Cover-Bild Kalmann
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 352
  • Ersterscheinung: 26.08.2020
  • ISBN: 9783257071382
Joachim B. Schmidt

Kalmann

Er ist der selbsternannte Sheriff von Raufarhöfn. Er hat alles im Griff. Doch in Kalmanns Kopf laufen die Räder manchmal rückwärts. Als er eines Winters eine Blutlache im Schnee entdeckt, überrollen ihn die Ereignisse. Mit seiner naiven Weisheit und dem Mut des reinen Herzens wendet er alles zum Guten. Kein Grund zur Sorge.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.08.2020

Ein Vermisstenfall im hohen Nordosten Islands

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Im hohen Nordosten Islands befindet sich das Dorf Raufarhövn. In dem ehemaligen Fischerdorf leben inzwischen nur noch wenige Menschen. Einer von ihnen ist Kalmann. Er macht den zweitbesten Gammelhai nach ...

Im hohen Nordosten Islands befindet sich das Dorf Raufarhövn. In dem ehemaligen Fischerdorf leben inzwischen nur noch wenige Menschen. Einer von ihnen ist Kalmann. Er macht den zweitbesten Gammelhai nach seinem Großvater, der inzwischen im Pflegeheim lebt. Zu Kalmanns Standard-Ausrüstung gehören Cowboyhut, Sherrifstern und eine alte Mauser - drei Dinge, die ihm sein amerikanischer Vater bei seinem einzigen Besuch überlassen hat. Eines Tages entdeckt Kalmann während der Jagd auf einen Polarfuchs eine große Blutlache. Damit fangen die Probleme an. Denn Róbert McKenzie, der Quotenkönig des Dorfes, ist verschwunden.

Das Buch ist aus der Ich-Perspektive Kalmanns geschrieben. Er ist dreiunddreißig Jahre alt und hat sein ganzes Leben in Raufarhövn verbracht. In der Schule war er immer der schlechteste und einige Leute behaupten, dass die Räder in seinem Kopf rückwärts laufen. Sein Großvater, mit dem er lange unter einem Dach lebte, hat ihm jedoch viele wichtige grundlegende Dinge beigebracht, ist mit ihm auf die Jagd gegangen und mit dem Boot aufs Meer gefahren. Er hat Kalmann immer darin bestärkt, dass mit ihm schon alles in Ordnung sei.

Kalmanns Schilderungen und vor allem sein Verhalten deuten auf eine geistige Behinderung hin, die in ihrer Natur nicht näher erläutert wird. Wenn er die Kontrolle verliert, neigt er zu Gewaltausbrüchen, die sich vor allem gegen ihn selbst, manchmal aber auch eher versehentlich gegen andere richten. Seine Gedanken sind einfach gestrickt und pragmatisch, manchmal auch ein wenig philosophisch. Frauen werden von ihm allerdings auf ihr Aussehen und die potenzielle Fähigkeit, mit ihm Kinder zu zeugen, reduziert. Die Lektion in Emanzipation hat sein Großvater wohl übersprungen.

Als Kalmann eine große Blutlache in der Nähe des Artic Henge entdeckt, einem noch unvollendeten Steinkreis, der zur Touristenattraktion werden soll, geraten einige Dinge in Bewegung. Die Polizistin Birna kommt ins Dorf, um die Ermittlungen im Vermisstenfall Róbert McKenzie aufzunehmen, und das Blut ist der einzige Anhaltspunkt. Kalmanns Überlegungen, ob ein Eisbär Róbert gefressen hat, kommen ihr höchst ungelegen, da sie Suchtrupps losschicken will. Schließlich kommt es zu weiteren Vorfällen, bei denen zunächst nicht klar ist, ob es einen Zusammenhang gibt.

Die atmosphärischen Schilderungen des Lebens inmitten der rauen Natur haben mich in die Geschichte eintauchen lassen. Der Autor lebt selbst seit einigen Jahren in Island und hat das Lebensgefühl im kleinen Raufarhövn gelungen eingefangen. Durch die Ermittlungen ist im Dorf so viel Trubel wie lange nicht mehr. Zum Ende hin gibt es noch mal einige Twists - manche sah ich kommen, andere konnten mich überraschen.

„Kalmann“ wird von vielen als einfältiger und harmloser Dorftrottel abgestempelt. Ihn beschäftigt allerdings so einiges, wie der Leser dank der Ich-Perspektive des Romans schnell feststellen konnte. Kalmann ist ein spezieller, ungewöhnlicher Protagonist, den ich aber nicht sonderlich sympathisch fand. Das muss man auch nicht, um die Atmosphäre Islands zu genießen und im Vermisstenfall mitzurätseln. Ein Roman für alle, die Lust auf eine ganz besondere Reise in einen abgelegenen Zipfel Islands haben!

