Profilbild von brenda_wolf

brenda_wolf

Lesejury Star
offline

brenda_wolf ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit brenda_wolf über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.03.2021

Geht unter die Haut

Das achte Kind
0

Der Autor und Journalist Alem Grabovac verarbeitet in „Das achte Kind“ fiktiv seine Familiengeschichte in einer ehrlichen und zu tiefst berührenden Geschichte, die sich allerdings als harter Tobak herausstellt.

Die ...

Der Autor und Journalist Alem Grabovac verarbeitet in „Das achte Kind“ fiktiv seine Familiengeschichte in einer ehrlichen und zu tiefst berührenden Geschichte, die sich allerdings als harter Tobak herausstellt.

Die Geschichte beginnt in den siebziger Jahren. Die Mutter Smilja wächst in extremst ärmlichen Verhältnissen in Kroatien auf. Sie lernt den Bosnier Emir kennen und lieben. Sie kommen beide mit großen Hoffnungen als Gastarbeiter nach Deutschland und finden auch schnell eine Arbeit. Doch während der Mutter fleißig und zuverlässig ist, ist der Vater ein verantwortungsloser Tunichtgut. Er treibt sich lieber in Kneipen rum. Als Alem 1974 geboren wird, ist es Smilja klar, dass sie nicht zuhause bei ihrem Baby bleiben kann, und auf Emir ist kein Verlass. Sie findet schließlich eine deutsche Pflegefamilie bei der Alem, während der Woche, als achtes Kind aufwachsen kann. Es zerreißt ihr das Herz, aber es ist letztendlich die beste Entscheidung für das Kind. Emir entwickelt sich zum Kleinganoven. Als ihm in Deutschland der Boden zu heiß wird, irgendwelche Typen sind hinter ihm her, setzt er sich in seine Heimat ab und landet später im berüchtigten Gefängnis Goli Otok in Jugoslawien. Smilja findet einen neuen Partner. Doch auch Dusan ist ein gewalttätiger Säufer, bei dem Alem, der die Wochenenden bei seiner Mutter verbringt, nichts zu lachen hat. Alem wächst auf in den Glauben, dass sein Vater bei einem Arbeitsunfall ums Leben kam.

Mich hat die Geschichte gepackt. Scheinbar emotionslos erzählt der Autor von Alem. Der schlichte und schnörkelloser Schreibstil wirkte umso drastischer. Der Roman ist in drei Bücher unterteilt. Im ersten geht es um die Mutter Smilja, das zweite ist Alem gewidmet und im letzten Buch geht es um Emir.

Von allem Protagonisten hat konnte die Pflegemutter mein Herz erreichen. Sie hat sich für Alem eingesetzt und ihn in ihre Familie aufgenommen wie ein eigenes Kind. Ihr Mann hat leider meine Sympathien verloren, als sich nach und nach herausstellte, dass er ein alter unverbesserlicher Nazi ist, der aus der Geschichte nichts gelernt hat. Alems Mutter tat mir leid. Die mutige junge Frau aus dem ärmlichen Kroatien, schaffte es nicht sich gegen ihre Männer zu behaupten. Mit Alem selber hatte ich großes Mitleid. Ich habe mit dem kleinen Kerl sehr gelitten und fand es erstaunlich, dass er sich trotz dieser schlechten Ausgangsbedingen seinen Weg in ein gutes Leben gefunden hat.

Es geht in diesem Roman um die Problematik der Migration von Gastarbeitern in den 70iger Jahren, um nicht aufgearbeitete Geschichte, um die ewig Gestrigen, um innerfamiliäre Gewalt, nicht zuletzt um Schuld und Vergebung.

Ein Buch das unter die Haut geht. Allerdings keine leichte Lektüre.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.02.2021

Das fehlende Puzzle

Cold Case – Das gezeichnete Opfer
3

Ein Cold Case rückt wieder in das Visier der Ermittler. Am Leuchtturm wird die Leiche der provokanten Künstlerin Mischa Lindberg aufgefunden. Ihr bedeutendstes Kunst- und Lebenswerk, das sie mit ihrem ...

Ein Cold Case rückt wieder in das Visier der Ermittler. Am Leuchtturm wird die Leiche der provokanten Künstlerin Mischa Lindberg aufgefunden. Ihr bedeutendstes Kunst- und Lebenswerk, das sie mit ihrem letzten Menstruationsblut gemalt hatte, wurde in der Ausstellungshalle stört. Am Fundort der Toten wird dieselbe Sorte seltener Lehm wie an einem unaufgeklärten Fall vor 15 Jahren entdeckt. Der junge Pianist Max Lund war mit einer Vielzahl von Messerstichen ermordet worden. Das COLD CASE Team um die leitende Polizeihauptkommissarin Tess Hjalmarsson nimmt die Ermittlungen auf.

