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Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Roman übers Vergessen, Verzeihen und den Mut zu Lieben

Die Ungehörigkeit des Glücks
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Kurzmeinung:
Ein wunderschöner Roman über Familie, über Liebe und das Vergessen. Übers Mensch Sein, das Fehler Machen und das Verzeihen.
Für alle, die das Thema Alzheimer oder auch LGBT interessiert.

Zum ...

Kurzmeinung:
Ein wunderschöner Roman über Familie, über Liebe und das Vergessen. Übers Mensch Sein, das Fehler Machen und das Verzeihen.
Für alle, die das Thema Alzheimer oder auch LGBT interessiert.

Zum Buch:
Es geht also um 3 Generationen von Frauen. Carolines und Katies Alltag wird auf den Kopf gestellt, als ihre Mutter und Großmutter Mary bei Ihnen einzieht. Es bedeutet für sie ein Umdenken und Reflektieren ihrer alten Verhaltensmuster. Katie, die ja bis dahin nicht mal wusste, dass sie eine Großmutter hat, nimmt sich vor, mehr über die Geschichte ihrer Familie herauszufinden. Schnell entwickelt sich eine wunderschöne Beziehung zwischen ihr und Mary. Katie kümmert sich wirklich sehr rührend und ihre Oma und schreibt für sie ein Erinnerungsbuch, in dem sie Marys Geschichten aufschreibt und ihr dann später wieder vorliest. Die sehr brave und angepasste Katie wird durch Mary inspiriert, mehr zu sich selbst zu stehen und mutiger zu sein.
Auch Caroline durchläuft eine Veränderung, als sie sich endlich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzt und ihren lang gehegten Groll nach und nach aufgibt. Sie muss lernen, die Mauern um sich herum einzureißen und Gefühle zuzulassen.
Die Geschichte wird aus Sicht der Enkelin Katie und der Großmutter Mary geschrieben. Außerdem gibt es 2 Erzählzeiten: Neben den Kapiteln in der Gegenwart gibt es auch immer wieder Rückblicke zu Marys Kindheit und Jugend und auch ihr späteres Leben, in dem auch ihre Schwester Pat eine große Rolle spielt.

Meinung:
Besonders gut gefallen hat mir an dem Buch, dass es eine Geschichte wie aus dem Leben ist. Von Anfang an fühlt man sich wie mitten im Geschehen. Die Charaktere sind wundervoll komplex dargestellt und durchweg menschlich. Jeder hat seine Stärken und Schwächen, macht Fehler und verletzt andere, weil man nicht über seinen Schatten springen kann. Als Leser ärgert man sich manchmal über die Charaktere, aber man kann niemandem als "den Bösen" hinstellen, weil man immer die Motive und Beweggründe der Charaktere nachvollziehen kann. Das finde ich unglaublich gelungen. Die Familiendynamik ist sehr komplex dargestellt.
Ebenso gefallen hat mir der herrlich unaufgeregte Erzählstil. Bei vielen Rezensionen hab ich gelesen, dass die Leser das Buch langweilig fanden. Ja, es ist kein Pageturner, aber langweilig fand ich es kein bisschen. Es ist eben eine sehr realitätsnahe Geschichte. Sie erzählt aus dem Alltag des Familienlebens, aus dem Alltag in der Betreuung eines dementen Angehörigen. Und das ist nicht immer super spannend, aber ich finde, die Autorin hat das Zusammenleben der drei Generationen sehr einfühlsam geschildert.
Mein Lieblingscharakter ist Mary. Durch die aus ihrer Sicht geschriebenen Kapitel gewinnt man wertvolle Einblicke in das Empfinden einer an Demenz erkrankten. Es muss schrecklich sein, wenn einem seine wertvollen Erinnerungen langsam aus dem Gedächtnis schwinden. Und trotzdem bleibt Mary so optimistisch. Alles am ihr hat so eine Leichtigkeit. Mir gefällt auch, dass bei ihr manchmal so etwas Kindliches durchkommt, dadurch, dass sie sich nicht mehr um soziale Zwänge schert. Außerdem ist sie so voller Weisheit und lässt uns daran teilhaben. Oft habe ich mir Stellen markiert und Zitate von ihr rausgeschrieben. Sie war so eine starke und emanzipierte Frau, ist ihr Leben lang allein klar gekommen, hat sich durchgekämpft. Und nun ist sie auf andere angewiesen, wird bevormundet. Das hat mich wirklich sehr berührt.

