Leserunde zu "Palais Heiligendamm - Ein neuer Anfang" von Michaela Grünig

Mitreißende Familiengeschichte zum Abtauchen!
Cover-Bild Palais Heiligendamm - Ein neuer Anfang
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Mit Autoren-Begleitung
Michaela Grünig (Autor)

Palais Heiligendamm - Ein neuer Anfang

Roman

Heiligendamm, 1912: Die Berliner Hotelierfamilie Kuhlmann hat große Pläne, man will dem berühmten Grand Hotel Konkurrenz machen. Doch die High Society steigt lieber weiter bei dem etablierten Rivalen ab. In dieser schweren Zeit zeigt ausgerechnet die junge Tochter Elisabeth kaufmännisches Geschick, während sich der sensible Sohn Paul für Musik begeistert. Vater Kuhlmann sieht sich gezwungen, den Emporkömmling Julius Falkenhayn um Hilfe zu bitten. Und der hegt recht unkonventionelle Ansichten ...

Timing der Leserunde

  1. Bewerben 14.09.2020 - 04.10.2020
  2. Lesen 19.10.2020 - 01.11.2020
  3. Rezensieren 02.11.2020 - 15.11.2020

Bereits beendet

Schlagworte

Ostsee Küste Seebad Heiligendamm Berlin Saga Familiensaga Hotel Grand Hotel starke Frau Emanzipation Homosexualität homosexuell Zarenfamilie unglückliche Liebe 1. Weltkrieg Kolonialismus

Teilnehmer

Diskussion und Eindrücke zur Leserunde

Veröffentlicht am 15.11.2020

Einnehmende, emotionale Hotelerie Geschichte

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Elisabeth steht am Strand und blickt auf das Palais Heiligendamm, der ganze Stolz der Familie Kuhlmann. Sie spürt ihr Herz springen bei dem Gedanken, wohin das neue Hotel die Familie führen wird, die dafür ...

Elisabeth steht am Strand und blickt auf das Palais Heiligendamm, der ganze Stolz der Familie Kuhlmann. Sie spürt ihr Herz springen bei dem Gedanken, wohin das neue Hotel die Familie führen wird, die dafür ihr Leben in Berlin aufgegeben hat. Sie spürt die Sonne auf der Haut und einen wohligen Schauer. Ihr Vater führt lieber ihren Bruder Paul in die Geschicke des Hotelmanagements ein als sie, aber das wird sie nicht aufhalten alles für das Hotel zu opfern. Sie sieht einen Sturm aufziehen in weiter Ferne und die Wolken färben sich dunkel. Grau überzieht den Himmel rasch und Elisabeth sieht sich gezwungen angesichts des Wetterumschwungs zurück zum Palais zu kehren, aber der Regenschauer erwischt sie, bevor sie sich in Sicherheit wähnt. Donnergrollen in der Ferne lässt vermuten, dass das erst der Anfang war und das Unwetter noch folgen wird.
Genau dieses Szenario hat mich beim Lesen von "Palais Heiligendamm- Ein neuer Anfang" von Michaela Grünig begleitet: Es fühlt sich an wie ein Urlaub am Strand in einem luxuriösen Palais im im Angesicht der goldenen 20er bei strahlendem Sonnenschein und dann wiederum wie ein andauernder Regenschauer, bei dem die Sonne als unrealistisches Szenario im Hintergrund verblasst. Sanft und zugleich tragisch führt Michaela Grünig den Leser in die Familie Kuhlmann ein, die sich trotz großer Konkurrenz in Heilgendamm etablieren wollen. Der Vater eine Koryphäe in der Branche und siegessicher. Sein Sohn Paul kann diese Fußstapfen bereits jetzt nicht ausfüllen und so hilft ihm seine Schwester Elisabeth mit Rat und Tat, weil sie selbst für die Hotellerie brennt. Als das Palais in Schieflage gerät, muss sich Vater Kuhlmann in letzter Instanz an Julius Falkenhayn wenden, einen jungen Mann der Berliner Society mit großem Führungsgeschick, der mit seiner liberalen Denkweise nicht nur bei Vater Kuhlmann schnell aneckt.
Mich begeistert die Leichtigkeit des Romans, die Authentizität der Charaktere, die dem Leser Seite um Seite ans Herz wachsen. Elisabeth ist die überschäumende Hauptprotagonistin, die der Leser durch ihre Jugend begleitet und sie an den Herausforderungen Zeit wachsen zu sehen ist eine sehr nahbare, emotionale Reise durchs Leben, geprägt von feministischen Zügen. Michaela Grünig thematisiert zudem sehr aktuelle Themen, lässt sie zwischen den Zeilen einfließen, sodass diese über die beschriebene Epoche hinausreichen. Die detailreiche Sprache gepaart mit dem leichten Lesefluss katapultiert den Roman in die Riege der lesenswerten Sonntagsschmöker. Der einzige Minuspunkt für mich ist die Dynamik des zweiten Teils, die Geschwindigkeit der Ereignisse, die mich persönlich etwas überrollt hat. Eine klare Empfehlung für alle Liebhaber von gut geschriebenen, historischen Geschichten, die einem einen wohligen Schauer bescheren, dabei aber auch sanft aufklären über das Zeitgeschehen, die einen den Moment im Hier und Jetzt vergessen lassen, deren Worte sich schnell visualisieren und für Fans von Hotellerie und auch Gastronomie, eingebunden in einen Romankontext.