Die Autorin Tina Frennstedt ist vom Fach. Sie ist eine der renommiertesten Kriminalreporterinnen Schwedens und gilt als Expertin für Fälle, die nie aufgeklärt wurden. Das macht diese Reihe um das COLD CASE Team so realistisch. „Das gezeichnete Opfer“ ist bereits der 2. Band. Ich kannte den 1. Band noch nicht, bin jedoch problemlos in das Geschehen abgetaucht. Auch die Kollegen wurden mir schnell vertraut. Marie Erling, Raffaela Cruz und Lundberg. Wobei Lundberg mir lange Zeit ein Rätsel war. Er hatte den alten Fall von Max Lund vor 15 Jahren bearbeitet. Was hält er zurück? Den Eindruck hatte ich tatsächlich. Erschwert wird die Ermittlungsarbeit durch die Tatsache, dass der oberste Polizeichef das COLD CASE-Ermittlungsteam im Zuge von Sparmaßnahmen auflösen will. Überbringerin dieser Nachricht ist die neue Chefin Edding. Das macht sie bei den Kollegen nicht gerade beliebt.

Die Schreibstil der Autorin ist eher unaufgeregt und ruhig. Was ich als positiv empfinde. Denn das gibt dem Leser Gelegenheit zum Mitdenken und Mitermitteln. Frau Frennstedt gibt zudem Einblick in das Leben der Ermittlerinnen. Ich mochte Tess, die nach einer unglücklich beendeten Beziehung gerne schwanger werden möchte. Wobei ich das Gefühl hatte, so ganz gelingt es Tess noch nicht, mit ihrer ehemaligen Lebenspartnerin abzuschließen. Mit ihrer Kollegin Marie verbindet sie fast eine Freundschaft. Aber auch Marie hat ein problematisches Privatleben. Und auch der dänische Profiler Morris wird mit ins Boot genommen. Wobei er schon ein echt skurriler Kauz ist.

Die beiden Fälle erweisen sich als äußerst verzwickt. Nur mühsam fällt Puzzlestück zu Puzzlestück. Der Autorin ist es gelungen ein guten Spannungsbogen zu entwickeln. In verschiedenen Kapiteln liest der Leser außerdem von einer Ehefrau, die sich in ihrer Ehe nicht mehr wohl fühlt, denn ihr Mann entgleitet ihr immer mehr. Insgesamt gibt es einige Personen die näher ins Visier genommen werden.

Die Auflösung der Fälle war für mich überraschend

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Spannung
  • Charaktere
  • Cover
Veröffentlicht am 22.02.2021

Chaos ist Leben

Die Mitternachtsbibliothek
2

Die fünfunddreißigjährige Nora Seed beschließt zu sterben. Nachdem jetzt auch noch ihre Katze überfahren wurde, hält sie nichts mehr im Leben. Nora sieht ihr Leben als traurige Abfolge von Unglücken und ...

Die fünfunddreißigjährige Nora Seed beschließt zu sterben. Nachdem jetzt auch noch ihre Katze überfahren wurde, hält sie nichts mehr im Leben. Nora sieht ihr Leben als traurige Abfolge von Unglücken und Fehlschlägen. Sie glaubt im Leben keine Lücke zu hinterlassen. Plötzlich befindet sie sich in der Mitternachtsbibliothek wieder, einem Ort wo die Zeiger der Uhr immer auf Mitternacht stehen, solange man sich noch im Zwischenreich zwischen Leben und Tod befindet. Die Mitternachtsbibliothek ist eine ganz besondere Bibliothek, sie enthält Bücher, in denen Noras Wahlmöglichkeiten zu ihrem Leben aufgezeichnet sind. Jetzt hat sie die Chance in einem anderen Leben glücklich zu werden.

„Die Mitternachtsbibliothek“ ist ein zauberhafter Roman rund um eine faszinierende Theorie. Der Autor Matt Haig hat mich auch diesmal wieder total in seinem Bann gezogen. Er greift in diesem Roman die Theorie von den Parallelwelten auf. Mit dieser Idee steht er nicht allein. Bereits in der Philosophie der Antike, zum Beispiel bei Platon und Aristoteles, kommen diese Denkansätze vor und auch in der Quantenmechanik gibt es Die Viele-Welten-Theorie.

