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Veröffentlicht am 06.11.2020

Bittersüß. Bildgewaltig. Brillant.

Daisy Jones and The Six
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Eins vorne weg: „Daisy Jones and the Six“ ist mein Jahres-Highlight 2020. Im Vergleich zu diesem Buch, müsste ich allen anderen, die ich sonst noch bewerte, einen Stern weniger geben. Einfach aus Prinzip, ...

Eins vorne weg: „Daisy Jones and the Six“ ist mein Jahres-Highlight 2020. Im Vergleich zu diesem Buch, müsste ich allen anderen, die ich sonst noch bewerte, einen Stern weniger geben. Einfach aus Prinzip, weil das hier so verdammt großartig ist.

Inhalt:
„Daisy Jones and the Six“ erzählt die Geschichte der Rockband „The Six“ und der Sängerin Daisy Jones, die es Ende der Siebzigerjahre mit ihrem Album „Aurora“ zu Weltruhm brachte. Jahrzehnte später macht es sich die Autorin zur Aufgabe durch Interviews mit den Bandmitgliedern und ihren Weggefährten herauszufinden, was damals geschehen ist. Wie es zu dem rasanten Aufstieg und dem mindestens so rasanten Ende der Band kam.
Es geht um die Beziehung der Bandmitglieder untereinander, um den Leadsänger Billy Dunne und seine Familie, um Billy und Daisy und ihre Zusammenarbeit, um Vaterfiguren, um Familie, um Liebe und Sucht und um Rockmusik. Es ist so, so, so gut.

Meine Meinung:
Ich weiß gar nicht, wo ich beginnen soll.
Ich habe nie ein Buch wie dieses gelesen. Dr Erzählstil in Interviewform ist einzigartig. Vor dem Lesen, hatte ich noch Sorge, dass ich damit nicht zurechtkommen würde, doch das Gegenteil war der Fall. Die Stimmen der Bandmitglieder in meinen Kopf haben die Geschichte so real gemacht. Wenn ich nicht schon vorher gewusst hätte, dass die Band fiktiv ist, wäre ich beim Lesen ins Zweifeln gekommen.
Die Sache ist aber vor allem die: Wenn man „Daisy Jones and the Six“ liest, wünscht man sich die Band wäre echt und man könnte irgendwie diese Songs hören.
Manchmal saß ich beim Lesen da und dachte nur: „Gebt mit diese Schallplatte!“
Am Ende des Buchs befinden sich nämlich die Liedtexte aller Tracks aus dem Album „Aurora“. Jedes Mal, wenn ein Titel genannt wurde, hatte ich das Bedürfnis den entsprechenden Text nachzuschlagen. Und durch das Lesen des Texts hat man noch einmal so viel erfahren, was die Charaktere im Buch nicht gesagt haben. Was zwischen den Zeilen lag. Es war, als hätte das Buch durch diese Songs noch einmal eine ganz neue Zwischenebene bekommen. Ich habe es so gefühlt und ich hätte es so gerne gehört. Selbst der Schmerz, den ich manchmal beim Lesen empfunden habe, war auf seine Weise schön.
Außerdem waren da diese Szenen, die so wundervolle Bilder in meinem Kopf ergeben haben. Das Fotoshooting in der Wüste, das LA der Siebzigerjahre, Daisy wie sie in einem wunderschönen Kleid mit blutenden Füßen zugedröhnt im Pool treibt.

Die Charaktere waren allesamt großartig. Sie waren so rund, so menschlich. Jeder von ihnen. Man musste sie allein schon für ihre Menschlichkeit und ihre Schwächen lieben.
„Daisy Jones und the Six“ ist ein Buch über’s Leben und was darin alles kaputt gehen kann. Und darüber, wie man trotz all der Kaputtheit trotzdem weitermacht. Es ist voller kluger Zitate, die ich mir unbedingt merken wollte. Ich bin gar nicht hinterher gekommen, sie alle zu markieren. Vor allem die starken Frauen habe ich geliebt. Daisy, Camila und Karen, die alle drei auf ihre Art und Weise in einer männerdominierten Welt für ihre Träume gekämpft haben.
Ich hätte nie gedacht, dass ein Buch, in dem es über so große Strecken um Drogenkonsum geht, mir so viel geben kann. An dieser Stelle darf auf eine kleine Warnung nicht fehlen: Wenn man absolut keine Bücher lesen will, in denen Drogenkonsum ein wesentliches Thema ist, dann sollte man von dieser Geschichte besser die Finger lassen. Ich möchte aber anmerken, dass man sich dann etwas ganz Wundervolles entgehen lässt!