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Veröffentlicht am 14.11.2020

Das Palais im Schatten des 1. Weltkrieges

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Dies ist der Auftakt der Reihe um die Hotelierfamilie Kuhlmann in Doberan. Wir sind direkt mittendrin im Hotelgeschehen und der Öffnungsphase des Palais Heiligendamm.

Nach und nach lernen wir alle Personen ...

Dies ist der Auftakt der Reihe um die Hotelierfamilie Kuhlmann in Doberan. Wir sind direkt mittendrin im Hotelgeschehen und der Öffnungsphase des Palais Heiligendamm.

Nach und nach lernen wir alle Personen kennen.

Michaela Grüning schafft es durch ihren schönen Schreibstil sehr schnell Atmosphäre zu schaffen. Die Orte und Personen sind gut beschrieben, schnell wähnte ich mich selbst im Palais als Beobachter mitten zwischen Familie Kuhlmann und den Gästen.

Dadurch, dass man in die Seiten regelrecht hineingezogen wird fliegen diese einfach nur so dahin. Man lernt die heimlichen Wünsche und Ängste der Familie, insbesonders von Elisabeth und Paul kennen. Elisabeths Herz schlägt für das Palais, ist aber durch die bornierte damalige Denkweise extrem in ihrer Entfaltung eingeschränkt, schafft es aber immer wieder durch ihren Bruder Paul im Palais mitzuwirken.

Elisabeth ist von Beginn an eine starke Persönlichkeit, die während des 1. Weltkrieges noch mehr an Stärke gewinnt. Jedoch kann ich auch die ein oder andere Handlungsweise nicht nachvollziehen, hauptsächlich in Sachen Liebe zu Julius Falkenhayn, selbst dann nicht, wenn ich die damaligen Gepflogenheiten miteinbeziehe in meine Überlegungen.

Paul ist für mich die tragische Figur in der Familie, nicht nur in Bezug auf seine Liebe. Auch sein durch den Krieg besiegeltes Schicksal berührt sehr.

Die beiden weiteren Sprösslinge der Familie sind in diesem Teil eher Nebencharaktere und kommen kaum zum Tragen.

Es werden verschiedenste Themen der damaligen Zeit entsprechend, auch mit kritischen Worten, bedient, unter anderem Homosexualität, Kaisertreue und auch Rassismus gegenüber Juden. Natürlich nimmt auch der 1. Weltkrieg einigen Raum ein, wobei nicht das Kriegsgeschehen selbst im Mittelpunkt steht, sondern eher seine Auswirkungen auf Land und Leute. Sowohl die Gemütslage wird beleuchtet als auch so banale Dinge wie Lebensmittelbeschaffung.

So muss die Familie einige Höhen und Tiefen durchleben.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen, auch die Abläufe in einem Hotel finde ich sehr gut beschrieben und auch toll eingewebt, ohne vorherrschend zu sein. Ich freue mich schon sehr auf den zweiten Teil.

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Veröffentlicht am 12.11.2020

Eine tolle Geschichtsstunde in Romanform!