Katie ist auch ein guter Charakter; sie macht über das Buch hinweg eine Entwicklung durch, die man als Leser recht gut nachvollziehen kann. Zwischendurch waren mir ihre Liebesdramen aber ein bisschen zu platt geschrieben, da hat die Tiefe gefehlt. Die LGBT Thematik ist im Prinzip ein spannender Ansatz, aber die Umsetzung hätte für mich noch etwas geschmeidiger erfolgen können.
Caroline ist ein spannender Charakter, der am Anfang sehr viele Asympathien auf sich zieht. Ich hätte es toll gefunden, wenn auch mal Kapitel aus ihrer Sicht geschrieben worden wären. Aber durch die Rückblicke bekommt man nach und nach ein besseres Bild von ihr. Sie ist wirklich ein sehr komplexer Charakter, der mir im Laufe des Buches immer besser gefallen hat.
Die Männer im Buch bleiben etwas blass. Da gibt es einmal Chris, Katie Bruder, der an einer ominösen Krankheit leidet, die wiederholt thematisiert wird, ohne jedoch je richtig erklärt zu werden. Als Leser habe ich mich dich ganze Zeit gefragt, warum man dieses Element in die Geschichte einbauen musste, bis relativ zum Schluss die Bedeutung für die Handlung deutlich wird. Dann gibt es noch Steve, den (Ex-) Mann von Caroline, über den man so gut wie gar nicht erfährt; und Pats und Marys Vater, der wieder ein interessanterer Charakter ist.
Und Jack, den verstorbenen Lebensgefährten von Mary. Er findet mehr Platz im Buch und ist ein sehr sympathischer Charakter. Er stirbt am Anfang des Buches, erscheint Mary aber an verschiedenen Stellen und taucht auch in den Rückblicken auf. Ein sehr liebevoller Mann, der Mary wirklich sehr geliebt haben muss. Eine meiner absoluten Lieblingsstellen im Buch ist die, als Katie in Marys Wohnung Klebezettel von Jack findet, die er für Mary geschrieben hat, wenn sie sich im Alltag in ihrer Wohnung nicht mehr zurecht fand. Was für eine romantische Geste.
Insgesamt also ein Buch voller spannender, verschiedener Charaktere, die meist sehr differenziert und nachvollziehbar beschrieben werden.

Veröffentlicht am 21.04.2021

Unterhaltsam, gute Beobachtungen und bitterböser Humor. Und typisch Passmann.

Komplett Gänsehaut
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Kurzmeinung:
Komplett Gänsehaut von Sophie Passmann ist ein Buch zum so Weglesen. Es ist gut geschrieben, lässt sich flüssig lesen. An der ein oder anderen Stelle musste ich Schmunzeln; das ein oder andere ...

Kurzmeinung:
Komplett Gänsehaut von Sophie Passmann ist ein Buch zum so Weglesen. Es ist gut geschrieben, lässt sich flüssig lesen. An der ein oder anderen Stelle musste ich Schmunzeln; das ein oder andere Mal fühlte ich mich wahlweise ertappt oder verstanden. Ansonsten hat es nicht großartig was mit mir gemacht. Aber das ist ja vielleicht auch ok so.


Meine Meinung:
Ich war mir nach dem Lesen des Klappentextes von Komplett Gänsehaut von Sophie Passmann unschlüssig, ob ich das Buch wirklich lesen möchte. "Literarischer Selbsthass" –ist das etwas, was ich im Moment brauche? Ich habe im Moment eh wenig Kraft und Zeit zu lesen, und dann steht mir eigentlich eher der Sinn nach Eskapismus. Aber dann habe ich die ersten begeisterten Rezensionen gelesen und meine Neugier war dann doch sehr groß.
Nach dem Lesen des Buches kann ich mich der Begeisterung nicht so ganz anschließen. So richtig "vom Hocker gehauen" hat mich das Buch nicht. Aber es war bei Weitem auch keine schlechte Lektüre.
Ich mag Sophie Passmann. Ich bin interessiert an ihrer Meinung, an ihren Ansichten, auch wenn ich sie nicht immer teile. Ich folge ihr auf Instagram, schaue ihre Stories und höre fast jeden Podcast, bei dem sie zu Gast ist. Und wenn man das Buch liest, ist es, als würde man ihr bei einem langen Monolog zuhören. Denn der Text liest sich so, wie Sophie Passmann auch spricht. Dabei wechselt sie zwischen sachlicher Erklärung, feinen, teils ironisch-überspitzen Beobachtungen und bitterbösem Humor. Eigentlich viel bitterbösem Humor. Die Erkenntnisse sind jetzt nicht bahnbrechend neu oder aufregend. Aber es ist halt einfach gut geschrieben und macht mir Spaß zu lesen. Sogar dann, wenn ich mich selbst ertappt gefühlt habe. Erst recht, wenn ich mich beim Lesen verstanden gefühlt habe.


Fazit:
Komplett Gänsehaut von Sophie Passmann ist für mich kein Lesehighlight. Dennoch kann ich es euch mit bestem Gewissen empfehlen. Es bietet unterhaltsame Lesestunden, vielleicht auch einige neue Einsichten und auf jeden Fall den ein oder anderen Lacher oder Satz zum kurz Innehalten. Wer schon immer einmal "diese Millenials" besser verstehen, oder einen genaueren Blick auf die eigene Generation werfen wollte, dieder ist mit diesem Buch gut beraten. Genauso wie jeder, die*der Sophie Passmann mag oder einfach mit klugen Beobachtungen und jeder Menge bösem Humor gut unterhalten werden möchte.

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Veröffentlicht am 11.02.2020

Cooler Comic

Die dicke Prinzessin Petronia
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Kurzmeinung:
Die dicke Prinzessin Petronia von Katharina Greve ist ein frecher, sarkastischer und sehr unterhaltsamer Comic über die dicke Prinzessin Petrunia, die etwas frustrierte und sehr einsame Cousine ...

Kurzmeinung:
Die dicke Prinzessin Petronia von Katharina Greve ist ein frecher, sarkastischer und sehr unterhaltsamer Comic über die dicke Prinzessin Petrunia, die etwas frustrierte und sehr einsame Cousine des kleinen Prinzen.

Meine Meinung:
Was für ein cooler Comic. In vielen kleinen Episoden verfolgen wir das Leben von Prinzessin Petrunia. Sie wurde von ihren Eltern, Herrschern über das ganze Universum, aus dem gemeinsamen Schloss geschmissen und auf einen eigenen, kleinen Planeten verbannt. Dort ist sie ziemlich einsam und so sucht Petrunia nach Wegen, sich die Zeit zu vertreiben. Dabei stellt sie kluge, ironische Überlegungen über das Leben an, teils voller Weisheit, teils voller Sarkasmus.

Frech, sarkastisch, klug. Prinzessin Petronia ist nicht nur die unbeliebte Cousine des bekannten "Kleinen Prinzen", sondern außerdem die außergewöhnliche Protagonistin dieses schönen Graphic Novels. In abgeschlossenen kleinen Episoden verfolgen wir, was Petronia auf ihrem kleinen Planeten so erlebt und können ihre witzigen, teils bissigen und sarkastischen Kommentare und kluge Weltanschauungen genießen.

Auch die Zeichnungen sind sehr cool. Sie rufen, ähnlich wie die Gestaltung des Covers Assoziationen zu "Der kleine Prinz" wach. Insgesamt sind sie aber sehr viel modernen und frecher. Außerdem gibt es zahlreiche Anspielungen an andere visuelle Eindrücke. Sei es eine Seite, die wie das Prospekt einer bekannten Elektrotechnikmarkts aussieht, oder eine, die wie eine Vorlage aus einem Bastelbuch gibt. Genau wie die Texte sind auch die Bilder voller Anspielungen und laden zum assoziieren und interpretieren ein.


Fazit:
Die dicke Prinzessin Petronia von Katharina Greve ist ein schöner, kurzweiliger Comic, bei dem es viel zu entdecken und viel zum Nachdenken gibt. Er hat bei mir einen Nerv getroffen, ist cool, aktuell, witzig und klug. Und macht einfach Spaß zu lesen.

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Veröffentlicht am 20.10.2019

Anders, als erwartet, aber sehr spannend.

Das Ting
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Kurzmeinung:

Die Geschichte war überhaupt nicht so, wie ich erwartet hatte, konnte mich auch im Großen und Ganzen trotzdem überzeugen und auf jeden Fall gut unterhalten.



Meine Bewertung:

Also zu allererst ...

Kurzmeinung:

Die Geschichte war überhaupt nicht so, wie ich erwartet hatte, konnte mich auch im Großen und Ganzen trotzdem überzeugen und auf jeden Fall gut unterhalten.



Meine Bewertung:

Also zu allererst muss ich sagen, dass der Klappentext bei mir völlig falsche Erwartungen an die Geschichte geweckt hat. Es klingt viel mehr nach Dystopie, nach "Black Mirror", als würde die technische Komponente eine viel größere Rolle spielen. Bei dem "gefährlichen Spiel" habe ich sofort an actiongeladene Szene wie in "Nerve" gedacht. Doch all das bekommt man in dem Buch nicht. Der Fokus liegt auf der Entwicklung der vier Protagonisten. Die Aspekte des Ting sind viel mehr gesellschaftsphilosophisches Gedankenexperiment als düstere Dystopie.

Das Buch und ich hatten dementsprechend auch ein paar Startschwierigkeiten. Das erste Kapitel über Linus hat es mir nicht so leicht gemacht, in die Geschichte hineinzufinden. Ich fand ich die Charaktere und ihre Reaktionen zu unglaubwürdig und den Einstieg insgesamt etwas zäh und langatmig.

Doch nach und nach bin ich mehr in die Geschichte reingekommen. Die Charaktere Linus und Adam fand ich beide ziemlich unsympathisch, aber Adam als Protagonisten immerhin etwas glaubwürdiger als Linus. Man erfährt mehr über seinen Background und dadurch wird er für mich fassbarer und bleibt nicht so blass wie Linus. Der Charakter von Niu gefiel mir am besten. Ihre Figur war die interessanteste und ihre Abschnitte habe ich am liebsten gelesen.

Auch Kasper ist ein spannenderer Charakter. Die Emanzipation von seiner Familie beginnt ziemlich schnell, ist dabei aber nicht unglaubwürdig. Das Übergangenwerden beim Geschäftsführerposten, die Enttäuschung. Natürlich ist das Zusammentreffen mit den drei anderen Protagonisten und wie sie schließlich das gemeinsame Start-up gründen etwas konstruiert, aber es lässt sich gut lesen und hat mich deswegen nicht groß gestört.

Die Figuren waren mir aber um ehrlich zu sein alle etwas zu eindimensional. Sie wirkten eher stereotyp und es wirkte für mich relativ offensichtlich, dass sie bestimmte Rollen erfüllen mussten, damit die Geschichte so funktioniert. Allerdings hat mich die Story dann auch wirklich gut unterhalten. Nur sehr authentisch hat sich das alles eben nicht angefühlt.

Die Idee des Ting fand ich ziemlich interessant. Ein Gerät, welches Körper- und Umgebungsdaten auswertet und Handlungsempfehlungen gibt. Die Abgabe von Verantwortung, aber auch Kontrolle. Die Empfehlungen des Ting hatten für mich auch einen bitteren Beigeschmack. Sie können vielleicht Körper- und Umgebungsdaten auswerten, aber an welchen Sollwerten werden sie verglichen? Was weiß es von Freundschaft, Loyalität, Moral und Liebe? Nicht nur als Ausschüttung der entsprechenden Hormone, sondern als wichtige Komponente im menschlichen Miteinander? Auch die gesellschaftsphilosophischen Fragen, die diskutiert wurden, fand ich sehr spannend. Gibt der einzelne nun die Verantwortung an das Ting ab, oder wird das gesellschaftlich-politische System aus der Verantwortung entlassen? Alles wirklich interessante Aspekte, über die es sich nachzudenken lohnt, finde ich. Auch wenn man bedenkt, in welche Richtung sich die Ideologie und Technologie ja heute schon entwickelt.

"Es ist an ihm, ihnen vor Augen zu führen, was das Ting auch ist: ein undurchschaubarer Herrscher, der in einem Sever-Bunker sitzt, unerreichbar für jeden Versuch des Dialogs. Ein Diktator, der nach der Maxime der modernen Leistungsgesellschaft operiert." (Das Ting, S. 257)

Das Buch hat mich da richtig in seinen Bann gezogen und ich konnte kaum aufhören zu lesen.

Die Geschichte hat sich anders entwickelt, als ich es erwartet hatte, aber sie hat mir dennoch gefallen. Ich hatte mir mehr große, nervenaufreibende Entscheidungen vom Ting vorgestellt. So ein bisschen im Stil von "Nerve", was die User wirklich an den Rand des Machbaren treibt. Die großen Actionszenen blieben zwar aus, aber die vielen kleinen, manchmal fast banal wirkenden Entscheidungen haben schnell etwas Bedrohliches entwickelt und mit Unbehagen habe ich mich gefragt, zu welchen fatalen Folgen die vielen kleinen Entscheidungen in letzter Konsequenz führen könnten. Und das fühlte sich irgendwie noch bedrohlicher an, als die großen aktionsgeladenen Entscheidungen.

Insgesamt hätte ich mir mehr "Auftritte" vom Ting gewünscht und dachte, diese besondere Technologie würde von Anfang an mehr Raum in der Geschichte einnehmen. Doch sie taucht erst später in der Geschichte auf, gibt dann ein paar Empfehlungen, nur um später wieder unsichtbar zu werden.



Fazit:

Artur Dziuk hat in Das Ting andere Schwerpunkte gesetzt und die Geschichte anders erzählt, als ich es nach dem Klappentext erwartet hatte. Die Charaktere konnten mich nicht ganz überzeugen, aber die Geschichte hat mich gefesselt und mich gut unterhalten. Und auch die Fragen, die die Geschichte um das Ting aufgeworfen hat, fand ich spannend und sie liefern definitiv Stoff zum Nachdenken. Das Ting ist eher gesellschaftsphilosophisches Gedankenexperiment als düstere Dystopie. Wenn man sich darauf einstellt, kann man spannende Lesestunden mit dem Buch verbringen.

Veröffentlicht am 26.08.2019

schöne Lektüre

Freiraum
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Kurzmeinung:
Konnte meine hohen Erwartungen nicht ganz erfüllen. Die Geschichte behandelt interessante und aktuelle Themen, aber leider haben mir weder der Schreibstil noch die Charaktere so gut gefallen, ...

Kurzmeinung:
Konnte meine hohen Erwartungen nicht ganz erfüllen. Die Geschichte behandelt interessante und aktuelle Themen, aber leider haben mir weder der Schreibstil noch die Charaktere so gut gefallen, wie beim Debütroman.

Meine Meinung:
Ja, zugegeben, dieses Buch hatte es mit mir nicht leicht. Von Gräfens Debütroman "Das Rauschen in unseren Köpfen" war ich ja absolut begeistert. Deswegen waren meine Erwartungen an dieses neue Buch auch extrem hoch. Und eben diese hohen Erwartungen konnte die Geschichte leider nicht ganz erfüllen.
Aber warum eigentlich nicht? Die Charaktere sind mir irgendwie nicht so richtig nahe gekommen, sind mir zu blass geblieben. Es gab mir zu viel Hin und Her zwischen den verschiedenen Zeitebenen.
Auf der einen Zeitebene erfahren wir, wie Vela und Maren sich kennengelernt und sich ineinander verliebt haben. Wie zunächst alles rosarot war und dann nach und nach die ersten Probleme auftauchten. Die Wohnung zu eng, das Geld zu knapp, der Job eine Notlösung, Unsicherheit bezüglich der Zukunftsperspektiven. Das alles belastet die junge Beziehung. Auf der zweiten Zeitebene erhalten wir Einblicke in das Leben in einer WG etwas außerhalb der Stadt, in die Vela und Maren gezogen sind. Platz ist dort genug, auch im schönen Garten. Aber dort ist auch Theo, der Eigentümer des Hauses und selbsternannter spirituelle Anführer der Gruppe, der Vela von Anfang an suspekt ist.
Leider hat mich die Handlung irgendwie nicht so mitreißen können. Denn dafür waren die Beschreibungen nicht atmosphärisch genug, die Charaktere und Dynamiken nicht interessant genug, als das sie das Fehlen eines spannenden Plots hätten auffangen könnten. Dabei werden viele aktuelle Themen angesprochen. Probleme, von denen sich wohl viele Menschen (meiner Generation) angesprochen fühlen. Konflikte in der Beziehung, geeigneten und bezahlbaren Wohnraum in der Stadt zu finden, Schwierigkeiten beim Berufseinstieg und dem Verwirklichen der eigenen Träume und Vorstellungen, ein (unerfüllter) Kinderwunsch. Eigentlich alles echt spannende und aktuelle Themen. Und auch das Lebensgefühl der nach 1990 Geborenen und in der Stadt Lebenden wurde wirklich gut eingefangen. In vielen der Themen, Situationen und Probleme konnte ich mich sehr gut wiederfinden. Und trotzdem hat mich die Handlung nicht wirklich mitnehmen können. Ich habe das Buch immer wieder weggelegt, war nicht gefesselt, wie es mir bei der fast schon rauschartigen Lektüre des Debütromans ging.
Gut gefallen hat mir, neben der Themenauswahl, die Repräsentation einer gleichgeschlechtlichen Beziehung. Diese wurde ganz natürlich eingeführt und steht vollkommen gleichberechtigt neben den heterosexuellen Beziehungen. Das hat mir richtig gut gefallen.
Und auch die Liebesgeschichte zwischen Vela und Maren fand ich toll dargestellt. Svenja Gräfen versteht es großartig, zwischenmenschliche Gefühle so zu beschreiben, dass es sich natürlich und echt anfühlt. Keine kitschigen Liebesromangefühle, sondern echte, menschliche, alltägliche.


Fazit:
Ihr merkt vielleicht, dass ich bei diesem Roman wirklich etwas hin - und hergerissen bin. Einerseits gab es Vieles, was mir wirklich gut gefallen hat, andererseits blieb die große Begeisterung (wie ich sie bei dem Debütroman verspürt habe) leider aus.
Eine gute Lektüre ist dieses Buch aber allemal und besonders für Leser*innen meiner Generation zu empfehlen. Ganz dringend empfehlen möchte ich euch aber auf jeden Fall die Lektüre des Debütromans "Das Rauschen in unseren Köpfen", das zu meinen Jahreshighlights 2017 gehörte.