Veröffentlicht am 29.08.2020

Ein Haifischjäger in Island

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Kalmann ist der Protagonist in diesem Islandroman. Ein ungewöhnlicher Protagonist: Haifischfänger, Jäger, selbst ernannter Sheriff von Raufarhövn und nicht ganz so schlau wie andere. Er stolpert ungewollt ...

Kalmann ist der Protagonist in diesem Islandroman. Ein ungewöhnlicher Protagonist: Haifischfänger, Jäger, selbst ernannter Sheriff von Raufarhövn und nicht ganz so schlau wie andere. Er stolpert ungewollt in Polizeiermittlungen zu einer Blutlache im Schnee und im Anschluss daran auch noch in ganz andere Sachen hinein.

Kalmann erzählt seine Geschichte selbst. Es ist kein zeitgleiches Erzählen, sondern er erzählt aus der Perspektive des schon Erlebten und kann deshalb auch immer wieder Andeutungen über den weiteren Verlauf der Handlung machen oder erklären, warum er in der Situation so und nicht anders gehandelt hat. Diese Erzählform hat mir recht gut gefallen, aber für jemanden, der wie Kalmann etwas einfältiger ist, überraschen manche Formulierungen, die er jetzt im Nachgang erklären kann, obwohl er sie in der früheren Situation nicht verstanden hatte. Das passt nicht ganz zusammen, man vermutet hinter den Formulierungen ein wesentlich reflektierteren und „verständigeren“ Erzähler, der Kalmann trotz seiner Charakterentwicklung meiner Meinung nach nicht ist. Kalmann hat eine Vorliebe für gewisse Ausdrücke, die ungewöhnlich und deshalb zunächst etwas befremdlich wirken können, aber diese Sprache ist ein wesentlicher Teil seines Charakters.

Die Landschaftsbeschreibung sind sehr atmosphärisch und auch in das kleine isländische Dorf kann man sich schnell eindenken. Was ich aber vermisst habe sind mehr isländische Bezeichnungen für die im Buch erwähnten TV-Programme, Markennamen und Fernsehsender: die klingen nämlich fast alle deutsch oder kommen aus den USA.

Die handelnden Figuren haben mir gut gefallen, besonders Kalmanns Opa, der ihn so nimmt wie er ist und für den Kalmann absolut in Ordnung ist. Denn die wichtigen Dinge im Leben weiß Kalmann; wie man jagt und wie man sich auf sein Bauchgefühl verlässt beispielsweise.

Insgesamt ein sehr unaufgeregter in Island angesiedelter Roman mit einem ungewöhnlichen Ich-Erzähler. Weniger ein Kriminalroman, als ein Roman mit einer Polizeiermittlung.

Unbedingt auch das Interview mit dem Autor im Anschluss an den Text lesen. Neben interessanten Einblicken in die Entstehungsgeschichte des Romans erfährt man dort auch die korrekte Aussprache für Raufarhövn.

Veröffentlicht am 26.08.2020

Nach Anlaufschwierigkeiten dann doch gut

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Zum Inhalt:
Kalmann ist ein besonderer Mensch. Er ist naiv, aber er hat ein gutes Herz. Er fühlt sich wie eine Art Sheriff seines Ortes. Und er macht einen der besten Gammelhai und jagt Polarfüchse. Als ...

Zum Inhalt:
Kalmann ist ein besonderer Mensch. Er ist naiv, aber er hat ein gutes Herz. Er fühlt sich wie eine Art Sheriff seines Ortes. Und er macht einen der besten Gammelhai und jagt Polarfüchse. Als er eine Blutlache entdeckt überschlagen sich die Ereignisse
Meine Meinung:
Ganz ehrlich, ich habe mit das erste Drittel des Buches echt schwer getan, aber dann kommt es irgendwie in Fluss und wird auch immer besser. Irgendwann mochte auch ich Kalmann und seine sonderbaren Verhaltensweisen. Mit dem Ausgang des Buches hatte ich so gar nicht gerechnet, das fand ich echt überraschend. Der Schreibstil ist anfangs gewöhnungsbedürftig, nach Gewöhnung wird aber auch dieser immer besser. Mir hat das Buch am Ende gut gefallen und ich kann es auch empfehlen.
Fazit:
Nach Anlaufschwierigkeiten dann doch gut

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Veröffentlicht am 14.10.2020

Überraschende Perspektive

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Kalmann lebt am äußersten Rand von Island, jagt Polarfüchse und fängt Haie, um daraus seinen berühmten Gammelhai zu machen. Dabei ist er, der Sohn eines Amerikaners und einer isländischen Mutter, der Sheriff ...