Fazit:

Alle Sterne dieses Himmels für „Daisy Jones and The Six“. Es ist ab heute eines meiner Lieblingsbücher EVER. Im Internet bin ich darauf gestoßen, dass es bald eine Miniserie zum Buch geben soll. Der Cast ist bereits bekannt und ich finde ihn perfekt! Ich hoffe so sehr, die Show und vor allem die Musik sind es am Ende auch. Ein weiterer Grund, warum ich 2021 nicht erwarten kann!

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Veröffentlicht am 01.11.2020

#betrunkenvorwonne

Aller guten Dinge sind zwei
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Mhairi McFarlane ist für mich die Königin des Britischen Chick-Lits.
Ich habe all ihre Bücher im Regal stehen, teilweise sogar in Originalsprache. Ich lese sie schon seit Jahren mit Begeisterung, obwohl ...

Mhairi McFarlane ist für mich die Königin des Britischen Chick-Lits.
Ich habe all ihre Bücher im Regal stehen, teilweise sogar in Originalsprache. Ich lese sie schon seit Jahren mit Begeisterung, obwohl die Protagonisten meist ein ganzes Stück älter sind als ich.
„Vielleicht mag ich dich morgen“ gehört zu meinen All-time-Highlights. Und auch ihr neuster Roman „Aller guten Dinge sind zwei“ hat mich nicht enttäuscht.

Inhalt:
Laurie, 36, Anwältin für Strafrecht in einer Großkanzlei, die eher einer Schlangengrube gleicht, wird nach 18 Jahren Beziehung von ihrem Freund Dan verlassen. Das Ende dieser Liebe wirft Laurie völlig aus der Bahn. Die Hypothek für das Haus, die zumeist giftigen Kollegen und ihre verkorkste Familiengeschichte - mit Allem muss sie sich plötzlich allein herumschlagen. Außerdem ist da auch noch die neue Frau in Dans Leben, die alles zu haben scheint, wovon Laurie immer geträumt hat.
Lauries Kollege Jamie Carter ist fünf Jahre jünger, sieht unverschämt gut aus und wird in der Kanzlei wie ein Aussätziger behandelt. Ein zweifelhafter Ruf als Aufreißer und Egomane eilt ihm voraus. Trotzdem ist es sein erklärtes Ziel zum Partner befördert zu werden.
Als Laurie und Jamie eines Abends gemeinsam im Aufzug stecken bleiben und daraufhin in einer benachbarten Bar landen, entsteht die Idee, eine Beziehung vorzutäuschen, um auf diese Weise ihre jeweiligen Ziele zu erreichen. Jamie will Chef werden und Laurie ihren Mann zurück.
Aber wie Lauries beste Freundin Emily warnt: „Es ist eine Lüge und Lügen gehen schief."

Meine Meinung:
Mhairi McFarlane ist ihrem altbekannten Stil treugeblieben. Trockener Humor und Zynismus. Außerdem hat sie einen schier unerschöpflichen Vorrat an Wortwitzen. Das typisch Britische kommt dabei so richtig gut rüber. Wie bereits erwähnt, lese ich ihre Bücher deswegen gerne auch auf Englisch. Leider trifft die deutsche Übersetzung in diesem Fall nicht immer ins Schwarze. Oft kann ich das verstehen. Noch öfter aber auch nicht. Manchmal frage ich mich auch, warum man gewisse Ausdrücke nicht einfach im Englischen belässt.
Ich meine "hashtag" trunkenvorwonne?
Wer sagt das? Wer schreibt das? Also ich nicht. Hätte man nicht wenigstens sowas wie "hashtag" besoffenvorglück daraus machen können? Das wäre wenigstens ein bisschen näher an der Realität gewesen.

Ich habe die Charaktere in „Aller guten Dinge sind zwei“ geliebt. Laurie ist eine echte Powerfrau, die sich in einer Männerdomäne durchkämpft. Gleichzeitig wurde ihr Leid und ihre Trauerarbeit nach dem plötzlichen Beziehungsaus so bildlich und vielschichtig dargestellt. Ich habe sie sehr gemocht. Sie war so herrlich unperfekt. Ihre Stärken und Schwächen wurden in ihren Facetten greifbar gemacht. Das lag auch daran, dass ihre Vergangenheit so gut beleuchtet. Das Selbstmitleid, das sie manchmal an den Tag legt, hat mich nicht gestört. Im Gegenteil. Ich fand, das sie dazu ja auch berechtigt war, nachdem 18 Jahre vor die Hunde gegangen sind.
Jamie ist ebenfalls grandios gewesen. (Auch wenn er mich irgendwie an JAMES aus „Vielleicht mag ich dich morgen“ erinnert hat. Dunkelhaariger, märchenhaft gutaussehender Mann mit Katze, das hatten wir doch schon?) Am Anfang wird man als Leser mit dem vorurteilsbehafteten Klischee konfrontiert, das ihm zugesprochen wird. Es ist wie eine Hülle, die man mit jeder neuen Seite weiter abstreift.
Und dann sind da ja auch noch die Nebencharaktere. Cheers to Bharat, Hattie und Di. Es war mir ein Fest. Ganz besonders hervorheben muss ich aber Emily. Die beste Freundin ist ja immer so eine Rolle in Liebesromanen, die schnell in die Bedeutungslosigkeit abdriftet. Das war hier gar nicht der Fall. Im Gegenteil. Emily hatte sogar ihre eigene kleine Geschichte.

Die Ereignisse im Laufe des Plots haben perfekt ineinander gegriffen. Ganz automatisch hat sich die Geschichte entfaltet und wirkte dabei überhaupt nicht konstruiert, obwohl das ganze Thema zugegeben ziemlich realitätsfern ist.

In Mhairi McFarlanes Büchern werden trotz all dem Humor und der Flapsigkeit zumeist tiefgreifende Themen angesprochen. Das gefällt mir besonders gut. In diesem Fall war es die Frage nach der Großen Liebe und die nach Familie und was das beides eigentlich ist.
Als Laurie realisiert hat, wer ihre wirklich Große Liebe ist, war das ein so herzerwärmend glorreicher Moment.
Natürlich bekommt man am Ende, das was auf der Verpackung steht. Einen Frauenroman zum Lachen und Mitfiebern. Keine große Literatur. Aber dafür genau die richtige Dosis an Ernsthaftigkeit.

Fazit:
Ich warte heute schon sehnsüchtig auf Mhairi McFarlanes nächstes Buch und bleibe ganz bestimmt eine treue Leserin. Wer eine gemütliche Buchreise nach England unternehmen will, ist hier genau richtig. Tausend Sterne für Mhairi, nicht ganz so viele für die deutsche Übersetzung.

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Veröffentlicht am 12.10.2020

Neues aus dem Roberts-Universum

Am dunkelsten Tag
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Ich bin ein riesiger Fan von Nora Roberts und habe in den letzten Jahren unzählige Bücher von ihr gelesen. Gleichzeitig kann ich aber auch verstehen, dass jemand Kritik an ihren Geschichten äußert.
Wenn ...

Ich bin ein riesiger Fan von Nora Roberts und habe in den letzten Jahren unzählige Bücher von ihr gelesen. Gleichzeitig kann ich aber auch verstehen, dass jemand Kritik an ihren Geschichten äußert.
Wenn man sich für einen Nora-Roberts-Roman entscheidet, dann sollte man sich von Anfang darüber im Klaren sein, was man bekommt. Das ist nämlich für gewöhnlich (zumindest bei den „stand alones“) immer das Gleiche: Eine Mischung aus Crime und Romance mit waschechten Bösewichten, die manchmal so krank sind, dass es nicht leicht ist, sie auszuhalten. Gleichzeitig typisch amerikanische Protagonisten. Die Männer sind gerne mal Polizisten, Detektive oder Ex-Soldaten. Die Frauen meist kämpferisch, unabhängig und emanzipiert. Außerdem ein sehr detaillierter Schreibstil, den manch einer vielleicht als langatmig bezeichnen würde. Nora Roberts erzählt gerne Nebengeschichten, die mit dem eigentlichen Plot nur lose zusammenhängen. Ich persönlich liebe genau diese Eigenschaften ihrer Bücher und auch für „Am dunkelsten Tag“ sind sie wieder einmal zutreffend.

Inhalt:
Im Jahr 2005 kommt es in einem Einkaufszentrum in Portland zu einem Amoklauf. Drei Jugendliche erschießen über neunzig Menschen und verletzen etliche andere schwer.
Unter ihnen ist Simone, die damals erst fünfzehn ist und von einer öffentlichen Toilette aus den ersten Notruf absetzt. Außerdem sind da der College-Student Reed, der einem kleinen Jungen das Leben rettet und die Polizistin Essie, die einen der Angreifer erschießt und damit viele weitere Opfer verhindert.
Ihren Lebensgeschichten und denen einiger anderer folgt das Buch über lange Zeit. Sie sind nämlich eng miteinander verwoben.
Auch Jahre später können die Überlebenden des Amoklaufs nicht zur Ruhe kommen, denn obwohl die Schützen gestorben sind, gibt es immer noch jemanden, der keine Ruhe gibt.

