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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.08.2019

„Ein arbeitsloser Detektiv“ oder wie Anthony Horowitz ein "reales" Verbrechen aufklärte

Ein perfider Plan
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Dieses Buch in ein Genre zu stecken ist schwierig. Ich würde am ehesten sagen, es handelt sich um einen „semi-fiktiven pseudo-autobiographischen Kriminalroman mit satirischen Zügen“. Die Handlung ist schnell ...

Dieses Buch in ein Genre zu stecken ist schwierig. Ich würde am ehesten sagen, es handelt sich um einen „semi-fiktiven pseudo-autobiographischen Kriminalroman mit satirischen Zügen“. Die Handlung ist schnell erzählt: es geht darum, dass der Ich-Erzähler, reale Autor und Protagonist Anthony Horowitz (ein renommierter britischer Schriftsteller und Drehbuchautor) von einem Ex-Kriminalpolizisten und jetzigem Polizeiberater – den er von den Serienprojekten, an denen er arbeitet, kennt – namens Daniel Hawthorne dazu überredet wird, ein Buch über ihn und die Ermittlungen in seinem aktuellen Fall zu schreiben. Soweit, so einfach. Ist es aber alles irgendwie so gar nicht, denn Hawthorne erweist sich als äußerst unangenehmer Zeitgenosse mit Hang zu Alleingängen und autoritären Auftritten, die Horowitz an seine Grenzen bringen. Die krude, unzugängliche Persönlichkeit Hawthornes tragen im Übrigen dazu bei, dass er mehrfach überlegt das Buch und Hawthorne fallen zu lassen. Das Dumme ist nur, ihn interessiert es ebenfalls brennend, wer der Mörder ist und so wird Horowitz selbst zum Co-Ermittler in diesem Fall, über den er ja eigentlich nur schreiben sollte.
Der Fall an sich ist mehr als skurril und der berüchtigte schwarze britische Humor, mit dem alles irgendwie unterlegt scheint, führt dazu, dass einem beim Lesen oftmals das Lachen in der Kehle erfriert. Es geht um Diana Cowper, die Mutter des aufstrebenden britischen Hollywoodstars Daniel Cowper, die an dem Tag, an dem sie ihre eigene Beisetzung in einem Londoner Beerdigungsinstitut plant, ermordet wird. Schnell kommt ein Vorfall aus ihrer Vergangenheit ans Licht, der für ein Motiv herhalten könnte...
Das Buch ist sehr Dialoglastig und manche Szenen scheinen wirklich wie aus dem Drehbuch zu einer Krimikomödie entsprungen. Die Reibungen zwischen dem ungleichen Ermittlerpaar Hawthorne/Horowitz entbehren nicht einer gewissen Komik. Besonders köstlich und von humoristischer Brillanz ist beispielsweise die, als sich Horowitz zu einer Projektbesprechung mit zwei berühmten Regisseuren (ich verrate jetzt hier mal nicht, um wen es sich handelt) trifft.
Zu Lektorat und Übersetzung ist zu sagen, dass beides, wie nicht anders zu erwarten vom Insel-Verlag, hervorragend ist. Einen kleinen Wortfehler/Dopplung in einem Satz habe ich allerdings gefunden (S. 307).
Auch sehr schön finde ich, dass dieses Hardcover ohne Schutzumschlag auskommt und die Titelei geprägt ist. Beides war ebenfalls bei den Sherlock-Holmes-Büchern von Horowitz der Fall, weshalb latente Verwechslungsgefahr besteht. Allerdings hebt sich das Rot deutlich vom Schwarz der Holmes-Bände ab und auch die auf dem Titel abgebildete, typische englische Telefonzelle machen dem Leser unmissverständlich klar, dass das Buch nicht im London des 19. Jahrhunderts spielt. Die Zeit der Handlung ist 2011.
Mein Fazit: ein sehr lesenswerter Kriminalroman, mit einer ungewöhnlichen und kaum vorhersehbaren Handlung, der für meinen Geschmack allerdings etwas mehr „cosy“ und weniger „bloody“-morbide-skurril hätte ausfallen können.

Veröffentlicht am 26.08.2019

Eine amüsante Entzauberung des Traumjobs Buchhändler

Tagebuch eines Buchhändlers
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Shaun Bythell betreibt seit 2001 eine der größten antiquarischen Buchhandlungen auf dem britischen Festland. Zu dieser kam er wie die sprichwörtliche Jungfrau zum Kind: der alte Antiquar stand ...

