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Veröffentlicht am 30.09.2020

Ein ganz passabler Auftakt einer Dilogie, deren Fortsetzung ich nicht unbedingt lesen muss.

Chroniken der Dämmerung 1: Moonlight Touch
0

"Dieser Palast birgt nicht nur Schönheit. Er birgt auch viele Gefahren. Wenn du dich entscheidest, zu bleiben, wird das wahrscheinlich das größte Abendteuer deines Lebens. Aber nicht jeder ist dazu geboren, ...

"Dieser Palast birgt nicht nur Schönheit. Er birgt auch viele Gefahren. Wenn du dich entscheidest, zu bleiben, wird das wahrscheinlich das größte Abendteuer deines Lebens. Aber nicht jeder ist dazu geboren, Abenteuer zu erleben. Nicht jedem ist genug Mut gegeben."


Der Ravensburger Verlag ist ja mittlerweile bekannt für seine wunderschönen Fantasy-Cover, bei "Moonlight Touch" haben sich die GestalterInnen aber nochmal selbst übertroffen. Das metallic-graue Cover mit den glänzenden Tropfen, der erhabenen Schrift und dem blassen Mädchen in Abendgarderobe ist einfach ein absoluter Hingucker! Umso mehr hat es mich gefreut, dass ich bei der Bloggeraktion mitmachen durfte und neben dem Leseexemplar ein ganzes Paket voller Goodies wie Lesezeichen, einem Notizbuch, einer Landkarte, Aufkleber, farbigen Steinen und Postkarten erhalten habe. Auch das Innere des Buches kann mit tollen Extras wie mit Tropfen verzierte Kapitelanfänge, einer roten Karte und einem bedruckten Buchdeckel unter dem Schutzumschlag aufwarten. Leider konnte mich der wirkliche Inhalt, die Geschichte, jedoch lange nicht so beeindrucken wie die Gestaltung...


Erster Satz: "Das Herrenhaus des Barons von Embran glich einem Schloss."


Wir lernen unsere Protagonistin Sheera auf einem ihrer diebischen Streifzüge kennen, mit denen sie neben ihrer harmlosen Arbeit auf dem Markt ein bisschen Geld dazuverdient. Als geächtete Nachtalbe erfüllt sie damit das Klischee einer gefährlichen Wilden, wie sie von den Hochalben verachtet und ausgestoßen leben. Als sie bei ihrer Rückkehr in ihr Dorf durch die brutalen Blutalben gefangen genommen und in die Hauptstadt Haran gebracht wird, ist sie nicht überrascht. Doch statt für ihre Taten hingerichtet zu werden, offenbart man ihr, dass sie eine der zehn von Göttin Muraya auserwählten Anwärterinnen auf den Thron ist. Obwohl sie an eine Verschwörung glaubt und ihr überall Argwohn und Abscheu entgegenschlagen, legt sie sich bei den gestellten Aufgaben ins Zeug, um für das Ansehen der Nachtalben zu kämpfen...


"Weil die grauen Priester hörten, wie Muraya deinen Namen im Rauschen der Wasserfälle flüsterte, und weil du womöglich die sein wirst, die Farhir in eine neue Ära führt. Du bist auserwählt, Sheera Abendhauch. Auf dich wartet ein Schicksal, das du dir nicht einmal in deinen kühnsten Träumen hättest vorstellen können."


Während Sheera sich den Palastintrigen und den gefährlichen Missionen stellt, treffen wir im benachbarten Amberan, dem Menschenreich, auf den Menschenprinzen Lysander, der ganz eigene Probleme hat. Zuerst verstößt sein Vater seine große Liebe Amelia, dann muss er sich verletzt einem tödlichen Turnier stellen und zur Krönung erwischt er auch noch ein zierliches, blasses Mädchen dabei, wie sie versucht, den wertvollen Dämmerstein zu stehlen. Dass er die dunkelhaarige Schönheit nicht unterschätzen darf, bemerkt er erst, als sie ihn kurzerhand entführt und in ein fremdes Land voller Magie, Blut und Tod mitnimmt...


"Am heutigen Tag entscheidest du nicht nur über dein Schicksal, Lysander", erklärte ihm sein Lehrmeister. Er packte Lysander bei den Schultern und schaute ihm direkt ins Gesicht. "Du entscheidest über das des ganzen Königreichs."


Jennifer Alice Jager hat den Einstieg in ihre Geschichte actionreich und packend gestaltet, sodass man sich sofort zusammen mit dem beiden Protagonistin in den beiden Reichen Amberan und Farhir befindet und aufmerksam verfolgt, wie ihre beiden Wege sich auf ein Treffen vorbereiten. Nach starken 50 Seiten lässt die Spannung dann aber leider wieder nach und die Geschichte rutscht sehr in die typischen Schienen eines Jugendfantasy-Romans. Es werden Intrigen gesponnen, es gibt viele Irrungen und Wirrungen, gestellte Aufgaben, eine Rebellion wird geplant und wir bewegen uns in den vorhersehbaren Kreisen des gewohnten Ablaufs. Zum gewohnten Ablauf gesellen sich viele Fantasy Klischees: der Kampf um den Thron, die perfekte Rivalin, zickige Anwärterinnen, der böse aber gutaussehende Gegenspieler, die erwählte Außenseiterin und der Feind, der zum Freund wird... Es hätte der Geschichte meiner Meinung nach besser gestanden, das besondere Setting und die spannenden Protagonisten mehr auszukosten, als die Story in bereits bekannte Formen zu pressen.


