Profilbild von kathrinshome

kathrinshome

Lesejury Star
offline

kathrinshome ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit kathrinshome über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.10.2021

Wer wollte nicht schon mal wissen, was hinter der Tür zum Lehrerzimmer geschieht?

"In den Ferien fahren wir in die Bredouille"
0

„Wer das ließt ist doof. Äh, wie bitte? Ja, steht da so, ein mit roter Farbe gesprühtes Riesen-Graffiti an der ehemals unschuldig weißen Wand im Foyer des Harry-Graf-Kessler-Gymnasiums in Berlin. Meiner ...

„Wer das ließt ist doof. Äh, wie bitte? Ja, steht da so, ein mit roter Farbe gesprühtes Riesen-Graffiti an der ehemals unschuldig weißen Wand im Foyer des Harry-Graf-Kessler-Gymnasiums in Berlin. Meiner Schule. Es ist Montagmorgen, die erste Stunde beginnt in fünfzehn Minuten, und jetzt stehe ich hier mit Lieblingskollege Eilers, und wir wundern uns. Er fragt mich, ob es nicht ganz lustig wäre, wenn er das jetzt lehrermäßig korrigieren würde. Wir lassen das mal, haben es schließlich eilig und keine Sprühdose dabei, nicht mal einen Rotstift.“ (Auszug S. 7)

Willkommen in der „geheimen“ Welt der Lehrer, genauer gesagt des Lehrers Lämpel (nein, wir sind hier nicht bei Wilhelm Busch`s „Max & Moritz“). Der Autor erzählt uns LeserInnen in sehr humorvoller Weise aus seinem Alltag – besonders aus seiner Klasse 10b, aber auch seinen Vertretungsstunden in der Fünften und (wer wollte das als Schüler nicht schon immer mal wissen?!?) aus dem Lehrerzimmer! Ha! Ich sage euch, da tun sich Abgründe auf und beim Lesen musste ich an so manche Macke meiner Lehrer und Lehrerinnen im WEG (Wilhelm-Erb-Gymnasium) denken wie z.B. unserem Biolehrer, der im Winter immer einen Apfel zu Beginn der Stunde auf die Heizung legte, um ihn dann angewärmt in der Pause verspeisen zu können... Das bleibt auch nach 30 Jahren noch hängen

Solche Kuriositäten gibt es auch in dem äußerst kurzweiligen Buch „In den Ferien fahren wir in die Bredouille“ - aber natürlich dürfen auch die div. Eltern-Kategorien nicht fehlen...

Neben dem Humor hat mich der Autor aber auch mit gut verpackter Tiefgründigkeit überrascht. Gut verpackt? Ja, das lässt sich schwer erklären – mein Tipp: einfach lesen

Für mich waren die „Geheime(n) Notizen eines Lehrers“ kein Buch zum In-einem-Rutsch-Lesen, sondern ich habe immer wieder, wenn ich in Stimmung war, danach gegriffen. Sogar meine Jüngste (ihres Zeichens Grundschülerin in der 4.) hat sich ab und zu das Buch gegriffen und als erstes empört ausgerufen: „Mama, ließt schreibt man mit einfachem S!“ Tja, Herr Lämpel... hätten Sie doch lieber das Graffiti an der Wand korrigiert!

Für mich ein humorvolles, gut geschriebenes Lesehighlight, welches ich übrigens auch „unserer“ Klassenlehrerin als Sommerlektüre geschenkt habe. Somit also der Hinweis für alle geschenkesuchenden Klassenpflegschaftsvorsitzenden: Weihnachten kommt bald ;)

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.06.2021

Zauberhafte Reise in die Vergangenheit

Der Wildblütengarten
0

„Vater wollte nicht, dass ich zur Schule ging. Viorica wiedersprach ihm, damit er seine Meinung änderte Doch es gelang ihr nicht. Schließlich schickte sie mich trotzdem zur Schule, bekleidet mit einer ...

„Vater wollte nicht, dass ich zur Schule ging. Viorica wiedersprach ihm, damit er seine Meinung änderte Doch es gelang ihr nicht. Schließlich schickte sie mich trotzdem zur Schule, bekleidet mit einer Schürze, die meine Stiefmutter für mich genäht hatte, damit ich meine Kleidung nicht mit Tinte verschmierte. Viorica sagte: Du wirst niemals frei sein, wenn du nicht zur Schule gehtst...“ (Auszug S. 90)

Als Gianna das Tagebuch ihrer Urgroßmutter findet, begibt sie sich auf eine Reise in die Vergangenheit – und gleichzeitig in ihre Zukunft. Sie findet den Wildblütengarten der Verelli-Frauen, eine alte Mühle und neue Freunde.

