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Veröffentlicht am 11.11.2020

Selma, breite deine Schwingen aus ...

Selma Lagerlöf - Die Liebe und der Traum vom Fliegen
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Sehr informative, äußerst interessant geschriebene Romanbiographie über eine faszinierende Schriftstellerin! Großartig! Mit Sachanhang!👍

Von Selma Lagerlöf haben gewiß viele schon gehört. Die großartige ...

Sehr informative, äußerst interessant geschriebene Romanbiographie über eine faszinierende Schriftstellerin! Großartig! Mit Sachanhang!👍

Von Selma Lagerlöf haben gewiß viele schon gehört. Die großartige Autorin und Literaturnobelpreisträgerin aus Sverige hat aber weitaus mehr verfasst als "nur" Nils Holgersson. Nur zwei weitere Beispiele: "Gösta Berling", "Jerusalem".

Dieses Buch hier ist aber keine trockene akademische Abhandlung aus der universitären Abteilung für Skandinavistik.

Gegen Ende des Buches gibt es Abbildungen, im Anhang eine Zeittafel, ein Personen - und Ortsregister, ein Glossar, eine Liste von Selmas Werken sowie ein Verzeichnis von Sekundärliteratur.

Wer möchte, kann sich erst einmal damit einstimmen, bevor er sich mit dem Hauptwerk Maria Regina Kaisers auseinandersetzt.

Sie hat pointiert die prägnantesten Hauptströmungslinien des Lebens von Selma herausgegriffen, angefangen mit gesundheitlichen Problemen in der Kindheit. Es gibt Zeitsprünge, aber das Buch ist linear erzählt.

Aber wie gesagt, es ist keine akademische Biographie und kein Sachbuch im eigentlichen Sinne, die auch den kleinsten Details verpflichtet wäre. Dieses Buch hier ist in einen literarischen Erzählkontext gesetzt, was mir außerordentlich gefällt und zusagt.

Selma war eine außergewöhnliche, sehr phantasiebegnadete, disziplinierte, engagierte Frau, die sich aktiv in politische Fragen einbrachte, seien es Frauenrechte oder Hilfe für jüdische Exilanten. Sie machte ebensowenig einen Hehl daraus und aus ihrem Herzen keine Mördergrube, daß sie Frauen liebte.

Maria Regina Kaisers Schreibstil sponn mich ein wie ein seidiger, wärmender Kokon. Sie schafft es, Selma derart vital zu gestalten, so daß sie einem dynamisch nachdrücklich nahekommt.

All die Höhen und Tiefen des Spektrums der Emotionen, Tiefe sowie Humor, sowie poetische Färbung verwandelt die Autorin auf fesselnde Weise in ein großartiges Buch.

Ich habe viel über Selma gelernt und das ist ein wahrer Mehrwert und das ganz ohne staubtrockenes, akademisches Dozieren. Tres magnifique!!! Lang möge die Kaiserin Maria Regina regieren!

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Veröffentlicht am 11.11.2020

Die kriechende finstere Bedrohung!

CHIARA / Chiara Schatten der Vergangenheit
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Extrem spannender Krimi! Nicht nur!Chiara wird von der Vergangenheit eingeholt und es gibt noch mehr Überraschungen! Fesselnde Fortsetzung!

Ich habe bereits die starke Frau, Chiara Schönfeld in Chiara ...

Extrem spannender Krimi! Nicht nur!Chiara wird von der Vergangenheit eingeholt und es gibt noch mehr Überraschungen! Fesselnde Fortsetzung!

Ich habe bereits die starke Frau, Chiara Schönfeld in Chiara geht ihren Weg kennenlernen dürfen und sie regelrecht liebgewonnen. Umso größer die Freude nun in der Fortsetzung lesen zu können wie es mit Chiara weitergeht. Und wie! Mein lieber Scholli!

Ex - Mann Peter sitzt sicher hinter Schloß und Riegel. Aufwühlende, schlimme Monate liegen hinter Chiara. Nun scheint endlich Ruhe, Freude und Glück in ihr Leben einzukehren.

Mit Maurice und Tochter Carlotta lebt sie in bella Italia. Das Verhältnis zu ihrer Mutter war schwierig, zeitweise herrschte lange Funkstille. Umso schöner, daß sich die beiden ausgesöhnt haben. 

Chiara und Maurice wollen heiraten, standesamtlich. Sie hat für Maurice noch eine tolle Überraschung parat. Alles fängt scheinbar harmlos an.

Als sie aber nach der Vermählung vor dem Standesamt steht, wird sie beinahe überfahren. Und das ist nicht das einzig Unheimliche und Bedrohliche, was dräut. 

Nichtsdestotrotz fahren Maurice und sie in die Flitterwochen. Alles wirkt wieder ruhig. Chiara macht sich Gedanken, ob Peter einen derart langen Arm haben könnte, der aus Rache bis auf den Stiefel reicht. Aber der Frieden ist trügerisch. Die Gefahr wird konkreter und unter Umständen sogar tödlich. Aber wenn es Peter nicht ist, wer hätte dann ein Motiv Chiara nach dem Leben zu trachten? Und wird sie einen Ausweg finden, bevor es zu spät ist?

Das Buch umgarnt einen auf sehr angenehme Art, zieht einen sehr schnell in die quirlige und fesselnde Geschichte hinein. Man freut sich mit Chiara und fiebert mit ihr als auch ihren Lieben, als diverse Ereignisse stattfinden. Die Hauptprotagonisten sind sympathisch und ich beziehe mich selbstredend auf die positiv Konnotierten. 

Es macht gar nichts, daß man schon relativ früh entscheidende Informationen erhält, denn es ist hochspannend zu lesen, wie Chiara es schaffen möchte, sich des Damoklesschwertes zu entledigen. Und man hofft unmöglich, daß sie das schafft. 

Der Spannungsbogen wird konstant auf hohem Niveau gehalten und das Timing ist gut getaktet. Es gibt ein paar unerwartete Spitzkehren, wo man als Leser die Luft anhält und ruft: O nein! Nicht doch! Skrupellosigkeit ist für den niederträchtigen Antagonisten Chiaras jedenfalls kein Fremdwort.

Atmosphärisch geschrieben wird gekonnt der Kontrast zwischen relativer Normalität und einem wahrlich finsteren Abyssus geschildert, der in Menschen lauern kann. Man verfolgt gebannt und geschockt mit, wie diese Dunkelheit immer mehr und mehr auf Chiara und ihre Liebsten gekrochen kommt um sie möglichst gnadenlos auszulöschen. 

So wird man als Leser mit entspannenden Passagen beruhigt, so daß der Puls runterkommen kann, bis das nächste Plateau des Grauens erreicht ist und das Herz rast. Sagte ich, gut getaktet, sehr gut getaktet! 

Das Buch liest man quasi in einem Rutsch durch, wenn man erst einmal angefangen hat, weil einen der Plot gefangennimmt! Grazie, Signora Agostini!!!



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Veröffentlicht am 11.11.2020

Feminina Assoluta!

Malvita
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Das kafkaeske kollektive Psychogramm einer dysfunktionalen Familie erstaunt und verblüfft bis zum überraschenden Ende!

Wer hier einen klassischen konventionellen Krimi erwartet, den muß ich leider enttäuschen, ...

Das kafkaeske kollektive Psychogramm einer dysfunktionalen Familie erstaunt und verblüfft bis zum überraschenden Ende!

Wer hier einen klassischen konventionellen Krimi erwartet, den muß ich leider enttäuschen, dann ist es nichts für sie oder ihn, falls "nur" das gewünscht ist. Es ist soviel mehr! 

Überhaupt bin ich 2020 bass erstaunt, wieviele unkonventionelle, aber gute Bücher es im noch laufenden von österreichischen Autor / innen gibt. Sind es die Marillenknödel, die Wiener Luft, die Atmosphäre Salzburgs oder der leckere Steirer Käse, der die Grundlage für diesen tollen kollektiven Ausbruch an kreativer Energie triggert? 

Irene Diwiak wurde 1991 in Graz geboren, studierte Komparatistik und veröffentlichte 2017 ihr Debüt Liebwies.

Dank ihrer Mutter lernt Christina endlich ihre Tante und deren Familie in Italien kennen. 

Ihre Cousine Marietta Esposito will sich vermählen und sie, Christina, soll die Photographin sein. 

Als sie ankommt, umschimmert und - waberte das kaum noch bewohnte Dorf Malvita und die Villa dieser Familie etwas Kafkaeskes. Das drückt sich sowohl in den Obskuritäten der Anrainer als auch der hochwohlgeborenen Espositos aus. 

