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Veröffentlicht am 14.08.2021

Mit dem Kopf in den Wolken

Der Himmel ist hier weiter als anderswo
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Der Tod ihres Mannes wirft Geigenlehrerin Felicitas völlig aus der Bahn. Doch ein Unglück kommt bekanntlich nicht allein. So verliert sie binnen kurzer Zeit auch noch ihren Job und die Wohnung, in der ...

Der Tod ihres Mannes wirft Geigenlehrerin Felicitas völlig aus der Bahn. Doch ein Unglück kommt bekanntlich nicht allein. So verliert sie binnen kurzer Zeit auch noch ihren Job und die Wohnung, in der sie mit ihren vier Kindern lebt. Mutig kratzt sie alles zusammen, was sie besitzt und kauft dafür einen renovierungsbedürftigen Gasthof, um ein Dach über dem Kopf zu haben. Von Hannover geht es mit Sack und Pack ins Alte Land, denn ein Neuanfang ist bitter nötig für die ganze Familie, denn bisher war zum Trauern nicht viel Zeit. Aber die Eingewöhnung wird ihnen allen nicht leicht gemacht, der Gasthof muss erst einmal hergerichtet werden, was ohne Geld Wunschdenken gleicht. Der attraktive Nachbar von nebenan greift Felicitas oft und gern unter die Arme, doch immer wieder sieht es so aus, als wenn das Familienleben erneut gebeutelt wird…
Valerie Pauling hat mit „Der Himmel ist hier weiter als anderswo“ ihren Debütroman vorgelegt, der mit viel Dramatik und Tragik beginnt, was sich dann als ein Zuviel von Plattitüden und Effekthascherei herausstellt und nicht zuende geführt wird. Der flüssige Erzählstil macht den Einstieg in die Geschichte zwar leicht, doch verliert die Autorin sich im Verlauf ihrer Handlung von Hölzchen aufs Stöckchen und springt mal hierhin, mal dorthin, ohne ihre Gedankengänge zuende zu führen. Was leichtfüßig beginnt, wird mit fortgeschrittener Geschichte immer anstrengender und nicht mehr nachvollziehbar. Der Leser, der zu Beginn der armen Felicitas nebst ihren Kindern mitleidig zur Seite steht, kann viele ihrer Gedankengänge und Handlungsweisen kaum nachvollziehen, bleibt aber weiterhin tapfer bei der Stange daumendrückend, dass sie irgendwie die Kurve kriegt, da Trauer ja auch einen lähmenden Effekt hat. Aber trotz vieler Wendungen, einem attraktiven Nachbarn sowie der einzelnen Kinderschicksale verliert die Handlung irgendwie ihren Faden, da hilft auch die farbenfrohe Hintergrundkulisse des Alten Lands mit seinen Bewohnern nicht mehr viel. Die Geschichte driftet aufgrund einer überforderten, egoistischen Mutter und den langatmigen, nicht zuende gedachten Episoden immer mehr in die Bedeutungslosigkeit ab, zumal es zusätzlich an Spannungsmomenten fehlt.
Mit ihren Charakteren hat die Autorin ebenfalls kein besonders glückliches Händchen bewiesen, denn vor allem ihre Hauptprotagonistin, mit der der Leser eigentlich Mitleid haben möchte, ist manchmal nahezu unerträglich. Felicitas wirkt nicht nur irgendwie entrückt und abgehoben, sondern zudem egoistisch und überfordert. Sie kommt einem vor wie jemand, der sich in allen Punkten selbst beweisen will, aber sämtliche Dinge nur halb zustande bringt oder wie hier mehr schlecht als recht. Sie denkt zu wenig nach, suhlt sich im Unglück und stürzt sich kopfüber ins Chaos, ohne darüber nachzudenken, dass ihre Kinder auch trauern und Hilfe brauchen. Der Leser fragt sich immer wieder, warum diese Frau überhaupt Kinder in die Welt gesetzt hat, wenn sie diese wie einen Klotz am Bein behandelt und betrachtet. Auch die weiteren Protagonisten wie Jesko, Katharina, und Swen bleiben mehr als farblos und blass, während gerade die Kinder Rieke, Martha, Rasmus und der kleine Golo die Geschichte interessanter werden lassen.
„Der Himmel ist hier weiter als anderswo“ ist leider nichts Halbes und nichts Ganzes. Die Geschichte verliert sich in Nebensächlichkeiten, vieles wird nicht zuende gedacht. Das Schlimmste allerdings ist die völlig unfähige und unsympathisch wirkende Hauptprotagonistin, die man am liebsten immer wieder schütteln möchte, damit sie mal mit den Füßen auf dem Boden landet. Was für eine Zeitverschwendung – keine Empfehlung!

