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Veröffentlicht am 12.06.2021

Die Besonderheit unserer Zeit

Everlasting
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Ich liebe Geschichten, die in der Zukunft angesiedelt sind. Vorstellungen einer Welt, die wir nicht mehr erleben werden. Allein damit war ich schon ganz glücklich, doch dazu kam der Ansatz mit der toten ...

Ich liebe Geschichten, die in der Zukunft angesiedelt sind. Vorstellungen einer Welt, die wir nicht mehr erleben werden. Allein damit war ich schon ganz glücklich, doch dazu kam der Ansatz mit der toten Sprache Deutsch und all der Zerstörung, die dem vorausgegangen war. Ich bin gespannt in die Leserunde mit einer Freundin gestartet.

Der Einstieg in die Welt des 23. Jahrhunderts hat mir dann auch sehr gut gefallen. Holly-Jane Rahlens führte den Leser recht komprimiert und doch ausführlich genug in die zukünftige Welt ein. Vor allem die Zwischenmenschlichkeiten haben sich sehr geändert. Nachdem im Dark Winter die Weltbevölkerung stark dezimiert wurde, hat sich die Welt davon immer noch nicht vollkommen erholt. Vor allem Fortpflanzung mit dem genetisch perfekten Partner ist das Ziel. Die Gefühle sind dabei über die Jahrhunderte verlorengegangen. Liebe ist ein Konzept, das Finn und all seinen Mitmenschen fremd ist.
In seinem Job als Historiker musste er zuletzt Geschäftsberichte der Deutschen Bank übersetzen, was in ihm auch keine allzu positiven Gefühle auslösen konnte. Doch dann bekommt er den Auftrag, die Tagebücher eines dreizehnjährigen, deutschen Mädchens zu übersetzen. Was er erst lächerlich findet, stürzt ihn schon bald in ein emotionales Abenteuer.
Diese Emotionalität ist auch der einzige größere Kritikpunkt an dem Buch. Finn ist 26 Jahre alt. Auch wenn er vielleicht durch die deutlich gestiegene Lebenserwartung nicht mit heutigen 26-Jährigen vergleichbar ist, ist er auch definitiv kein Kind mehr. Und doch entwickelt er eine Faszination an der Tagebuchschreiberin, die sehr bald deutlich in Richtung Verlieben steuert. Das fand ich unangenehm zu lesen. Sie war halb so alt wie er und vor allem in den ersten Tagebucheinträgen auch stark kindlich in ihrer Art. Ganz, ganz schwierig.
Doch die Schreiberin wurde natürlich älter, reifer – und Finns Gefühle an der Stelle nachvollziehbarer.

„Everlastig“ öffnete mir auch ein wenig den Blick für unsere heutige Zeit. Unsere Popkultur und unsere Alltagsgegenstände sind vollkommen logisch für uns. Von Kaugummimarken über Musik und Bekleidungstrends wissen wir Bescheid. Doch der Rückblick von Finn bewegte mich. Er kannte all das nicht und mir viel immer wieder auf, für wie selbstverständlich wir manch seltsame Sachen nehmen. Das war toll und erhellend geschrieben.

Wir hatten für die Leserunde ein recht geringes Tagespensum festgelegt und ich konnte mich immer kaum überwinden, das Buch nun schon zuzuklappen.
Ich raste durch die Seiten und wollte immer mehr. Ich fand es total spannend und konnte durch einige Entwicklungen wirklich überrascht werden.

Im Buch gibt es im Prinzip eine Dreiteilung:
Erstens: die allgemeinen Teile in Finns Zeit. Man lernt Stück für Stück mehr der Zukunft kennen und bekommt Einblicke in Finns Leben, seine Freunde und eigene Geschichte. Vor allem wichtig ist aber seine Arbeit und „Projekt Zeit“, in dem Finn mittels Virtual Reality in unsere Zeit eintauchen kann.
Zweitens: das Tagebuchlesen und -übersetzen. Die Tagebücher erstrecken sich über einen Zeitraum mehrerer Jahre und man sieht die Schreiberin quasi erwachsen werden. Mit all den Höhen, Tiefen und Meilensteinen, die ein junges Leben so mit sich bringen kann.
Drittens: die Teile in der Vergangenheit. Ich habe es geliebt, wie Finn mir unsere Welt beschrieb und sich hier vollkommem unbeholfen durchnavigierte. Besonders interessant war es dabei natürlich, wie er mit der Tagebuchschreiberin interagierte und was er hier erlebte.