Die mir bislang unbekannte spanische Autorin Carla Montero verbindet geschickt die alte und neue Geschichte mit Tagebuchauszügen wie eingangs gezeigt. Die vergangene Zeitebene ist zwar in Erzählerform geschrieben – die Gegenwart in Ich-Form, erzählt von Gianna – aber der Übergang ist wunderbar gestaltet und lädt richtig ein, weiterzulesen.

Die Verelli-Frauen eint ein gemeinsames Schicksal: sie ziehen ihre Kinder ohne deren Väter auf. Fast wie ein Fluch – kann dieser in der Gegenwart gebrochen werden?

Mit bildhafter Sprache, die zum Träumen und Miterleben einlädt, beschreibt die Autorin die Suche nach den fehlenden Seiten, das Aufarbeiten der Vergangenheit in dem ehemaligen Heimatort der Urgroßmutter – und den Beginn einer neuen Liebe und neuen Freundschaften. Gianna wie auch ihr Bruder Carlo stehen vor einem Wechsel in ihrem Leben – sei es beruflich oder in der Liebe.

All diese kleinen Geschichten werden in einem großartigen, feinfühligen Roman zusammengefaßt, den ich so gerne gelesen habe und fast ein wenig wehmütig wurde, als ich das Buch am Ende geschlossen habe...

Auch das Buchcover ist bezaubernd, auch wenn es keine Mühle darstellt, was ich sehr bedauere. Aber es ist stimmungsvoll und lädt ein zu einer Reise nach Ligurien. Kommt ihr mit?

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.05.2021

Großartig! Und mehr als "nur" eine Liebesgeschichte...

Der Liebesbrief
0

Ruth Saberton war mir bislang unbekannt. Sie lebt mit ihrer Familie in Cornwall, wo auch ihr neuster Roman „Der Liebesbrief“ spielt. Sie wurde durch die rauhe Gegend, die warmherzigen Menschen und das ...

Ruth Saberton war mir bislang unbekannt. Sie lebt mit ihrer Familie in Cornwall, wo auch ihr neuster Roman „Der Liebesbrief“ spielt. Sie wurde durch die rauhe Gegend, die warmherzigen Menschen und das Meer zu ihrer emotionalen Liebesgeschichte zweier Generationen inspiriert. Aber die Geschichte ist viel mehr als „nur“ ein Liebesroman:

Chloe hat vor zwei Jahren ihren Mann Nick an den Krebs verloren. Lange kommt sie nicht darüber hinweg. Sie verkriecht sich und kann auch nicht mehr malen. Irgendwann flüchtet sie vor dem Druck ihrer Umgebung nach Cornwall, denn dort hatte ihr verstorbener Mann in seiner Kindheit seine glücklichsten Tage verbracht.

Sie mietet das alte Pfarrhaus und lernt den Historiker Matt kennen, der für die Stiftung des alten Herrenhauses Rosecraddick Manor arbeitet. Durch ihre Intuition und Matts Leidenschaft zu dem dort geborenen Dichter Kit Rivers begeben sich die beiden auf eine emotionale und tragische Zeitreise.

Diese beginnt hundert Jahre zuvor mit der jungen Daisy, welche von ihrem Vater zur Genesung nach Cornwall geschickt wird. Sie kommt bei dem mürrischen Pfarrer unter und lernt eines Tages den jungen Kit kennen. Die beiden trennen die gesellschaftlichen Konventionen und verbindet die Leidenschaft zu Bücher und Gedichten... doch dann kommt der Krieg.

Was sich nach einem profanen Liebesroman anhört, ist ein vielschichtiger Gesellschaftsroman, der Historie und Gegenwart geschickt miteinander verbindet. Die englische Autorin greift neben den Emotionen rund um die Liebe auch die Verzweiflung und Blockade auf, welche einen nach dem Tod geliebter Menschen gefangen halten können. Sie nimmt sich auch der Dramatik des Ungewissen an, wenn Menschen im Krieg als Verschollen galten und was diese Nachricht mit den Zurückgebliebenen macht. Dabei malt sie nicht „schwarz/weiß“, sondern zeigt die Vielschichtigkeit der Gefühle und des Tuns auf...

Ich muss sagen, mich hat der gesamte Roman wirklich gefesselt und ich habe ihn gerne in einem Rutsch am regnerischen Wochenende durchgelesen. Die bildhafte Sprache bringt die wunderschöne Kulisse Cornwalls zur Geltung. Ausdrucksstark spiegelt sie auch das Wesen der Menschen dort wider: mal schrullig, mal elitär, mal fröhlich, mal zerrissen... Beim Lesen fühlte ich mich quasi mittendrin und es fiel mir schwer, nach Schließen des Buches die Protagonisten und ihrer Begleiter loszulassen.

Abgerundet wird der Roman durch das wunderschön gestaltete Cover (eingerahmt durch den dunkelrot gefärbten Schnitt der Buchblätter), aufgrund dessen ich zu dem Buch gegriffen habe. Das urige Cottage, das saftige Grün und die Klippen hinunter zum Meer haben in mir die Lust auf die Geschichte rund um Chloe und Daisy geweckt. Überrascht hat mich dann aber der Verlauf... der lange nachhallt und meine Neugier auf weitere Romane der englischen Autorin geweckt hat.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.03.2021

Packende Nachkriegsgeschichte

Glückskinder
0

„Nein, mein Mädchen, wir bleiben schön hier und halten weiter durch. Ich kann die Amis schon riechen, und das gute Essen, mit dem sie uns Hungerleider verwöhnen werden. Wirst sehen, dieser Spuk hat bald ...

„Nein, mein Mädchen, wir bleiben schön hier und halten weiter durch. Ich kann die Amis schon riechen, und das gute Essen, mit dem sie uns Hungerleider verwöhnen werden. Wirst sehen, dieser Spuk hat bald ein Ende. Dann bekommen die Moffen ihr Fett ab – und das nicht zu knapp!... Genauso möge es sein, dachte Griet, bevor ihr die Augen ganz zufielen. Ich.Bin.Griet.Van.Mook.Ich.Werde.Leben.“ (Auszug S. 27)

1945 – Die Niederländerin Griet und ihre Freundin Leni, sowie weitere Leidensgenossinnen wurden von den Amerikanern aus den Fängen der Nazis befreit. Da Griet keine Verwandten mehr in den Niederlanden hat, versucht sie, mit Hilfe von Captain Dan Fuß in München zu fassen. Sie findet Arbeit und bekommt ein Zimmer bei einer Müncher Familie zugewiesen. Dort lernt sie unter anderem die junge Münchnerin Toni kennen. Besteht zu Anfangs eine tiefe Abneigung, so merken die beiden nach und nach, dass man gemeinsam mehr bewerkstelligen kann.

Teresa Simon ist für mich eine der ganz großen Schriftstellerinnen, wenn es um die Geschichte Münchens geht. Sie lässt in ihren Romanen die Historie dieser Stadt mit der so vielschichtigen Vergangenheit immer wieder lebendig werden. Fast höre ich, wenn ich ihre Romane lese, meine Großmutter über diese Kriegs- und Nachkriegszeit reden.

Mit ihrem packenden und bildhaften Schreibstil erschafft sie Emotionen und authentische Erzählungen, die mich immer noch lange beschäftigten. Neu ist für mich dieses Mal allerdings der nur kurze Rückblick am Anfang des Romans – danach geht es in einem Zeitstrang weiter. Und erst ganz am Ende schließt sich quasi der zeitliche Rahmen. Dieser Aufbau lässt einen keine Chance, auszubrechen oder mal innezuhalten – die Geschichte rund um Griet und Toni hat mich wirklich dauerhaft gefesselt und den Roman in einem Rutsch durchlesen lassen. Großartig!

Denkt man zum Abschluß ein wenig abschätzig: Ach, in jedem Roman findet sich mittlerweile ein Rezeptteil – so passen die alten Rezepte „Gute Kost in mageren Zeiten“, in denen aus wenig viel gemacht wurde, wirklich gut zu der Geschichte. Denn es sind Rezepte wie „Falsche Schlagsahne“ oder „Gurkenkartoffeln“ , die heute auf keiner Speisekarte mehr stehen, damals aber ein kulinarisches Highlight in der Nachkriegszeit waren. Authentisch fügt sich dieser Teil in den Rest des Romans ein.

Alles in allem ist „Glückskinder“ ein Roman, bei dem ich lange gebraucht habe, um den Titel mit dem Inhalt in Verbindung zu bringen. Er gehört für mich zu den Büchern, die ich gerne noch ein weiteres Mal lese. Und auch wenn das Cover meines Erachtens austauschbar ist, der Inhalt gehört definitiv wieder auf die Bestsellerliste.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.02.2021

Tiefgründig und mehrschichtig - der Roman hallt lange nach...

Helenes Versprechen
0

Es scheint, als ob jede Station ihres bewegten Lebens der deutschen Autorin ein Roman wert sei ;) Anfang des Jahrtausends lebt sie mit ihrer Familie in Indien und inspiriert von dieser Zeit schreibt sie ...

Es scheint, als ob jede Station ihres bewegten Lebens der deutschen Autorin ein Roman wert sei ;) Anfang des Jahrtausends lebt sie mit ihrer Familie in Indien und inspiriert von dieser Zeit schreibt sie „Die Reise des Elefantengottes“; die nächste wichtige Station ist Vietnam, infolge dessen sie „Die Töchter des roten Flusses“ schreibt. Und nun ist sie zurück in Deutschland, genauer gesagt in Frankfurt am Main, und siedelt dort ihren neusten Roman „Helenes Versprechen“ an.

„Um acht beim Mond“ ist das Versprechen, welches die jüdische Kinderärztin Helene Bornstein ihrem Sohn Moritz mitgibt, als sie diesen mit einem der Kindertransporte aus Frankfurt nach England schickt. Sie selbst bleibt zurück, da ihr verstorbener Vater ihr aufgab, sich um die Familie zu kümmern...

In einem beeindruckenden Geflecht von Zeitsprüngen, bei denen ich aber nie den Überblick verloren habe, erfahren wir mehr über die junge Helene, wie sie Kinderärztin wurde, ihre erste Liebe kennenlernte und wie dann die Vor-/Kriegszeit all ihre Träume zunichte macht. Wir begleiten sie nach Ende des Krieges in die USA, wo sie ihre jüngere Schwester Marlies, welche schon in England Helenes Sohn Moritz aufgenommen hatte, wiedertrifft.

Anschaulich nimmt uns die Autorin mit in die Gefühlswelt ihrer Protagonisten. Wir erleben eindrücklich den Wandel vom fröhlichen, positiv in die Zukunft blickenden über den (insbesondere für andere) kämpfenden bis hin zum scheinbar gebrochenen Menschen. Aber wir blicken nicht nur in die Seele von Helene, sondern erfahren durch Rückblenden auch mehr über all die anderen Menschen und deren Gedanken bzw. Erlebnisse, die Helene wichtig sind. Hierbei haben sich beim Lesen auch meine Gefühle zu den einzelnen Romangestalten verändert, da man an deren Entwicklung teilhaben kann.

All das verpackt Beate Rösler empathisch und sprachlich mitreißend in Bilder, die mich beim Lesen und auch Tage danach nicht mehr losgelassen haben. Ich fühlte mich beim Lesen quasi mittendrin. Ein Grund, warum ich mich auch gefreut habe, im Rahmen einer Blogtour mehr in das Buch bzw das Thema „Kindertransporte“ eintauchen zu dürfen.

„Helenes Versprechen“ ist nicht der erste Roman in meinem Bücherschrank, der sich dem Thema „Juden vor dem zweiten Weltkrieg“ annimmt – aber es ist eines der Bücher, die Eindruck hinterlassen haben und an das ich mich erinnern werde.

Inspiriert ist der Roman übrigens von der wahren Geschichte der jüdischen Kinderärztin Dr. (An-)Tonie Sandels, welche ihr Medizinstudium in Frankfurt am Main 1928 mit Promotion abschloß. Einige Parallelen wie die Betreuung jüdischer Kinder im „Frankfurter Kinderhaus der weiblichen Fürsorge“, sowie die Auswanderung ihrer Geschwister, die Freundschaft zu einer Frankfurter Mutter, deren Sohn sie rettete und mit deren Familie sie eine enge Freundschaft verband, lassen sich - „schriftstellerisch“ abgewandelt – in dem Roman wiederfinden.

Neugierig? Na, dann ab in die Buchhandlung Wer sich für spannende, authentische und gekonnte Romanliteratur interessiert, der sollte auf jeden Fall zu „Helenes Versprechen“ greifen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere