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Veröffentlicht am 13.10.2020

Absolute Leseempfehlung

Ministry of Souls – Das Schattentor
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Inhalt:

Jack ist ein Soulman, ein Mitarbeiter des Ministerium für endgültige Angelegenheiten. Dieses ist ein interessanter Arbeitgeber, bei dem er zur Ausbildung angeheuert hat. Erst der Abschluss dieser ...

Inhalt:

Jack ist ein Soulman, ein Mitarbeiter des Ministerium für endgültige Angelegenheiten. Dieses ist ein interessanter Arbeitgeber, bei dem er zur Ausbildung angeheuert hat. Erst der Abschluss dieser Ausbildung qualifiziert dafür, die Seelen der Verstorbenen in die Zwischenwelt zu geleiten. Bis dahin muss sich Jack mit kleineren Hilfsarbeiten und Botengängen bescheiden.

Bald erhält Jack jedoch eine erste Chance, sich zu beweisen. Er versucht alles, um den Geist von Agatha, einer ziemlich eigenwilligen alten Dame, die in einem Haus voller Katzen gelebt hat, endlich einzufangen. Auch wenn Agatha offiziell als leichte Prüfungsaufgabe gesehen wird, so scheitert Jack immer wieder an dieser Herausforderung.

Das Schicksal fügt es jedoch für den jungen Soulman. Eines Tages ereignet sich ein großer Unfall am Bahnhof. Eine Dampflokomotive ist ungebremst in eine Gruppe Arbeiter gerast. Alle Mitarbeiter des Ministeriums sind im Einsatz. Nur Jack muss als Auszubildender im Ministerium die Stellung halten. Als dort eine Eilbotschaft eintrifft, ist guter Rat teuer. Jack ist der Last Man Standing.

Kurzerhand packt dieser seine Sachen und macht sich in den Buckingham Palace auf. Denn dort gab es einen Mord. Acht Leichen und entsprechend viele Geister. The Queen will not be amused, wenn nicht ein Soulman dorthin kommen und „aufräumen“ würde.

Als Jack am Tatort angelangt, ist schnelles Handeln gefragt, denn der Mörder scheint noch vor Ort. Es handelt sich um eine gefährliche Kreatur mit menschlichen Zügen. Jack rettet, was zu retten ist und begeht dabei einen großen Fehler: Er bricht eines der wichtigsten Gesetze der Soulman und transportiert versehentlich eine lebende Person „auf die andere Seite“.

Natürlich versucht er das zu vertuschen und erzählt seinem Chef nichts von dem Missgeschick. Er wird befördert. Doch die Vergangenheit holt ihn ein. Jack muss seinen Fauxpas ausbügeln, denn ansonsten droht die Zwischenwelt auseinanderzubrechen. Nicht zu vergessen, dass draußen immer noch ein Mörder frei herumläuft und ganz nebenbei gilt es auch noch, eine eigenwillige Prinzessin zu retten.



Meinung:

Bei „Ministry of Souls – Das Schattentor“ handelt es sich um einen Reihenauftakt. Die Geschichte spielt in London im Jahre 1850. Als Leser begleiten wir den jungen und noch recht unerfahrenen Soulman Jack durch ein fantastisches Abenteuer.

Jack gerät eher unfreiwillig von einer schrägen Situation in die nächste. Eigentlich hat er genug mit seiner Prüfungsaufgabe zu tun, die alte Agatha einzufangen, die noch gar keine Lust hat, den Weg in die Zwischenwelt anzutreten. Doch ein Zufall will es, dass er in den Buckingham Palace gerufen wird. Eine spontan getroffene Entscheidung verhilft ihm zwar zu einer Beförderung, doch hat Jack in der Folge auch einige Probleme am Hacken.

Denn bei den Leichen, die er dort vorfindet, handelt es sich nicht um irgendwen, sondern um Staatsgäste der Königin. Darunter befindet sich auch eine Prinzessin, die sich zwar nicht der besten Gesundheit erfreut, aber auch nicht so tot ist, wie sie es hätte sein müssen, um den Weg auf die andere Seite anzutreten.

Jack muss den Fehler möglichst diskret ausbügeln und dafür sorgen, dass der Schaden nicht bekannt (oder zumindest nicht allzu groß) wird. Doch das ist nicht so einfach, denn die Zwischenwelt ist komplex. Wer nicht aufpasst, kann hier schnell verlorengehen. Als Hilfsmittel kann der junge Soulman nur auf seinen Verstand (nicht immer die schärfste Waffe), einen Kompass, der ihn davor bewahren soll auf der anderen Seite verloren zu gehen (hier hat Jack leider bei der Erläuterung der Funktionen ein wenig geträumt), eine Uhr, die ihm helfen soll, die ihm zur Verfügung stehende Zeit von einer Stunde in der Zwischenwelt auf keinen Fall zu überschreiten und einen Archivar (der irgendwie doch recht chaotisch daherkommt) zurückgreifen.

Jack schafft neue Probleme, statt alte zu lösen und lässt sich auf eine Geisterbeschwörung ein. Ergebnis ist ein teuflischer Pakt. Gemeinsam mit seinem Freund Oz, der neunmalklug das Geschehen kommentiert, stürzt sich der Soulman ins Abenteuer. Hier gelingt es Akram El-Bahay wunderbare Momente einzufangen. Humorvoll akzentuiert, mit einem leichten Augenzwinkern, führt das Duo den Leser durch die Seiten.

Akram El-Bahay weiß zu unterhalten. Das hat er schon in vorherigen Werken bewiesen. So kommt an keiner Stelle der Geschichte Langeweile auf.



Fazit:

Ein gelungener Reihenauftakt weckt immer auch Erwartungen: Die weiteren Teile sollen das Niveau nicht nur halten, sondern nach Möglichkeit noch steigern. Mit „Ministry of Souls – Das Schattentor“ legt Akram El-Bahay die Latte für seine Nachfolger enorm hoch.

Da gibt es diesen vermeintlich "schwachen", ja chaotischen, Helden. Eine emanzipierte Prinzessin, die einer Fantasy-Parodie entsprungen sein könnte und viele weitere kreative Ideen, die allesamt dem Prinzip "never follow the crowd" zu folgen scheinen, und, soweit ich dies beurteilen kann, absolut neu sind. Akram El-Bahay hat Lust am Spaßigen, und diese Lust überträgt sich auf die Leser.

Perfekt daher für düstere und kalten Herbstlesetage.



Buchzitate:

Das Licht der Gaslaternen floss wie zerlaufene Milch in den Nebel, während Jack mit schnellen Schritten über die Brücke ging, die Ledertasche mit den Phiolen unter den Arm geklemmt.

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Veröffentlicht am 06.10.2020

Überzeugt auf jeder Seite

Zeichnen – Ganz easy – Dein 30-Tage-Workshop
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Inhalt:

Mit ihrem neuen Buch, „Zeichnen ganz easy – Dein-30-Tage-Workshop“, verspricht Anne Kubik dem Leser einen kurzweiligen 30 Tage Workshop. Peu à peu werden Grundlagen, dann erste Übungen mit kleinen ...

Inhalt:

Mit ihrem neuen Buch, „Zeichnen ganz easy – Dein-30-Tage-Workshop“, verspricht Anne Kubik dem Leser einen kurzweiligen 30 Tage Workshop. Peu à peu werden Grundlagen, dann erste Übungen mit kleinen Zwischenstopps vermittelt. So entsteht mit ein wenig Kunstfertigkeit ein vollendetes Werk, das sich sehen lassen kann.

Bei minimalem Materialaufwand lässt sich ein tolles Ergebnis erzielen. Ein Bleistift, Papier, Anspitzer, Radiergummi sowie ein guter Fineliner sind die Grundlagen, mit denen sich die Bilder ins Werk setzen lassen. Ein wenig Farbe schadet dem Motiv natürlich nicht. Anne Kubik bevorzugt hier Aquarellfarben.
Eigene Meinung:

Von Anne Kubik habe ich bereits ein Buch im Regal stehen. Die Künstlerin verfolgt einen Zeichenstil, der mir unglaublich gut gefällt. Neben den schönen Motiven spricht mich auch die Philosophie der Autorin, mit möglichst wenig Materialien ans Werk zu schreiten, an.

