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Veröffentlicht am 27.02.2021

Ist die Zeit reif für diese Geschichte? Das muss jeder für sich entscheiden

Mit Abstand verliebt
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Als Jella im Februar 2020 die Party ihres Kumpels David besucht, ahnt sie noch nicht, dass es die letzte für eine lange Zeit sein wird. Doch einige Tage später trifft die Hiobsbotschaft via WhatsApp ein: ...

Als Jella im Februar 2020 die Party ihres Kumpels David besucht, ahnt sie noch nicht, dass es die letzte für eine lange Zeit sein wird. Doch einige Tage später trifft die Hiobsbotschaft via WhatsApp ein: Der Gastgeber wurde positiv auf Corona getestet und bittet alle, zu Hause zu bleiben und sich testen zu lassen. Vor dem Krankenhaus trifft Jella Lennard wieder, der mit ihr auf der Party war. Für Lennards Geschmack hat Jella zu viele Tattoos, und für Jellas Geschmack hat Lennard zu viele Versicherungen. Dennoch beginnen die beiden während des Lockdowns, sich Nachrichten zu schicken...

Ist die Zeit reif für eine Liebesgeschichte während der ersten Corona-Welle? Ich habe das Buch überraschend vom Verlag erhalten und war neugierig darauf, meine Antwort auf diese Frage zu finden Zu Beginn lernt man Jella und Lennard auf der letzten Party kennen, die sie für lange Zeit feiern werden. Jella arbeitet als Yoga-Lehrerin, ist begeisterte Surferin und liebt das Reisen. Mit ihrer Unbeschwertheit und Abenteuerlust ist sie ganz anders als Lennard, der in einer Agentur arbeitet und seit Jahren auf den Kauf einer Immobilie in Hamburg hin.

Die Kapitel sind abwechselnd aus den beiden unterschiedlichen Perspektiven geschrieben und geben dem Leser Einblicke, wie Jella und Lennard den Beginn der Pandemie erlebten. Zwischen den Kapiteln sind außerdem einige Nachrichten abgedruckt, welche die aktuelle Corona-Situation verdeutlichen. Durch Jellas und Lennards unterschiedliche Lebenssituationen werden verschiedenste Konsequenzen des Lockdowns deutlich. Jella kann von heute auf morgen nicht mehr als Yogalehrerin arbeiten, ihr nächster Urlaub ist in Gefahr und ihr Mitbewohner will sich nicht mehr im selben Raum aufhalten wie sie. Lennard verlegt die Arbeit ins HomeOffice und kann kein Verständnis für seine Eltern aufbringen, die aus seiner Sicht zu sorglos reagieren.

Ich wartete gespannt darauf, wie die Liebesgeschichte sich entwickeln wird. Nach 200 Seiten hatten Jella und Lennard erst ein paar mal miteinander geschrieben und gesprochen und ich hoffte, dass endlich mehr zwischen den beiden passiert. Die Geschichte wird in angenehm flotten Tempo erzählt und driftet trotz der ernsten Lage nicht ins dramatische ab. Lennard entdeckt beispielsweise das Backen für sich und heitert das Nachbarkind mit Corona-Comics auf. Da er sich auch nicht im Freien mit anderen Haushalten treffen will, beginnen er und Jella schließlich mit Videotelefonie.

In der zweiten Hälfte des Buches nehmen die Interaktionen zwischen den beiden zu und die Schilderungen der coronakonformen Dates haben mir gefallen. Nachdem ich mit beiden meine Startschwierigkeiten hatte, wurden sie mir zunehmend sympathischer. Die Botschaft, dass Liebe in allen Zeiten einen Weg findet und man das Beste aus jeder Situation machen sollte, fand ich schön.

Während die Liebesgeschichte erzählt wird möchten die Autoren gleichzeitig der Darstellung der Pandemie gerecht zu werden. Diese ist im Buch omnipräsent, so wie sie es für alle in dieser Zeit eben war. Ich lese Liebesgeschichten, um abschalten zu können und habe während der Lektüre gemerkt, dass das nicht gut klappt, wenn man dabei über die Pandemie liest, die seit Monaten sowieso überall Gesprächsthema Nummer Eins ist. Als Lennard beispielsweise überlegte, ob David als Gastgeber der Party wohl ursprünglich aus Heinsberg kommt, wollte ich am liebsten entgegnen „Ich kann dir gern erzählen, welche Reaktionen ich bekommen habe, als meine Kollegen sich daran erinnerten, dass ich tatsächlich aus Heinsberg komme.“ Ob man ein Buch lesen will, dessen Protagonisten sich mit Herausforderungen konfrontiert sehen, die man selbst allzu gut kennt, muss jeder für sich entscheiden.

Veröffentlicht am 21.11.2020

Ermittlungen in einem dystopischen Berlin in naher Zukunft

Sodom
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Einige Jahre in der Zukunft ist Altberlin zu einem Ort geworden, in dem die Polizei nicht mehr viel zu sagen hat. Die meisten Polizisten sind korrupt, und für Technologie und Ausstattung steht kaum Budget ...

Einige Jahre in der Zukunft ist Altberlin zu einem Ort geworden, in dem die Polizei nicht mehr viel zu sagen hat. Die meisten Polizisten sind korrupt, und für Technologie und Ausstattung steht kaum Budget zur Verfügung. Birol arbeitet trotzdem in der Polizeizentrale Altberlins, dem „Käfig“, und ist wild entschlossen, dem Verbrechen die Stirn zu bieten. Mit seinem neuen Team, das aus der Polizeischülerin Laura und der zum Strafdienst verurteilten Raven besteht, soll er einen Mordfall lösen. Was er nicht ahnt: Laura hat ihren Dienst im Käfig unter einer falschen Identität angetreten. Und Raven kannte das Opfer...

„Sodom“ ist das erste Buch der Reihe „Utopia Gardens“ - der Name eines berühmt-berüchtigten Clubs, den man gleich auf den ersten Seiten kennenlernt. Alle Wünsche, auch die geheimsten, werden in seinen Mauern erfüllt. Wilde Partys, Drogen aller Art, hemmunglose Orgien und Kämpfe bis zum Tod sind hier Programm. Raven treibt sich hier oft herum - aber nicht um zu feiern, sondern weil sie als Laufbursche für den erfolreichen Modder Dark arbeitet.

Der Leser kennt von Beginn an Ravens Geheimnis: Sie selbst ist Dark und verwandelt ihre Kunden in sogenannte Cheater, indem sie ihnen Hightech-Prothesen aller Art einsetzt. Die Chefs des „Utopia Gardens“ schicken meist Schuldner zu ihr, die mit den Prothesen im Club kämpfen sollen. Für diese Arbeit hat sie allerdings kaum mehr Zeit, als sie zum Strafdienst bei der Polizei antreten muss, weil sie beim Klauen erwischt wurde. Dass die Polizei verzweifelt genug ist, um eine Diebin in der Mordkommission einzusetzen, fand ich weit hergeholt, doch darauf muss man sich einlassen, damit die Geschichte funktioniert.

Auf 370 Seiten hat die Autorin unglaublich viele Ideen und Themen einfließen lassen: Die dystopische Welt Altberlins, das Utopia Gardens, Modder und Cheater, drei Mordfälle, ein Vermisstenfall, zwei verfeindete mächtige Geschwister und tödliche Experimente. Die Geschichte wechselt alle paar Seiten die Perspektive, um all das aus verschiedenen Blickwinkeln weiterzuerzählen.

Für meinen Geschmack war das Buch thematisch überfrachtet. Es blieb kaum Zeit, die einzelnen Charaktere besser kennenzulernen und ihre Hintergrundgeschichte zu verstehen. Im Hinblick auf die verschiedenen Fälle gibt es nur kleine Fortschritte. Bei einer Trilogie möchte ich am Ende des ersten Bandes zumindest einen Fall als gelöst betrachten können. Stattdessen wird alles für die kommenden zwei Bände in Position gebracht und ich blickte auf eine Vielzahl offener Handlungsstränge. Ob im zweiten Band mehr Antworten warten oder diese sich alle im dritten Band verstecken? Das herauszufinden werde ich anderen Lesern überlassen.

„Sodom“ bietet mit einer Art „Babylon Berlin“ der Zukunft ein faszinierendes Setting, das für alle, die die Serie und spannende Dystopien mögen, interessant sein dürfte. In der Umsetzung packt das Buch jedoch zu viele Themen auf einmal an und ließ mich zu lange auf Antworten warten.

Veröffentlicht am 14.11.2020

Lässt mich mit gemischten Gefühlen zurück

Ein weißer Schwan in Tabernacle Street
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Peter Grant erwartet ein Undercover-Job: Er wird als Sicherheitsexperte bei der Serious Cybernetics Corporation eingeschleust. Dort soll er einige Ungereimtheiten aufdecken, die dem Sicherheitschef aufgefallen ...

