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Veröffentlicht am 21.12.2020

Liebesgeschichte vor kölscher Brauhauskulisse

Auch die große Liebe fängt mal klein an
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Marie gehört das Restaurant Petite Pauline in Köln, wo sie wie schon ihr Vater und ihr Großvater vor ihr am Herd steht und ihren Gästen Gänse als Spezialität des Hauses serviert. Nötige Brandschutzmaßnahmen ...

Marie gehört das Restaurant Petite Pauline in Köln, wo sie wie schon ihr Vater und ihr Großvater vor ihr am Herd steht und ihren Gästen Gänse als Spezialität des Hauses serviert. Nötige Brandschutzmaßnahmen und ein Bescheid des Finanzamts zwingend sie jedoch dazu, das Restaurant zu schließen, bis sie das nötige Geld beisammen hat. Sie erhält einen Job im Brauhaus Sankt Josef, wo sie am ersten Tag jedoch auf ihren Exfreund Anton trifft, der dort ebenfalls als Koch angestellt ist. Er hat sie und Köln zwei Jahre zuvor ohne Erklärung verlassen und ist erst seit kurzem wieder in der Stadt. Kann die Zusammenarbeit mit ihm funktionieren? Und wird Marie einen Weg finden, um ihr geliebtes Restaurant zu retten?

Nachdem mit das Debüt der Autorin, „Das Glück ist zum Greifen da“ im Januar diesen Jahres sehr gut gefallen hat, freute ich mich auf eine neue Geschichte aus ihrer Feder. Schauplatz der Geschichte ist erneut Köln, wo der Leser diesmal Einblicke in die Welt der Gastronomie erhält. Protagonistin Marie erlebt einige Tiefschläge hintereinander, sodass sie schon nach kurzer Zeit ihr Restaurant schließen muss und in der Küche des Brauhauses Sank Josef Bratkartoffeln macht.

Die Dinge kommen schnell in Bewegung. Maries Begegnung mit ihrem Ex-Freund Anton lässt sie grübeln, ob sie ihren neuen Job direkt wieder kündigen soll. Will sie ihn wirklich jeden Tag bei der Arbeit sehen? Zum Glück hat sie Freunde, die ihr im Angesicht der zu treffenden Entscheidungen zur Seite stehen. Da ist zum einen ihre Freundin Swantje, die einen Blumenladen besitzt und mit ihrer Tochter Alva bei Marie wohnt, und zum anderen ihr bester Freund Klaus, der als Redakteur bei RTL Explosiv arbeitet und statt über misslungene Schönheits-OPs viel lieber über das englische Königshaus berichten würde.

Die Geschichte erzählt auf amüsante Weise vom Trubel einer Brauhausküche, hat aber auch ernste Momente, wenn Marie über die Zukunft ihres Restaurants nachgrübelt. Traurig und schön zugleich sind die Szenen mit ihrem Opa, der immer vergesslicher wird, aber dafür immer einen Spruch auf den Lippen hat. Mein Lieblingscharakter war der royal-verrückte, leicht überdrehte Klaus, während im Hinblick auf Anton der Funke bei mir leider nicht ganz übergesprungen ist. Die Seiten verflogen im Nu, und auch wenn die Geschichte ziemlich vorhersehbar war, hat mir die Art und Weise der Erzählung gut gefallen.

Ein schöner Roman vor kölscher Brauhauskulisse für alle Leserinnen romantischer Komödien!

Veröffentlicht am 18.12.2020

Temporeicher Thriller mit Rätselfaktor

Der Mädchenwald
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Die dreizehnjährige Elissa ist eine erfolgreiche Schachspielerin, die in Kürze in die englische Nationalmannschaft aufgenommen werden könnte. Doch während des entscheidenden Turniers wird sie in der Pause ...

Die dreizehnjährige Elissa ist eine erfolgreiche Schachspielerin, die in Kürze in die englische Nationalmannschaft aufgenommen werden könnte. Doch während des entscheidenden Turniers wird sie in der Pause in einen Lieferwagen gezerrt und entführt. Detective Superintendent Mairéad MacCullagh wird mit der Leitung des Falls betraut und ist fest entschlossen, Elissa zu finden. Im Gegensatz zu ihr weiß der zwölfjährige Elijah, der mit seiner Familie in einem Cottage im Wald lebt, wo sich Elissa befindet. Sie ist nicht die erste, die er in dem unterirdischen Gefängnis findet. Zwar will er dem Mädchen auf seine Weise helfen, doch befreien kann er sie nicht...

Die zahlreichen positiven Stimmen nach der Veröffentlichung des Originals haben mich neugierig auf dieses Debüt aus England gemacht. Von der ersten Seite an entwickelt die Geschichte dank kurzer, flotter Kapitel eine Sogwirkung. Man begegnet Elijah an Tag 6, wo er nach einer kurzen Befragung auf der Polizeiwache von seinem Vater nach Hause gebracht wird. Warum er überhaupt dort war wird nicht erklärt, denn Elijahs einzige Sorge gilt der Frage, ob dieser Zwischenfall das Mädchen in ihrem Gefängnis im Wald in Gefahr gebracht hat.

Danach springt das Buch zu Tag 1 und beschreibt zunächst aus der Perspektive von Elissa und danna us der von Mairéad den Tag der Entführung. Wer ist der Täter, und was hat er mit Elissa vor? Die Ereignisse bringen in kurzer Zeit nervenaufreibende Spannung in die Geschichte. Elissa ist ein intelligentes und analytisch denkendes Mädchen, das im Angesicht ihrer Situation große Ängste aussteht, gleichzeitig aber versucht, einen kühlen Kopf zu bewahren und zu Elijah durchzudringen, dessen Verhalten zahlreiche Fragen aufwirft. Mairéad geht unterdessen körperlich bis an ihre Grenze und darüber hinaus, um die Ermittlungen voranzutreiben.

Ein Zitat auf der Innenseite der Buchdeckel versprach einen überraschenden Twist, auf den ich neugierig wartete. Während ich mitfieberte, ob Elissa einen Weg aus ihrer Gefangenschaft findet oder Mairéad entscheidende Hinweise erhält, entwickelte ich so einige Theorien. Tatsächlich lag ich mit einigen Vermutungen gar nicht so weit daneben, die Kombination der verschiedenen Enthüllungen hat mich aber dennoch überraschen können. Der Autor spielt geschickt mit der Frage, was Realität ist und was nicht, wodurch er mich in die Irre führen konnte.

Aus dem Charakter der Emittlerin Mairéad hätte man noch mehr machen können. Sie macht sich selbst unglaublich viel Druck und hört nicht auf ihren Körper, doch in Summe erfährt man wenig über sie. Der Fokus des Buches liegt außerdem sehr auf dem Geschehen im Mädchenwald, ich hätte mir aber vor allem zum Ende hin eine ausführlichere Auseinandersetzung mit der Motivation der Handelnden gewünscht.

Die zahlreichen Fragezeichen, die mir am Anfang im Kopf herumschwirrten, werden nach und nach beantwortet. Das macht das Buch zu einem Pageturner, denn das nächste Puzzlestück ist immer nur wenige Seiten entfernt und das Gesamtbild trotzdem lange nicht zu erkennen. Wer temporeiche, atmosphärisch erzählte Thriller mit Rätselfaktor mag, der ist im Mädchenwald von Sam Lloyd genau richtig!

Veröffentlicht am 31.10.2020

Neues aus QualityLand

QualityLand 2.0 (QualityLand 2)
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Nach den Ereignissen, die im ersten Band durch einen rosa Delfinvibrators ausgelöst wurden, ist es wieder ruhiger um Peter Arbeitsloser geworden. Er arbeitet inzwischen als Maschinentherapeut und hat schon ...

Nach den Ereignissen, die im ersten Band durch einen rosa Delfinvibrators ausgelöst wurden, ist es wieder ruhiger um Peter Arbeitsloser geworden. Er arbeitet inzwischen als Maschinentherapeut und hat schon eine ganze Weile nichts mehr von Kiki Unbekannt gehört, die einem Geheimnis auf der Spur ist. Stattdessen lässt ihn ein alter, mächtiger Bekannter zu sich rufen. Der aktuelle Präsident muss sich währenddessen mit der Frage beschäftigen, was eigentlich den Dritten Weltkrieg ausgelöst hat. Und Martyn Vorstand hat mehr als nur einen schlechten Tag.

Ich freute mich zu Beginn der Lektüre sehr darauf, erneut in die Zukunft in QualityLand einzutauchen. Die zum größten Teil bereits bekannten Charaktere müssen sich dort neuen Herausforderungen stellen. Gleich zu Beginn wird aber auch ein neuer Bösewicht mit großem Getöse eingeführt: Der Puppenspieler ist ein Killer, der mit seinem Avatar, dem Zyklopen, für Angst und Schrecken sorgt und aus irgendeinem Grund hinter Kiki her ist.

Kiki will zum einen herausfinden, warum der Puppenspieler sie töten will, zum anderen arbeitet sie weiterhin wie schon seit Jahren daran, mehr über ihre eigene Herkunft herauszufinden. Das ist der titelgebende Handlungsstrang, jedoch springt die Geschichte viel zwischen unterschiedlichen Themen und Personen hin und her.

Die Stärke des Buchs ist deshalb weniger eine stringente Handlung als vielmehr der Humor, mit dem die Ereignisse geschildert werden. Viele Aspekte wie die steigende Überwachung, der exponentielle technologische Fortschritt, der Klimawandel und - selbstverständlich bei Büchern des Autors - die Kritik am Kapitalismus werden auf skurrile Weise thematisiert. Dabei klingen viele Schilderungen dieser dystopischen Zukunft gar nicht so unwahrscheinlich, was bei allem Spaß auch nachdenklich stimmt.

Vieles wurde aus dem ersten Teil wieder aufgegriffen und weitergesponnen, weshalb das Buch für mich nicht so viel Neues bot und mich etwas weniger mitreißen konnte wie sein Vorgänger. Die Gesellschaftskritik wird hier noch stärker auch mal im längerer, expliziter Form vorgetragen. Insgesamt habe ich mit „QualityLand 2.0“ einige unterhaltsame Stunden verbracht und kann es an alle weiterempfehlen, die der erste Teil begeistern konnte!

Veröffentlicht am 23.10.2020

Was planen die Frauen der Familie Esposito?

Malvita
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Christina reist nach Italien zur Familie der Schwester ihrer Mutter, um die Hochzeit ihrer Cousine Marietta Esposito als Fotografin zu begleiten. Sie hat diesen Teil der Familie nie kennengelernt, doch ...

Christina reist nach Italien zur Familie der Schwester ihrer Mutter, um die Hochzeit ihrer Cousine Marietta Esposito als Fotografin zu begleiten. Sie hat diesen Teil der Familie nie kennengelernt, doch ihre Mutter hat die Sache eingefädelt, um sie - chronisch pleite, nicht wirklich studierend und eine Trennung verarbeitend - auf andere Gedanken zu bringen. Mit dem, was sie vor Ort erwartet, hätte sie jedoch nicht gerechnet: Die riesige Villa Esposito thront in der Nähe des fast ausgestorbenen Dorfes Malvita, und seine Bewohner verhalten sich allesamt höchst merkwürdig. Christina fühlt sich fehl am Platz und beobachtet. Was geht hier vor sich?

Die Geschichte beginnt mit Christinas Ankunft in Malvita, wo sie von ihrer Cousine Elena, einem zugeknöpften, dürren Model, in Empfang genommen wird. Ein warmer Empfang sieht anders aus, und das ändert sich auch bei ihrer Ankunft in der Villa nicht. In einem kleinen Dachgeschoss-Zimmer wird sie geradezu abgestellt, bevor sie den Rest der Familie kennenlernen darf: Marietta, die Braut, die das Verschwinden ihrer Trauzeugin und ursprünglichen Fotografin hysterisch als Verrat bezeichnet; Ada, die Tante, die sich nett aber ohne besonderes Interesse gibt; Jodie, den Bruder, den alle wie ein kleines Kind behandeln und Tonio, den Vater, das schweigsame Familienoberhaupt.