Kalmann lebt am äußersten Rand von Island, jagt Polarfüchse und fängt Haie, um daraus seinen berühmten Gammelhai zu machen. Dabei ist er, der Sohn eines Amerikaners und einer isländischen Mutter, der Sheriff von Raufarhöfn, mit seinem Hut und seinem Sheriffstern sowie seinem Revolver. Doch obwohl er seit einiger Zeit allein lebt und sein Leben gut meistert, hat er so seine Schwierigkeiten mit dem Kopf, da er manches nicht so gut begreift. Und so ist er etwas überrollt von den Ereignissen, als er eine Blutlache im Schnee findet und kurz darauf ein Mann aus dem Dorf vermisst wird.

Aus Kalmanns Sicht erzählt, entwickelt die Geschichte über das Auffinden der Blutlache und den Ereignissen danach einen ganz eigenen Charme. Mehr als einmal drängt sich bei der Lektüre der Vergleich zu Forest Gump auf, so brillant kann der Autor Joachim B. Schmidt die Perspektive seines Protagonisten beibehalten. Durch den gesamten Roman zieht sich die Frage hindurch, welche Bewandtnis das Auffinden der Blutlache hat und was dabei Kalmanns Rolle ist, so dass die Spannung bis zum Schluss gut erhalten bleibt: ein Krimi, überraschend anders erzählt. Nebenbei erfährt der Leser viel über das karge Leben in einem abgelegenen isländischen Ort.

Diese Geschichte hat mich sehr überrascht, sehr gerne empfehle ich sie weiter und vergebe 4 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 22.09.2020

Großartiges Island, toller Erzähler, schwächere Handlung

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Kalmann ist ein sehr liebenswerter, in seinen intellektuellen Fähigkeiten eingeschränkter, Isländer, der im kleinen, einsamen Raufarhöfn seinen Lebensunterhalt mit Gammelhai verdient. Als ein wohlhabender ...

Kalmann ist ein sehr liebenswerter, in seinen intellektuellen Fähigkeiten eingeschränkter, Isländer, der im kleinen, einsamen Raufarhöfn seinen Lebensunterhalt mit Gammelhai verdient. Als ein wohlhabender Bürger seines Ortes verschwindet, gerät Kalmann mitten hinein in den Strudel der Ereignisse.

Ich liebe idiosynkratische, eigenartige und unzuverlässige Erzähler, und deshalb liebe ich auch Kalmanns Figur. Er ist in seinen Kommentaren und seiner Bewertung der Welt einfach herrlich authentisch und belebend. Es macht Freude der Langsamkeit seiner Gedanken und Überlegungen, seinen intuitiven Wahrnehmungen und seinen Gefühlen zu folgen und darüber nachzudenken, was seine Auslassungen und sein Schweigen zu gewissen Fragen zu bedeuten haben. Dem Autor ist es durchgängig gelungen, Kalmanns Stimme einzufangen. Da knirscht nichts, es wird nie vergessen, wer hier eigentlich spricht und wie er die die Welt sieht. Allerdings schöpft dieser Roman, trotz des andeutungsschwangeren letzten Kapitels, die Möglichkeiten, die ein unzuverlässiger Erzähler bietet nicht vollends aus - und das ist sehr schade, denn so bleibt der Roman hinter seinem eigentlichen Potenzial zurück und der (oder mehrere) finale Plot-Twists bleiben aus.

Die Handlung ist eigentlich gut angelegt, wird aber ebenfalls nicht konsequent zu Ende geführt. Die red herrings lösen sich zu schnell in Wohlgefallen auf, das Ganze könnte verstrickter, vertrackter, komplexer sein - für meinen Geschmack ist es einfach etwas zu gemächlich, zu beschaulich. Dazu: ein Krimi ist für mich gerade kein Genre für lose Enden, Mysteriöses darf zwar auch mal ruhig in der Luft hängen bleiben, aber dem Leser sollten zumindest Hinweise zum eigenständigen Schließen der Lücken an die Hand gegeben werden. Darüber hinaus empfinde ich die Eisbären-Handlung als befremdlich - aber das ist mein persönlicher Geschmack. Sie ist so angelegt, dass sie in der heutigen Zeit trotz ihres fiktionalen Charakters, eher unschön und unpassend ist.

Was mich absolut bezaubert hat, ist hingegen das wunderbare isländische Setting. Der Autor weiß, wovon er spricht und bannt diese großartige Insel mit ihren Besonderheiten vollkommen lebensecht auf die Seiten. Man spürt die raue Natur und Einsamkeit, die Abgeschiedenheit und Einfachheit des Lebens, aber auch die Bedrohung durch den Bevölkerungsschwund.

Kalmann ist ein Roman für Island-Liebhaber mit einem Herz für besondere Erzähler, für die die Krimihandlung nicht an erster Stelle steht.

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