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Veröffentlicht am 11.10.2020

Kinder sollten nicht vor den Eltern sterben

Ich lass dich nicht los
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„Ich hab Dich lieb, jeden und jeden Tag“ ist der letzte Satz, den der 5jährige Charlie an seine Mutter Carrie gerichtet hat, bevor er am Strand seinem Vater entgegengelaufen ist. Er wollte mit ihm gemeinsam ...

„Ich hab Dich lieb, jeden und jeden Tag“ ist der letzte Satz, den der 5jährige Charlie an seine Mutter Carrie gerichtet hat, bevor er am Strand seinem Vater entgegengelaufen ist. Er wollte mit ihm gemeinsam noch einmal zum Wasser gehen. Kurze Zeit später kommt Damian zu Carrie zurück – ohne seinen Sohn. Er war zur Toilette und habe noch eine kleine Joggingrunde gedreht, Charlie sei ihm unterwegs jedoch nicht begegnet. Die anschließende stunden- nein tagelange Suche nach Charlie bleibt erfolglos; der Junge ist und bleibt verschwunden. Wäre Carrie doch nur nicht eingeschlafen ….

„Ich lass Dich nicht los“ ist der Debütroman der englischen Schriftstellerin Madeleine Reiss. Mit dieser Geschichte gewann sie den Buchwettbewerb der bekannten englischen Talk-Show „The Alan Titchman Show“. Der Originaltitel lautet „Someone to Watch Over Me“. Übersetzt wurde das Buch von Karin Diemerling.

Die Geschichte beginnt 3 Jahre nach dem Verschwinden von Charlie. Neben der Trauer um ihren verschwundenen Sohn und ihre immerwährenden Selbstvorwürfe, ist ihre Ehe mit Damian an der Sache zerbrochen. Am Abend vor der Eröffnung ihres eigenen Ladens, der „Schatzkiste“, den sie in Zukunft gemeinsam mit ihrer Freundin Jen führen wird, erfährt der Leser in einem Rückblick durch Carries Gedanken, was an diesem unsagbaren Tag vor 3 Jahren am Strand passiert ist.

Der zweite Erzählstrang handelt von Molly, ihrem Ehemann Rupert und ihrem gemeinsamen Sohn Max. Obwohl die beiden Familien auf den 1. Blick nichts gemeinsam haben, sind ihre Schicksale doch irgendwie miteinander verknüpft. Ich weiß auch nicht, ob ich das Schicksal von Molly und Max schlimmer finde oder das von Charrie und Charlie.

Dieses Buch liegt schon eine ganze Weile auf meinem SuB (Stapel ungelesener Bücher) und tatsächlich frage ich mich, warum ich das Buch dort so lange habe liegen lassen. Einmal angefangen, konnte ich nicht mehr aufhören zu lesen.

Es ist schlimm zu lesen, wie Carries Leben sich nach Charlies Verschwinden verändert hat. Ihre Ehe ist in die Brüche gegangen und sie vermisst ihren Sohn jeden einzelnen Tag. Auch wenn sie ausreichend zu tun hat in ihrem neuen Laden, wird die Lücke, die Charlies Verschwinden aufgerissen hat, sich niemals wieder schließen. Carrie ist zerfressen von Vorwürfen, sie hätte das Unglück verhindern können (hätte sie auch, aber das ändert nichts mehr an der Situation).

Genau so schlimm finde ich aber auch den Erzählstrang von Molly, die auf der Flucht vor ihrem gewalttätigen Ehemann Rupert ist. Verhaltensweisen von Rupert, die Molly am Anfang ihrer Ehe als Aufmerksamkeit und Fürsorge interpretiert hat, wandelten sich im Laufe der Zeit in Kontrollsucht, die vor Körperverletzung und Freiheitsberaubung nicht halt macht.

Obwohl die beiden Frauen überhaupt nichts miteinander zu tun haben, sich noch nicht einmal kennen, gibt es einen Tag in ihrem Leben, an dem sich ihre Schicksale überschneiden.

Wie schon erwähnt, konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen, als ich einmal in die Geschichte eingetaucht war. Ob der Schreibstil der Autorin im Original auch so gut ist, vermag ich nicht zu beurteilen, die Übersetzerin hat jedoch ihren Job sehr gut gemacht. Das Buch lässt sich flüssig lesen.

Die Kapitel werden abwechselnd aus der Sicht von Carrie und Molly geschrieben, zum Schluss kommt auch noch Max als Erzähler hinzu. Die Charaktere sind realistisch und mit Tiefgang angelegt und ihren Weg mit zu verfolgen, berührt mich emotional sehr. Das ein oder andere Mal fließen auch Tränen.

Die beiden Handlungsstränge laufen erst kurz vor Ende des Buches zusammen und die Geschichte wird dann auch noch richtig spannend. Der Schluss ist vielleicht ein wenig zu dramatisch, dann aber eigentlich genau passend für diese eine Person.

Bücher, die mich so in ihrer Geschichte gefangen halten, auch nachdem ich die letzte Seite schon lange zugeklappt habe, sind sehr selten geworden. Sicherlich werde ich „Ich lass Dich nicht los“ noch einmal lesen, zu einem späteren Zeitpunkt.

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Veröffentlicht am 08.10.2020

Müsingen / Westfront 1914 - 1919

Die Fotografin - Die Stunde der Sehnsucht
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Der Brand hat die Druckerei nicht gänzlich vernichtet, sondern es war nur das Warenausgangslager betroffen. Anton kümmert sich als Außendienstmitarbeiter um die Akquise und Betreuung von Neu- und Altkunden, ...

Der Brand hat die Druckerei nicht gänzlich vernichtet, sondern es war nur das Warenausgangslager betroffen. Anton kümmert sich als Außendienstmitarbeiter um die Akquise und Betreuung von Neu- und Altkunden, Mimi behält in der Druckerei in Münsingen den Überblick. Die Beiden haben sehr viele neue Ideen, die sie in ihrer Druckerei umsetzen möchten – das größte Projekt im Jahr 1914 soll ein Adventskalender werden. Anton bringt schon im Juni Bestellungen für über 20.000 Kalender mit und die Zukunft der Druckerei scheint gesichert.

Am 28. Juni 1914 werden in Sarajevo der Thronfolger Österreich-Ungarns Franz Ferdinand und seine Frau Sophie Chotek ermordet. Was danach passierte, steht in allen Geschichtsbüchern; das Deutsche Reich sichert Österreich-Ungarn seine uneingeschränkte Bündnistreue zu, am 28.07. erklärt Österreich-Ungarn Serbien den Krieg, Russland macht teilmobil und am 01.08. erklärt das Deutsche Reich dem russischen Zarenreich den Krieg. Am 02. und 03.08. marschieren die deutschen Truppen in Luxemburg und Belgien ein und damit begann für die Deutschen der 1. Weltkrieg.

Die Mobilmachung macht auch vor Münsingen nicht Halt und so ziehen die Männer von der Alb in den Krieg. Wer nicht eingezogen wird, der meldet sich freiwillig, wie Wolfram und Anton, und die Frauen sind auf einmal auf sich gestellt.

In diesen Zeiten zeigt sich nun, dass persönliche Befindlichkeiten überhaupt keinen Platz im täglichen Leben haben, denn Mimi, Bernadette und Corinne müssen nun zusammenhalten um ihr Überleben zu sichern.

Bei „Die Fotografin – Die Stunde der Sehnsucht“ handelt es sich um den 4. Teil der Fotografinnen-Saga aus der Feder der Autorin Petra Durst-Benning. Für mich zeugt es von großer handwerklicher Kunst, wenn eine Autorin nach 1.440 bereits geschriebenen Seiten (Band 1 – 3) den Leser noch immer bei der Geschichte zu halten vermag. Und am Ende des Buches fange ich schon an, mich auf den 5. und letzten Teil zu freuen.

In diesem Band steht der 1. Weltkrieg im Vordergrund und seine Auswirkungen auf die Menschen. Sowohl auf die Menschen, die zu Hause geblieben sind, als auch auf die, die direkt im Kriegsgeschehen involviert sind.

Es ist ja nicht nur so, dass auf einmal in der Druckerei keine Männer mehr sind, die die Arbeit machen können, es gibt nach einiger Zeit auch keine Verbrauchsmaterialien mehr. Druckerfarbe und Papier bekommt Mimi nur noch dann geliefert, wenn sie Propagandamaterial druckt oder Lebensmittelbezugskarten. Auch wenn ihr dieser Job nicht gefällt, so ist es allemal besser, als gar nichts zu tun zu haben.

Bernadette und Corinne, die sich beide auf den Tod nicht ausstehen können, stehen auf einmal mit tausenden von Schafen alleine da. Wolfram hat sich freiwillig an die Front gemeldet, die anderen Schäfer und Hirten wurden eingezogen. Der Winter naht und die Schafe müssen auf die weit entfernten Winterweiden. Für diesen Job ist niemand anderer als die hochschwangere Corinne geeignet.

Bernadette wird vom Münzinger Bürgermeister als seine Stellvertreterin ernannt und sie ist fortan für die Belange der Bürger zuständig. Kein einfacher Job, schon gar nicht in Kriegszeiten.

Recht schnell stellen die 3 Frauen fest, dass es niemandem hilft, wenn sie sich nicht gegenseitig unterstützen und so wachsen sie immer mehr zu einer festen Einheit zusammen.

„Uns alle werden die Gräuel des Krieges ein Leben lang begleiten. Ich sage dir – nur wenn wir tot sind, werden wir das Ende des Krieges gesehen haben.“ (Seite 442)

Die Geschichte wird in mehreren Handlungssträngen erzählt. Zum einen ist der Leser natürlich tief in die Geschehnissen um die 3 Frauen in Münsingen involviert, zum anderen erzählt Anton von seiner Zeit als Sanitäter an der Westfront (sehr bewegend !!) und natürlich gibt es auch wieder den Handlungsstrang von Paon, Alexander, der als Maler gerade in Kriegszeiten richtig Geld verdient. In diesem Band wird nun auch endlich die Herkunft von Mylo aufgedeckt, der vom 1. Tag in der Kunstschule seine schützende Hand über Alexander gehalten hat.

Wer sich noch an den Gewerkschafter Johann Merkle erinnert, in den Mimi einmal über beide Ohren verliebt war. Oder Christel, Antons Freundin, die mit Antons Ersparnissen aus Laichingen verschwunden ist …. in diesem Band gibt es ein Wiedersehen mit ihnen.

Petra Durst-Benning erschafft mit ihren Frauenfiguren immer starke aber authentische Persönlichkeiten. Es handelt sich nicht um Übermenschen, sondern um Frauen, die mit beiden Beinen fest im Leben stehen und sich auch schon mal gegen die herrschenden Konventionen auflehnen. In einem Krieg nutzt einem Auflehnung nicht sehr viel, denn es gibt keine Alternativen. Aber Mimi, Bernadette und Corinne schaffen es immer wieder, für sich selbst und für einige andere Frauen aus dem Dorf Lösungen zu finden, die die härteste Zeit ihres Lebens erträglicher machen.

Nun gilt es auf den 5. und letzten Teil der Fotografinnen-Saga zu warten. „Die Fotografin – Das Ende der Stille“ erscheint im Frühjahr 2021.

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Veröffentlicht am 06.09.2020

Es heißt Abschied nehmen von Asenza

Das Vermächtnis der Seidenvilla
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Es ist November. Die Seidenmanufaktur läuft gut, die Stimmung unter den WeberInnen ist ausgeglichen und friedlich, das Auftragsbuch ist gut gefüllt, Nathalie hat gerade ihren Sohn Peter (Pietrino genannt) ...

Es ist November. Die Seidenmanufaktur läuft gut, die Stimmung unter den WeberInnen ist ausgeglichen und friedlich, das Auftragsbuch ist gut gefüllt, Nathalie hat gerade ihren Sohn Peter (Pietrino genannt) zur Welt gebracht und Angela und Vittorio möchten sich nun endlich der Frage widmen, wann der beste Zeitpunkt für ihre Hochzeit sei. Das Leben läuft jedoch nach einem bestimmten Muster, und wenn es einem eine Zeit lang gut geht, kommt sicherlich etwas (oder jemand), um einem Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Amadeo, Vittorios Sohn aus der Ehe mit seiner verstorbenen Frau, taucht nach Jahren der Funkstille auf der Bildfläche auf und macht Vittorio das Leben schwer, ebenso seine Mutter Constanza, die mit der Verbindung ihres Sohnes zu Angela noch immer nicht einverstanden ist. Damit ist es aber noch nicht genug, denn Angela muss sich in einer Erbsache durchsetzen und ein Geheimnis offenbaren, welches sie eigentlich nicht offenbaren wollte …..

Schafft Angela es erneut sich durchzusetzen, oder verliert sie dieses Mal alles?

„Das Vermächtnis der Seidenvilla“ ist der 3. und letzte Teil der Seidenvilla-Trilogie der Autorin Tabea Bach, welcher am 28.07.2020 erschienen ist. Erfreulicherweise sind die 3 Bände in sehr kurzen Abständen erschienen, so dass ich auch dieses Mal wieder nach wenigen Sätzen mitten im Geschehen war.

Wie auch in den vorherigen Bänden macht es auch hier wieder sehr viel Spaß, Angela und ihren WeberInnen über die Schulter zu schauen. Die Autorin hat in allen 3 Bänden sehr viel Fachwissen zum Thema Seide und dem Handwerk der Weberei untergebracht und ich konnte es mir lebhaft vorstellen, wie es aussieht, wenn mal wieder eine neue Kette auf den Orsolino aufgezogen werden musste oder, wenn mit dem Webschiffchen der Schussfaden durch die Kettfäden gezogen wurde. Ein großes Lob an Tabea Bach, ich mag es, wenn man in Büchern so ganz nebenbei noch etwas Allgemeinwissen mitnehmen kann.

Die Charaktere kennen wir alle schon aus den vorherigen Bänden, bis auf Amadeo, Vittorios Sohn. Wenn man das Motiv Amadeos kennt, dann versteht man auch, warum er seinem Vater solch schwere Vorwürfe macht. In meinen Augen sind diese Vorwürfe absolut gerechtfertigt und hier zeigt es sich wieder einmal, dass Kommunikation so manches Missverständnis gar nicht erst hätte aufkommen lassen. Vittorio hat seinem Sohn nie erklärt, warum er so gehandelt hat, Amadeo hat es aber auch leider nie hinterfragt. Vater und Sohn brauchen einige Zeit um sich wieder anzunähern, aber letztendlich ist Blut dann doch dicker als Wasser.

Constanza findet irgendwann ihren Frieden mit Angela, dazu braucht es aber tatsächlich eine kleine Katastrophe.

Erinnert sich noch jemand an Lidia? Die Weberin, die im 1. Teil so großen Ärger in der „Tessitura die Asenza“ gemacht hat? Lidia hatte damals die Seidenweberei verlassen, weil ihr Angelas größter Konkurrent aus Venedig ein besseres Angebot gemacht hatte. Nun, in diesem Band hören und lesen wir wieder von Lidia.

Nathalie hat eine unangenehme Begegnung die mit einer Person in Zusammenhang steht, mit der sie nichts mehr zu tun haben möchte. Und in einer der Schneiderinnen findet sie eine gute Freundin.

Tessa wird in diesem Band mehr oder weniger nur am Rande erwähnt, sie hat keine herausragende Rolle mehr. Lorenzo Rivalecca wird dafür mehr Aufmerksamkeit zugedacht.
Alles in allem geht es auch im dritten Band auf und ab, so wie es im richtigen Leben eben passiert. Jeder einzelne der Protagonisten hat sein Päckchen zu tragen und mal tragen sie dieses Päckchen mit Leichtigkeit, mal glauben sie, von der Last erdrückt zu werden.

Das Ende der Geschichte lässt mich zufrieden zurück, denn alles ist für alle Personen geklärt, es sind keine Fragen mehr offen.

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Veröffentlicht am 25.06.2020

Fairfield/Nebraska 1996 – Rockbridge/Massachusetts 2000

Straße nach Nirgendwo (Sheridan-Grant-Serie 2)
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Nach dem großen Familienstreit am Ende des 1. Bandes „Sommer der Wahrheit“ ist die 17jährige Sheridan Grant auf dem Weg nach New York, um dort ihre Karriere als Sängerin zu starten. Um zu tanken und eine ...

Nach dem großen Familienstreit am Ende des 1. Bandes „Sommer der Wahrheit“ ist die 17jährige Sheridan Grant auf dem Weg nach New York, um dort ihre Karriere als Sängerin zu starten. Um zu tanken und eine Kleinigkeit zu essen, hält sie auf einer Raststätte. Im TV läuft gerade eine Berichterstattung zu einem Massaker, bei dem 5 Personen getötet und 2 lebensgefährlich verletzt wurden und bevor Sheridan auch nur realisieren kann, dass es sich dabei um ihr Zuhause, die Willow Creek Farm, handelt, wird auch schon ein Interview ihrer Adoptivmutter Rachel Grant eingeblendet, in dem sie Sheridan die Schuld für dieses Massaker gibt und den Hinweis, dass eben diese gesucht wird. Während Sheridan verzweifelt versucht, jemanden telefonisch zu Hause zu erreichen, ruft die Tankstellenpächterin die Polizei. Rachel Grant und die TV-Moderatoren haben gute Arbeit geleistet. Sowohl die Polizei als auch die Menschen, die sich gerade auf der Raststätte befinden, haben über Sheridan schon den Stab gebrochen, weswegen sie nicht gerade gut behandelt wird und in Handschellen zurück nach Fairfield/Nebraska gebracht wird. Da sie sich in einem anderen Bundesland befindet, dauert die Rückführung einige Zeit (vielleicht aber auch, weil sie der Willkür der Polizeibeamten ausgeliefert ist).

Zurück auf der Farm muss sie sich damit auseinandersetzen, dass ihr Bruder Esra 4 Menschen getötet hat, darunter ihren Lieblingsbruder Joe sowie 3 Farmarbeiter. Ihren Vater Vernon und ihren Bruder Hiram hat er lebensgefährlich verletzt, bevor er selbst von einem beherzten Farmarbeiter erschossen wurde. Rachel Grant, ihre Adoptivmutter (die ja eigentlich ihre Tante ist), wurde nach einem Nervenzusammenbruch in ein Sanatorium eingewiesen.

Gott sei Dank werden die Ermittlungen in diesem Mordfall nicht vom ortsansässigen Polizisten Benton durchgeführt, denn der hätte Sheridan sofort und ohne zu zögern in den Knast gesteckt. In diesem Fall ist Detective Lieutenant Jordan Blystone von der Nebraska State Patrol zuständig und der geht ganz unvoreingenommen an die Sache heran. Sheridan ist überrascht, dass er ihre Version der Geschichte glaubt und sie fasst Mut, dass sich doch nochmal alles zum Guten wenden kann. Aber auch oder gerade in Fairfield ist der Samen aufgegangen, den ihre Adoptivmutter Rachel in den letzten Jahren gesät hat und Sheridan schlägt der blanke Hass entgegen. Ihr tägliches Leben gleicht einem Spießrutenlauf, so dass sie am Ende doch wieder einmal ihre Sachen packt um die Farm zu verlassen und an einem anderen Ort ein neues Leben zu beginnen. Unterstützung erhält sie von Detective Lieutenant Jordan Blystone.

Kann sie tatsächlich alles hinter sich lassen um irgendwo neu zu beginnen?

Erfreulicherweise beginnt die Geschichte in „Straße nach Nirgendwo“ zwei Tage nachdem „Sommer der Wahrheit“ endet. Am 23.12.1996 hat Sheridan, nach dem großen Streit, die Willow Creek-Farm verlassen, am 25.12.1996 richtet ihr Bruder Esra das schreckliche Massaker an.

Bei meinem Leseverhalten ist es fast genau so – ich habe am 14. Mai den 1. Teil beendet und rezensiert und jetzt, im Juni, den 2. Teil gelesen, so dass mir die ganze Geschichte noch sehr gut im Gedächtnis ist. Band 1 hat mir ja schon sehr gut gefallen, aber die Geschichte in Band 2 entwickelt ihre ganz eigene Dynamik, so dass ich das Buch tatsächlich so schnell wie möglich gelesen habe.

Sheridan muss auf ihrem Weg über einen erzählten Zeitraum von 4 Jahren sehr viele Kröten schlucken und was ihr passiert ist manchmal schön, manchmal nicht zu ertragen und zwischendurch muss sie, zu ihrem eigenen Schutz, ihren Namen ändern, so dass man sich als Leser fragt, wieso eine so junge Frau an diesen Dingen nicht zerbricht.

Um Geld zu verdienen darf sie nicht wählerisch sein und so arbeitet sie als Mickey Mouse in Disney World, als Zimmrmädchen in einem Hotel oder verdient sich ihr Geld als Bar-Pianistin. Sheridan ist noch immer so naiv wie im 1. Teil ihrer Geschichte und so passiert es auch hier immer wieder, dass sie einen Mann kennenlernt und sich prompt in diesen verliebt – aber nicht jeder dieser Männer meint es gut mit ihr.

Während der ganzen Zeit hält sie lockeren E-Mail-Kontakt mit ihrer Schwägerin Rebecca (der Ehefrau ihres Bruders Malachy), verrät jedoch niemals ihren Standort.

Immer weiter geht ihre Fahrt nach Nirgendwo als in Rockbridge ihr Auto verreckt und ihr Budget es ihr weder erlaubt das Auto reparieren zu lassen, noch eine Unterkunft in einem Motel zu mieten. In dem Moment, in dem es ihr am schlechtesten geht, lernt sie Dr. Paul Sutton kennen. Ist Sutton nun endlich der Mann, bei dem sie sesshaft werden möchte? Die Antwort dazu gibt es in Band 3, der im August 2020 als eBook in Neuauflage erscheint.

Parallel zu Sheridans Geschichte erfährt der Leser auch die Lebensgeschichte von Detective Lieutenant Jordan Blystone. Die Wege von ihm und Sheridan laufen ein paar Wochen nebeneinander, da er ihr Unterkunft gewährt bzw. sie bei seiner Freundin einquartiert hat. Nachdem Sheridan einmal eine Bemerkung über ihre Großeltern gemacht hat, deckt Blyton ein Familiendrama auf, für das Rachel Grant in einem Prozess Rede und Antwort stehen muss.

Mit 39 Jahren erfährt Blyton am Sterbebett seines Vaters, dass sein ganzes Leben eine einzige Lüge ist und er setzt alles daran, seine wahre Herkunft herauszufinden. Unterstützung bekommt er dabei von Nicholas Walker, dem Mann, der sich in „Sommer der Wahrheit“ als Sheridans einzig echter Freund gezeigt hat. Auch in Blytons Leben gibt es einiges aufzuarbeiten; nicht nur seine Herkunft.

Wie auch schon Band 1, lässt sich dieses Buch wirklich flüssig lesen. Es passieren unendlich viele Dinge, als ob das Massaker nicht schon ausgereicht hätte, muss Sheridan jede Menge einstecken. Gerade das macht das Buch aber auch spannend und nicht langweilig, denn 496 Seiten wollen gefüllt werden. Einiges ist ein wenig überzogen und das ein oder andere Detail kann auch hinterfragt werden (z. B. warum eine Vergewaltigung und ein damit zusammenhängender Todesfall nicht mehr psychische Auswirkungen auf Sheridan hat), aber letztendlich handelt es sich um eine fiktive Geschichte die unterhalten soll – und das hat sie bei mir geschafft. Ich konnte mich fast nicht mehr von diesem Buch lösen.

Nun warte ich gespannt auf Teil 3 dieser Reihe, der im August 2020 als neu aufgelegtes eBook im Ullstein eBook-Verlag erscheinen wird.

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Veröffentlicht am 09.06.2020

Die Konkurrenz schläft nicht

Im Glanz der Seidenvilla
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Wer den 1. Band der Seidenvilla-Trilogie noch nicht gelesen hat, der wird hier gespoilert !

Ein ganzes Jahr ist vergangen, seit Angela die Seidenweberei in Asenza gekauft hat. Es war ein Jahr voller ...

Wer den 1. Band der Seidenvilla-Trilogie noch nicht gelesen hat, der wird hier gespoilert !

Ein ganzes Jahr ist vergangen, seit Angela die Seidenweberei in Asenza gekauft hat. Es war ein Jahr voller Höhen und Tiefen, guter und schlechter Tage, aber gemeinsam mit ihren WeberInnen hat sie es geschafft. Die Weberei schreibt schwarze Zahlen und die Auftragslage ist sehr gut, weswegen Angela die Löhne anpassen und einen Rentenfonds für ihre Angestellten einrichten kann. Mit ihrem Lebensgefährten Vittorio läuft es trotz Fernbeziehung auch ganz gut. Ebenso mit Tess, ihrer mütterlichen Freundin, und ihrem Vater Lorenzo Rivalecca ist alles in bester Ordnung. Einzig bei Nathalie, Angelas Tochter, läuft anfangs nicht alles ganz so glatt. Aber gemeinsam bewältigen Mutter und Tochter auch dieses Problem.

Doch überall wo Licht ist, da ist auch Schatten.

Constanze, Vittorio Fontarinis Mutter, sieht die Verbindung zwischen Angela und ihrem Sohn nicht sehr gerne, sie hat sich auf Tiziana als zukünftige Schwiegertochter eingeschossen. Tiziana ist Architektin und Vittorio und sie kennen sich schon seit vielen Jahren. Ein gemeinsamer Auftrag erfordert es, dass Vittorio und Tiziana eine Zeit lang sehr eng zusammenarbeiten. Wie viel empfindet Vittorio tatsächlich für Tiziana?

Lidia hat schon im 1. Teil der Trilogie für Unruhe unter den WeberInnen gesorgt. Sie lässt auch dieses Mal keine Chance aus, um für sich selbst bessere Konditionen herauszuschlagen. Notfalls auch mit Druck und auf Kosten Anderer. Sie weiß, dass sie die beste Weberin der „Tessitura di Asenza“ ist. Lässt Angela sich auf ihre Bedingungen ein?

Und nicht zuletzt versucht Massimo Ranelli die Mitarbeiter der Seidenweberei abzuwerben. Sein enger Kontakt zu Constanze Fontarini ist nicht etwa der Grund dafür, dass einige Auftraggeber ihre Bestellung bei Angela stornieren?

Es wird auf jeden Fall nicht langweilig für Angela im malerischen Asenza.

„Im Glanz der Seidenvilla“ ist der 2. Teil der Seidenvilla-Trilogie von Tabea Bach. Band 1 „Die Seidenvilla“ erschien am 27.02.2020. Schön, dass der 2. Teil nicht lange hat auf sich warten lassen, denn so waren mir die Geschehnisse aus Teil 1 noch sehr präsent im Gedächtnis. Zwischen dem Ende von Band 1 und Band 2 liegt der Zeitraum eines Jahres, ansonsten wird die Geschichte nahtlos von der Autorin weitergeführt.

Es ist schön zu sehen, wie die Gemeinschaft der WeberInnen zusammenwächst und sie sich auch im privaten Bereich mehr und mehr gegenseitig helfen, aber auch Angela den Rücken stärken. Es herrscht jedoch nicht immer nur Sonnenschein, es gibt natürlich auch unschöne Momente in der Weberei.

Als Leser trifft man auf alle Charakter aus Band 1 und hier kommen nach und nach noch ein paar neue Personen hinzu. Die Autorin führt diese langsam in die Handlung ein und man kann jeden einzelnen mögen, oder auch nicht.

Tabea Bach erzählt auch diesen Teil der Geschichte so realistisch, dass man sich mit den einzelnen Personen durchaus identifizieren kann. Ich für meinen Teil wäre lange nicht so ruhig geblieben wie Angela, was Tiziana und Vittorio betrifft und auch die Bemühungen, die Vittorios Mutter hinter dem Rücken ihres Sohnes betreibt, um Angela aus seinem Leben zu befördern, hätte ich nicht so lange vor Vittorio verheimlicht. Angela lässt das alles sicherlich nicht kalt, aber sie behält immer die Ruhe.

Am Ende des Buches sind alle Handlungsstränge abgeschlossen, es bietet sich jedoch noch jede Menge Stoff für den 3. Teil der Seidenvilla-Trilogie.

Auch für diesen Band der Trilogie habe ich nur kurze Zeit gebraucht um ihn zu lesen, die Geschichte liest sich wieder einmal angenehm flüssig. Der 3. Band erscheint am 28.07.2020 und trägt den Titel „Das Vermächtnis der Seidenvilla“ und darauf freue ich mich sehr.

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