Ihre Cousins Elena, Marietta und Jordie, wie auch Tante Ada und Onkel Tonio sind nicht gerade überschäumend warmherzig. Wie fehl am Platz. 

Dann entdeckt Christina die Leiche Blanc as, die vormals die "Knipserin" sein sollte. Warum wurde sie scheinbar ermordet? Um sie, Christina, aus einem noch unbekannten Grund dort hinzulotsen? Aber warum? Sie fühlt sich nicht willkommen. Oder steckt etwas ganz anderes, düsteres dahinter? 

Jeder der Protagonisten hat einen Knacks weg und als Leser deckt man das alles nach und nach auf. Die inneren dynamischen Prozesse einer dysfunktionalen Familie, die potentiell viel destruktive Kraft freisetzen könnte. Kommt der oder die Verantwortliche für Blancas Tod überhaupt aus der Familie? Und war es reell Mord? 

Es ist wirklich, als ob Christina das Tor zu Kafkas Dimension betreten habe und dort auf David Lynch, Therouxs Parker Jagoda und François Ozons acht Frauen trifft. 

Das Ende wirft zweifellos Fragen auf, ist überraschend und wird nicht jedem munden, weil Fragen offenbleiben. Wie ich betonte, unkonventionell, bricht mit tradierten Konventionen. Der Abschluß ist interpretierbar, aber das sind "Mulholland Drive" und "Lost Highway" sowie "Eraserhead" ebenso. Das regt intellektuell an und läßt die Phantasie auf Hochtouren laufen. 

Christina durchläuft eine faszinierende Genese und die Handlung ist nicht vorhersehbar. Sie wird ebenfalls Teil des kollektiven Psychogramm, ob sie will oder nicht.

Die Kapitel sind kurz, bündig und verdichtet geschrieben, substantiell aufgeladen. Eine unheimliche Atmosphäre im Geiste du Mauriers ummantelt den Plot, aber ohne, daß es in Horror mündet. Obwohl ... die Psyche des Menschen kann der größte Horror sein. Dazu bedarf es keiner Blutsauger oder Monster unter dem knarzenden Bett. 

Differenziert ausgearbeitete Charaktere harmonieren mit dem italienischen Setting, das selbst seltsam lebendig wirkt und wie ein Armanigürtel fesseln ...




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Veröffentlicht am 11.11.2020

Die allerfeinsten Verästelungen

Mathias
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Kurzmeinung: Tiefgründige Kollektion an Kurzgeschichten, die emotional gefärbt, aber kitschfrei die Conditio Humana hintersinnig-empathisch reflektieren!

Die Kurzgeschichte ist eine hohe Kunst, weil es ...

Kurzmeinung: Tiefgründige Kollektion an Kurzgeschichten, die emotional gefärbt, aber kitschfrei die Conditio Humana hintersinnig-empathisch reflektieren!

Die Kurzgeschichte ist eine hohe Kunst, weil es nicht den Raum gibt, allzu detailliert werden zu können. Flannery O'Connor, Sylvia Plath und Joyce Carol Oates beherrschen diese hohe Disziplin. Bettina Dyes ebenso. 

Unsere Gegenwart erweckt die Impression, immer schnellebiger zu werden. Das Tempo akzeliert - hektisch, nervös, ausgebrannt ... In manchen Büchern scheint es ebenfalls so zu sein, daß die Eile und die Zeitnot Einzug gehalten haben. 

Wie schön, daß es dann noch Bücher wie dieses hier, "Matthias" gibt. Kurzgeschichten scheinen altmodisch und wie aus der Zeit gefallen? Von wegen! Sie sind zeitlos, vor allem, wenn sie universale Leitthemen der Menschheit spiegeln. 

In der Natur der Kurzgeschichte liegt es komprimiert zu sein, aber der Autorin gelingt es hier vorzüglich, trotz der literarischen Restriktionen zu entschleunigen. Sie läßt ihren Worten Raum zum Atmen und Entfalten, jenseits eines einschnürenden Korsetts. 

Autobiographische Erlebnisse bzw. Fragmente, Beobachtungen und Schicksale diverser Individuen sind die Basis der zehn Kurzgeschichten. 

Die beiden Weltkriege werfen ihren langen Schatten bis in die feinsten Verästelungen der Familien, über die Epigenetik sogar bis heute. 

Worte können Waffen sein oder unbedacht gebraucht schlimmen Schaden anrichten. 