Shaun Bythell betreibt seit 2001 eine der größten antiquarischen Buchhandlungen auf dem britischen Festland. Zu dieser kam er wie die sprichwörtliche Jungfrau zum Kind: der alte Antiquar stand kurz vor der Rente und Bythell, auf Sinn- und Berufssuche in seinem Heimatstädtchen Wigtown im schottischen Landstrich Galloway, wollte bei ihm ein Buch kaufen. Er kaufte allerdings gleich den ganzen "Bookshop". Der Rest gehört zur Legendenbildung, denn mittlerweile ist die Buchhandlung und auch Inhaber Shaun Bythell sowie seine amerikanische Freundin Anna, die etwas exzentrische Angestellte Nancy und der immer dicker werdende Kater Captain überregional bekannt. Buchliebhaber aus aller Welt besuchen Wigtown, das immer mehr Büchermenschen und Kunstschaffende anzog und mittlerweile zur "Book Town" avanciert ist, in der mehrere - vor allem antiquarische Buchhandlungen - ansässig sind.

In "Tagebuch eines Buchhändlers" beschreibt Bythell nun seinen Alltag im Jahr 2014, wobei er am Anfang und Ende jedes Eintrags nicht wie die fiktive Bridget Jones gerauchte Zigaretten und gegessene Süßigkeiten aufzählt, sondern die übers Internet bestellten und im Laden gefundenen Bücher (die Zahl ist nicht immer deckungsgleich) sowie die Anzahl der Kunden (die meisten Kunden kaufen nichts) und die Tageseinnahmen.
Dann gibt er Anekdoten aus seinem Leben zum Besten, nicht immer aber meistens haben sie mit seinem Leben als Buchhändler zu tun.
Ob es die skurrilen, unverschämten oder einfach nur nervigen Kunden sind (ein paar wenige sind auch nett) oder die Dinge, die seinen Job eigentlich ausmachen, wie das Ankaufen von Büchern, u.a. aus Nachlässen (die er meist erst sichten, dann abholen und lagern muss) sowie der täglichen Auseinandersetzung mit dem Internet und seiner Preispolitik, etc.: das alles trägt zur Entzauberung seines Berufsstands bei. Welcher bibliophile Leser hat nicht schon einmal davon geträumt, eine Buchhandlung zu besitzen oder zumindest in einer zu arbeiten? Bythell zumindest empfiehlt allen, die das vorhaben, erst einmal gründlich darüber nachzudenken, bevor sie diesen Schritt gehen und die Memoiren von (ehemaligen) Buchhändlern zu lesen.

Mir hat das sehr gut gefallen und ich habe mich durchaus - bis auf eine Längen - unterhalten gefühlt. Man darf nicht vergessen, es ist ein Tagebuch und vieles wiederholt sich auf die ein oder andere Weise. Schön ist, dass man viel über Schottland lernt, das Land und seine Leute sowie seine Kultur.
Man weiß natürlich als Leser nicht, wie viel Fiktion in diesem Tagebuch steckt und ob es wirklich 1:1 die Lebensrealität Bythells dokumentiert.
Ob Shaun Bythell wirklich zum Typus des griesgrämigen Buchhändlers wie Dylan Moran in der satirischen Serie "Black Books", die er zu Anfangs erwähnt, gehört? Zumindest vermag er es uns dies erfolgreich vorzugaukeln - und das ist recht amüsant!


Veröffentlicht am 10.01.2021

Schneideblock für Vorschulkinder (eher ab 4-5)

Im Kindergarten: Allererstes Schneiden
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Schneiden ist eine Fähigkeit, die einen wichtigen motorischen Entwicklungsschritt im Leben eines Kindes markiert. Die Handhabung der Schere zu lernen ist essentiell und für viele Kinder gar nicht so einfach ...

Schneiden ist eine Fähigkeit, die einen wichtigen motorischen Entwicklungsschritt im Leben eines Kindes markiert. Die Handhabung der Schere zu lernen ist essentiell und für viele Kinder gar nicht so einfach zu meistern. Auch meine vierjährige Tochter hatte bis vor kurzem kein Interesse am Schneiden und es nach kurzer Zeit aufgegeben. Neulich allerdings hat sie von sich aus angefangen, einfache Schnitte ins Papier zu machen. Dinge ausschneiden um sie aufzukleben aber musste ich für sie. Da kam mir der neue Block "Allererstes Schneiden" von Ravensburger aus der Reihe “Im Kindergarten” (wir haben bereits “Farben und Formen” sowie “Schau genau” zu Hause) wie gerufen. Mit diesem interaktiven Lernblock können laut Klappentext bereits Kinder ab 3 Jahren Formen ausschneiden und sie zusammenkleben oder an anderer Stelle im Block einkleben.

Wie sah die Realität aus? Nun, leider hat sich meine Tochter nicht wie erhofft sofort auf das Heft gestürzt, sie fand Cover und Beschreibung laut eigener Aussage zwar "toll", aber hat es dann erstmal links liegen lassen. Also habe ich mir den Block zunächst alleine angesehen. Die Blätter bzw. Aufgaben sind ganz ohne Erklärungen oder anderen Text versehen. Die Kinder sollen sich hier “selbsterklärend” alles erschließen können, heißt es im Werbeslogan für die Reihe. Es gibt nette begleitende Tier-Bildchen, die einen optischen Hinweis darauf geben, was gemacht werden muss. Hinten auf dem Blatt ist entweder jeweils eine Schere oder ein Klebestift oder beides abgebildet. Manchmal gehören zwei aufeinanderfolgende Seiten zusammen. Auf der ersten Seite ist dann etwas zum Ausschneiden, das man auf der nächsten Seite aufkleben muss. Das sieht man anhand der Form des auszuschneidenden Objekts bzw. an einem kleinen “Umblätter”-Symbol rechts unten. Diesen Zusammenhang muss ein Kind erstmal herstellen können. Auch dass gestrichelte Linien dazu gedacht sind, um an ihnen entlang zu schneiden, ist nicht selbstverständlich und muss erklärt werden. Oder dass man den unteren Teil eines Bildes umknicken und auf ein anderes Blatt kleben kann, so dass man quasi ein stehendes ausgeschnittenes Objekt hat. Manche Schneide-Aufgaben finde ich außerdem für ein dreijähriges Kind viel zu anspruchsvoll - ich finde sie als grobmotorische Erwachsene schon knifflig - und würde daher die Altersangabe für diesen Block für mein Empfinden etwas anheben.

In der Reihe "Im Kindergarten" ist auch ein Block namens "Schneiden und Kleben" verfügbar, für Kinder ab 4 Jahren. Diesen Block werde ich zum Ausbau der in "Allererstes Schneiden" erworbenen Fähigkeiten - wenn sie ihn denn mal benutzt hat - ebenfalls für meine Tochter besorgen. Außerdem interessiert mich, wie anspruchsvoll die Aufgaben dort sind und ob sie auf in “Allererstes Schneiden” gestellten Aufgaben aufbauen.

Fazit: Ein guter Lernblock, bei dem meines Erachtens nicht alles so intuitiv gemacht werden kann wie angepriesen und der außerdem eher für ältere Kleinkinder (ab 4-5) funktioniert.

Veröffentlicht am 15.12.2020

Bestandsaufnahme der "ersten Welle"

Die Krone der Schöpfung
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Selten liest man einen Roman, in dem so viele Aspekte des Erzählten mit der eigenen Lebensrealität der jüngeren Vergangenheit übereinstimmen. Bei diesem Roman ist dies der Fall, denn er wurde nicht nur ...

Selten liest man einen Roman, in dem so viele Aspekte des Erzählten mit der eigenen Lebensrealität der jüngeren Vergangenheit übereinstimmen. Bei diesem Roman ist dies der Fall, denn er wurde nicht nur im Jahr 2020 geschrieben und veröffentlicht, er behandelt auch noch das Thema, das dieses Jahr wie kein anderes geprägt hat: Die Corona-Pandemie.
Die Filmregisseurin und Schriftstellerin Lola Randl versucht sich in “Die Krone der Schöpfung” an einer Bestandsaufnahme des Beginns der Pandemie, ihrer Ausbreitung in Europa sowie der ganzen “ersten Welle”.

Im Buch gibt die Erzählerin, die wohl in vielen Punkten mit der Autorin gleichzusetzen ist, ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Virus wieder. Dabei konnte ich mich als Leserin teilweise sehr gut mit ihren nüchtern-ironischen Schilderungen identifizieren. Sie beschreibt, was wir alle im Frühjahr 2020 erlebt haben: Das Einbrechen des Virus in unser Leben, was es (oder: er) mit uns und unserer Umwelt gemacht hat und wie wir dieser neuen Situation am Anfang begegnet sind. Ob es das Nähen von Stoffmasken ist, der Hamsterkauf von Toilettenpapier, das überall ausverkaufte Desinfektionsgel: Die Pandemie ist ein Gleichmacher und wir sitzen alle im selben Boot. Ich habe mich zurückversetzt gefühlt in diese unsichere Zeit, in der Corona noch ganz frisch und wir alle davon noch unbeleckt waren. Die mediale Berichterstattung wird auch von der Erzählerin reflektiert: Ob es die bedrückenden Nachrichten der vielen Toten aus Italien waren oder auch die Omnipräsenz eines gewissen “Chefvirologen”, dem die ganze Aufmerksamkeit eigentlich eher unangenehm war bzw. ist.

Strukturell ist dieser “Roman” eher eine Sammlung von kurzen Kolumnen, die jede für sich einen Mikroaspekt der Pandemie aufgreifen. Einerseits referiert die Erzählerin über biologische und gesellschaftspolitische Fakten, die im Zusammenhang mit Viren bzw. speziell mit Sars Covid-19 irgendwie von Interesse sind. Andererseits geht es eben um die persönlichen Erfahrungen der Autorin (die in einem gewissen Maße fiktionalisiert sind, in welchem, weiß wohl nur sie selbst bzw. ihr Umfeld), die dem neuen Eindringling - aka Virus - in ihr Leben zu trotzen versucht. Ihr nicht ganz konventioneller Alltag führt dabei zu einigen amüsanten Situationen und Verwicklungen. Die selbstironische Art der Erzählerin und ihre eigene Unzulänglichkeit, die sie immer wieder erwähnt, machen sie für mich sympathisch. Man denke nur ihre Fleischgelüste, während sie sich vor dem Liebhaber als moralisch überlegene Vegetarierin geriert. Oder an ihre persönlichen Versagensmomente in puncto Erziehung. Zusätzlich gibt es noch eine grotesk-surreale Komponente des Buches. Die Erzählerin braucht Geld (damit der Boden in ihrem renovierten Haus verlegt werden kann) und schreibt deshalb am Drehbuch für eine Zombieserie, das sie einem Internetgiganten verkaufen will. Diese Passagen waren für mich sehr gewöhnungsbedürftig.

Randls Roman muss sich sicher auch Kritik gefallen lassen. Das Erzählte ist oft diffus, viele Themen werden angerissen um sie dann ebenso abrupt wieder fallen zu lassen. Der rote Faden zerfranst in viele Fädchen. Zudem steht derjenige, der Lola Randls ersten Roman “Der große Garten” nicht gelesen hat, vor vielen Fragen: Was hat es mit dem Liebhaber auf sich, wer sind die anderen Dörfler oder zugezogenen Städter, von denen sie spricht und warum ist sie überhaupt mit ihrer Familie in das abgelegene Dorf in der Uckermark gezogen? Der Vorgängerroman beantwortet wohl diese Fragen. Der Epilog am Schluss bleibt philosophisch-vage. Stattdessen hätte ich mir ein ausführliches Nachwort gewünscht mit den genauen Angaben, in welchem Monat des Jahres 2020 das Buch abgeschlossen wurde und wie der Status Quo der Pandemie zu dieser Zeit war.

Obwohl ich Randls trockenen Humor sehr gerne mochte und es wichtig und richtig finde, dass diese ersten Monate der Corona-Pandemie für die Nachwelt festgehalten wurden, kann ich aufgrund der genannten “Probleme” diese sehr spezielle Lektüre nicht jedem uneingeschränkt empfehlen.

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Veröffentlicht am 15.11.2020

Mord und Totschlag im Irland des 7. Jahrhunderts

Die Sünden der Gerechten
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"Die Sünden der Gerechten" ist mittlerweile der sage und schreibe einunddreißigste Band in der Reihe um Schwester Fidelma von Cashel. Das Besondere an dieser Krimireihe ist, dass sie sich im Irland des ...

"Die Sünden der Gerechten" ist mittlerweile der sage und schreibe einunddreißigste Band in der Reihe um Schwester Fidelma von Cashel. Das Besondere an dieser Krimireihe ist, dass sie sich im Irland des 7. Jahrhunderts nach Christus abspielt. Irland befindet sich zu dieser Zeit in einem noch immer frühen Stadium der Christianisierung, wobei der alte keltische bzw. heidnische Glaube noch von vielen praktiziert wird. Langsam kommt auch die neue Lehre aus Rom dazu, der Katholizismus, der dem Urchristentum viele Änderungen und Gesetze überstülpt. Um religiösen Fanatismus und die widerstreitenden Glaubensrichtungen geht es auch in diesem Roman. Vor allem aber um Allzumenschliches, nämlich Rache und Habgier.
Diesmal spielt sich die Handlung in dem kleinen irischen Dorf Cloichin ab. Fidelma und Eadulf kommen zufällig dazu, als ein vermeintlicher Vierfachmörder von einem aufgebrachten Mob auf Anordnung des Predigers Bruder Gadra gehenkt werden soll. Bei dem Mann handelt es sich um einen Wanderarbeiter, der mit seiner Familie nur eine Nacht auf dem Bauernhof des Mordopfers Adnán verbrachte. Am Morgen wurden der Bauer, seine Frau und seine beiden Söhne ermordet aufgefunden. Schwester Fidelma und Eadulf können den Tod des Wanderarbeiters verhindern und beginnen im Dorf zu ermitteln, wobei die dunklen Geheimnisse und menschlichen Abgründe der Dorfbewohner langsam zu Tage treten.
Die Hauptfigur der Reihe, die keltische Nonne Fidelma, ist eine toughe Frau, die ihren Weg geht und vor allem an eins glaubt: Gerechtigkeit. Schließlich ist sie auch eine Dàlaigh, eine Art Anwältin des Königs, der ihr Bruder ist. Fidelma ist eine analytisch agierende Ermittlerin, die sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt. Ich bin ihr leider erst in diesem dreißigsten Band begegnet, deshalb kann ich zu ihrer Charakterentwicklung innerhalb der Reihe nichts sagen. Eadulf, ihr Partner und Gefährte, ist mehr der Typ Dr. Watson. Er wartet erst ab, welche Ermittlungsrichtung Fidelma einschlägt und gibt dann seine Meinung kund. Die anderen Figuren des Romans kommen etwas stereotyper daher, aber das ist bei einem solchen Krimi meiner Meinung nach auch in Ordnung.
Ich finde der Autor beschreibt die Dynamik in diesem frühmittelalterlichen Dorf, in dem jeder ein Geheimnis zu haben scheint, sehr gut. Die Fronten sind ziemlich verhärtet und fast alle Bewohner haben ihre eingefahrenen Meinungen bzw. unverbrüchlichen Vorurteile über Andersdenkene, Andersgläubige, Fremde und sonstige Außenseiter der Gesellschaft. Aber auch die etablierten Dörfler bekommen ihr Fett weg. Es herrschen Neid und Missgunst. Umso erfrischender sind die vorurteilslosen Ermittlungen Fidelmas, die die Menschen nur nach ihren Taten und ein Verbrechen anhand der Beweise beurteilt.
Dass der Autor Historiker ist merkt man an einigen Stellen überdeutlich. Er lässt zahlreiche historische Ereignisse und Fakten der Rechts- sowie der Religionsgeschichte in die Gespräche der Figuren mit einfließen. Außerdem geht es oft um das irische Rechtssystem des 7. Jahrhunderts nach Christus. Für den unkundigen Leser (wie ich einer bin) muten diese Rechtsbegriffe und juristischen Konzepte eher exotisch an. Ich habe mich damit schwer getan und fand die Stellen sehr langatmig. Für einen Krimi ist das Buch mit fast 500 Seiten relativ lang und die Handlung nimmt auch erst im letzten Drittel so richtig an Fahrt auf. Ich hatte immer wieder Probleme die vielen keltischen Namen auseinanderzuhalten, von den Rechtsbegriffen wie schon gesagt ganz zu schweigen. Am Anfang findet sich zwar ein Personenverzeichnis, das ich als Leserin des Ebooks aber nicht so richtig nutzen konnte.
Nichtsdestotrotz gefällt mir diese historische Krimireihe, die meiner Meinung nach auch für Neueinsteiger geeignet ist, ganz gut und vor allem die starke Hauptfigur Schwester Fidelma. Ob ich noch weitere Bände der Reihe lesen werde, weiß ich noch nicht.

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