Dabei bietet das Buch eine optimale Breite und Varianz an Möglichkeiten, sich gemäß individuellen Vorstellungen zu verwirklichen. So findet man im Buch Aufgaben, die lediglich mit dem Fineliner gezeichnet wurden. Andere Bilder bekommen mit Hilfe von Aquarellfarben Farbtupfer verpasst. Anne Kubik weist darauf hin, dass nicht jedes Motiv perfekt ausgemalt werden muss. Ganz im Gegenteil: Der von der Autorin favorisierte „Messy-Style“ zeigt, dass grob ausgemalte Flächen und Farbspritzer dem Bild das gewisse Etwas verleihen können.

Neben schönen Tiermotiven findet der Leser in „Zeichnen ganz easy“ Schritt-für-Schritt-Anleitungen für Pflanzen, Blumenkränze, Gegenstände (wie z.B. einen Rucksack oder eine Retrokamera) und süße Leckereien (Torte, Eis u.ä.). Ganz nebenbei zeigt die Autorin, wie man fertige Bilder letztlich als Handyhintergrund, Grußkarte oder im Bullet Journal zur Geltung bringen kann.

Neben ausführlichen und schön bebilderten Schritt-für-Schritt-Anleitungen, die den angehenden Künstler beim Fertigen eines schönen Endmotives an die Hand nehmen, findet man in diesem Buch auch eine Expertise der Autorin zum Thema Materialien und einen Exkurs ins Thema Kolorieren. In einem Kapitel erklärt Anne Kubik, wie man eine Zeichnung am besten aufbaut. Die Kernfrage lautet hier: Wie gelangt man Schritt für Schritt von der Skizze zum fertigen Motiv?

Sehr angesprochen hat mich in diesem Buch das Kapitel zum Thema „mit Schraffuren Flächen und Texturen erschaffen und dem Motiv Lebendigkeit und Tiefe verleihen“. Am einfachen Motiv (Blätter) lernt der Leser schnell, wie unterschiedliche Strich- und Punktvariationen einem Bild nicht nur mehr Leben einhauchen können, sondern zugleich für mehr Individualität sorgen.

Ein Exkurs zum Thema mit Formen, Farben und Mustern experimentieren zeigt anhand eines Pilzes, wie unterschiedliche Farbvarianzen (Messy-Style, aquarellierter Hintergrund oder akkurate Zeichnung) oder auch ein Wechsel mit Mustern sowie eine leichte Abwandlung in der Form dem Bild einen völlig neuen Charakter verleihen können.

Einen eigenen Abschnitt im Buch bekommt das Thema Single Lines zeichnen. Hierbei handelt es sich um einen minimalistischen Zeichenstil, bei dem das Motiv in einer durchgängigen Linie gemalt wird. Der Stift sollte hierbei weder abgesetzt noch auf einem bereits gezeichneten Strich zurückgeführt werden. Ein Kasten mit Do's & Don'ts hilft neben anleitenden Worten der Autorin diese Technik zu verstehen und gekonnt umzusetzen.
Fazit:

Anne Kubik wusste mich auch mit ihrem neuen Buch, „Zeichnen ganz easy“, erneut vollauf zu begeistern. Angesprochen hat mich erneut die große Varianz der Zeichenstile sowie die Philosophie der Autorin, die mit geringem oder zumindest vertretbarem Materialaufwand für beeindruckende Ergebnisse sorgt und einen niedrigschwelligen Zugang ermöglicht.

Neben Schritt-für-Schritt-Anleitungen bekommt der Leser in diesem Buch anhand kurzer Kapitel und kleiner Exkurse hilfreiche Tipps und Tricks vermittelt. Besonders gefallen hat mir das Kapitel zum Thema Texturen. Mit wenigen Strich- und Punktvariationen kann man einem Bild viel mehr Lebendigkeit verleihen.

Ein kleines Highlight bietet das Extrakapitel zum Thema Single Lines. Eine Technik, die einem Bild einen eigenartigen, besonderen Charme verleiht und die bereits Picasso für einige seiner Motive genutzt hat.