Veröffentlicht am 12.06.2021

Ein kompletter Totalausfall

Jedes Jahr im Juni
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Seit Lucas ihren Luftballon gefunden und ihr eine Mail geschrieben hat, ist er der wichtigste Mensch in Emmies Leben. 16 Jahre kennen sie sich nun schon, haben viel miteinander erlebt und teilen sogar ...

Seit Lucas ihren Luftballon gefunden und ihr eine Mail geschrieben hat, ist er der wichtigste Mensch in Emmies Leben. 16 Jahre kennen sie sich nun schon, haben viel miteinander erlebt und teilen sogar ihren Geburtstag. Seit einigen Jahren ist Emmie sicher, dass Lucas ihre große Liebe ist. Doch bei einem gemeinsamen Essen in ihrem Lieblingsrestaurant, das jedes Jahr am selben Ort stattfindet, eröffnet ihr Lucas, dass er seine Ex-Freundin heiraten wird und bittet Emmie, seine Trauzeugin zu sein. Für Emmie bricht eine Welt zusammen, hat sie sich so böse getäuscht?
Lia Louis hat mit „Jedes Jahr im Juni“ einen Liebesroman vorgelegt, der eigentlich unterhalten und den Leser zum Träumen bringen soll. Doch schon der einschläfernd wirkende Erzählstil, der mit langatmigen Verschachtelungen daherkommt, nötigt dem Leser einiges an Geduld ab. Es dauert gefühlte Ewigkeiten, bis man in der Handlung gelandet ist. Aus Emmies Sicht in der Ich-Form geschrieben, kommt die Autorin vom Hölzchen aufs Stöckchen, springt vorwärts und rückwärts ohne große Kennzeichnung oder Vorwarnung, und lässt ihre Protagonistin sich kapitelweise in Selbstmitleid suhlen, nachdem sie Lucas‘ Neuigkeiten von der bevorstehenden Hochzeit erfahren hat. Der stetige Fluss von immer wieder neu auftauchenden Charakteren, die für die Handlung kaum von Belang waren, macht es dem Leser noch schwerer, sich rein auf die wichtigsten Protagonisten zu konzentrieren. Leider bessert sich der Schreibstil auch nach mehr als 150 Seiten nicht, alles plätschert elendig vor sich, so dass man froh ist, das Buch mal aus der Hand zu legen. Die Geschichte ist dermaßen oberflächlich und öde, von Leichtigkeit, Romantik und Schmetterlingsgefühlen weit entfernt. Eher ist es tragisch, wenn man etwas über das recht traurige Leben von Emmie erfährt, da sind Depressionen schon fast vorprogrammiert. Aber auch das rettet die doch recht simpel gestrickte und nicht konsequent umgesetzte Handlung nicht, denn die Autorin schneidet auch noch einige Dinge an, die am Ende offen bleiben und nicht dazu beitragen, sich mit dem Buch irgendwie zu versöhnen. Ein Spannungslevel ist ebenfalls nicht zu erkennen, am Ende fragt man sich als Leser, was für eine Story man da eigentlich gelesen hat.
Die Charaktere sind 08/15 gestrickt, bleiben durchweg blass und unpersönlich, so dass der Leser keinen Draht zu ihnen bekommt. Emmie geht einem mit ihrem ständigen Selbstmitleid und ihrer Jammerei gehörig auf die Nerven. Man kann gar nicht glauben, dass sie bereits 30 ist, eher sieht man ein Kind vor sich, dass sich wie Rumpelstilzchen gebärdet und dem mal anständig der Kopf gewaschen gehört. Lucas wirkt eher wie eine Banderole, die ab und an mal durchs Bild hüpft. Tja und Elliot, der eigentlich sympathischste Typ innerhalb der ganzen Seiten hat mit seinen Frauen auch nicht den glücklichsten Griff, denn Freundin Ana ist eine Giftnatter der besonderen Art. Und dann gibt es da noch Lucas Eltern, Mr. Morgan, Marie etc., etc., etc.
„Jedes Jahr im Juni“ sollte eigentlich ein romantischer Liebesroman sein, der den Leser verzaubert und zum Träumen und Mitfiebern animiert. Geworden ist es ein langweiliger, oberflächlicher Roman ohne Tiefgang, ohne Gefühl und Herzflattern, ohne Spannung, den man wirklich nicht gelesen haben muss. Schade um die investierte Zeit. Gehört in die Kategorie „Ablage P“. Keine Empfehlung!

Veröffentlicht am 31.01.2021

„Wenn nichts mehr geht“ (Tokio Hotel)…

Career Suicide
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…dann schreibt man mit 31 Jahren halt seine Biografie.
Offen gestanden war ich neugierig, was ein doch noch recht junger Mensch wie Bill Kaulitz zu sagen hat, der mit seiner Band in der Jugend meines ...

…dann schreibt man mit 31 Jahren halt seine Biografie.
Offen gestanden war ich neugierig, was ein doch noch recht junger Mensch wie Bill Kaulitz zu sagen hat, der mit seiner Band in der Jugend meines Nachwuchses eine nicht unerhebliche Rolle gespielt hat, zumal er das Gros des Lebens noch vor sich hat. Wahrscheinlich ist die Vermutung nicht falsch, dass das Geld für den ausgefallenen Lebensstil ja irgendwie hereinkommen muss, wenn man schon mit der Musik nicht mehr punkten kann und da mittlerweile von der Bildfläche gewischt wurde.
Schon der Titel „Career Suicide“ lässt einiges erahnen. Dementsprechend war dann auch das Buch, das sich hauptsächlich um seine ach so furchtbare Kindheit dreht und wie schrecklich es doch war, berühmt-berüchtigt zu sein und sehr viel Geld mit Musik zu verdienen. Die Schilderungen seiner Kindheit und Jugend vermitteln eher ein Bild aus den 50er/60er Jahren als aus der Zeit nach der Wende, die Kaulitz ja gar nicht bewusst miterlebt hat, da 1989 geboren. Auch wenn der Schreibstil locker-flockig daher kommt, kann er nicht wirklich überzeugen. Jeder, der mal länger in der Musikszene gearbeitet hat, wird einige seiner Aussagen bestätigen können, einiges aber auch mit Kopfschütteln beantworten.
Sicher haben er und seine Bandkollegen schon in jungen Jahren mit einem harten Geschäft Bekanntschaft geschlossen, wo es darum geht, entweder an der Spitze mitzuwirken oder aber in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Und da er und seine Mitstreiter berühmt werden wollten, sollten sie sich auch mit den Tatsachen anfreunden, dass z. B. das Privatleben nur geschützt bleibt, wenn man es nicht immer wieder an die große Glocke hängt und damit spielt. Ihr Abschied aus Deutschland war aus ihrer Sicht vielleicht richtig, doch die Konsequenz ist halt, dass heute kaum noch ein Hahn nach ihnen kräht. Die Jugend von damals ist erwachsen geworden und erinnert sich vielleicht ab und an noch gern an sie. Mehr ist allerdings nicht übrig geblieben, da nützt auch eine Biografie nichts, die kaum etwas Neues zu berichten weiß. Das Offenlegen seines Seelenlebens und der Schrei nach Liebe lässt einen kurzfristig Mitleid empfinden, doch inzwischen ist er alt genug, um seinem Leben eine Richtung zu geben, die ihm dies ermöglicht. Dafür braucht man keine Öffentlichkeit, die man auf der Höhe des Ruhms als so vereinnahmend und störend empfunden hat.
Diese Geschichte ist ohne Tiefgang und Mehrwert. Für eingefleischte Fans vielleicht, für mich heißt es ab in die Tonne damit!

Veröffentlicht am 28.11.2020

Hinter einer netten Fassade verbirgt sich herzlich wenig

New York Christmas
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Als amerikanische Familie mit Wahlheimat in Deutschland und viel Heimweh in diesen unruhigen Zeiten freuen wir uns immer über schöne Bildbände, die uns mit Fotos, Geschichten und einigem Flair gedanklich ...

Als amerikanische Familie mit Wahlheimat in Deutschland und viel Heimweh in diesen unruhigen Zeiten freuen wir uns immer über schöne Bildbände, die uns mit Fotos, Geschichten und einigem Flair gedanklich nach Hause bringen. Doch das Buch „New York Christmas: Rezepte und Geschichten“ hat uns schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht.
Der Bildband versprach eine Reise in unsere Heimatstadt, allerdings war der Ausflug mehr als ernüchternd. Während die recht ansehnlichen Fotos zumindest ein wenig Magie versprühen, haben uns die eingebrachten Rezepte und Geschichten doch eher ernüchtert. Als eingefleischte New Yorker können wir mit Bestimmtheit sagen, dass Lammburger und Schweinebraten keine typischen Weihnachtsgerichte sind, eher kommt ein perfekt gebratener Truthahn mit Apfel-Maronen-Zwiebelfüllung begleitet von Mashed Potatoes, grünen Bohnen, Süßkartoffeln, Kürbisgemüse und Maispudding auf den Tisch, eine Clam Chowder (Fischsuppe) und Mince Pies, begleitet von Egg Nogs, Apple Cider, Früchtekuchen und Gingerbread Muffins. Spaghetti mit Meat Balls allerdings haben wir noch auf keinem Weihnachtstisch gesehen, das ist ein Allerweltsgericht und wird jeden Tag serviert, ebenso die Pancakes und der Cheesecake.
Auch die im Titel bereits angekündigten Geschichten beschränken sich nur auf insgesamt drei. Das ist verhältnismäßig wenig. Zwar sind sie ganz nett zu lesen, doch hier haben wir uns wesentlich mehr erwartet.
Die Bewertungen hier zeigen uns nur einmal mehr, dass viele Leser noch keine Weihnachtszeit in New York verbracht haben was ja nicht schlimm ist. Doch das Buch spiegelt nur in vereinzelten der vorgeschlagenen Rezepte ein wenig amerikanische Weihnachtstradition wieder und hat somit sein Thema völlig verfehlt, das können auch die einigermaßen gelungenen Fotos nicht rausreißen. Nach der Lektüre muss man annehmen, die Autoren haben sich in diversen Restaurants durchgefuttert, allerdings nie ein typisch amerikanisches Weihnachtsmenü verspeist. Ein absoluter Fehlgriff, keine Empfehlung!

Veröffentlicht am 15.11.2020

Durchgefallen

Die Malerin von Paris
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1855 Frankreich. Lydie will sich dem Willen ihres Vaters nicht beugen, eine arrangierte Ehe einzugehen und flüchtet Hals über Kopf nach Paris, wo sie sich als alleinstehende junge Frau so allerlei Gefahren ...

1855 Frankreich. Lydie will sich dem Willen ihres Vaters nicht beugen, eine arrangierte Ehe einzugehen und flüchtet Hals über Kopf nach Paris, wo sie sich als alleinstehende junge Frau so allerlei Gefahren ausgesetzt sieht. Um sich ungezwungen bewegen zu können, verkleidet sie sich als Mann, verdingt sich als Straßenmaler ihren Lebensunterhalt und findet dabei Weggefährten und gute Freunde. Doch die Angst sitzt ihr immer im Nacken, dass ihre Tarnung auffliegt, vor allem, als sie sich ausgerechnet in ihren besten Freund Kilian verliebt. Aber wie soll sie sich ihm offenbaren und ihre Tarnung erklären? Erneut wird Lydie zur Flucht gezwungen, denn ihre Vergangenheit ist ihr auf den Fersen und droht, sie einzuholen. Ob sie auf eine Zukunft mit Kilian hoffen darf?
Marie Caroline Bonnet hat mit „Die Malerin von Paris“ einen leichten Roman vor historischer Kulisse vorgelegt, der sich ohne große Ansprüche kurzweilig lesen lässt. Der flüssig-leichte und gefühlsbetonte Erzählstil lädt zu einem Besuch ins 19. Jahrhundert ein, um der jungen Protagonistin zur Seite zu stehen, die einen aufregenden Weg vor sich hat und sich so mancher Gefahr aussetzt. Die Autorin hat ihre Geschichte nicht nur mit einigen Spannungsmomenten gewürzt, sondern auch den gesellschaftlichen und politischen Hintergrund mit ihrer Handlung verflochten. Damals war es für anständige junge Frauen unmöglich, sich allein in einer Stadt wie Paris aufzuhalten und vor allem nicht zu arbeiten. Die Idee, sich als Mann zu verkleiden, um zu arbeiten und zu überleben, ist nicht leider nicht neu und wirkt hier ohne jeglichen Tiefgang leider wie eine billige Kopie. Die Handlung ist seicht, oberflächlich und manchmal etwas überspitzt, um als glaubwürdig durchzugehen, teilweise zieht sie sich wie Kaugummi und das plötzliche Ende ist mehr als fragwürdig nach all den hart bekämpften Widerständen.
Den Charakteren fehlt es sowohl an Farbe als auch an Glaubwürdigkeit, so dass der Leser keine Beziehung zu ihnen aufbauen kann und am Rand dem Treiben zuschaut. Lydie ist eine wankelmütige Frau, mal himmelhochjauchzend, mal zu Tode betrübt. Ihre überschwänglichen Gefühlsausbrüche machen es schwer, sie für voll zu nehmen oder anzunehmen, sie hätte ihr Leben im Griff. Die Nebenprotagonisten bleiben ebenfalls blass und können nicht überzeugen.
„Die Malerin von Paris“ geht nur als Lückenfüller durch, wenn man das Denken dabei ausschaltet. Alles in allem ein Groschenroman ohne Anspruch. Durchgefallen.