Peter Grant erwartet ein Undercover-Job: Er wird als Sicherheitsexperte bei der Serious Cybernetics Corporation eingeschleust. Dort soll er einige Ungereimtheiten aufdecken, die dem Sicherheitschef aufgefallen sind. Vor allem aber führte die Spur eines ausländischen Praktizierenden, der etwas im Schilde führt, zum Chef der Firma. Vor Ort drängt sich Peter schnell eine große Frage auf: Woran wird in den oberen Etagen hinter der Sicherheitstür gearbeitet, die nur die wenigsten passieren dürfen?

Das Buch beginnt mit Peters Einstellung bei der Serious Cybernetics Corporation, wo er als ehemaliger Polizist das Sicherheitsteam unterstützen soll. Kurz fragte ich mich, warum sich Peter beruflich neu orientieren soll, doch schnell wird klar: Der Job ist zum Glück nur Tarnung, er arbeitet weiterhin für Nightingale. Danach springt die Handlung während des gesamten ersten Teils abwechselnd einen Monat vor und zurück, um zu erzählen, wie es zu diesem Einsatz kam. Der Mehrwert dieser Zeitsprünge hat sich mir nicht erschlossen, ein stringenter Ansatz hätte mir den Einstieg in die Geschichte erleichtert.

Im vorherigen Band, der mich sehr begeistern konnte, hat ein wichtiger Handlungsstrang sein Ende gefunden. Ich war deshalb neugierig, wie es nun weitergeht. Passend zu diesem Umbruch hat der Verlag nicht nur das Coverdesign, sondern auch das Buchformat geändert, was ich schade finde, denn so passt der neue Teil optisch nicht zum Rest. Er lässt sich nun auch ohne Vorkenntnisse gut lesen, da er weniger auf den Vorgängern aufbaut und viele grundlegende Dinge erklärt werden - ist das der Übergang in die Endlosproduktion?

Der zu lösende Fall dreht sich diesmal um das Thema Magie und Technik. Den Leser erwarten Einblicke in die Vorgänge einer zukunftsorientierten, hippen Tech-Firma und jede Menge Verweise auf „Per Anhalter durch die Galaxis“. Das Vermächtnis von Ada Lovelace und der Turing-Test spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Die Geschichte hätte aber auch mit weniger Charakteren erzählt werden können, über die ich immer mal wieder den Überblick verlor.

Mich lässt dieser Fall mit gemischten Gefühlen zurück. Der Fall an sich ist interessant, aber die Originalität kommt nicht mehr an die frühen Bände heran und ich habe Lesleys Auftritte vermisst. Ich bin gespannt, wohin sich die Reihe in den nächsten Bänden entwickeln wird.

Veröffentlicht am 17.10.2020

Was ist echt, und was ist nur Teil der Show?

Love Show
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Die siebzehnjährige Ray lebt auf Aroha Island und hat die Insel noch nie verlassen. Die Natur ist traumhaft schön und alle Inselbewohner sind wie eine große Familie - warum sollte sie woanders sein wollen? ...

Die siebzehnjährige Ray lebt auf Aroha Island und hat die Insel noch nie verlassen. Die Natur ist traumhaft schön und alle Inselbewohner sind wie eine große Familie - warum sollte sie woanders sein wollen? Doch dann machen Ray und ihr bester Freund Noah einige Entdeckungen, die sie ins Stutzen bringen. Der auf der Insel eintreffende Besucher Liam, dem sie die Insel zeigen soll, bringt Ray schnell auf andere Gedanken. Was sie nicht ahnt: Ihr ganzes Leben ist eine Reality-Show, außer ihr und Noah sind alle Inselbewohner Schauspieler. Und Liam wurde geschickt, damit die „Love Show“ ihrem Namen gerecht wird.

Auf den ersten Seiten taucht man ein in Rays heile Weilt auf Aroha Island, wo jeder jeden kennt und sie am liebsten zusammen mit ihrem besten Freund Noah über die Insel streift. Ein Brand im Diner, über dem sie mit ihrem Onkel Jim wohnt, führt dazu, dass sie die Nacht bei Noah verbringen soll. Doch seine Annäherungsversuche blockt sie entscheiden ab - sehr zum Verdruss von Mr. X, der seinem Publikum Liebesszenen bieten will.

Das Tempo ist von Beginn an sehr hoch. Der Brand im Diner wird auf einer einzigen Seite geschildert und kurz darauf schläft Ray schon in Noahs Zimmer ein, nachdem sie ihm klar gemacht hat, dass sie ihn nicht küssen wird. Auf die Gefühle und Gedanken der Handelnden wird nur oberflächlich eingegangen und Entscheidungen werden nicht groß erklärt. Ich hatte in der Folge häufig Probleme damit, das Verhalten der Charaktere nachzuvollziehen.