Anne Kubik hat mit „Zeichnen ganz easy“ ein Buch geschrieben, das auf jeder Seite überzeugt. Wer sich für einen comicartigen-Zeichenstil begeistern lässt und gerne spielerisch an das Thema Zeichnen herangeführt werden möchte, zugleich aber auch lehrreiche Anleitungen, die sich aufs Wesentliche beschränken, zu schätzen weiß, wird mit diesem neuen Werk der Autorin voll auf seine Kosten kommen.

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Veröffentlicht am 29.09.2020

Sogar noch besser als der Reihenauftakt

Vortex – Das Mädchen, das die Zeit durchbrach
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Für Leserinnen und Leser, die den Reihenauftakt „Vortex – Der Tag, an dem die Welt zerriss“ noch nichts gelesen haben, beginnt diese Besprechung mit einem Spoiler.

Inhalt:

Nachdem Bale und Elaine einen ...

Für Leserinnen und Leser, die den Reihenauftakt „Vortex – Der Tag, an dem die Welt zerriss“ noch nichts gelesen haben, beginnt diese Besprechung mit einem Spoiler.

Inhalt:

Nachdem Bale und Elaine einen Großteil der Zonengebiete geöffnet und die Vermengten freigelassen hatten, waren die umliegenden Städte nicht mehr sicher. Bale und Elaine hatten in Sanktum Schutz vor dem Kuratorium und dessen Leiter Hawthorne gesucht.

Hawthorne wollte den Urvortex vernichten und so den Lauf der letzten achtzig Jahre auf den Kopf stellen, was die Existenz aller Vermengten aus der Zeitlinie gestrichen hätte.

Durch einen Stick, der in die Hände der Grunder gelangt ist, und auf dem sich eine Aufzeichnung einer Konferenz der Kuratoriumsleiter befand, erfahren Elaine und ihre Freunde nunmehr von einem mysteriösen Projekt namens Aeolus und der Weiterentwicklung der Nullsensoren.

Das Kuratorium scheint einen neuen Plan zu haben, die Zeitlinie zu ihren Gunsten zu verändern und die Existenz der Vermengten auszulöschen.



Meinung:

Nach der Freilassung der Vermengten, haben sich die verschiedenen Gruppierungen noch weiter radikalisiert. Das Grüne Beben plant genauso wie Der Rote Sturm einen Schlag gegen die Menschen, die sie über die Jahre hinweg unterdrückt hatten.

Aber auch das Kuratorium hat weiter an seinen Plänen gearbeitet. Die Informationen, die sich auf dem Stick befinden, verraten, dass sich mittlerweile alle Kuratoriumsleiter Hawthorne angeschlossen haben. Die Situation hat sich soweit zugespitzt, dass ein Krieg unvermeidbar erscheint.

Die Geschichte wird weiterhin aus der Perspektive von Elaine erzählt, einer Läuferin, die einst für das und nunmehr gegen das Kuratorium kämpft. Elaine ist ein selbstloser Charakter. Sie zögert nicht, ihr Leben für diejenigen aufs Spiel zu setzen, die ihr am Herzen liegen.
Per se - eine wunderbare Charaktereigenschaft, die sich im zweiten Band oft manifestiert.

In Band zwei bricht Elaine gemeinsam mit Luka, Bale, Susie und Fagus auf, um Hawthornes Pläne zu vereiteln. Das Buch hält sich lange mit der Etablierung der Gruppendynamik auf und schenkt dem Leser hier einige schöne Lesemomente. Anna Benning gelingt es erneut komplexe Charaktere in den Mittelpunkt der Geschichte zu stellen.

Lag der Fokus im ersten Teil dieser Reihe noch auf den Grundern, so stellt uns Anna Benning in Band zwei das „Wasservolk“ - die Schwimmer – genauer vor. Auch die neuen Figuren sind bis zur Unwichtigsten von ihnen minutiös und detailliert ausgearbeitet, ohne dass dabei die Fortführung der Geschichte aus dem Fokus gerät.

Hier gibt es z.B. Mikoorganismen, die sich an den Körper eines Lebewesens heften und je nach Stimmung des Trägers ihre Farbe verändern. Ein Schauspiel, das - ich zitiere Elaine – an das Verhalten eines Stimmungsrings erinnert.

Im weiteren Verlauf der Geschichte müssen Elaine und ihre Freunde erneut in der Zeit reisen. Dieser „Ausflug“, soviel kann ich verraten, wird zwar abenteuerlich verlaufen, aber tragisch enden.

Gerade im letzten Teil des Buches beobachte man die Figuren auf ihrem Leidensweg, ehe das Chaos ausbricht - und das an gleich an mehreren Fronten.



Fazit:

"Vortex – Das Mädchen, das die Zeit durchbrach" treibt den durch den Vorgänger ohnehin bereits bis zum Anschlag gespannten Spannungsbogen noch weiter.

Anna Benning Buch ist für ihre Leser eine tour d'horizon durch ihre Fantasywelt, für ihre Figuren allerdings eine tour de force.

Es bringt den Leser zum Staunen und Mitleiden. Kein schwaches Mitleiden, sondern echte Anteilnahme, die einen das Buch nicht mehr aus der Hand legen lässt.

Die Geschichte endet mit einem kinoreifen Cliffhanger, der einen mit dem Wunsch einer Zeitreise zum Erscheinungsdatum des dritten Bandes (Frühjahr 2021) zurücklässt.



Buchzitate:

Meine Mutter hatte früher immer zu mir gesagt, ein richtiger Nachthimmel, der nicht vom Smog der Großstadt überlagert war, sehe aus, als hätte ein Maler jeden Millimeter mit weißen Farbspritzern bedeckt.

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Veröffentlicht am 03.09.2020

Positive Überraschung

Insel der Waisen
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Inhalt:

Jinny lebt gemeinsam mit acht weiteren Kindern auf einer kleinen paradisischen Insel.

Exotische Früchte hängen an den Bäumen, es gibt keine gefährlichen Tiere, jeder Bewohner hat seine Aufgabe, ...

Inhalt:

Jinny lebt gemeinsam mit acht weiteren Kindern auf einer kleinen paradisischen Insel.

Exotische Früchte hängen an den Bäumen, es gibt keine gefährlichen Tiere, jeder Bewohner hat seine Aufgabe, die zum täglichen Überleben der Gemeinschaft beiträgt. Kurzum: Ein kleiner Garten Eden, dessen Gesellschaft jedoch einmal im Jahr in ihren Grundfesten erschüttert - und gefordert wird.

An diesem einen Tag im Jahr legt ein grünes Boot mit einem Kind an Bord am Strand an. Das ist der Zeitpunkt, an dem es für einen der Inselbewohner – nämlich den Ältesten der Gruppe - Abschiednehmen heißt. Ein Austausch findet statt, bei dem ein neuer Ältester gekürt wird, der sich fortan um das in eben diesem Boot angespülte Kleinkind kümmern muss.

In diesem Jahr ist Jinny an der Reihe ihren Job als Mentor anzutreten. Als sie das erste Mal einen Blick auf das weinende Mädchen, das sich kurzerhand als Ess vorstellt, wirft, überkommen sie ihre Emotionen. Nicht nur, dass sie den Verlust ihres besten Freundes zu beklagen hat, auch muss sie nun, selbst noch ein Kind, die Verantwortung für eine andere Person übernehmen.



Meinung:

Laurel Snyder greift in ihrem Buch „Insel der Waisen“ einige sehr interessante Themen auf. Erzählt wird die Geschichte aus Sicht von Jinny, die von einem Tag auf den anderen lernen muss, wie es ist, sich um ein kleines Kind kümmern zu müssen. Die kleine Ess wirkt bei ihrer Ankunft verstört, verwirrt und verängstigt. Hinzu kommt, dass sie die wichtigsten Regeln, die jeder Inselbewohner kennen sollte, noch nicht verinnerlicht hat. Jinny muss dem Kind also einiges beibringen und gerät dabei nicht selten an die Grenzen ihrer Belastbarkeit.

Der Fokus des Buches liegt ganz eindeutig auf der Thematik Kindererziehung. Jinny durchlebt während der Erziehung ihres Mündels jedoch ebenfalls eine innere Entwicklung. Sie lernt ihre eigene Ungeduld zu zügeln und somit zugleich auch über sich hinauszuwachsen. Das alles arbeitet Laurel Snyder schlüssig und gut nachvollziehbar heraus.

Laura Snyder beleuchtet das Motiv des „Abschied-Nehmens“ aus verschiedenen Perspektiven. So muss Jinny sich fragen, ob sie bereit ist, ihrem Mentor Deen (der Letzte, der gegangen ist) nachzueifern. Möchte sie die Menschen, die sie liebgewonnen hat, verlassen oder bleiben. Letzteres um den Preis, die vorgegebenen Regeln, die auf der Insel herrschen, zu durchbrechen. Welche Folgen könnte solch eine Entscheidung mit sich bringen? Jinny muss das Für und Wider ihrer Handlungsalternativen abwägen.

Während der Erziehung von Ess lernt Jinny, dass vor allem Freundschaft, Mitgefühl, Willensstärke und Teamwork wichtig für eine gute Gruppe sind. So wird Jinny stets von ihren Freunden begleitet, die immer dann einspringen, wenn das Mädchen an ihre Grenzen gerät.

Letztendlich überzeugen auch bei diesem Buch die sympathische Charaktere.

Die zielorientierte und pragmatisch denkende Joon, der stoische Ben. Und über allen, die kleine Ess, die vor allem durch ihren liebenswerten Charakter begeistert.

Mit dem Ende des Buches setzt Laurel Snyder ein Highlight, der das Buch zu einem Schatz im Bücherregal werden lässt.



Fazit:

Laurel Snyder schreibt mit „Insel der Waisen“ ohne religiösen Tenor eine moderne Variante der biblischen Vertreibung aus dem Paradies. Dabei schafft es die Autorin, nicht nur glaubhafte und sympathische Charaktere zu zeichnen, sondern auch authentisch Gruppendynamiken zu thematisieren.

Das Ende ist von unglaublicher Eindringlichkeit, die nachwirkt und festhält.

Für mich eine Empfehlung für Menschen, die sich für frühkindliche Entwicklung interessieren oder mit dem Thema Abschiednehmen konfrontiert sind.

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Veröffentlicht am 29.07.2020

Eines der besten Bücher, die ich in diesem Jahr gelesen habe

Girl running, Boy falling
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Inhalt:

Reseys Alltag ist mehr durchgetaktet denn je. Sie arbeitet bei Woolworth, spielt die Hauptrolle in einem Musical und die erste Klarinette im Schulorchester. Sie liest gerne Gedichte, backt mit ...

Inhalt:

Reseys Alltag ist mehr durchgetaktet denn je. Sie arbeitet bei Woolworth, spielt die Hauptrolle in einem Musical und die erste Klarinette im Schulorchester. Sie liest gerne Gedichte, backt mit großer Kunstfertigkeit und hilft in der Mensa aus. Sie ist jemand, die alle Rollen in sich vereint. Sie ist der Footballfan, die beste Freundin und die Nichte. Doch hinter all diesen Facetten verbirgt sich eine Jugendliche, die sich nach der Aufmerksamkeit der Mutter sehnt, die sie verlassen hat.

Wenn Resey auf der Arbeit ist, dann versteht sie sich gut mit ihren Kollegen. Sie hat Freunde, die zu ihr stehen und eine Tante, die vielleicht ein wenig verrückt ist, aber alles tun würde, um Resey glücklich zu machen. Und dann gibt es da noch diesen Jungen, Wally, den Footballstar an der Schule. Der Junge, der ihr damals das Versprechen abgenommen hat, dass sie sich fortan um ihn kümmern würde.

Mit Wally ist die Welt ein wenig anders. Er ist der ewig begehrte und niemals erreichbare Footballstar, hinter dessen Fassade nur sie blicken kann. Ihr gegenüber zeigt er sich als Feingeist mit Gespür für die schönen Künste. So teilt er mit Resey seine Vorliebe für Gedichte. Und Resey verliebt sich nach und nach immer mehr in ihn.

Resey hat sich noch nie getraut aus ihrer Komfortzone auszubrechen. Spaß zu haben, etwas Verrücktes zu machen. Dann gibt es diesen einen Kuss im Schuppen und Resey glaubt, dass Wally sie auch liebt. Doch die Tage darauf meldet er sich nicht bei ihr und dann passiert das Schlimmste, was Resey sich jemals hätte vorstellen können: Tante Kath holt sie von der Schule ab und ihr Blick ist voller Mitleid und Trauer. Und dann spricht sie das aus, was Resey den Boden von einer Sekunde zur anderen unter den Füßen wegreißen wird: Wally hat sich das Leben genommen.



Meinung:

Kate Gordon hat ein wunderbares Gespür für skurrile Figuren, die einem schnell ans Herz wachsen. Resey hat eine Menge Freunde, die ihr zur Seite stehen und so ungewöhnlich wie erfrischend daherkommen.

Es gibt hier zum Beispiel Melody, ihre beste Freundin, die als bekennende Feministin versucht andere zu missionieren und die leidenschaftlich gerne ihre Mitmenschen therapiert. Es gibt Rhino, Reseys Arbeitskollegen, der ihr ständig mit Tigerwitzen in den Ohren liegt. Und Roz, die sich zu Hause den strengen Regeln ihrer Eltern unterordnen muss und nur bei ihren Freunden ein Stück weit „loslassen“ und sich entspannen kann.

Es gibt diese Bücher, zu denen „Girl running, Boy falling“ gehört, deren Brillanz eine Leseerfahrung ist, die durch eine Inhaltsangabe nicht transparent werden kann.

Kate Gordon gelingt es in „Girl running, Boy falling“ den Leser auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle mitzunehmen. Denn die Geschichte legt, sofern es überhaupt möglich ist, ab dem großen Wendepunkt erst richtig los. Ab diesem Moment greift die Autorin das Thema Trauerbewältigung auf. Sie vermittelt dem Leser mit ihrer Geschichte, die Botschaft, dass Menschen unterschiedlich auf ein einschneidendes Ereignis reagieren können und dass das auch gut so ist. Man muss nicht diesen einen Weg gehen, der sich für viele bewährt hat, um wieder in den Alltag zurückzufinden und auf eine Weise wieder glücklich zu werden. Zugleich greift Kate Gordon in ihrem Buch das Thema Freundschaft auf. Resey begegnet in ihrem Leben unglaublich vielen tollen Menschen und jeder ist auf seine eigene Art einzigartig und besonders.

Neben Trauerbewältigung behandelt Girl running, Boy falling außerdem das Thema Depressionen. Besonders gefreut habe ich mich über die Auflistung an Hotlines und Hilfeseiten am Ende des Buches, an die sich Jugendliche mit ähnlichen Problemen wenden können.



Fazit:

„Girl running, Boy falling“ ist so vieles: Traurig, lustig, ein Umgang-mit-Trauer- und Depression Buch, vor allem aber ist es unglaublich berührend. Die Story geht ans Herz und scheint aus dem "wahren Leben" zu kommen.

All die Figuren, die Resey durch ihr Leben begleiten, sind liebevoll gestaltet und kommen mit ihren Schrulligkeiten unglaublich originell daher.

Kate Gordons Geschichte gleicht einer Achterbahnfahrt der Gefühle: Zwischen lachen, weinen und staunen.

Mich hat „Girl running, Boy falling“ auf so vielen Ebenen berührt. Diese Geschichte ist so facettenreich wie ihre Figuren. Es ist auch erstaunlich, wie viel an Erkenntniswert in dem schmalen Buch enthalten ist Dieses Buch sollte in jedem Buchregal stehen. Eines der besten Bücher, die ich in diesem Jahr gelesen habe.



Buchzitate:

Du bist immer noch ein Kind, Tiger. Du hast es nur vergessen.

Du siehst deprimiert aus. Aber keine Sorge. Wenn ich groß bin, werde ich Psychologin. Ich krieg dich schon wieder hin.

Melody isst, wie sie lebt – sie pflückt alles auseinander und untersucht die Einzelteile, dann zieht sie eine Schicht nach der anderen ab und schaut, was sich darunter verbirgt.

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