"So lange schon führte ich zwei Leben. Eines bei Tag und eines bei Nacht. Und ich hatte alles dafür getan, beides fein säuberlich voneinander getrennt zu halten, um die wenigen mir Nahestehenden nicht zu verletzten. Doch nun hing so viel mehr davon ab. (...) Es ging nicht mehr nur um mich. Es ging um das Ansehen aller Nachtalben und all jener, in deren Adern unser Erbe floss."


Dazu kommt, dass viele dieser genannten Aspekte nur grob angerissen werden, im Endeffekt aber nur eine Nebenrolle spielen. So werden zum Beispiel die Anwärterinnen auf den Thron bis auf drei noch nicht mal namentlich genannt und Sheeras Leben am Hof, ihre Reise durchs Land und die Aufgaben der anderen Mädchen ziehen durch große Zeitsprünge recht flott am Leser vorbei. Dabei haben mir vor allem der Dämmerwald und all die enthaltenen Geheimnisse, genau wie andere innovative Ideen des Settings sehr gut gefallen und ich hätte gerne noch mehr von den Nachtalben, der Göttin Muraya und der Geschichte der beiden Reiche gelesen. Auch die innerpalästliche Verschwörung war ein spannender Zusatz, wurde aber leider von Anfang an so klar angedeutet, dass ich kaum mehr, von einer nennenswerten "Wendung" sprechen möchte. Dabei wäre hier an allen Ecken und Enden Potential für ein wirklich interessantes Spannungsgefüge gewesen. Ein weiterer Punkt, den es sich auszubauen gelohnt hätte, ist die Frage nach der Magie, die hier in einigen Szenen kurz auftaucht, ansonsten aber keine tragende Rolle spielt. Vielleicht will die Autorin die Geschichte des Landes, die Hintergründe der Magie und Eckdaten ihres Setings noch im Finale der Dilogie vertiefen, hier sind mir für meinen Geschmack aber viel zu viele offene Fäden und unbeantwortete Fragen unter der oberflächlichen Spannung zu finden.


"Ich weiß nicht, was das zwischen uns ist." Sein Blick wanderte über meinen Körper, hinauf zu meinen Lippen und blieb für einen Moment an ihnen hängen, bevor er mir direkt in die Augen schaute. "Und ich weiß nicht, ob du es ebenfalls spürst. Aber es war da, vom Augenblick unserer ersten Begegnung an. Und es macht mich zugleich schwach und stärker denn je."


Die beiden Protagonisten sind wie bereits erwähnt, sehr interessant konzipiert. Erzählt wird abwechselnd aus der Ich-Perspektive der Nachtalbe Sheera und der personalen Erzählperspektive des Kronprinzen des Menschenreichs Lysander. Durch die geteilte Erzählperspektive bekommen wir nicht nur einen (wenn auch kurzen) Einblick in die beiden benachbarten Reiche, das Albenreich und das Menschenreich, und deren Beziehung zueinander, sondern auch einen netten Eindruck der beiden so unterschiedlichen Charaktere. Das Unwort "nett" wähle ich hier absichtlich, da die beiden leider sehr blass bleiben und sich nach der anfänglichen Vorstellung nur wenig weiterentwickeln. Lysander ist und bleibt sehr naiv, während Sheera oftmals hochmütig und leichtsinnig reagiert. Die einzige in meinen Augen wirklich runde Person ist Sheelas Rivalin Mayla, die mich aufgrund ihrer grandlinigen aber doch undurchschaubaren Art fasziniert hat.


"Mein Blick wanderte über sein Gesicht, die vollen Wimpern, seine schmalen, blassen Lippen und die weichen Züge in diesem doch eigentlich so rauen, kantigen Menschenantlitz. Er war alles, nur nicht das, was man mir mein Leben lang über Menschen erzählt hatte. Weder war sein Herz aus Stein, noch schienen sich seine Gedanken nur um das Vergießen von Blut zu drehen."


Was mich an dieser Geschichte jedoch am allermeisten enttäuscht hat, sind nicht die etwas blutleeren Protagonisten, der gewohnte Ablauf, die Fantasy-Klischees oder die offenen Fragen sondern die geringe emotionale Nähe zu den Protagonisten. Trotz, dass mir Jennifer Alice Jagers Schreibstil mit jeder Seite besser gefallen hat, liest man hier wie durch ein Fernrohr: man fühlt kaum etwas und ist nur stiller Beobachter der Geschehnisse aus der Ferne. Das sorgt leider dafür, dass die Geschichte trotz spannender Handlung einfach nicht besonders mitreißend und packend war. Das ändert sich auch nicht mehr, als die Handlung gegen Ende nochmal rasant an Fahrt aufnimmt, endlich bekannte Wege verlässt und sich die Ereignisse auf den letzten 30 Seiten praktisch überschlagen. Auch nach dem Cliffhanger, der so gemein war, dass die Geschichte fast unvollständig wirkt, ist mein Verlangen nach der Fortsetzung also zwar da, aber nicht besonders drängend.


"Ich glaube an dich", sagte er und trat einen Schritt auf mich zu. "Ich weiß, dass mehr in dir steckt, als die meisten dieser Männer und Frauen in dem Saal hinter uns ahnen. Und ich will nicht, dass du aufgibst, bevor du es ihnen allen bewiesen hast."




Fazit:


Ein ganz passabler Auftakt einer Dilogie, deren Fortsetzung ich nicht unbedingt lesen muss. Etwas blutleere Protagonisten, ein typischer Ablauf, Fantasy-Klischees, eine Menge offener Fragen und die geringe emotionale Nähe zu den Figuren stehen der spannenden Grundidee, dem flüssigen Schreibstil und dem abwechslungsreichen Setting im Weg.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.09.2020

Ein ganz passabler Auftakt einer Dilogie, deren Fortsetzung ich nicht unbedingt lesen muss.

Chroniken der Dämmerung, Band 1: Moonlight Touch
0

"Dieser Palast birgt nicht nur Schönheit. Er birgt auch viele Gefahren. Wenn du dich entscheidest, zu bleiben, wird das wahrscheinlich das größte Abendteuer deines Lebens. Aber nicht jeder ist dazu geboren, ...

"Dieser Palast birgt nicht nur Schönheit. Er birgt auch viele Gefahren. Wenn du dich entscheidest, zu bleiben, wird das wahrscheinlich das größte Abendteuer deines Lebens. Aber nicht jeder ist dazu geboren, Abenteuer zu erleben. Nicht jedem ist genug Mut gegeben."


Der Ravensburger Verlag ist ja mittlerweile bekannt für seine wunderschönen Fantasy-Cover, bei "Moonlight Touch" haben sich die GestalterInnen aber nochmal selbst übertroffen. Das metallic-graue Cover mit den glänzenden Tropfen, der erhabenen Schrift und dem blassen Mädchen in Abendgarderobe ist einfach ein absoluter Hingucker! Umso mehr hat es mich gefreut, dass ich bei der Bloggeraktion mitmachen durfte und neben dem Leseexemplar ein ganzes Paket voller Goodies wie Lesezeichen, einem Notizbuch, einer Landkarte, Aufkleber, farbigen Steinen und Postkarten erhalten habe. Auch das Innere des Buches kann mit tollen Extras wie mit Tropfen verzierte Kapitelanfänge, einer roten Karte und einem bedruckten Buchdeckel unter dem Schutzumschlag aufwarten. Leider konnte mich der wirkliche Inhalt, die Geschichte, jedoch lange nicht so beeindrucken wie die Gestaltung...


Erster Satz: "Das Herrenhaus des Barons von Embran glich einem Schloss."


Wir lernen unsere Protagonistin Sheera auf einem ihrer diebischen Streifzüge kennen, mit denen sie neben ihrer harmlosen Arbeit auf dem Markt ein bisschen Geld dazuverdient. Als geächtete Nachtalbe erfüllt sie damit das Klischee einer gefährlichen Wilden, wie sie von den Hochalben verachtet und ausgestoßen leben. Als sie bei ihrer Rückkehr in ihr Dorf durch die brutalen Blutalben gefangen genommen und in die Hauptstadt Haran gebracht wird, ist sie nicht überrascht. Doch statt für ihre Taten hingerichtet zu werden, offenbart man ihr, dass sie eine der zehn von Göttin Muraya auserwählten Anwärterinnen auf den Thron ist. Obwohl sie an eine Verschwörung glaubt und ihr überall Argwohn und Abscheu entgegenschlagen, legt sie sich bei den gestellten Aufgaben ins Zeug, um für das Ansehen der Nachtalben zu kämpfen...


"Weil die grauen Priester hörten, wie Muraya deinen Namen im Rauschen der Wasserfälle flüsterte, und weil du womöglich die sein wirst, die Farhir in eine neue Ära führt. Du bist auserwählt, Sheera Abendhauch. Auf dich wartet ein Schicksal, das du dir nicht einmal in deinen kühnsten Träumen hättest vorstellen können."


Während Sheera sich den Palastintrigen und den gefährlichen Missionen stellt, treffen wir im benachbarten Amberan, dem Menschenreich, auf den Menschenprinzen Lysander, der ganz eigene Probleme hat. Zuerst verstößt sein Vater seine große Liebe Amelia, dann muss er sich verletzt einem tödlichen Turnier stellen und zur Krönung erwischt er auch noch ein zierliches, blasses Mädchen dabei, wie sie versucht, den wertvollen Dämmerstein zu stehlen. Dass er die dunkelhaarige Schönheit nicht unterschätzen darf, bemerkt er erst, als sie ihn kurzerhand entführt und in ein fremdes Land voller Magie, Blut und Tod mitnimmt...


"Am heutigen Tag entscheidest du nicht nur über dein Schicksal, Lysander", erklärte ihm sein Lehrmeister. Er packte Lysander bei den Schultern und schaute ihm direkt ins Gesicht. "Du entscheidest über das des ganzen Königreichs."


Jennifer Alice Jager hat den Einstieg in ihre Geschichte actionreich und packend gestaltet, sodass man sich sofort zusammen mit dem beiden Protagonistin in den beiden Reichen Amberan und Farhir befindet und aufmerksam verfolgt, wie ihre beiden Wege sich auf ein Treffen vorbereiten. Nach starken 50 Seiten lässt die Spannung dann aber leider wieder nach und die Geschichte rutscht sehr in die typischen Schienen eines Jugendfantasy-Romans. Es werden Intrigen gesponnen, es gibt viele Irrungen und Wirrungen, gestellte Aufgaben, eine Rebellion wird geplant und wir bewegen uns in den vorhersehbaren Kreisen des gewohnten Ablaufs. Zum gewohnten Ablauf gesellen sich viele Fantasy Klischees: der Kampf um den Thron, die perfekte Rivalin, zickige Anwärterinnen, der böse aber gutaussehende Gegenspieler, die erwählte Außenseiterin und der Feind, der zum Freund wird... Es hätte der Geschichte meiner Meinung nach besser gestanden, das besondere Setting und die spannenden Protagonisten mehr auszukosten, als die Story in bereits bekannte Formen zu pressen.


"So lange schon führte ich zwei Leben. Eines bei Tag und eines bei Nacht. Und ich hatte alles dafür getan, beides fein säuberlich voneinander getrennt zu halten, um die wenigen mir Nahestehenden nicht zu verletzten. Doch nun hing so viel mehr davon ab. (...) Es ging nicht mehr nur um mich. Es ging um das Ansehen aller Nachtalben und all jener, in deren Adern unser Erbe floss."


Dazu kommt, dass viele dieser genannten Aspekte nur grob angerissen werden, im Endeffekt aber nur eine Nebenrolle spielen. So werden zum Beispiel die Anwärterinnen auf den Thron bis auf drei noch nicht mal namentlich genannt und Sheeras Leben am Hof, ihre Reise durchs Land und die Aufgaben der anderen Mädchen ziehen durch große Zeitsprünge recht flott am Leser vorbei. Dabei haben mir vor allem der Dämmerwald und all die enthaltenen Geheimnisse, genau wie andere innovative Ideen des Settings sehr gut gefallen und ich hätte gerne noch mehr von den Nachtalben, der Göttin Muraya und der Geschichte der beiden Reiche gelesen. Auch die innerpalästliche Verschwörung war ein spannender Zusatz, wurde aber leider von Anfang an so klar angedeutet, dass ich kaum mehr, von einer nennenswerten "Wendung" sprechen möchte. Dabei wäre hier an allen Ecken und Enden Potential für ein wirklich interessantes Spannungsgefüge gewesen. Ein weiterer Punkt, den es sich auszubauen gelohnt hätte, ist die Frage nach der Magie, die hier in einigen Szenen kurz auftaucht, ansonsten aber keine tragende Rolle spielt. Vielleicht will die Autorin die Geschichte des Landes, die Hintergründe der Magie und Eckdaten ihres Setings noch im Finale der Dilogie vertiefen, hier sind mir für meinen Geschmack aber viel zu viele offene Fäden und unbeantwortete Fragen unter der oberflächlichen Spannung zu finden.


"Ich weiß nicht, was das zwischen uns ist." Sein Blick wanderte über meinen Körper, hinauf zu meinen Lippen und blieb für einen Moment an ihnen hängen, bevor er mir direkt in die Augen schaute. "Und ich weiß nicht, ob du es ebenfalls spürst. Aber es war da, vom Augenblick unserer ersten Begegnung an. Und es macht mich zugleich schwach und stärker denn je."


Die beiden Protagonisten sind wie bereits erwähnt, sehr interessant konzipiert. Erzählt wird abwechselnd aus der Ich-Perspektive der Nachtalbe Sheera und der personalen Erzählperspektive des Kronprinzen des Menschenreichs Lysander. Durch die geteilte Erzählperspektive bekommen wir nicht nur einen (wenn auch kurzen) Einblick in die beiden benachbarten Reiche, das Albenreich und das Menschenreich, und deren Beziehung zueinander, sondern auch einen netten Eindruck der beiden so unterschiedlichen Charaktere. Das Unwort "nett" wähle ich hier absichtlich, da die beiden leider sehr blass bleiben und sich nach der anfänglichen Vorstellung nur wenig weiterentwickeln. Lysander ist und bleibt sehr naiv, während Sheera oftmals hochmütig und leichtsinnig reagiert. Die einzige in meinen Augen wirklich runde Person ist Sheelas Rivalin Mayla, die mich aufgrund ihrer grandlinigen aber doch undurchschaubaren Art fasziniert hat.