Jeder Teil hatte seinen eigenen Reiz und seine eigene Spannung.
Emotional konnte mir das Buch auch etwas bieten: Zwischendurch musste ich sowohl weinen als auch lachen.

Mit dem Ende bin ich nicht zu 100 Prozent zufrieden und auch nicht damit, dass manche Hinweise der Geschichte nie aufgelöst werden. Ein paar offene Fragen bleiben. Das finde ich schade.
Doch die offenen Fragen und die kurze Spanne, in der Finn mir zu viel Faszination an einem Kind hatte, sind die einzigen negativen Aspekte für mich. Ansonsten hatte richtig viel Spaß mit dem Buch. Ich fand die Geschichte toll und war wirklich gespannt auf alles, was da kommt.

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Veröffentlicht am 26.01.2021

Die verdrehten Schwestern werden entdreht

Disney Villains 6: Das Geheimnis der Schwestern
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Teil 6 / Spoiler möglich

Die verdrehten Schwestern sind immer noch im Traumreich gefangen und ihre Schwester Circe ist ganz ohne sie. Doch allein ist sie deswegen noch lange nicht. Sie hat ihre Cousine ...

Teil 6 / Spoiler möglich

Die verdrehten Schwestern sind immer noch im Traumreich gefangen und ihre Schwester Circe ist ganz ohne sie. Doch allein ist sie deswegen noch lange nicht. Sie hat ihre Cousine Schneewittchen und verschiedene Freunde, Menschen wie Feen, um sich geschart. Zusammen versuchen die Guten das Chaos, das nach dem Sieg über Ursula und Maleficent entstanden ist, zu beseitigen. Doch lange bleibt die Ruhe nicht bestehen und das Chaos bricht erneut über Schloss Morningstar herein.

Der sechste Teil der Disney-Villains-Reihe spielt nur wenige Tage nach Teil vier und fünf. Es geht nahtlos weiter, doch dieses Mal ist kein neues Märchen Hauptbestandteil des Buches, sondern die verdrehten Schwestern sind es. Die Hexendrillinge waren der rote Faden, der alle Bücher verband. In allen Schicksalen hatten sie ihre Hände im Spiel. Doch ihre Vergangenheit blieb bisher verborgen. Das ändert sich nun.

Wenn Lucinda, Ruby und Martha eines nicht sind, dann Sympathieträger. Sie sind gemein, verwirrt und voller Hass. Sie lieben nur eines und das ist ihre kleine Schwester Circe. Doch selbst diese Liebe besteht nur aus Extremen. Umso interessanter ist es, die Geschichte der Schwestern besser kennenzulernen. Auch wenn in den Vorgänger-Büchern schon so manches Geheimnis ans Tageslicht kamen, war es interessant mit Circe und Schneewittchen in den alten Schriften zu wühlen, um die Schwestern so richtig kennenzulernen und vielleicht auch zu verstehen.

Es ist faszinierend, was für ein komplexes Konstrukt Serena Valentino geschaffen hat. Worte und Taten aus jedem der fünf Vorgänger werden plötzlich wieder bedeutsam. Doch vor allem Teil 4 um Maleficent und Teil 5 um Gothel werden hier immer wieder näher beleuchtet.
Insgesamt lernt man die ganze Märchenwelt auch noch einmal etwas genauer kennen, ist in Schlössern, im Traumland, dem Feenreich und dem Hexenhaus.

Über allem schwebt immer die große Frage: Wann ist man gut und wann schlecht? Und wie schmal ist manchmal der Grat, mit dem man die Seiten wechselt. Was bedarf es alles, damit aus freundlichen Wesen eine zerstörerische Macht hervorbricht?
Nicht zuletzt wartet das Buch auch noch mit einigen Überraschungen auf, mit denen ich nicht gerechnet habe. Ich habe sogar extra nochmal Vorgänger aus dem Regal gezogen, um manche Passagen nun in neuem Licht lesen zu können.

Vor dem Lesestart war ich nicht überzeugt von der Idee des Buches. Es soll doch um Disney-Villains gehen und die Schwester sind nun einmal ursprünglich kein Bestandteil dieser Welt. Doch das Buch schlägt einen Bogen und verbindet alles wirklich geschickt und spannend. Und deswegen ist es nun eines meiner liebsten dieser Reihe.

