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Veröffentlicht am 18.03.2021

Das Buch ihres Lebens

Vom Aufstehen
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In kurzen Episoden schreibt die 80jährige Autorin Helga Schubert von ihrem Leben. Und das Leben umfasste viel. Geboren zu Kriegszeiten, der Vater starb als sie ein Baby war, die Mutter musste flüchten. ...

In kurzen Episoden schreibt die 80jährige Autorin Helga Schubert von ihrem Leben. Und das Leben umfasste viel. Geboren zu Kriegszeiten, der Vater starb als sie ein Baby war, die Mutter musste flüchten. Dann lange Jahre in der DDR als Schriftstellerin. Auch da war die kurze Form ihre favorisierte.

Es geht bei den Episoden zeitlich hin und her. Eben noch Kind, ist sie im nächsten Kapitel schon 80. Eben noch Krieg, dann schon Mauerfall.
Ihre Großmutter bekommt früh ein sehr schönes Kapitel, aber die eigentlich übergroße Figur ist die Mutter, die viele Kapitel deutlich bestimmt.

Es ist ein Buch, das ich sehr schätze, da es die Tragik der vergangenen Zeit verdeutlicht.

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Veröffentlicht am 15.03.2021

Die gefährliche Sprache der Rechten

Tatworte
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Michael Kraskes Buch Der Riss war schon sehr stark, eindeutig und wirkmächtig.
Und Tatworte geht in die selbe Richtung. Mit großer Genauigkeit und Intensität nimmt Kraske die verschiedensten Reden und ...

Michael Kraskes Buch Der Riss war schon sehr stark, eindeutig und wirkmächtig.
Und Tatworte geht in die selbe Richtung. Mit großer Genauigkeit und Intensität nimmt Kraske die verschiedensten Reden und Auswürfe diverser AfD-Politiker unter die Lupe und analysiert absolut folgerichtig. Lange kann man sich kaum Lösen vom Buch. Zu denen, die er besonders in Augenschein nimmt, gehören Björn Höcke und Alexander Gauland, Andreas Kalbitz, Alice Weidel und noch einige andere. Er zeigt auf, wie die Strategie bei den Äußerungen dieser Politiker ist und wie nahe sie dem Rechtsnationalismus zeigen. Kraske lässt auch nicht unerwähnt, wie verschiedene Medien (Talkshows, Zeitungen) oder auch Politiker anderer Parteien dieser Strategie auf dem Leim gehen, indem sie diese Worte verharmlosen. Aber die Sätze der AfD sind brandgefährlich. Dieses Buch kann ich daher nur empfehlen.

Veröffentlicht am 04.03.2021

Die Zeit im Wald

Ein Stadtmensch im Wald
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W.H.Walden ist das Pseudonym eines bekannten deutschen Schriftstellers. Wer das ist wird ganz am Ende des Buches verraten.
Das autobiografische Buch ist sehr zeitgenössisch, denn der Protagonist und Icherzähler ...

W.H.Walden ist das Pseudonym eines bekannten deutschen Schriftstellers. Wer das ist wird ganz am Ende des Buches verraten.
Das autobiografische Buch ist sehr zeitgenössisch, denn der Protagonist und Icherzähler entflieht der Corona-Gefahr indem er eine einsame Hütte im Wald aufsucht und da einige Wochen verbringt. Alleine mit den Tieren. Nur an einem Wochenende besucht ihn mal seine Freundin, aber insgeheim ist er froh, dann wieder alleine zu sein. Zu seinen engsten Vertrauten werden die Tiere, insbesondere ein Waschbär, den er füttert und ein großer Igel. Dann gibt es noch einen räudigen Fuchs, die Vögel der Umgebung und Rehe.

Es ist eine leicht kuriose Art des Nature Writing, da der Stadtmensch so naiv und unvertraut mit dem Leben im Wald ist. So hat er viel zu lernen und wir Leser begleiten ihn dabei. Die Zuneigung für die Umgebung und die Tiere ist leicht zu teilen.

Die Kunst des Buches ist es, die Gefühlslage des Erzählers nachvollziehbar zu machen und dass man seine Erfahrungen so hautnah teilen kann. Daher halte ich das Buch für sehr gelungen und es hat viel Spaß gemacht, es zu lesen.

Veröffentlicht am 24.02.2021

Momente am See

Aus der Mitte des Sees
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Aus der Mitte des Sees ist ein ruhiges, sehr reflektierendes Buch, auf das man sich einlassen muss, sonst wird es zum Geduldspiel.

Der Mönch Lukas, ca. 39, ist der jüngste im Benedikterkloster.
Es gab ...

Aus der Mitte des Sees ist ein ruhiges, sehr reflektierendes Buch, auf das man sich einlassen muss, sonst wird es zum Geduldspiel.

Der Mönch Lukas, ca. 39, ist der jüngste im Benedikterkloster.
Es gab noch Andreas, der jünger war und ein Freund, aber er hat das Kloster verlassen und eine Familie gegründet.

Es ist eine innere Zwiesprache, die Lukas hält. Zuerst mit Andreas, aber auch mit anderen, insbesondere mit Sarah, die zu Gast in der Umgebung ist.

Es gibt viele Passagen am See oder beim Schwimmen, die etwas meditatives haben, aber es gibt auch Gedankengänge von Lukas, bei denen man seine Unruhe spürt.

Moritz Heger besitzt eine bildreiche Sprache, die er entsprechend fein einzusetzen weiß. Für mich war das gerade in dieser Form sehr ansprechend.

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Veröffentlicht am 23.02.2021

Das Leben der Hannah Arendt

Was wir scheinen
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Hildegard E. Keller ist eine bekannte Literaturkritikerin und hat auch ein beträchtliches Werk an literaturwissenschaftlichen Veröffentlichungen, aber Was wir scheinen ist ihr erster Roman. Er erzählt ...

Hildegard E. Keller ist eine bekannte Literaturkritikerin und hat auch ein beträchtliches Werk an literaturwissenschaftlichen Veröffentlichungen, aber Was wir scheinen ist ihr erster Roman. Er erzählt von Hannah Arendt, die eine bedeutende Denkerin und Stimme in der Philosophie des zwanzigsten Jahrhunderts war.

Ich glaube, dass der Roman über Hannah Arendts Lebens mit Schwerpunkt nach dem Krieg bis 1975, auch für Leser geeignet ist, die Hannah Arendt nicht kennen. Obwohl es natürlich von Vorteil ist, Arendts Leben und Werk zumindest in groben Zügen zu kennen. Komplex und relevant genug ist es.

Entscheidend ist, das hier schwerpunktmäßig Hannah Arendt in erste Linie als Mensch gezeigt wird.

Als Jüdin flüchtete Hannah Arendt erst nach Paris, später in die USA. Erst war sie noch staatenlos, später bekam sie die US-Staatenschaft und fühlt sich auch als Amerikanerin.

Der nicht linear erzählte Roman wechselt in Zeiten und Orten. Das funktioniert sehr gut.
Hildegard E.Keller hat einen angenehmen Stil.Meisterhaft kann sie die Gedanken der Hauptfigur darstellen und auch die Dialoge sind großartig.

Eine wichtige Passage im Buch ist Arendts Besuch in Jerusalem, wo sie den Prozess gegen Adolf Eichmann verfolgt und darüber ein bedeutendes, aber umstrittenes Buch schreiben wird.

Sehr gefallen haben mir die Passagen mit Arendt als Dozentin in Berkeley.
Hannah Arendt hatte Freundschaften mit bekannten Leuten wie Martin Heidegger, Karl Jaspers; Walter Benjamin, Ingeborg Bachmann und Mary McCarthy.

Überraschend sind die Gedichte von Hannah Arendt, die im Buch verstreut auftauchen. Das gibt ihrer Persönlichkeit eine weitere, sanftere Note hinzu.
Obwohl Hannah Arendts kämpferische und widerspenstige Art im Buch insgesamt vielleicht etwas zu wenig betont wird.

Insgesamt entsteht ein gutes Gesamtbild der Persönlichkeit Arendts und ein Buch, das ich mit Vergnügen gelesen habe.

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