Meine Meinung:
Das Cover passt perfekt in die deutsche Reihe dieser Romane. Das Bild auf der Front hat meine Vorstellung von Reeds Haus auf der Insel genau getroffen.
Wie bereits angedeutet, liebe ich Noras Art zu schreiben und normalerweise waren die deutschen Übersetzungen auch immer sehr gelungen. Bei „Am Dunkeslten Tag“ ist das nicht immer der Fall. In den ersten Kapiteln klang es an manchen Stellen fast so, als hätte die Übersetzerin den Satz in Google Übersetzer eingespeist. Später wurden diese Sätze aber immer seltener. Prinzipiell bin ich zufrieden mit dem Schreibstil.
Trotzdem habe ich in den ersten Kapiteln so viel geweint, wie vielleicht noch bei keinem Roman dieser Autorin. Ihre Darstellung des Amoklaufs und die Schicksale der Menschen haben mich so berührt. Man sollte unbedingt ein Taschentuch bereit halten!
In „Am Dunkelsten Tag“ gibt es sehr viele unterschiedliche Charaktere, aber als Leser kann man sie gut auseinander halten, weil das Buch so umfangreich ist. Auch das ist ja grundsätzlich typisch für Nora Roberts. Ich fand Simone, ihre Großmutter CiCi, Reed und Essie sehr gelungen. Ich konnte sie greifen und sie gehören definitiv zu meinen Lieblings-Protagonisten im Roberts-Universum. Auf Platz 1 schaffen sie es zwar nicht (Da steht für immer Prinzessin Adrianne aus „Gefährliche Verstrickungen“), aber definitiv unter die Top 5.
Nora Roberts kann allerdings nicht nur gut über Familienclans und die Polizei schreiben, sondern auch über Menschen mit gestörten Gedanken. Man erfährt im Buch recht früh, wer der eigentliche Bösewicht ist. Und dieser hat es ziemlich in sich.

ACHTUNG KLEINER SPOILER

Ich musste bei den Morden an der Mutter und den Großeltern wirklich schlucken. Das war richtig schwer zu lesen. Vor allem die Mutter hat mir so schrecklich leid getan. Auch, wenn es nur eine Geschichte ist. Allein die Vorstellung ist so abgrundtief traurig.

Fazit:
„Am Dunkelsten Tag“ hat alle Zutaten, die ein richtig guter „Roberts-Roman“ braucht. Wenn man diese Bücher liebt, dann liebt man sie einfach. Das Buch hat mich tief berührt, aber auch an den richtigen Stellen wütend und traurig gemacht. Am Ende war ich wehmütig, mich von den Figuren verabschieden zu müssen, weil sie mir über die vielen Seiten hinweg so vertraut geworden sind.
Also alles genau so, wie es sein sollte. :)

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Veröffentlicht am 04.03.2024

Ciao Bella

Hallo, du Schöne
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Vier Schwestern, eine Familie.
Julia ist die älteste Schwester und sieht sich als heimliche Anführerin der Padavano-Mädchen. Sie hat ihr Leben fest im Griff und für alles einen Plan, auch für die Zukunft. ...

Vier Schwestern, eine Familie.
Julia ist die älteste Schwester und sieht sich als heimliche Anführerin der Padavano-Mädchen. Sie hat ihr Leben fest im Griff und für alles einen Plan, auch für die Zukunft. Als sie den zurückhaltenden Basketballspieler William Waters in einem gemeinsamen College-Kurs entdeckt, scheint sich dieser perfekt in die Schablone einzufügen, die Julia gedanklich für ihren zukünftigen Ehemann ausgestanzt hat.
Doch das Leben fügt sich nicht. Nach einem Schicksalsschlag, ist das einst so sicher geglaubte Familiengefüge der Padavanos auf einmal brüchig. Und William wird darüber hinaus zu einer Variablen, die Julias Gleichung nicht aufgehen lässt.

"Hallo du Schöne" ist ein American novel, der über mehrere Jahrzehnte und zwei Generationen hinweg, die Geschichte einer Familie nachzeichnet. Einer Familie, die hauptsächlich aus Frauen besteht und dann doch an Männern zerbricht.
Die Autorin nimmt das Konstrukt einer Familie in all seiner Brüchigkeit aber auch seiner Heilsamkeit unter die Lupe. Es geht um die verschiedenen Dimensionen on Schwesternschaft, aber auch um eine Girlhood (Wir brauchen ein deutsches Wort für diesen wundervollen Begriff) und ihr jähes Ende.
Zu Beginn hat mich die Geschichte, die abwechselnd aus der Perspektive verschiedener Familienmitglieder erzählt wird, sofort in ihren Bann gezogen. Ich mag die Retro-USA Vibes, den Flair des Arbeitermilieus, die Melancholie in der Sprache und der Ausarbeitung der Geschichte. Zwischenzeitlich ist es dem Plot dann aber nicht immer so gut gelungen, mich bei der Stange zu halten. Das Buch kämpft sich durch ein paar Längen bevor es wieder an Fahrt aufnimmt. Der Text ist stark charaktergetrieben. Ich mochte die feinen Nuancen, in den Beziehungen der Schwestern untereinander. Williams Charakter hat, wie wohl von der Autorin beabsichtig, eine seltsame Faszination auf mich ausgeübt. Die Nähe, die zu den Figuren aufgebaut wird, führt dazu, dass sie mich auch manchmal frustriert haben - vor allem Julia. Man fühlt jedoch unweigerlich mit den Padavanos.
Generell ist "Hallo du Schöne" eine gelungene Erzählung über Familie, das Leben und den Schmerz, den sich Menschen, die sich lieben, manchmal zufügen. Das Buch hält, was es verspricht: Typisch amerikanisch, schmerzvoll, nostalgisch.

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Veröffentlicht am 04.03.2024

Was ist das Subjekt?

Notizen zu einer Hinrichtung
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Ansel Packer ist ein zum Tode verurteilter Serienmörder, dessen Strafe in wenigen Stunden vollstreckt werden soll. "Notizen zu einer Hinrichtung" ist im wahrsten Sinne des Wortes kein Buch über seine Taten, ...

Ansel Packer ist ein zum Tode verurteilter Serienmörder, dessen Strafe in wenigen Stunden vollstreckt werden soll. "Notizen zu einer Hinrichtung" ist im wahrsten Sinne des Wortes kein Buch über seine Taten, sondern eine Auseinandersetzung mit all denjenigen, welche diese Taten beeinflussen. Vor allem aber mit den Frauen, deren Leben von Ansels Taten berührt werden.
Da sind jedoch nicht in erster Linie seine Opfer, sondern deren Angehörige, eine Polizistin oder Ansels Mutter.

"Notizen zu einer Hinrichtung" ist weit davon entfernt ein klassischer Thriller zu sein. Trotzdem ist das Buch packend, sogar ziemlich erschütternd. Für mich war es manchmal schwer auszuhalten - obwohl die Autorin im Groben auf Blutrünstigkeit verzichtet.
Es ist beeindruckend, wie es Kukafka gelingt, Packer als Mensch begreiflich zu machen. Das tut sie in einer Nüchternheit, die mir als Leserin zum Glück kein Mitleid abverlangt, die Dinge aber in Relation zueinander stellt. Ich würde ganz vorsichtig sagen, dass das Buch allen Beteiligten, eine jeweils angemessene Form der Empathie entgegenbringt. Die damit einhergehende Bearbeitung des Themas der Todesstrafe in den USA und ihrer Sinnhaftigkeit finde ich interessant und vielschichtig.

In unserer gegenwärtigen Popkultur werden Kriminalfälle auf unterschiedlichste Weise bearbeitet. Das sind die klassischen Thriller in Film und Literatur, aber auch Netflixdokus oder True Crime Podcasts. Es ist Gang und Gäbe, dass eine Auseinandersetzung nicht nur auf fiktionaler Ebene stattfindet, sondern auch in Form von Nacherzählungen wahrer Begebenheiten. US-amerikanische Serienmörder wie Bundy oder Dahmer, ihre Namen und Verbrechen sind weitreichend bekannt.
Danya Kukafka wirft mit ihrem Roman unweigerlich die Frage auf, welche und vor allem wessen Perspektive wir bei solchen Betrachtungen einnehmen sollten.
Wer soll das Subjekt sein?
Die die Verlagswerbung verspricht nicht zu viel, wenn es heißt, dass es sich bei diesem Buch auch um eine Auseinandersetzung mit dem True Crime Genre handelt.
Auf sprachlicher Ebene ist das "Notizen zu einer Hinrichtung" - entsprechend der Thematik und der agierenden Protagonisten - manchmal etwas derb, aber in seinem Tonfall fein austariert.
Inhaltlich hat es mir einiges abverlangt. Ich denke dennoch, dass es ein Paradebeispiel seiner Art ist und bin froh es gelesen zu haben.

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