Nora bekommt die Chance zahlreiche ihrer verpassten Leben zu durchleben. Sie lebt das Leben einer Top-Schwimmerin, einer gefeierten Musikerin, einer Nordpolforscherin und viele mehr. Dennoch irgendetwas fehlt.
Seite 218 erklärt die Bibliothekarin Mrs Elm der unglücklichen Nora das Leben am Beispiel eines Schachspiels:
„Sieh dir doch einmal das Schachbrett an, das wir wieder aufgestellt haben,“ sagte Mrs Elm sanft. „Wie ordentlich und friedlich es aussieht, bevor eine Partie beginnt. Das ist schön. Aber auch langweilig. Es ist tot. Doch in dem Moment, wo du einen Zug machst, verändert sich alles. Es wird chaotischer. Und mit jedem Zug, den du machst wächst das Chaos.“…
„Schach ist leicht zu erlernen“, erklärt sie Nora. „Aber schwer zu meistern. Jeder Zug den du machst, eröffnet eine neue komplexe Welt von Möglichkeiten. Zu Beginn der Partie gibt es keine Variationen. Es gibt nur eine Möglichkeit, die Figuren aufzustellen. Nach den ersten sechs Zügen sind es schon neun Millionen Variationen. Und nach acht Zügen gibt es zweihundertachtundachtzig Billionen verschiedener Positionen. Und die Zahl dieser Möglichkeiten wächst immer mehr. Die Zahl einer Schachpartie übersteigt die Anzahl von Atomen im wahrnehmbaren Universum. Das Ganze wird also sehr vertrackt. Und es gibt nicht den einen richtigen Weg, die Partie zu spielen; es gibt viele Wege. Im Schach wie im Leben basiert alles auf Möglichkeiten. Jede Hoffnung, jeder Traum, jedes Reuegefühl, jeder Moment des Lebens.“

Seite: 284 wird es nochmal sehr schön erklärt.
Jedes Leben umfasst Millionen von Entscheidungen. Manche groß, manche klein. Doch jedes Mal, wenn man einer Entscheidung den Vorzug vor einer anderen gibt, fällt das Resultat unterschiedlich aus. Es tritt eine irreversible Veränderung ein, die wiederum zu weiteren Veränderungen führt.

In diesem Roman geht es darum, wie finde ich das perfekte Leben? Und gibt es überhaupt ein perfektes Leben? Könnte ich in einem anderen Leben glücklicher sein? Wie gelingt es uns glücklich zu werden? Ist es tatsächlich so: Druck formt uns. Wir beginnen als Kohle, und der Druck presst uns zu Diamanten?

Der Charakter der unglücklich Nora ist liebevoll und authentisch gezeichnet. Ihr Zustand fühlte sich an wie ein schwarzes Loch, wie ein sterbender Stern der kollabiert. Ich mochte Nora und habe mit ihr gelitten. Und ich mochte die kluge Mrs Elm.

Was ich aus diesem Roman für mich mitgenommen habe, ist: Man sollte die Bedeutung nebensächlicher Dinge nie unterschätzen. Und der wichtigste Satz ist für mich: Du muss das Leben nicht begreifen. Du musst es leben.

Mein Lesehighlight 2021!!!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.02.2021

Junge Ermittlerin, frech und unkonventionell

Der 13. Brief
0

Mit „Der 13. Brief“ startete Lucie Flebbe ihre Karriere als erfolgreiche Krimiautorin. Zu der Zeit nannte sie sich noch Lucie Klassen. Die Reihe um die junge Privatdetektivin Lila-Ziegler umfasst insgesamt ...

Mit „Der 13. Brief“ startete Lucie Flebbe ihre Karriere als erfolgreiche Krimiautorin. Zu der Zeit nannte sie sich noch Lucie Klassen. Die Reihe um die junge Privatdetektivin Lila-Ziegler umfasst insgesamt 9 Bände. Für mich war es der erste Band, ich kannte bisher von Lucie Flebbe nur die Jenseits-Reihe um die Polizistin Eddie Beelitz. Und ich muss gestehen, die Reihe um Lila Ziegler, jedenfalls der 1. Band, gefällt mir fast noch besser. Wenn das überhaupt geht. 😉

Lila Ziegler stammt aus einem elitären Elternhaus. Der Vater Oberstaatsanwalt, hat für seine Tochter den Lebensweg vorgezeichnet. Laut Papa, hat nach dem zwar mehr als mäßigen Abitur ein Jurastudium zu erfolgen. So hat er dem Töchterchen auch gleich einen Studienplatz gesorgt. Und zwar in Münster. Obwohl es Lila auch von zu Hause wegzieht, so reizt sie dieser Gedanken kein bisschen. Kurzentschlossen steigt sie in Bochum aus dem Zug und stellt sich zum ersten Mal in ihrem Leben auf eigene Füße. Völlig mittellos und durchnässt wie eine Katze landet sie bei einem Privatdetektiv und ist auch schon bald mitten in ihrem ersten Fall. Eine 16-jährige Schülerin beging Selbstmord. Lila ermittelt Undercover.