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Ein herzliches Dankeschön an den Bastei Lübbe Verlag dafür, dass ich den Roman "Palais Heiligendamm - Ein neuer Anfang" im Rahmen einer Leserunde der Lesejury lesen durfte. Außerdem möchte ich der Autorin ...

Ein herzliches Dankeschön an den Bastei Lübbe Verlag dafür, dass ich den Roman "Palais Heiligendamm - Ein neuer Anfang" im Rahmen einer Leserunde der Lesejury lesen durfte. Außerdem möchte ich der Autorin Michaela Grünig für den aktiven Austausch innerhalb der Leserunde danken. Meine Meinung in der folgenden Rezension bleibt von der Bereitstellung des Leseexemplares natürlich unbeeinflusst!

Ein Zitat:

"Sie haben einen geheimen Verehrer und wollen mit ihm an diesem Dinner teilnehmen?" Er blickte ernst auf sie herunter. "Hm, also ich bin mir nicht sicher, ob ich Ihnen dieses Rendezvous ermöglichen soll. Das ginge ja gegen meine ureigenen Interessen." - Michaela Grünig in Palais Heiligendamm - Ein neuer Anfang

Der Inhalt:

Deutschland im Jahre 1912:
Die neunzehnjährige Elisabeth Kuhlmann hinterfragt bestehende gesellschaftliche Konventionen und zeigt mehr Interesse an dem Hotelgewerbe ihres Vaters, als an Stickarbeiten. Als Elisabeths Familie sich den Traum eines Luxushotels in Doberan erfüllt und kurz darauf gegen zahlreiche Krisen Bestand zeigen muss, scheint endlich die passende Zeit gekommen zu sein, um ihren Ehrgeiz zu zeigen. Das sich Elisabeth dabei ausgerechnet unter den wachsamen Augen des unverschämt direkten Julius Falkenhayns beweisen muss, scheint zunächst keinerlei Sympathien ihrerseits zu wecken.
Während das Palais noch um seine Existenz als Luxushotel kämpft, beginnt im Jahre 1914 der 1. Weltkrieg und setzt eine Reihe von verketteten Ereignissen in Gang...

Meine Meinung:

Der Roman spielt an einem Ort, der für mich mit einer Fülle von Kindheitserinnerungen verknüpft ist: Die Ostsee. Schon als zu Beginn des ersten Kapitels Elisabeths Eindrücke der Brise des Ostseestrands geschildert werden, habe ich augenblicklich das Gefühl bekommen, den salzigen Geruch selber zu empfinden.

Der Roman startet in dem spannenden Jahre 1912:
Ausbruch des Balkankriegs, politische Unruhen in Europa, der Aufbruch in eine neue Zeit oder auch der Untergang der Titanic, um an dieser Stelle nur ein paar wenige Punkte zu nennen.
Dementsprechend sind meine Erwartungen vor dem Lesen nicht gerade niedrig gewesen. Umso mehr freut es mich, mit welcher Leichtigkeit die Autorin den historischen Kontext immer wieder durch kurze Dialogschnipsel oder Ereignisse mit der Handlung verknüpft.

Der Generationenroman spielt also in einem historisch interessanten Jahr, dass perfekt mit der behandelten Thematik harmoniert: Gesellschaftliche Konflikte, Emanzipation der Frau und das Hinterfragen konventioneller Ansichten.

Den Schreibstil der Autorin empfinde ich als besonders angenehm und bildhaft. Der Leser begleitet die drei Protagonisten Elisabeth, Paul und Minna durch die gesamte Handlung hinweg.

Einen ersten Einblick in die Familienverhältnisse der Kuhlmanns – und somit einen Überblick der wichtigsten Charaktere - gibt ja schon das Personenverzeichnis, welches beim Lesen durchaus hilfreich dabei ist, die Übersicht zu bewahren.

Besonders gelungen ist die Einbindung des historischen Kontextes, denn nahezu jeder Charakter sieht sich persönlich mit einem Problem der damaligen Zeit konfrontiert:

Elisabeth strebt nach Emanzipation und hinterfragt beinahe störrisch, warum eine Frau andere Rechte und Pflichten haben sollte, als ein Mann. Es ist toll, dass man als Leser ganz automatisch einiges über das Hotelbusiness lernt, indem man von ihrer Neugierde profitiert. Zu Beginn des Romans weckt vor allem Elisabeth als Protagonistin das Interesse des Lesers. Insgesamt empfinde ich ihren Charakter bis zu einem gewissen Punkt der Handlung super sympathisch. Sie ist klug, einfühlsam und aufgeweckt. Gegen Ende des Romans trifft sie einige Entscheidungen, die ich persönlich nicht nachvollziehen kann.

Ottilie Kuhlmann - Elisabeths Mutter - verkörpert die überzeichnete Gestalt einer konventionellen Dame der damaligen Zeit. Unangebrachte rassistische Äußerungen sind aus ihrem Munde keine Seltenheit. Einem Wandel oder gar Fortschritt steht Frau Kuhlmann sehr skeptisch gegenüber. So trifft sie beispielsweise Entscheidungen, die ihre Töchter verletzten. Hauptsache das gesellschaftliche Korsett wird gewahrt.

Paul Kuhlmann - Elisabeths Bruder - ist homosexuell. Zur Zeit des Krieges ist Paul ein Charakter, der den Leser quasi hautnah mit an die Front nimmt. Durch den fabelhaften Schreibstil der Autorin hatte ich beim Lesen tatsächlich Tränen der Verzweiflung - wegen der unbeschreiblichen Vorkommnisse während des Krieges - in den Augen. An dieser Stelle möchte ich noch ein kurzes Zitat aus Pauls Zeit als Soldat einfügen: "Sie haben es immer noch nicht kapiert, Kuhlmann, nicht wahr? Sie sind ab jetzt kein Individuum mehr. Sie sind Soldat. Und als solcher nur ein winziges kleines Teilchen in der gut geölten Maschine des preußischen Militärs. Das Privatleben dieses Teilchens interessiert kein Schwein. Es geht nur darum, dass die Maschine anständig läuft. Verstanden?" "Jawohl, Herr Feldwebel." (S. 405)

Durch Minna - das Stubenmädchen - erhält der Leser noch einmal einen ganz anderen Einblick in die damalige Zeit. Minna ist eine der Angestellten in dem Luxushotel der Familie Kuhlmann. Sie stammt aus einer sozial schwächeren Familie der unteren Gesellschaftsschicht aus Berlin. Um eine möglichst große finanzielle Unterstützung zu sein, arbeitet Minna gewissenhaft und achtet auf ihren guten Ruf. Im Verlauf der Handlung ist sie mir immer stärker ans Herz gewachsen. Ich bin schon total gespannt, welche Entwicklungen Minna im zweiten Band durchlaufen wird und ob sie die Möglichkeit erhält ihre fantastischen Kochkünste noch weiter zu perfektionieren.

Julius Falkenhayn ist mysteriös, direkt, unkonventionell, weitsichtig und verliebt in Fräulein Elisabeth. Die Beschreibung von Julius als liberalen Hoffnungsschimmer in einer bewegten Zeit voller Misstrauen bringt seinen Charakter meiner Meinung nach kurz und prägnant auf den Punkt.



Viele Leser wünschen sich natürlich ein Happy End für die Protagonisten. Am Ende des Romans angekommen wissen wir, dass es (zumindest im ersten Band) keine glückliche Familienzusammenführung von Elisabeth, Julius und Julia gibt. So gerne ich mir ein Happy End für die beiden gewünscht habe, es würde sich an dieser Stelle einfach nicht richtig, sondern absolut künstlich anfühlen. Dies so direkt zum Ausdruck zu bringen tut mir leid, aber Elisabeths Verhalten sollte für Julius unverzeihlich sein und vor allem bleiben! Wenn man Julius Vergangenheit intensiv betrachtet, sollte klar sein wieso.

- Ende

Einen Bücherstapel oder auch Stern ziehe ich für die stellenweise schleppende Handlung ab. Am Ende des Romans wird dafür eine relativ große Zeitspanne innerhalb weniger Seiten beinahe künstlich gerafft abgearbeitet.

Mein Fazit:

Du suchst einen Roman mit spannenden Handlungsfäden? Eine leicht zu lesende Story, die gewissermaßen ganz beiläufig über historische Ereignisse zu Beginn des 20. Jahrhunderts informiert? Dann bist du im „Palais Heiligendamm“ bei Familie Kuhlmann genau richtig!

Ich kann es kaum erwarten herauszufinden, welche Entwicklungen die Charaktere in dem zweiten Band „Palais Heiligendamm – Stürmische Zeiten“ (erscheint 28.05.2021) durchlaufen werden und welche Rolle die historischen Ereignisse der damaligen Zeit dabei spielen werden.

Meine Bewertung:

von 5 möglichen Bücherstapeln.

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Veröffentlicht am 02.11.2020

Mehr als 100 Jahre her und doch mit hochaktuellen, wichtigen Themen

2

Die Familie Kuhlmann hat große Pläne mit ihrem Hotel Palais Heiligendamm dem berühmten Grand Hotel Konkurrenz zu machen. In dieser schwierigen Zeit zeigt ausgerechnet die junge Tochter Elisabeth kaufmännisches ...

Die Familie Kuhlmann hat große Pläne mit ihrem Hotel Palais Heiligendamm dem berühmten Grand Hotel Konkurrenz zu machen. In dieser schwierigen Zeit zeigt ausgerechnet die junge Tochter Elisabeth kaufmännisches Geschick und muss sich in der hart umkämpften Männerwelt beweisen. Dagegen kann der sensiblere Sohn Paul sich für das Hotelgeschäft nicht begeistert, sondern findet durch das Klavier spielen sein wahres Ich. Vater Kuhlmann sieht sich gezwungen, den Emporkömmling Julius Falkenhayn um Hilfe zu bitten, der neuen Schwung, aber auch modernere Ansichten mitbringt. Und dann gilt es plötzlich nur noch, den Krieg zu überstehen…

Das Cover ist mir sofort ins Auge gesprungen, es passt zum Genre und ist vielversprechend. Ein Personenverzeichnis ist immer hilfreich, obwohl die Personenanzahl recht überschaubau scheint.
Das Buch ist recht groß, was an sich kein Problem ist, aber dadurch, dass es kein Hardcover, sondern ein Taschenbuch ist, ist es sehr unhandlich, klobig und schwer zu halten.

Ich fühle mich den Charakteren und ihrer Geschichte gleich viel verbundener, wenn Bücher in der Nähe der Heimat spielen. Man kann sich die Kulisse durch die sehr gute Beschreibung von Autorin Michaela Grünig wunderbar vorstellen und auch der angenehme Schreibstil ohne Stolpersteine hat mich regelrecht gefesselt. Ich finde es gut, dass die Geschichte im Wechsel aus der Sicht von verschiedenen Figuren erzählt wird. Man begleitet das junge Fräulein Elisabeth sowie ihren Bruder Paul, aber auch das Zimmermädchen Minna. So bekommt man als Leser einen besseren Gesamtüberblick und kennt auch die Sehnsüchte und Träume der anderen Charaktere und kann sie und ihre Handlungen besser verstehen. Dazu wird eine Spannung erzeugt, wenn es plötzlich einen Charakter- und Szenenwechsel gibt.

Obwohl zwischen der Zeit im Buch und heute mehr als 100 Jahre liegen, werden viele hochaktuelle Themen behandelt. Ich finde es zum Beispiel schlimm an der damaligen Zeit, dass es für junge Mädchen bzw. ihre Mütter nichts wichtigeres gab, als verheiratet zu werden und bloß nichts mit den Geschäften der Männern zu tun zu haben, denn das schickte sich für das "schwache Geschlecht" ja nicht... Elisabeth und ihre Schwestern taten mir beim Lesen so leid. Ich habe richtig mit ihnen mitgefiebert und bin beim Lesen genau so wütend wie sie und hätte der Mutter am liebsten den Hals umgedreht. Umso bemerkenswerter, wie sich so manche oder so mancher in der damaligen Zeit zusammenreißen konnten um ihren Schein zu wahren. Somit gefällt mir die Entwicklung von Elisabeth sehr gut. Daran liegt auch der schöne, bildliche Schreibstil von Michaela Grünig, der mich regelrecht in den Bann und inmitten des Geschehens zieht.

Das Buch hat einen geschickten Aufbau. Ein ruhiger Einstieg lässt den Leser erstmal mit den Charakteren und Umgebungen warm werden. In der zweiten Hälfte (und ich denke, das ist kein spoilern, denn es war zu erwarten) spielt der Krieg eine große Rolle und ab da war es unglaublich spannend. In der Kürze liegt bekanntlich die Würze und so war es auch: Kurze fesselnde Kapitel kamen nur so Schlag auf Schlag. Es passierte sehr viel auf einem Mal. Man lernt die Charaktere noch besser kennen und kann so manche Entscheidung und Entwicklung ihrer Persönlichkeit gut verstehen. Doch gegen Ende des Buches gab es glaube ich einen Zeitsprung von fast einem Jahr und es kam mir so vor als müsste in diesem Buch noch schnell das Ende des Krieges erreicht werden. So kam mir das Ende des Buches dann eine Nummer zu hektisch und zu schnell.

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Veröffentlicht am 06.11.2020

Familiensaga

2

1912 gelingt es dem Berliner Hotelier Kuhlmann sich den Traum eines eigenen Luxushotels zu erfüllen. Das Palais Heiligendamm wird in Doberan eröffnet und steht in harter Konkurrenz zum ersten Haus, dem ...

1912 gelingt es dem Berliner Hotelier Kuhlmann sich den Traum eines eigenen Luxushotels zu erfüllen. Das Palais Heiligendamm wird in Doberan eröffnet und steht in harter Konkurrenz zum ersten Haus, dem Grand Hotel Heiligendamm. Stammhalter Paul beugt sich nur widerwillig den Plänen seines Vaters ihn zum Nachfolger aufzubauen. Seine Interessen liegen in der Musik und der Hotelalltag langweilt ihn. Ganz im Gegensatz dazu die Schwester Elisabeth. Sie hat alle Eigenschaften, die eine Geschäftsfrau braucht, das Auge für Details und Personal und die Durchsetzungskraft. Aber die Konventionen sprechen gegen sie. Eine gute Partie, das ist das Einzige was den Eltern Kuhlmann für ihre Töchter vorschwebt.

Doch das junge Jahrhundert ist turbulent und die Zeiten gefährlich…

Dieser Familienroman ist als umfassende Saga angelegt. Unbestritten ist Elisabeth die Hauptfigur in diesem ersten Band. Vom jungen Mädchen, das zwar weiß, was es will, aber nicht immer durchsetzen kann bis zur jungen Frau, die viele Schicksalsschläge zu meistern muss, begleitet sie das Buch. Die Autorin hat als geschichtlichen Hintergrund die Jahre vom dem Ersten Weltkrieg bis kurz danach gewählt. Eine interessante Zeit, in der es große gesellschaftliche Umbrüche gab. So sind die Eltern Kuhlmann noch ganz im 19. Jahrhundert verwurzelt, Standesdünkel steht über allem. Die Kinder rebellieren jedoch und versuchen ihre eigenen Wege zu gehen.

Es gelingt der Autorin auch ein sehr farbiges und lebendiges Zeitbild. Die Kriegsjahre werden meist aus der Sicht Elisabeths erzählt, die ihren Platz an der Spitze des Hotels eingenommen hat. Das war nicht einfach, viel zu oft wurde sie von Schicksalsschlägen gebeutelt und mit ihrer große Liebe Julius Falkenhayn ist ihr kein gemeinsames Leben gegönnt.

Überhaupt die Schicksalsschläge: auf die Familie und vor allem auf Elisabeth stürzt alles ein, was man sich ausdenken kann und alle Handlungsstränge sind so angelegt, dass die Auflösung erst im nächsten Band dieses Romans gelingen kann. Mir persönlich war das ein wenig viel, es wäre auch mit weniger Dramatik spannend gewesen. Besonders im ersten Drittel des Buches hatte ich das Gefühl, dass schon zu sehr auf die Fortsetzung hin erzählt wurde und sich manche Episode in zu vielen Details erging. Historisch war das Buch immer sehr gut recherchiert, zum Beispiel die Kriegsfreude der kaisertreuen Schichten oder der Stolz auf die Kolonie Südwest in Afrika.

Julius Falkenhayn, der an der Seite von Elisabeth auch eine große Rolle in diesem Familiendrama spielt, blieb mir bisher in seiner Handlungsweise ein wenig zu vage und konnte mich – im Gegensatz zu den anderen Figuren – nicht ganz überzeugen.

Es war ein richtiger Historien-Schmöker, dem eine straffere Handlungsführung ganz gut getan hätte, der sich aber gut und unterhaltsam liest.

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