Christina fühlt sich wie ein Fremdkörper im Kosmos der Villa Esposito und das Gebaren ihrer Verwandten gibt ihr Rätsel auf. Auch die Angestellten sind keine Hilfe dabei, Licht ins dunkel zu bringen. Als Christina nach 100 Seiten eine Leiche findet, die ermordet worden zu sein scheint, liegt der Verdacht nahe, dass hier gefährliche Dinge vor sich gehen. Gerade weil alle so bemüht sind, sie vom Geschehen abzuschirmen, möchte sie herausfinden, was hinter all dem steckt.

Nacheinander lernt man die Mitglieder der Familie Esposito besser kennen, und zwar zum einen durch Christinas Begegnungen mit ihnen und zum anderen durch weitere Informationen zu ihrem Leben und ihrer Vergangenheit, die man als Leser exklusiv erhält. Dabei wird deutlich, wie psychisch labil jeder einzelne von ihnen ist und wie dysfunktional ihre Beziehungen zueinander sind. Aber wer von ihnen ist harmlos, und wer gefährlich? Ich fand es interessant, in die Psyche der verschiedenen Charaktere einzutauchen.

Der schwarze Humor der Autorin zieht sich durch die Geschichte, die ich lockerem Ton erzählt wird, während das Geschehen immer absurder wird. Es gipfelt in einem finalen Showdown, der bei mir allerdings jede Menge Fragezeichen erzeugte. In Summe lässt die Geschichte viel Raum für Interpretation. Ein ungewöhnliches Leseerlebnis irgendwo zwischen Krimi, Familiendrama und Verschwörungsroman!

Veröffentlicht am 17.10.2020

Zeitreise ins Sardinien des Jahres 1922

Die sardische Hochzeit
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Der Ligurier und Kriegsveteran Leo Lanteri reist nach Sassari auf Sardinien mit dem Auftrag, dort als Erbe einer Olivenplantage nach der geheimnisvollen Olivensorte „pecora nera“ zu suchen. Vor allem aber ...

Der Ligurier und Kriegsveteran Leo Lanteri reist nach Sassari auf Sardinien mit dem Auftrag, dort als Erbe einer Olivenplantage nach der geheimnisvollen Olivensorte „pecora nera“ zu suchen. Vor allem aber musste er untertauchen, weil er im Streit einen Faschisten getötet hat. Die politischen Unruhen machen auch vor der Insel nicht halt, in Sassari Erstarken die Faschisten und gehen gegen die Kommunisten vor. Auch der Gutsherr des Landguts Soriga, der ihm bei der Suche nach der „pecora nera“ helfen könnte, erweist sich Unterstützer Mussolinis. Darüber hinaus verliebt sich Leo auf den ersten Blick in seine Tochter Gioia. Doch die soll in ein paar Tagen jedoch Gavino heiraten, dessen Familie ein Gestüt besitzt und königstreu ist.

Die Situation gleicht einem Pulverfass und ich bangte mit den Charakteren. Man erhält beim Lesen vielfältige Einblicke in die Zeit kurz vor Mussolinis Machtergreifung und dem Erstarken des Faschismus. Leo möchte eigentlich nur abwarten, bis sich die Wogen in seiner Heimat geglättet haben, und sich währenddessen nützlich machen, indem er die „pecora nera“ findet. Doch er trifft auf alte Kriegskameraden und macht neue Bekanntschaften, was ihn bald zwischen die Fronten bringt. Gioia träumt unterdessen davon, sich ein neues Leben aufzubauen und sieht ihren Verlobten Gavino als Mittel zum Zweck. Doch nach ihrer Begegnung mit Leo, der sich wie sie für Ragtime interessiert, geht ihr dieser nicht mehr aus dem Kopf. Den Kapiteln vorangestellt sind kurze Erläuterungen sardischer Bräuche und Überzeugungen, die sich in den Einstellungen und dem Handeln der Personen wiederspiegeln. Politische Einblicke, eine Liebesgeschichte und sardische Traditionen werden hier zu einer abwechslungsreichen Geschichte verwoben, die ich gerne an historisch interessierte Leser weiterempfehle!