Der Schreibstil von Lucie Flebbe begeistert mich auch in diesem Band. Er ist mitreißend und spannend, gewürzt mit einer guten Prise Humor. Lila, die Protagonistin ist eine Nummer für sich. Eine extrem coole Socke, freches Mundwerk, um keine Antwort verlegen und sie lügt wie gedruckt. Ich fragte mich zu Anfang des Buches, was da wohl in der Erziehung des Herrn Oberstaatsanwalts schiefgelaufen ist. Im Verlauf des Buches erfährt der Leser näheres darüber. Aber… Ich habe so meine Zweifel. Denn Lila lügt. Sagt sie in diesem Punkt tatsächlich die Wahrheit? Das wird sich mit Sicherheit in den Folgebänden klären. Und darauf bin ich wirklich gespannt. Auch Ben, der Privatdetektiv ist ein sehr eigener Charakter. Ein Macho mit Ecken und Kanten. Und dennoch scheinen die Frauen auf ihn zu stehen. Sympathisch ist mir vor allem der väterliche Kneipenwirt Molle, der Lila sofort unter seine Fittiche nimmt. Auch die Nebencharaktere sind sehr gut ausgearbeitet.

„Der 13. Brief“ behandelt neben dem eigentlichen Sachverhalt auch Themen wie Mobbing, Missbrauch, Machtspiele, Freundschaft und Eifersucht.

Fazit: Ein unterhaltsamer Krimi, mit einer starken Protagonistin.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.01.2021

Auszeit?

Ich weiß jetzt, was ich will
0

Ein kleines Büchlein, dass ich in einem Rutsch durchgelesen habe, da auch der Schreibstil angenehm und leicht lesbar ist.

Die Protagonistin ist nur wenige Jahre älter als ich. Gila ist Mitte 60 und seit ...

Ein kleines Büchlein, dass ich in einem Rutsch durchgelesen habe, da auch der Schreibstil angenehm und leicht lesbar ist.

Die Protagonistin ist nur wenige Jahre älter als ich. Gila ist Mitte 60 und seit über 30 Jahren mit ihrem Dieter verheiratet. Die Ehe scheint harmonisch zu verlaufen und ihr scheint auch nichts zu fehlen. Aber warum kommt sie plötzlich auf so eine dusslige Idee. Abenteuerlust? Fehlender Kick? Egal. Die Protagonistin ist, meiner Einschätzung nach, eine kluge Frau, deshalb fällt es mir schwer, nachzuvollziehen, was da in ihrem Kopf vorgegangen ist. Gila lässt sich auf eine windige Affäre ein und wird nach Strich- und Faden über den Tisch gezogen. Macht Liebe, oder das was man dafürhält, wirklich so blind? Meine Gefühlswelt habe ich in dieser Lektüre jedenfalls nicht wiedergefunden. Vermissen Frauen in diesem Alter wirklich das Knistern und die Schmetterlinge im Bauch, vor allem wenn frau sich in einer gutlaufenden Partnerschaft befindet? Ich finde das Leben in diesem Alter absolut spannend, frau kann so viel unternehmen, wofür sie früher keine Zeit fand und auch in diesem Alter ihre Träume verwirklichen. Auch diese Lebensphase ist absolut bunt und voller Emotionen und ganz bestimmt nicht langweilig. Nur solche Eskapaden vermisse ich tatsächlich nicht. Mir ist mein Seelenheil wertvoll. „Ich weiß jetzt, was ich will“, davon war die Protagonistin weit entfernt, erst zum Schluss konnte sie diesen Satz aus vollem Herzen für sich in Anspruch nehmen.
Mich hat „Ich weiß jetzt, was ich will“ zum Nachdenken meiner eigenen Situation gebracht und das ist durchaus positiv zu werten. Gute Bücher sollen Fragen aufwerfen. Die Apfeltaschen, das Rezept ist im Anhang zu finden, sind übrigens richtig lecker. Das Rezept habe ich gleich ausprobiert.

Fazit: Leichte Lektüre für Zwischendurch, zum Nach- und Überdenken

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere