzelnen Kapitel. Auch das Aufeinandertreffen von Schiller und der Räuberbande sowie der Rückschluss auf seine Schrift „Die Räuber“ fand ich sehr gut verknüpft. Das Aufzeigen einer alten Handwerkskunst, in diesem Fall die der Sattlerei, fand ich sehr gelungen und lehrreich.

Meine Kritik: Das Buch liest sich wunderbar und die Geschichte geht schnell voran, allerdings überschlagen sich zum Ende die Ereignisse und werden meiner Meinung nach nicht gebührend behandelt und abgeschlossen, alles wirkt etwas gehetzt. Charlotte ist außerdem eine erstaunliche junge Frau, aber sie wird auch ein bisschen zu „glatt“ dargestellt, sie kommt ziemlich einfach durch ihre abenteuerliche Mission, ohne auf großartige Probleme zu stoßen. Hier hätte man noch ein bisschen mehr Spannung einbauen können. Außerdem gibt es meiner Meinung nach zwischendurch relativ viele junge Männer, denen Charlotte ins Auge gefallen ist, aber leider nimmt sie niemanden direkt aus der Geschichte. Das eigentliche Happy End ist mir (als Happy End-Liebende) damit etwas zu zaghaft.

Mein Fazit: „Die Gabe der Sattlerin“ ist ein überaus gelungener historischer Roman mit dem Einbinden von berühmten historischen Persönlichkeiten, mit einer großartigen Protagonistin und mit vielen Beschreibungen zur Sattlerei und den Umständen der damaligen Zeit. Da es für mich unterhaltend und gleichzeitig lehrreich war, gebe ich unbedingt eine Leseempfehlung für diejenigen Leser, die ebenso historische Romane lieben!

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Veröffentlicht am 17.10.2020

Wundervolle Liebesgeschichte, die sich insbesondere in Irland entwickelt

Ascheblüte
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Camille ist fertig mit dem Studium und angehende Lektorin mit einem Praktikumsplatz. In Vertretung einer erkrankten Kollegin, liegt es nun an ihr vom Bestsellerautor Ashton Parker ein neues Manuskript ...

Camille ist fertig mit dem Studium und angehende Lektorin mit einem Praktikumsplatz. In Vertretung einer erkrankten Kollegin, liegt es nun an ihr vom Bestsellerautor Ashton Parker ein neues Manuskript für ein Buch zu bekommen, ansonsten bekommt sie keine Festanstellung im Verlag. Da ihr eigenes privates Leben gerade einige Purzelbäume schlägt, ist sie bereit alles für eine Festanstellung zu tun und fliegt dem Autor Ash sogar bis nach Irland hinterher und begleitet ihn – ungeplanterweise. Ash, der sehr stark unter Verlustängsten leidet, möchte sich eigentlich nicht neu verlieben, doch während ihrer Wandertour durch Irland, kommen er und Camille sich unweigerlich näher.
Im zweiten Roman der „how to be happy“-Reihe von Kim Leopold, geht es nun um Ash, wie der Name „Ascheblüte“ suggeriert, der im ersten Roman „Liliennächte“ leider kein Happy End mehr erfahren durfte. Geprägt von seiner Vergangenheit versucht er Camille abzuschütteln und wieder seine Ruhe zu bekommen, doch das Leben meint es anscheinend jetzt besser mit ihm und er lässt sich auf ein Abenteuer in Irland mit ihr ein. Wieder gelingt es Kim Leopold in leichter, flüssiger und moderner Sprache den Leser sofort in den Bann zu ziehen. Die Geschichte wird in den schnellen und kurzweiligen Kapiteln aus beiderlei Perspektiven geschildert. Somit erhält man als Leser wieder zahlreiche Einblicke in das Gefühlsleben der Figuren, was mir sehr gut gefällt. Insbesondere gefällt mir an der Story auch das Setting und die Idee dahinter. Weil alles festgefahren scheint, nimmt man sich eine Auszeit, um Urlaub in einem fremden Land zu machen und dort wieder geerdet zu werden und den Sinn des eigentlichen Lebens zu erkennen – dies gefiel mir außerordentlich. Ein bisschen unrealistisch ist zwar, dass man von der angehenden Lektorin verfolgt wird, aber sei es drum. Manches ist daher vielleicht ein wenig dick aufgetragen und manches wird auch teils wieder zu schnell herunter geschrieben, aber die Liebesgeschichte zwischen beiden konnte mich überzeugen – mehr als es Liliennächte vermocht hatte. Unweigerlich fliegt man hier über die Seiten des Buches auf der Suche und der Hoffnung auf ein Happy End für Ash und seine Camille. Allerdings ist mir leider aufgefallen, dass manche Kapitel falsch beschriftet sind (also statt Ashton ist gerade Camille dran oder umgekehrt), man erkennt aber im Lesefluss um wen es tatsächlich geht.
Mein Fazit: Eine niedliche Liebesgeschichte, mit allem was dazu gehört (auch ein wenig Drama), die sich mitten im Herzen von Irland entwickelt und durch deren Lesevergnügen man förmlich über die Seiten fliegt. Daher eine klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 11.10.2020

Schöner Roman mit kleinen Irrungen und Geheimnissen

Entführung ins Glück
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Lady Miranda schreibt anstatt Tagebuch Briefe an den verschollenen Freund ihres Bruders seit sie ein kleines Mädchen ist. So verarbeitet sie ihren Ärger und Kummer, denn wie viele junge Damen in ihrem ...

Lady Miranda schreibt anstatt Tagebuch Briefe an den verschollenen Freund ihres Bruders seit sie ein kleines Mädchen ist. So verarbeitet sie ihren Ärger und Kummer, denn wie viele junge Damen in ihrem Alter wünscht sie sich einen standesgemäßen Ehemann und eine eigene kleine Familie. Leider gibt es niemanden, der sie umwerben möchte, alle begehren ihre jüngere Schwester Georgina, die erst ihr Debüt in der Gesellschaft gegeben hat. Lady Miranda fällt dies alles sehr schwer und sie ist entmutigt, sodass sie wieder einmal einen der geheimnisvollen „Tagebuch“-Briefe verfasst. Leider wird dieser allerdings vom neuen Kammerdiener ihres Bruders, Marlow, tatsächlich an den Adressaten, den Herzog von Marshington, abgeschickt. Lady Miranda ist völlig außer sich und hat Angst, dass ihre wahren Gefühle ans Licht kommen und sie zum Gespött in der Gesellschaft wird. Aber der angeschriebene Herzog Marshington antwortet ihr freundlich und es entwickelt sich zwischen beiden eine Brieffreundschaft. Als man erfährt, wer tatsächlich hinter dem geheimnisvollen Kammerdiener Marlow steckt, wird einem so manches klarer. Es entwickelt sich eine zarte Liebesgeschichte und man darf auf ein Happy End hoffen.

Kristi Ann Hunter beschreibt in flüssiger und gut verständlicher Sprache sehr bildhaft die Welt zu Beginn des 19. Jh. in England hinsichtlich des gesellschaftlichen Aspektes, Erwartungen an junge Damen und deren Hoffen auf das große Glück, eine gute Ehe eingehen zu können. Das Cover des Buches ist sehr ansprechend- genau so stellt man sich die junge Lady Miranda vor, in einem ausufernden Kleid im Stil ihrer Zeit. Ein bisschen fühlt es sich so an, als ob man sich in Jane Austens „Stolz und Vorurteil“ befindet gepaart mit einigen Dingen aus „Downton Abbey“ (auch wenn das erst im 20 Jh. spielt). Immer wieder werden die Standesunterschiede zwischen Herzog und Lady und der Dienerschaft eben jener aufgezeigt. Auch als sich Lady Miranda zum Kammerdiener ihres Bruders hingezogen fühlt, verbietet sie sich immer wieder diese Gedanken, da eine solche Ehe nicht standesgemäß wäre. Doch Miranda ist anders als junge Damen ihrer Zeit. Sie kennt zwar die genau an sie gestellten Erwartungen, allerdings ist sie abenteuerlustig und reagiert durchaus auch mal hitzköpfig, anstatt sich zurück zu nehmen. Doch als sie die Wahrheit über den Kammmerdiener und seine wahre Herkunft erfährt, ist auch sie zutiefst verletzt und vor den Kopf gestoßen. Es entspinnt sich damit eine Geschichte voll des Hin und Her und der großen Frage, ob alle beteiligten Charaktere ihr Glück finden können. Zum Schluss kommt nochmal insbesondere Spannung auf, wer hinter den Drohungen steckt, die sowohl den Herzog von Marshington als auch Lady Miranda erreicht haben.

Die Charaktere gefallen mir alle außerordentlich gut und die Geschichte ist auch so, wie ich sie mir vorgestellt habe. Allerdings kommt mitten im Buch eine langatmige Phase auf. Das Hin und Her mit den Gefühlen, die Lady Miranda, gegenüber dem Herzog von Marshington entwickelt hat, sie sich aber aufgrund ihrer Verletztheit nicht eingestehen will, ist etwas ermüdend und nahm mir zwischenzeitlich ein wenig den Lesespaß. Ich habe immer gewartet, dass die Geschichte sich mal wieder etwas nach vorne entwickelt. Froh bin ich, dass es dennoch zu einem Happy End gekommen ist, obwohl es erst nicht danach aussah.

Mein Fazit: Ein kurzweiliger Roman, mit dem man gemütliche Lesestunden verbringen kann und für alle Fans ein Muss, die die zum einen historische Romane lieben als auch die Regency-Zeit in England. Kristi Ann Hunter kann zwar nicht mit Jane Austen konkurrieren- trotzdem macht es mindestens genauso viel Spaß ihren Roman zu lesen.

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Veröffentlicht am 11.10.2020

Spannender Thriller-Stoff mit etwas flachem Ende

Franzi
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Caroline, genannt Caro, leidet an Gesichtsblindheit, sogenannte Prosopagnosie. Das heißt, sie kann sich Gesichter einfach nicht merken bzw. erkennt die Gesichter verschiedener Menschen nicht wieder. Da ...

Caroline, genannt Caro, leidet an Gesichtsblindheit, sogenannte Prosopagnosie. Das heißt, sie kann sich Gesichter einfach nicht merken bzw. erkennt die Gesichter verschiedener Menschen nicht wieder. Da Caro als Schriftstellerin arbeitet ist dieses Problem für sie eigentlich kein Problem, da sie viel Zeit am Laptop verbringt. Da sie aber mit ihrem ersten Buch viel Erfolg hat und nun auch zu Lesungen und Buchmessen fährt, wird es schwierig. Dabei trifft sie auf Franzi, die ein großer Fan von ihr zu sein scheint und selbst beginnt als Schriftstellerin zu arbeiten und sich mit Caro anfreundet. Doch ist es nicht möglich, dass Caro Franzi bereits zu einem früheren Zeitpunkt begegnet ist, sich aber nicht mehr an sie, aufgrund der Prosopagnosie, erinnern kann?

Nadine Teuber hat mit „Franzi“ einen weiteren Thriller veröffentlicht. Sie war mir als Autorin noch nicht bekannt, doch habe ich bereits gelesen, dass sie einige Bücher in diesem Genre verfasst hat. Der Thriller rund um Caro und Franzi ist durchaus gelungen. Im Wechsel wird zwischen den Kapiteln von „Heute“ als auch von „Sieben Jahre zuvor“ erzählt. Caro erzählt die Geschichte aus der Ich-Perspektive. Dies gefällt mir sehr gut, da man viele Einblicke in ihr Handeln und ihr Gefühlsleben erhält. Die Sprache des Thrillers ist modern sowie gut und leicht verständlich. Es liest sich sehr flüssig und von Anfang baut sich der Spannungsbogen auf, allerdings passiert in der ersten Hälfte des Buches noch relativ wenig. Man wartet förmlich, dass jetzt was kommt. Anfangs muss man erst etwas in das Buch hineinfinden, da die schnellen Wechsel der Kapitel zwischen Gegenwart und Vergangenheit erstmal verarbeitet werden müssen. Danach macht es aber trotzdem sehr viel Spaß und ist spannend zu erfahren, welche Geschehnisse aus der Vergangenheit unmittelbar die Weichen für die Gegenwart gestellt haben. Zum Schluss präsentiert uns die Autorin zwei mögliche Enden des Thrillers, die der Leser selbst wählen kann. Natürlich habe ich aus reiner Neugierde beide gelesen und sie sind beide nicht schlecht, aber nicht völlig überzeugend.

Meine Kritik: Ich hatte das Gefühl nachdem sich die Spannung so richtig knisternd aufgebaut hat, wurden die restlichen Kapitel am Ende einfach ganz schnell abgehakt, das Ende kam insgesamt etwas abrupt. Ein weiteres Manko: Die Gegenspielerin von Caro bzw. wer sich hinter Franzi verbirgt war mir ab Nennung eines gewissen Namens völlig klar und ich wurde in meiner Vermutung bestätigt. Das nahm mir persönlich schon ein bisschen die Spannung, da mir klar war, dass die beiden wohl nochmals aufeinandertreffen werden und es zu einem großen Finale kommen wird.
Sehr interessant und gelungen fand ich aber die Erläuterungen über Gesichtsblindheit. Ich habe sehr viel darüber gelernt und kannte dieses Phänomen vorher nicht. Da ich jemand bin, der sich sehr gut Gesichter merken kann, finde ich es faszinierend, erschreckend und verstörend zugleich, dass es tatsächlich möglich ist, noch nicht mal seine engsten Anverwandten wiederzuerkennen. Das ist wahrlich ein perfekter Thriller-Stoff, insbesondere für unblutige Psychothriller.

Mein Fazit: Mir hat das Lesen des Buches sehr viel Freude und auch Spannung bereitet und der Thriller eignet sich hervorragend für gemütliche Lesestunden im Frühherbst. Allerdings hat mich das Ende nicht restlos überzeugt. Das hat der -mehrfach hier auch im Buch erwähnte- Sebastian Fitzek noch ein bisschen besser drauf, nämlich das Ende so zu schreiben, dass man nicht vorher in seinen Vermutungen bestätigt wird (die man ja durchaus immer hat) sondern sprachlos hinterher mit dem Buch in der Hand da sitzt. 😉

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Veröffentlicht am 27.09.2020

Große Familiengeschichten, die ein ganzes Jahrzehnt überspannen

Und die Welt war jung
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Zwischen Hamburg, Köln und San Remo beginnt 1950 eine neue Zeitrechnung: Das erste Jahrzehnt nach dem Ende des 2.Weltkrieges. Die Familien Borgfeldt, Aldenhoven und Canna sind sowohl familiär als auch ...

Zwischen Hamburg, Köln und San Remo beginnt 1950 eine neue Zeitrechnung: Das erste Jahrzehnt nach dem Ende des 2.Weltkrieges. Die Familien Borgfeldt, Aldenhoven und Canna sind sowohl familiär als auch freundschaftlich miteinander verbunden. Das Buch erzählt im Wechsel von Hamburg, Köln und San Remo und den jeweils dort lebenden Charakteren. Sie alle eint die Unwissenheit nach dem 2.Weltkrieg. Wie wird es wohl für sie alle weiter gehen? Was bringt die Zukunft? Während die einen eher privilegiert leben, wohnen und arbeiten, kommen die anderen mit Armut sowie Nöten und großen Ängsten und auch einigen Schicksalsschlägen in Kontakt.

Carmen Korn, deren Jahrhundert-Trilogie über Hamburg ich im Frühjahr dieses Jahres förmlich verschlungen haben, beginnt hier nun in einem neuen Buch das Leben in Nachkriegszeiten zu beleuchten. Als ich vom neuen Roman gelesen habe, war ich natürlich sehr gespannt auf eben jenen, da mir ihre Trilogie wirklich sehr gut gefallen hatte und ich ihre Art zu schreiben sehr mag.

Während die Jahrhundert-Trilogie tatsächlich in ihrer Erzählung über 100 Jahre angelegt ist, wird hier das Leben der verschiedenen Familien innerhalb eines Jahrzehnts, von 1950 bis 1959, beschrieben. Ihr Schreibstil ist dabei wieder sehr bildhaft. Klar und deutlich kann man sich die jeweiligen Charaktere vorstellen und möchte gern mehr über sie erfahren. Die Handlung des Romans wird sogar in den verschiedenen Abschnitten genau auf Jahr und Tag erzählt und springt wechselseitig zwischen Hamburg, Köln und San Remo hin und her. Das hat zum einen den Vorteil, dass die Kapitel nie zu lang werden, sondern kurz und knapp die Geschehnisse berichtet werden, zum anderen wird somit immer wieder auf die jeweilige Wahrnehmung in den unterschiedlichen Familien eingegangen sowie auch immer auf ihre Verbindungen untereinander verwiesen. Allerdings ist das Buch mit 635 Seiten auch sehr umfangreich und ich hatte anfangs große Mühe mich mit den vielen unterschiedlichen Charakteren und deren Hintergrund auseinanderzusetzen. Um dies etwas zu erleichtern stellt die Autorin die wichtigsten handelnden Personen vor und liefert auch einen kleinen Stammbaum hinsichtlich ihrer Verbundenheit mit dazu. Weiterhin gelingt es Carmen Korn wieder vortrefflich die jeweiligen persönlichen Schicksale in die Historie einzubetten und es gibt immer wieder Hinweise zu bedeutenden historischen Ereignissen. Sehr schön fand ich auch ihren Verweis zu ihren anderen Büchern mit der Finkenau in Hamburg. Auch das Cover des Buches gefällt mir als begeisterter Leser von historischen Romanen sehr gut. Damit ist es nicht nur gelungen die Aufbruchstimmung der Nachkriegszeit zu charakterisieren, sondern auch zu zeigen, dass die jungen Leute auf dem Bild in irgendeiner Weise freundschaftlich (oder familiär) miteinander verbunden sind.

Meine Kritik: Ich empfinde, dass manchmal insgesamt alles etwas zu viel ist und in viel zu kurzer Umlaufzeit dem Leser präsentiert werden soll und muss. Es erscheint mir wie „zu viel gewollt“. Das Ende des Buches bleibt offen, da sich hier ein neuer Handlungsstrang von einem Charakter auftut; allerdings sind im Wesentlichen die Geschichten zu den Hauptcharakteren zu Ende erzählt und trotz aller Ausführlichkeit, die ich vorher bemängelte, kam das Ende nun viel zu unvermittelt und abrupt. Ich hatte noch absolut nicht damit gerechnet. Man kann somit aber damit rechnen, dass die Geschichte oder zumindest ein gewisser Teil noch weitererzählt wird. An manchen Stellen hatte ich auch das Gefühl, dass die Spannung ein bisschen verloren geht. Ja, man möchte wissen, wie es den Hauptpersonen des Romans ergeht aber nein, man möchte dazu nicht die 10. Geschichte nebenbei hören. Das wiederum spricht aber auch für Carmen Korn – sie kann ihre Leser vollends in die Gefühlswelt ihrer Romane entführen. Man freut und leidet mit und denkt sich, dass könnte doch wohl jetzt mal schneller oder langsamer voran gehen.

Mein Fazit:

Insgesamt gibt es von mir für das neue Buch von Carmen Korn eine klare Leseempfehlung. Ein großer historischer Roman, mit vielen schönen und unschönen Begebenheiten, noch dazu verpackt in die turbulente Nachkriegszeit – es macht sehr viel Freude ihn zu lesen und sich in diese Zeit hinein zu versetzen. So wie eben das Leben tatsächlich spielen kann, so lebendig sind auch die Bücher von Carmen Korn.

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