Die Schilderungen des Insellebens haben Feelgood-Charakter und nehmen viel Platz ein. Als Liam auf der Insel eintrifft mit dem Ziel, Ray zu verführen, erhält diese die Aufgabe, ihm die Insel zeigen. Sie nimmt ihn mit zu all ihren Lieblingsplätzen, die genau beschrieben werden, sodass man sich vorstellen kann, in welch toller Natur Ray lebt. Das führt allerdings auch dazu, dass Noah ganz schön eifersüchtig wird. Ich wartete unterdessen ungeduldig darauf, dass endlich die Wahrheit über die Show ans Licht kommt. Dies geschieht aber erst recht spät und dann überstürzen sich die Ereignisse so sehr, dass nur wenig Zeit für die Reflektion rund um die Frage „Wer bin ich, wenn andere über mein Leben bestimmen?“ bleibt.

Beim Lesen der Buchbeschreibung denkt man schnell an „Die Truman Show“ und der Ansatz ist tatsächlich ähnlich. Jedoch schöpft die Geschichte das Potenzial eines Buches gegenüber eines Films nicht ausreichend aus und bleibt für meinen Geschmack zu sehr an der Oberfläche. "Love Show“ bietet durch seinen paradiesischen Schauplatz zahlreiche Feelgood-Momente, bleibt im Hinblick auf die Handlung aber hinter meinen Erwartungen zurück.

Veröffentlicht am 30.08.2020

Ein dystopischer Sci-Fi Thriller

Aus schwarzem Wasser
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Maja sitzt mit ihrer Mutter, der Innenministerin Dr. Patricia Kohlbeck, im Auto, als dieses unkontrolliert in die Spree stürzt. Eigentlich sollten sie beide tot sein - doch Maja erwacht Stunden später ...

Maja sitzt mit ihrer Mutter, der Innenministerin Dr. Patricia Kohlbeck, im Auto, als dieses unkontrolliert in die Spree stürzt. Eigentlich sollten sie beide tot sein - doch Maja erwacht Stunden später in einem Leichensack und flieht aus dem Krankenhaus zu ihrem Freund Daniel. Wie konnte sie überleben? Auch die letzten Worte ihrer Mutter geben ihr Rätsel auf: „Du kannst niemandem trauen, sie stecken alle mit drin.“ Ihre beste Freundin Sofie macht währenddessen Urlaub auf den Philippinen, wo sich die erste einer Reihe von tödlichen Naturkatastrophen ereignet.

Die Geschichte beginnt aus Majas Perspektive, die das Ertrinken ihrer Mutter mit ansehen muss. Sie beide befinden sich unter Wasser in einem Auto, und auch Maja schließt mit ihrem Leben ab. Als sie einige Zeit später in einem Leichensack aufwacht, weiß sie selbst nicht so recht, wie ihr geschieht. Aufgrund der Warnung ihrer Mutter flieht sie überstürzt aus dem Krankenhaus und versucht bei ihrem Freund Daniel, Antworten zu finden. Das Tempo ist rasant, die Kapitel kurz und aus unterschiedlichen Perspektiven geschrieben.

Eine ganze Weile versteht man als Leser nicht, was überhaupt passiert ist und worum sich die ganze Geschichte dreht. Klar ist, dass es Personen gibt, die bereit sind, über Leichen zu gehen. Nur langsam gibt es erste Hinweise, während kurze, spannende Szenen einander jagen. Für Innehalten, Reflexion und Trauer bleibt wenig Zeit. Ich flog geradezu durch die Seiten, während sich allmählich ein Bild ergab. Ab einem gewissen Punkt setzen Rückblenden ein, die zusätzlichen Kontext zu Geschehen geben.

Das Buch gibt in Sachen Tempo und Spannung alles, konnte mich im Hinblick auf die Aufarbeitung des Kernthemas aber nur mäßig überzeugen. Die Idee ist wissenschaftlich aufgezogen und spricht wichtige politische Themen an. Ich hätte mir aber noch mehr Informationen gewünscht und fand insbesondere die Verarbeitung des Themas Sex merkwürdig. Die angekündigten Naturkatastrophen spielen eher eine Nebenrolle, hieraus hätte man meiner Meinung noch mehr machen können. Die Entwicklungen zum Ende hin punkten vor allem in Sachen Dramatik.

„Aus schwarzem Wasser“ ist ein dystopischer Sci-Fi Thriller, dessen Stärke die gelungene Spannungskurve ist, während ich mir von der Story mehr versprochen habe.