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Veröffentlicht am 26.01.2021

Mord als Massenevent

The Passengers
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Acht Menschen werden von einem Hacker in ihren eigenen Autos gekidnappt. Der Unbekannte bringt die Autos unter seine Gewalt und plant, alle acht Fahrer in zweieinhalb Stunden umzubringen. Es gibt keine ...

Acht Menschen werden von einem Hacker in ihren eigenen Autos gekidnappt. Der Unbekannte bringt die Autos unter seine Gewalt und plant, alle acht Fahrer in zweieinhalb Stunden umzubringen. Es gibt keine Lösegeldforderung, keine Bedingungen. Die Lage scheint aussichtslos. Doch was fast noch schlimmer ist: Die ganze Welt schaut gierig zu und verfolgt die Höllenfahrt. Sie voten sogar mit, wen der Hacker als erstes tötet.

Das Buch ist aus den verschiedenen Perspektiven der Opfer geschrieben. Man lernt einige von ihnen besonders intensiv kennen, beginnt mit ihnen den Tag – und erfährt recht schnell, dass sie alle dunkle Geheimnisse haben. Diese Geheimnisse kennt auch der Hacker. Überhaupt scheint er so gut wie alles über die Passagiere zu wissen. Und dieses Wissen macht er sich immer wieder zu nutze.
Die Personen sind unterschiedlich sympathisch und überhaupt recht divers – ebenso wie ihre Probleme, Entscheidungen und Geheimnisse.
In dieser Abwechslung lag eine unglaubliche Spannung für mich. Ich konnte kaum aufhören zu lesen und war begierig auf jedes neue Detail und jede neu Enthüllung.
Vor allem wollte ich auch wissen, wie die Opfer zusammenhängen, wer der Hacker ist, warum er ausgerechnet diese Menschen ausgewählt hat und noch viel mehr.

John Marrs schrieb das Buch unglaublich leicht und flüssig, trotz all der Härte und Grausamkeiten, denen man sich gegenübersieht.
Hin und wieder gab es Logiklöcher. Ich fragte mich häufiger, wie die Person das bewerkstelligt haben soll. Manches scheint ein bisschen sehr konstruiert. Doch es störte mich nicht. Die Spannung überlagerte alles. Das Thema des autonomen Fahrens mit all den ethischen Fragen, die sich dazu stellen, die unterschiedlichen Charaktere, die Kürze der Kapitel und die wechselnden Perspektiven. Die Grausamkeiten des Hackers, die Enthüllungen, die Entwicklungen. Ich war wirklich hin und weg.

Dann kam das Ende.
Ich frage mich wirklich, wie man so eine tolle Story so zu Ende führen kann. So wirr und in Teilen unlogisch. Ich bin wirklich nicht begeistert. Ich verstehe die Grundidee und kann sie nachvollziehen. Aber die Umsetzung ist schwach.

Doch der Weg dahin war einfach kein steiniger. Er war flüssig, spannend, überraschend, wendungsreich und trotz der räumlichen Eingeschränktheit vielfältig und variabel. Deswegen reißt das Ende das Buch ein wenig runter, macht es mir aber einfach im Großen und Ganzen nicht kaputt.

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Veröffentlicht am 03.01.2021

Wie er wurde, was er ist

Disney Villains 2: Das Biest in ihm
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Kaum hatte ich den ersten Teil – „Die Schönste im ganzen Land“ – zugeschlagen, hatte ich unfassbare Lust, mir die Geschichte zum Biest durchzulesen. Also habe ich begonnen und das Buch in einem Rutsch ...

Kaum hatte ich den ersten Teil – „Die Schönste im ganzen Land“ – zugeschlagen, hatte ich unfassbare Lust, mir die Geschichte zum Biest durchzulesen. Also habe ich begonnen und das Buch in einem Rutsch gelesen.

Im Film „Die Schöne und das Biest“ wird der Grund der Verwandlung des Biests eher stiefmütterlich behandelt. Der Fokus liegt klar auf der anbahnenden Liebe zu Belle. Doch dieses Buch rückt den Fluch in den Mittelpunkt.
In einer langen Rückblende erzählt das Biest von seiner Jugend und seinen grausamen Taten, die ihm diesen Fluch einbrachten. Nicht nur er, sondern auch seine Ländereien und das gesamte Schloss nebst Personal sind betroffen. Eine Rose zeigt die verbleibende Zeit, um den Fluch noch rückgängig zu machen.
Man erlebt ihn als Freund und vor allem auch als Partner. Ich konnte hier gut mitfühlen und meine Gefühle schwankten ständig, ebenso wie die Launen des Prinzen.

Der junge Prinz ist ebenso wie das Biest kein Sympathieträger. Niemand, mit dem man sich identifizieren möchte. Doch ich las gebannt, seine Geschichte und erlebte in seiner Vergangenheit einige Überraschungen. Der Autorin ist hier eine glaubwürdige und spannende Hintergrundgeschichte eingefallen.

Ich finde es insgesamt so stark von Serena Valentino, wie sie alles fließend einfügt. Denn in den Büchern wird auch jeweils der Film in Kurzform mit abgehandelt und alles fließt nahtlos ineinander über. Dinge, die gesagt und getan wurden, bringt sie in den Kontext eines neuen Erzählers.

Ein paar Fragen sind offengeblieben, die werden aber sehr wahrscheinlich im nächsten Teil beantwortet, denn Ursula spielte auch in dieser Geschichte schon eine kleine Rolle. Alles greift ineinander. Ich liebe dieses Geflecht, was die Autorin geschaffen hat, jetzt schon.

Für mich ist „Das Biest in ihm“ von den drei Teilen, die ich bisher gelesen habe, deutlich der stärkste. Ich fand ihn aufschlussreich, interessant, spannend und einfach richtig gut gemacht.

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Veröffentlicht am 22.12.2020

Das Begleitbuch zur Reckless-Reihe

Spiegelwelt
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Mit der Spiegelwelt hat Cornelia Funke etwas Besonderes geschaffen. Hier sind Märchenfiguren lebendig, aber nicht immer so, wie wir sie kennen. Doch auch allerhand Unbekanntes gibt es in der Flora und ...

Mit der Spiegelwelt hat Cornelia Funke etwas Besonderes geschaffen. Hier sind Märchenfiguren lebendig, aber nicht immer so, wie wir sie kennen. Doch auch allerhand Unbekanntes gibt es in der Flora und Fauna zu bestaunen. Dem bringt uns dieses Buch näher.

Enthalten sind wenige Geschichten, die die Hintergründe vom Jacob Reckless, seinem Vater John, seonem Mentor Albert Chanute und seiner besten Freundin Fuchs beleuchten. Will fehlt an dieser Stelle vollkommen, auch wenn das Cover dazu auffordert, Jacob und Will in die Spiegelwelt zu folgen. Interessant waren die kurzen Abrisse aber allemal. Es wurde kein neues Licht auf die bestehende Geschichte geworfen, aber es gab ein paar mehr Einblicke.
Dazu gibt es weitere Geschichten über die Bewohner dieser Märchenwelt, die ihre Gefahren dem Leser noch einmal näherbringen.

Ich fand darüber hinaus die Einträge über die Pflanzen und verschiedenen Arten von Menschenfressern fast noch interessanter. Da kommt die Fantasie von Frau Funke richtig zum Tragen. Sich allein Gedanken zu machen über verschiedene Bäume und Blumen, die so ja keine große Bedeutung in den Büchern haben, finde ich total speziell.

So interessant die Geschichten also sind und so cool es ist, mehr Hintergründe zu erfahren: Das wirkliche Highlight sind die Zeichnungen der Kreativwerkstatt von Mirada. Jede Geschichte ist gespickt mit verschiedenen Illustrationen. Farbe, Schwarz-Weiß, Skizzen-Stil, Realitätsnähe, Detailreichtum – man findet so viel Verschiedenes. Alles, was zusammenhängt, ist gleich gestaltet, doch untereinander ist alles unterschiedlich. Selbst die Schriften unterscheiden sich von Handschrift über verspielte Schrift bis hin zur klassischen Serifen-Schrift.
Nur manchmal, da war die Schrift so klein, dass ich die Seite mit meinem Handy fotografierte, um das Bild zu vergrößern. Es war nur auf wenigen Seiten so, aber genug, um aufzufallen.

Vor allem die Gestaltung ist es , warum ich so verliebt in dieses Buch bin. Klar, es hätten vielleicht mehr Geschichten sein können, Will hätte noch dabei sein dürfen und die einzelnen Begebenheiten waren nicht das Spannendste, was ich je gelesen habe. Aber das alles fehlt mir nicht ernsthaft, wenn ich das Buch aufschlage und sehe, wie schön es ist.
Man braucht das Buch nicht. Ganz sicher nicht. Aber es ist toll, es zu haben.

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