"Mein Blick wanderte über sein Gesicht, die vollen Wimpern, seine schmalen, blassen Lippen und die weichen Züge in diesem doch eigentlich so rauen, kantigen Menschenantlitz. Er war alles, nur nicht das, was man mir mein Leben lang über Menschen erzählt hatte. Weder war sein Herz aus Stein, noch schienen sich seine Gedanken nur um das Vergießen von Blut zu drehen."


Was mich an dieser Geschichte jedoch am allermeisten enttäuscht hat, sind nicht die etwas blutleeren Protagonisten, der gewohnte Ablauf, die Fantasy-Klischees oder die offenen Fragen sondern die geringe emotionale Nähe zu den Protagonisten. Trotz, dass mir Jennifer Alice Jagers Schreibstil mit jeder Seite besser gefallen hat, liest man hier wie durch ein Fernrohr: man fühlt kaum etwas und ist nur stiller Beobachter der Geschehnisse aus der Ferne. Das sorgt leider dafür, dass die Geschichte trotz spannender Handlung einfach nicht besonders mitreißend und packend war. Das ändert sich auch nicht mehr, als die Handlung gegen Ende nochmal rasant an Fahrt aufnimmt, endlich bekannte Wege verlässt und sich die Ereignisse auf den letzten 30 Seiten praktisch überschlagen. Auch nach dem Cliffhanger, der so gemein war, dass die Geschichte fast unvollständig wirkt, ist mein Verlangen nach der Fortsetzung also zwar da, aber nicht besonders drängend.


"Ich glaube an dich", sagte er und trat einen Schritt auf mich zu. "Ich weiß, dass mehr in dir steckt, als die meisten dieser Männer und Frauen in dem Saal hinter uns ahnen. Und ich will nicht, dass du aufgibst, bevor du es ihnen allen bewiesen hast."




Fazit:


Ein ganz passabler Auftakt einer Dilogie, deren Fortsetzung ich nicht unbedingt lesen muss. Etwas blutleere Protagonisten, ein typischer Ablauf, Fantasy-Klischees, eine Menge offener Fragen und die geringe emotionale Nähe zu den Figuren stehen der spannenden Grundidee, dem flüssigen Schreibstil und dem abwechslungsreichen Setting im Weg.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.09.2020

Ein ganz passabler Auftakt einer Dilogie, deren Fortsetzung ich nicht unbedingt lesen muss.

Chroniken der Dämmerung, Band 1: Moonlight Touch
0

"Dieser Palast birgt nicht nur Schönheit. Er birgt auch viele Gefahren. Wenn du dich entscheidest, zu bleiben, wird das wahrscheinlich das größte Abendteuer deines Lebens. Aber nicht jeder ist dazu geboren, ...

"Dieser Palast birgt nicht nur Schönheit. Er birgt auch viele Gefahren. Wenn du dich entscheidest, zu bleiben, wird das wahrscheinlich das größte Abendteuer deines Lebens. Aber nicht jeder ist dazu geboren, Abenteuer zu erleben. Nicht jedem ist genug Mut gegeben."


Der Ravensburger Verlag ist ja mittlerweile bekannt für seine wunderschönen Fantasy-Cover, bei "Moonlight Touch" haben sich die GestalterInnen aber nochmal selbst übertroffen. Das metallic-graue Cover mit den glänzenden Tropfen, der erhabenen Schrift und dem blassen Mädchen in Abendgarderobe ist einfach ein absoluter Hingucker! Umso mehr hat es mich gefreut, dass ich bei der Bloggeraktion mitmachen durfte und neben dem Leseexemplar ein ganzes Paket voller Goodies wie Lesezeichen, einem Notizbuch, einer Landkarte, Aufkleber, farbigen Steinen und Postkarten erhalten habe. Auch das Innere des Buches kann mit tollen Extras wie mit Tropfen verzierte Kapitelanfänge, einer roten Karte und einem bedruckten Buchdeckel unter dem Schutzumschlag aufwarten. Leider konnte mich der wirkliche Inhalt, die Geschichte, jedoch lange nicht so beeindrucken wie die Gestaltung...


Erster Satz: "Das Herrenhaus des Barons von Embran glich einem Schloss."


Wir lernen unsere Protagonistin Sheera auf einem ihrer diebischen Streifzüge kennen, mit denen sie neben ihrer harmlosen Arbeit auf dem Markt ein bisschen Geld dazuverdient. Als geächtete Nachtalbe erfüllt sie damit das Klischee einer gefährlichen Wilden, wie sie von den Hochalben verachtet und ausgestoßen leben. Als sie bei ihrer Rückkehr in ihr Dorf durch die brutalen Blutalben gefangen genommen und in die Hauptstadt Haran gebracht wird, ist sie nicht überrascht. Doch statt für ihre Taten hingerichtet zu werden, offenbart man ihr, dass sie eine der zehn von Göttin Muraya auserwählten Anwärterinnen auf den Thron ist. Obwohl sie an eine Verschwörung glaubt und ihr überall Argwohn und Abscheu entgegenschlagen, legt sie sich bei den gestellten Aufgaben ins Zeug, um für das Ansehen der Nachtalben zu kämpfen...


"Weil die grauen Priester hörten, wie Muraya deinen Namen im Rauschen der Wasserfälle flüsterte, und weil du womöglich die sein wirst, die Farhir in eine neue Ära führt. Du bist auserwählt, Sheera Abendhauch. Auf dich wartet ein Schicksal, das du dir nicht einmal in deinen kühnsten Träumen hättest vorstellen können."


Während Sheera sich den Palastintrigen und den gefährlichen Missionen stellt, treffen wir im benachbarten Amberan, dem Menschenreich, auf den Menschenprinzen Lysander, der ganz eigene Probleme hat. Zuerst verstößt sein Vater seine große Liebe Amelia, dann muss er sich verletzt einem tödlichen Turnier stellen und zur Krönung erwischt er auch noch ein zierliches, blasses Mädchen dabei, wie sie versucht, den wertvollen Dämmerstein zu stehlen. Dass er die dunkelhaarige Schönheit nicht unterschätzen darf, bemerkt er erst, als sie ihn kurzerhand entführt und in ein fremdes Land voller Magie, Blut und Tod mitnimmt...


"Am heutigen Tag entscheidest du nicht nur über dein Schicksal, Lysander", erklärte ihm sein Lehrmeister. Er packte Lysander bei den Schultern und schaute ihm direkt ins Gesicht. "Du entscheidest über das des ganzen Königreichs."


Jennifer Alice Jager hat den Einstieg in ihre Geschichte actionreich und packend gestaltet, sodass man sich sofort zusammen mit dem beiden Protagonistin in den beiden Reichen Amberan und Farhir befindet und aufmerksam verfolgt, wie ihre beiden Wege sich auf ein Treffen vorbereiten. Nach starken 50 Seiten lässt die Spannung dann aber leider wieder nach und die Geschichte rutscht sehr in die typischen Schienen eines Jugendfantasy-Romans. Es werden Intrigen gesponnen, es gibt viele Irrungen und Wirrungen, gestellte Aufgaben, eine Rebellion wird geplant und wir bewegen uns in den vorhersehbaren Kreisen des gewohnten Ablaufs. Zum gewohnten Ablauf gesellen sich viele Fantasy Klischees: der Kampf um den Thron, die perfekte Rivalin, zickige Anwärterinnen, der böse aber gutaussehende Gegenspieler, die erwählte Außenseiterin und der Feind, der zum Freund wird... Es hätte der Geschichte meiner Meinung nach besser gestanden, das besondere Setting und die spannenden Protagonisten mehr auszukosten, als die Story in bereits bekannte Formen zu pressen.


"So lange schon führte ich zwei Leben. Eines bei Tag und eines bei Nacht. Und ich hatte alles dafür getan, beides fein säuberlich voneinander getrennt zu halten, um die wenigen mir Nahestehenden nicht zu verletzten. Doch nun hing so viel mehr davon ab. (...) Es ging nicht mehr nur um mich. Es ging um das Ansehen aller Nachtalben und all jener, in deren Adern unser Erbe floss."


Dazu kommt, dass viele dieser genannten Aspekte nur grob angerissen werden, im Endeffekt aber nur eine Nebenrolle spielen. So werden zum Beispiel die Anwärterinnen auf den Thron bis auf drei noch nicht mal namentlich genannt und Sheeras Leben am Hof, ihre Reise durchs Land und die Aufgaben der anderen Mädchen ziehen durch große Zeitsprünge recht flott am Leser vorbei. Dabei haben mir vor allem der Dämmerwald und all die enthaltenen Geheimnisse, genau wie andere innovative Ideen des Settings sehr gut gefallen und ich hätte gerne noch mehr von den Nachtalben, der Göttin Muraya und der Geschichte der beiden Reiche gelesen. Auch die innerpalästliche Verschwörung war ein spannender Zusatz, wurde aber leider von Anfang an so klar angedeutet, dass ich kaum mehr, von einer nennenswerten "Wendung" sprechen möchte. Dabei wäre hier an allen Ecken und Enden Potential für ein wirklich interessantes Spannungsgefüge gewesen. Ein weiterer Punkt, den es sich auszubauen gelohnt hätte, ist die Frage nach der Magie, die hier in einigen Szenen kurz auftaucht, ansonsten aber keine tragende Rolle spielt. Vielleicht will die Autorin die Geschichte des Landes, die Hintergründe der Magie und Eckdaten ihres Setings noch im Finale der Dilogie vertiefen, hier sind mir für meinen Geschmack aber viel zu viele offene Fäden und unbeantwortete Fragen unter der oberflächlichen Spannung zu finden.


"Ich weiß nicht, was das zwischen uns ist." Sein Blick wanderte über meinen Körper, hinauf zu meinen Lippen und blieb für einen Moment an ihnen hängen, bevor er mir direkt in die Augen schaute. "Und ich weiß nicht, ob du es ebenfalls spürst. Aber es war da, vom Augenblick unserer ersten Begegnung an. Und es macht mich zugleich schwach und stärker denn je."


Die beiden Protagonisten sind wie bereits erwähnt, sehr interessant konzipiert. Erzählt wird abwechselnd aus der Ich-Perspektive der Nachtalbe Sheera und der personalen Erzählperspektive des Kronprinzen des Menschenreichs Lysander. Durch die geteilte Erzählperspektive bekommen wir nicht nur einen (wenn auch kurzen) Einblick in die beiden benachbarten Reiche, das Albenreich und das Menschenreich, und deren Beziehung zueinander, sondern auch einen netten Eindruck der beiden so unterschiedlichen Charaktere. Das Unwort "nett" wähle ich hier absichtlich, da die beiden leider sehr blass bleiben und sich nach der anfänglichen Vorstellung nur wenig weiterentwickeln. Lysander ist und bleibt sehr naiv, während Sheera oftmals hochmütig und leichtsinnig reagiert. Die einzige in meinen Augen wirklich runde Person ist Sheelas Rivalin Mayla, die mich aufgrund ihrer grandlinigen aber doch undurchschaubaren Art fasziniert hat.


"Mein Blick wanderte über sein Gesicht, die vollen Wimpern, seine schmalen, blassen Lippen und die weichen Züge in diesem doch eigentlich so rauen, kantigen Menschenantlitz. Er war alles, nur nicht das, was man mir mein Leben lang über Menschen erzählt hatte. Weder war sein Herz aus Stein, noch schienen sich seine Gedanken nur um das Vergießen von Blut zu drehen."


Was mich an dieser Geschichte jedoch am allermeisten enttäuscht hat, sind nicht die etwas blutleeren Protagonisten, der gewohnte Ablauf, die Fantasy-Klischees oder die offenen Fragen sondern die geringe emotionale Nähe zu den Protagonisten. Trotz, dass mir Jennifer Alice Jagers Schreibstil mit jeder Seite besser gefallen hat, liest man hier wie durch ein Fernrohr: man fühlt kaum etwas und ist nur stiller Beobachter der Geschehnisse aus der Ferne. Das sorgt leider dafür, dass die Geschichte trotz spannender Handlung einfach nicht besonders mitreißend und packend war. Das ändert sich auch nicht mehr, als die Handlung gegen Ende nochmal rasant an Fahrt aufnimmt, endlich bekannte Wege verlässt und sich die Ereignisse auf den letzten 30 Seiten praktisch überschlagen. Auch nach dem Cliffhanger, der so gemein war, dass die Geschichte fast unvollständig wirkt, ist mein Verlangen nach der Fortsetzung also zwar da, aber nicht besonders drängend.


"Ich glaube an dich", sagte er und trat einen Schritt auf mich zu. "Ich weiß, dass mehr in dir steckt, als die meisten dieser Männer und Frauen in dem Saal hinter uns ahnen. Und ich will nicht, dass du aufgibst, bevor du es ihnen allen bewiesen hast."
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Fazit:


Ein ganz passabler Auftakt einer Dilogie, deren Fortsetzung ich nicht unbedingt lesen muss. Etwas blutleere Protagonisten, ein typischer Ablauf, Fantasy-Klischees, eine Menge offener Fragen und die geringe emotionale Nähe zu den Figuren stehen der spannenden Grundidee, dem flüssigen Schreibstil und dem abwechslungsreichen Setting im Weg.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.09.2020

Ein ungewöhnliches Liebesdrama von lachhafter Kürze!

Dreams of Yesterday
0

Die Eindrücke:

Handlung: Anders als erwartet, präsentiert L. H. Cosway uns hier keine oberflächliche Feel-Good-Romanze, sondern thematisiert hier Themen wie Homophobie, erste Liebe, Gangkriminalität, ...

Die Eindrücke:

Handlung
: Anders als erwartet, präsentiert L. H. Cosway uns hier keine oberflächliche Feel-Good-Romanze, sondern thematisiert hier Themen wie Homophobie, erste Liebe, Gangkriminalität, Körperverletzung, Trauer, Depression, Armut, Krankheiten und Träume von einem besseren Leben. Was eine ganz wundervolle Abwechslung zum ansonsten recht flachen, heiteren Durchschnittsbuch des Genres hätte sein können, funktioniert aber nur mäßig gut - aufgrund der geradezu lachhaften Länge (oder wohl eher Kürze) von 288 Seiten sind fast alle Themen nur oberflächlich angerissen und auch die Liebesgeschichte nimmt sich viel zu wenig Zeit. Nach dem unglaublich süßen Kennenlernen passiert bis zum großen Knall fast nichts. Der ereignet sich dann aber umso heftiger, wenn auch nicht ganz unerwartet. Der Klapptext führt ein wenig in die Irre - weder ereignet sich hier ein wirklicher "Unfall", noch träumen Dylan und Evelyn einen gemeinsamen Traum.

Schreibstil: Auch der Schreibstil ist nichts Halbes und nichts Ganzes - kurzum ein etwas verwirrender Stil-Misch-Masch. An manchen Stellen schreibt die Autorin wunderschön poetisch und entspinnt tiefgreifende Unterhaltungen, nur um dann wieder zu plumpen, stark abgekürzten Beschreibungen zurückzukehren und interessante Themen weitläufig zu umschiffen. Sehr gut gefallen hat mir jedoch, dass L. H. Cosway mit der Problemgegend von Dublin ein ganz anderes Setting, eine viel düsterere Stimmung gewählt hat, als sonst im NA-Genre üblich.

Protagonisten:
Ein Schwarzmaler mit einer extrem guten Nase und ein gärtnernder Sonnenschein - nicht gerade eine Kombination, von der man alltäglich liest und doch eine, die wunderbar hätte harmonieren können. Konjunktiv weil die Autorin sich das leider durch das viel zu schnelle Erzähltempo verbaut hat. Nebenprotagonisten wie der homophobe Schulhofschläger, Evelyns schwuler bester Freund oder Dylans Clique bestehend aus einem lockigen Nerd und einem Goth-Girl wirken auf den ersten Blick recht stereotyp, können sich davon aber im Lauf der Geschichte immer mehr lösen.
__________________________

Das Urteil:

Ein ungewöhnliches Liebesdrama, dessen Protagonisten, Setting und Themen grundsätzlich überzeugen. Leider nimmt sich die Autorin für all ihre Ideen jedoch viel zu wenig Zeit und lässt so im Mittelmaß versinken, was ein echtes Highlight hätte werden können.

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Veröffentlicht am 21.09.2020

Ein ungewöhnliches Liebesdrama von lachhafter Kürze!

Dreams of Yesterday
0

Die Eindrücke:

Handlung: Anders als erwartet, präsentiert L. H. Cosway uns hier keine oberflächliche Feel-Good-Romanze, sondern thematisiert hier Themen wie Homophobie, erste Liebe, Gangkriminalität, ...

Die Eindrücke:

Handlung
: Anders als erwartet, präsentiert L. H. Cosway uns hier keine oberflächliche Feel-Good-Romanze, sondern thematisiert hier Themen wie Homophobie, erste Liebe, Gangkriminalität, Körperverletzung, Trauer, Depression, Armut, Krankheiten und Träume von einem besseren Leben. Was eine ganz wundervolle Abwechslung zum ansonsten recht flachen, heiteren Durchschnittsbuch des Genres hätte sein können, funktioniert aber nur mäßig gut - aufgrund der geradezu lachhaften Länge (oder wohl eher Kürze) von 288 Seiten sind fast alle Themen nur oberflächlich angerissen und auch die Liebesgeschichte nimmt sich viel zu wenig Zeit. Nach dem unglaublich süßen Kennenlernen passiert bis zum großen Knall fast nichts. Der ereignet sich dann aber umso heftiger, wenn auch nicht ganz unerwartet. Der Klapptext führt ein wenig in die Irre - weder ereignet sich hier ein wirklicher "Unfall", noch träumen Dylan und Evelyn einen gemeinsamen Traum.

Schreibstil: Auch der Schreibstil ist nichts Halbes und nichts Ganzes - kurzum ein etwas verwirrender Stil-Misch-Masch. An manchen Stellen schreibt die Autorin wunderschön poetisch und entspinnt tiefgreifende Unterhaltungen, nur um dann wieder zu plumpen, stark abgekürzten Beschreibungen zurückzukehren und interessante Themen weitläufig zu umschiffen. Sehr gut gefallen hat mir jedoch, dass L. H. Cosway mit der Problemgegend von Dublin ein ganz anderes Setting, eine viel düsterere Stimmung gewählt hat, als sonst im NA-Genre üblich.

Protagonisten:
Ein Schwarzmaler mit einer extrem guten Nase und ein gärtnernder Sonnenschein - nicht gerade eine Kombination, von der man alltäglich liest und doch eine, die wunderbar hätte harmonieren können. Konjunktiv weil die Autorin sich das leider durch das viel zu schnelle Erzähltempo verbaut hat. Nebenprotagonisten wie der homophobe Schulhofschläger, Evelyns schwuler bester Freund oder Dylans Clique bestehend aus einem lockigen Nerd und einem Goth-Girl wirken auf den ersten Blick recht stereotyp, können sich davon aber im Lauf der Geschichte immer mehr lösen.
__________________________

Das Urteil:

Ein ungewöhnliches Liebesdrama, dessen Protagonisten, Setting und Themen grundsätzlich überzeugen. Leider nimmt sich die Autorin für all ihre Ideen jedoch viel zu wenig Zeit und lässt so im Mittelmaß versinken, was ein echtes Highlight hätte werden können.

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