Das Leben plätschert nicht nur dahin mit gelegentlichen Tiefpunkten und Highlights. Es gibt Triggerpunkte, die retrospektiv gesehen eminente Wegmarken setzen, weil sie entscheidende Wenden und Veränderungen hervorrufen können, manchmal mit unvorhersehbaren Folgen. Nicht immer nur negativ. Das ist einer der Leitmotive der Autorin. 

Manchmal erkennt man den Triggerpunkt auch sehr klar, wenn er im Begriffe ist sich zu materialisieren. 

Es sind die Geschichten ganz "gewöhnlicher" Menschen ( sowie wunderbarerweise einer Taube, Frau Taube ), die alles andere als gewöhnlich sind. 

Denn die Autorin zeigt tiefgründig und reflektierend diese einzigartigen Individuen. 

Die Probleme, Sorgen, Gedanken, die um und in ihnen kreisen mögen so oder so ähnlich Aberhunderttausende tangieren. 

Jeder jedoch erlebt selbstverständlich dies alles, Trauer, Tod, Trennung, aber ebenso Glück und Freude als einmaliges Original ohne Negativ, nicht reproduzierbar. 

All dieses Einmalige, das jeder parallel erlebt bildet kollektiv ein Konglomerat, was den ganzen emotionalen Komplex universal macht. So kann man, den Spiegelneuronen entsprechend, der Schmerz des "fremden" Menschen nachempfinden, selbst wenn dieser anders gelagert ist. 

Bettina Dyes hat mit großer Herzlichkeit, Empathie und einem tiefen Verständnis der humanen Enigmen diese Geschichten verfasst. 

Sie wühlen auf, gehen einem nahe, aber Optimismus fehlt ebensowenig wie Denkanstöße. Diese magisch - realistischen Satzgebilde sind von einem poetisch warmen Wind durchwirbelt und verankern sich unvergeßlich im Langzeitgedächtnis.




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Veröffentlicht am 11.11.2020

Ach, Die Heraklesaufgaben der Selbstzweifler!

Skurrilchaotische Existenz ohne Effizienz
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Autobiographisch geprägtes "Aufklärungsbuch" über ADHS, mit Selbstironie und seriösem Anspruch. Besser als akademische Lehrbücher!

Warum nur hegen soviele Menschen den Wunsch, den Konventionen der Gesellschaft ...

Autobiographisch geprägtes "Aufklärungsbuch" über ADHS, mit Selbstironie und seriösem Anspruch. Besser als akademische Lehrbücher!

Warum nur hegen soviele Menschen den Wunsch, den Konventionen der Gesellschaft entsprechen zu wollen? Um dazuzugehören? Wieso? Warum sollte man sich verbiegen, um Leuten zu gefallen, die man im Grunde gar nicht mag?

Aimo Nyland ( kleiner Scherz: klingt wie ein "alter" Schwede! ) ist auch anders, aber das ist eine Bereicherung, kein Makel.

Chaotisch, hibbelig, planlos ... Er erfährt jedoch erst im späten Erwachsenenalter, daß er ADHS hat. Endlich fallen die letzten kryptischen Puzzleteile an ihren jeweilig richtigen Platz. Er weiß nun, worunter er leidet, aber ebenso bereichert.

Das ist das Besondere an diesem Autoren. Er verschließt nicht die Augen vor den Schattenseiten, verharmlost Negatives nicht, erwähnt all dies. Ebensowenig versinkt er in Selbstmitleid und Jammerei. ( Obwohl, ich habe noch nie ein Ei jammern hören! )

Er zeigt eindrücklich die Tag - und Nachtseiten seiner Diagnose, seines speziellen "Zustands".

Er ist seriös und sprachmächtig, aber ebenso selbstironisch und von einem differenzierten Humor. Er schildert hautnah Episoden aus seinem Leben und gibt dem Leser klasse Impressionen.

Er will aufzeigen, daß Betroffene innerhalb ihres speziellen Feldes genauso normal und / oder gestört wie wir alle sind. Wer oder was ist normal? Wer will im Grunde genommen normal sein? Das hieße ja der Norm entsprechen, was wiederum eklig bürokratisch klingt.

Es gibt ebenso einen Ratgeberteil, der wertvolle Aufklärungsarbeit leistet sowie weitere drei Erzählungen von Betroffenen.

ADHS - Anders Denken Hat Stil, wie der Autor so treffend es benennt. Wenn das Andersdenken ganz allgemein nur endlich weiter verbreitet wäre ...

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